gemeinsam zwiften | youtube | forum heute
Bestzeit!
Triathlon Coaching
Individueller Trainingsplan vom persönlichen Coach
Wissenschaftliches Training
Doppeltes Radtraining: Straße und Rolle mit separaten Programmen
Persönlich: Regelmäßige Skype-Termine
Mehr erfahren: Jetzt unverbindlichen Skype-Talk buchen!
triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Challenge Roth 2023
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 27.06.2023, 09:15   #388
svmechow
Szenekenner
 
Benutzerbild von svmechow
 
Registriert seit: 01.09.2021
Ort: Berlin
Beiträge: 1.051
Hier nun, wie versprochen und angedroht, die Challenge Roth 2023 aus meiner Perspektive.
Im Business seit 2017 war das meine siebte Langdistanz nach viermal Hamburg und je einmal Roth und Cervia.
Zunächst mein Fazit: Roth 2023 war - warum auch immer - subjektiv empfunden meine härteste Langdistanz bislang.
Mit 11 Std 26 und Ak 6 zwar dann doch schneller, als es sich unterwegs anfühlte, aber deutlich hinter dem, was ich zu können gedacht hatte. Aber nicht jeder Wettkampf kann eine Bestzeit hervorbringen und diesen Wettbewerb mittels purer Willenskraft dann doch noch nach Hause gebracht zu haben, empfinde ich als die größte Leistung überhaupt.
Wer darüber mehr wissen möchte, kann jetzt hier mit mir auf die Langdistanz gehen.

Trotz einer im Vergleich zu 2021 deutlich höheren Teilnehmer:innenzahl war die ganze Organisation wieder mal exzellent; eine einstündige Wartezeit an der Registration finde ich Freitag um 18:00 Uhr auch vollkommen vertretbar. Klar, dass wahrscheinlich überproportional viele Teilnehmer:innen eben nicht schon morgens um zehn da ankommen. Und für die 18 Grad und den Regen ist Roth nun auch nicht verantwortlich.

Dann ein für mich völlig neuartiges Erlebnis: bis Freitag war ich noch nie, wirklich niemals auf einer Pastaparty, und jetzt weiß ich auch, warum.
All you can eat ist einfach nix für mich und außerdem war es in diesem Pastapartyzelt einfach viel zu laut und naturgemäß trubelig und wuselig, also keine Atmosphäre, in der man auch nur halbwegs genussvoll essen möchte. Aber darum geht es ja auch nicht, man nennt das ja Carboloading und dabei wird soll man ja primär voll werden und nicht glücklich.
Also nix für mich, aber jetzt habe ich das zumindest mal gemacht.

Am nächsten Tag dann das übliche; kurze Rad- und Laufeinheit, Beutel packen, Bike einchecken in Hilpoltstein und dann noch flink 1000 Euro im Triathlonpark in Roth auf den Kopf hauen. Kann schon mal passieren; mein Mann und ich geben einfach zu gerne Geld aus.

Sonntag Morgen weckt und der Wecker um 03:41 Uhr. Ich hab mal gelesen, dass man besser hochkommt, wenn man die Weckzeiten auf so krumme Minuten stellt.
Natürlich viel zu wenig geschlafen, trotzdem wach und fit und die 80 Espressi dienen weniger der Erweckung, als einer erfolgreichen Defäkation.

Verstopfung herrschte allenthalben auf den Straßen nach Heuberg zum Schwimmstart; der Aufbruch in Wendelstein um 05:03 Uhr war dennoch völlig ausreichend.
Ebenso in reichlicher Anzahl vorhanden waren Dixie-Klos. Überall, in der Wechselzone, an den Parkplätzen und sogar im Wechselzelt nach dem Schwimmsusstieg.

Nun aber erstmal der Schwimmeinstieg; natürlich fand ich auch einen netten Menschen, der mir mit dem Neo half. Mit behinderter linker Hand bekomme ich den rechten Ärmel nicht so gut hoch.

Dann muss es plötzlich eine Zeitschleife gegeben haben, auf jeden Fall war es mit einem Mal 07:05 und ich musste mich an den ganzen 07:15-Uhr-Starterinnen vorbeidrängen, weil meine 07:10-Gruppe schon im Wasser war und sich an das Start-Seil begeben sollte. Ich also per Hechtsprung in den Kanal und ersma nen Kaltstart hingelegt. Kurz nach der sieben
Uhr zehn-Kanone war ich dann auch am Start.
Egal, bei meiner Schwimmperformance spielt das beileibe keine Rolle und ich war am Ende mit 01:32 sogar 5 Minuten schneller als beim letzten Mal in Roth.
Mein 92 minütiget Aufenthalt im Main-Donau-Kanal war hart wie erwartet und frei von Überraschungen. Leider auch frei von Wundern. Ich habe mich stets in Ufernähe aufgehalten; ist bestimmt Psycho aber ich sehe ganz gerne bis auf den Grund.
Gleichzeitig war ich mehrfach versucht, einfach an Land zu gehen und die Reise zu Fuß fortzusetzen. Oder mich einfach hinzusetzen und sitzen zu bleiben.

Aber gut. Wer nicht ersoffen ist, kommt ja dann doch irgendwann auch aus dem Wasser, pellt sich aus dem Neo und swingt sich aufs Bike.
Meines stand da noch als einziges auf unserer 10er-Palette, und das, obwohl ich 1:32 gebraucht habe und nicht 1:37 wie vor 2 Jahren in Roth.

Schön warm war’s schon, die Sonne an klarem Himmel, die Luft phantastisch. Das schlimmste war geschafft.

Das zumindest sagte ich. Und ich dachte es auch. Oder wünschte es mir zumindest.
In Wahrheit war der Schwimmsplit nur der Auftakt zu einem Tryptichon des Grauens.
Bereits bei Kilometer 30-60 traf ich die Entscheidung, dass Roth 2023 meine letzte Langdistanz werden würde, sofern ich überhaupt bis zum Ende durchhalten sollte.
Es gab gar nichts bestimmtes; keine abdominellen issues, mein MoN Racecarb ging super runter und schmeckte, es gab reichlich und köstlich Powerbar Isogesöff an den Verpflegungspunkten und Pipi macht man bei 28 km/h bei leicht abschüssiger Fahrt wenn niemand von hinten kommt. Nichts tat weh - es war nur einfach für mich ungewöhnlich anstrengend.
Auch wenn es nervt, weil alle das sagen: wofür sich der ganze Aufwand schon lohnt, ist der Solarer Berg. Den wäre ich trotz allem gerne zehnmal hoch- und wieder runtergefahren. Ich hab geheult vor Glück und mich gefühlt wie ein Rockstar umgeben von seinen Fans und Bewunderern. Beim zweiten Mal ebenso wie beim ersten. Solar strahlt und lässt strahlen, Name ist Programm.

180 km waren dann aber nach ungewöhnlich langen 05:56 Std auch geschafft und es ging in die Laufschuhe. Vorher noch ein Besuch auf dem Dixiklo und flink den alten aus- und einen neuen Tampon eingebaut.
Too much information? Genau das war auch mein Gefühl am Vorabend, als ich des Massakers in meinen Klamotten gewahr wurde. Aber hilft ja nix, als Gynäkologin weiß ich natürlich, wie man das verschiebt und kann mir das entsprechende Medikament in der Apotheke holen, aber irgendwie kam das für mich nicht infrage. Sollte mich eine Patientin hiernach ersuchen, würde ich ihr das jedoch sofort ermöglichen (wenn es keine Kontraindikation gibt).
Ich hatte mich lediglich für einen schwarzen anstatt des neongelben Racekit entschieden; auch wenn ich meinen Student:innen beibringe, dass periodshaming sowas von out ist, hatte ich keine Lust auf einen entsprechenden Anblick.


Bei km 1 stand Arne, der mir versichern musste, mich auch dann weiter zu coachen, wenn ich ein DNF draus mache. Die Lust dazu hatte ich, bis ich dann am Kanal angekommen doch wieder ein wenig Bekanntschaft machen durfte mit den mir gewohnten Beinchen. Irgendwann liefen die dann. Nicht so schnell und easy wie gewohnt, aber stabil und zuverlässig. So ab km 10 war klar: wird keine PB, aber wird. Und selbst wenn’s über 4 Stunden werden, ist der Weltfrieden nicht in Gefahr, liebt mein Mann mich nicht weniger und überhaupt. Die Erde ist exakt dieselbe, ganz egal, ob und wie ich diesen Marathon eintüte.
Und immer wieder Arne, der gute Motivator und mein Bernhard, jeweils perfekt an den Strecke platziert und die richtigen Worte für mich auf den Lippen.
Die letzten 10 km haben es echt in sich; raus nach Büchenbach und dann diese Wellen zum Schluss, das tut dann schon ziemlich weh.

Aber auch das schafft man, sofern man halt nicht aufgibt, und wird dann mit einem unfassbaren Empfang im Stadion belohnt.
Für den Marathon habe ich dann doch satte 03:45 gebraucht, was für mich eher langsam ist. Für diesen harten Tag war es aber eine Leistung, auf die ich wirklich stolz bin und der Nachweis, dass ich auch hart kämpfen kann, wenn’s denn sein muss.
Das ganze war dann geschafft in 11:26 Std, was in meiner Ak dann doch für Platz 6 gereicht hat. Anscheinend ist man in der Ak 50 sogar am 2. Zyklustag noch im Vorteil gegenüber den größtenteils hormondeprivierten Mitbewerberinnen.

Diese Nummer trotz aller Plackerei sauber nach Hause gebracht zu haben, empfinde ich als meine größte Leistung im Triathlon bislang.
An einem Tag, wo sich nichts, einfach gar nichts leicht und locker anfühlt dennoch weitermachen, das ist es, was mich unfassbar stolz macht.

2025 vielleicht mal wieder Roth, jetzt ersma Cervia im September und Klagenfurt im Juni 2024.

Geändert von svmechow (27.06.2023 um 17:44 Uhr). Grund: Ich habe mich eine fuckin‘ Stunde zu langsam gemacht!!! Nicht 12:26, sondern 11:26 :)
svmechow ist offline   Mit Zitat antworten