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pioto
29.05.2012, 17:05
In den Fred kommt alles rein, was mit Brevets und Ausfahrten über 200 km zu tun hat, außer 3-rads Überdistanz-Fahrten. Und London-Edinburgh-London 2013 hat auch einen eigenen Fred.

Momentan machen sich aus dem Forum fitschigogeler, Nordexpress und pioto Gedanken, bei dieser Tour über ca. 1000 km durch Provence und französische Seealpen bis rauf nach Grenoble mitzufahren.

Le 1000 du sud (https://sites.google.com/site/le1000dusud/)
Startgeld: 5 Euro
Termin: 5.-8.9.
Meldeschluss: 5.9. :Cheese:
Zeitlimit für die 1000km = 75h
Höhenmeter: 16.000

Wer sich damit nicht so auskennt: die Uhr wird bei einem Brevet am Start angeschmissen und tickt immer weiter, auch wenn man Pause macht, schläft etc.
Der zu schaffende Bruttoschnitt ist mit 13,3 km/h zwar recht kommod, aber nach zwei Nächten ist man ganz schön müde und der Popo kann auch ordentlich weh tun. Und nicht nur der. Gerüchteweise können einen auch technische Defekte ordentlich aufhalten, die bevorzugt in der hinterletzten Pampa auftreten.

Es ist eine andere Art des Radfahrens, sehr gesellig und kameradschaftlich (zumindest in der Theorie, in den allermeisten Fällen auch in der Praxis).

Die gängigen Brevet-Längen sind 200, 300, 400 und 600 km. Es gibt ab aber auch 1000, 1200, 1400 und sogar 1600 km lange Brevets. Ob die für das Triathlon-Training zielführend sind...ich denke, ab 1200 km nicht mehr so sehr :Cheese:

Weitere Infos zu Brevet-Veranstaltungen gibt es hier (http://www.audax-randonneure.de/).

sybenwurz
29.05.2012, 21:39
Nen 200er mit 13,3er netto-Schnitt könnt ich vielleicht grad noch packen...:-((




Wenns Wetter gut ist und ich vorher ausschlafen konnte...:Cheese:

samsam
30.05.2012, 00:30
2013 könnte das ne gute Vorbereitung für .... werden.

@Pioto: schick mir mal deine Mail-adresse per Pn ich hab noch 2 nette Bilder von Dir/Euch :) und ich hab ne Kirche in PdC fotografiert, das würde Dir doch gefallen :Lachen2:

Wandergsellin
30.05.2012, 07:39
:Blumen:

Schön! Freu mich schon auf interessante Berichte!

Nordexpress
30.05.2012, 16:52
Die gängigen Brevet-Längen sind 200, 300, 400 und 600 km. Es gibt ab aber auch 1000, 1200, 1400 und sogar 1600 km lange Brevets.

Die Liste kann ergänzt werden:
Trans Russia 3000km (http://boldarev.ru/forum/blog.php/brevety/marshruty/transrussia-2012.html)
Limit für anerkanntes Brevet 12d 4h 50min

Gulp!

für dieses Jahr ein bisserl knapp vom Termin her...

pioto
08.06.2012, 16:14
Das 600er Brevet im mittelfränkischen Pappenheim (jenes aus den Werken von Friedrich Schiller bekannte und sprichwörtliche) stand heuer zum dritten Mal auf meinem Jahresprogramm. Die knapp 620 km enthalten gut 6000 Höhenmeter, die auf einigen teils sehr unangenehmen Bergen und unzähligen Hügeln gesammelt werden. Allein der Name dieser Ausfahrt ist schon eine mittlere Provokation: "kleine Bayernrundfahrt" nennt sich diese doch respektable Tour. Was bitte daran genau "klein" sein soll, bleibt das Geheimnis des Veranstalters

Hier der Streckenverlauf:
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=asbmaecbzuhsacxt&referrer=trackList

Wer zu faul zum Klicken ist, so grob:
Pappenheim (bei Treuchtlingen) – Regensburg – Landshut – Waldkraiburg - Chiemsee – Schliersee – Tegernsee - Bad Tölz – Starnberger See - Landsberg/Lech – Wertingen - Pappenheim

Kurzer Exkurs für alle, die mit der Brevetwelt nicht so vertraut sind: man muss auf der Strecke ca. alle 70 km an vorgegebenen Punkten seine persönliche Kontrollkarte in einer Tankstelle/Bäckerei/Schnellrestaurant etc. abstempeln lassen. Fehlt ein Stempel, wird das Brevet nicht anerkannt (was nicht so tragisch ist, außer im Jahr der Paris-Brest-Qualifikation; dafür ist eine komplette Serie mit 200-300-400-600 km zu absolvieren).

Ich hatte vor, um 7.45 Uhr im Ortsteil Osterdorf anzukommen, um noch eine Tasse Kaffee zu trinken und einen gemütlichen Toilettengang zu absolvieren. Leider machte mir mein Sohnemann einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Ich hatte ihm am Vorabend unseren Wagen für eine Fahrt nach München geliehen. Den Zettel auf dem Frühstückstisch mit dem Text "das Auto muss auch demnächst getankt werden" fand ich an sich erst einmal nicht so bedrohlich. Erst das Drehen des Zündschlüssels offenbarte die dreiste Unverschämtheit des Filius’: max. 1/3 der RESERVE war noch im Tank, ca. 20 km schafft man damit im besten Fall. In der bayerischen Walachei ist es gar nicht so einfach, morgens um 6.30 Uhr eine geöffnete Tankstelle zu finden. Die erste nahm nur Bargeld. Kein Problem. Bloß auch kein Automat. Und kein Personal. Weiter zur nächsten und da war schon soviel Zeit verplempert, dass es klar sein würde, dass ich nicht um 8 Uhr starten würde.

Letztendlich fuhr ich um 8.07 Uhr auf dem Rennrad los und rauschte in einem Anfall von Schwachsinn und Selbstüberschätzung am gesamten Feld vorbei bis zur ersten Gruppe, die anfangs noch recht verhalten fuhr. So kam für die erste Stunde ein 34er Schnitt heraus. Das so was auf 600 km langen Touren nicht gut gehen kann, ist eigentlich klar. Man ahnt es - und jetzt weiß ich es auch. Nach 95 km, rund 800 Höhenmetern und 2:57h (ich 2:50h) kamen wir bei der ersten Stempelstelle an, und ab da konnte ich nicht mal mehr den Windschatten der Gruppe halten, die nun mit 40km/h in der Ebene und 33 km/h bergauf davonraste. Sie waren nicht mehr gesehen und mussten zwar später auch Tempo rausnehmen, waren aber nach 23,5h im Ziel. Wahnsinn.

Die Gruppenbildung ist bei diesen Brevets meist recht dynamisch und spontan. Mir war's sogar etwas zu spontan, denn zwei Fahrer, mit denen ich seit ca. 80 km zusammen gefahren war, radelten urplötzlich ohne mich davon, obwohl ich ihnen gesagt hatte, in zwei Minuten sei ich zur Weiterfahrt bereit. So fuhr ich die 60 km zum Chiemsee allein und schloss mich erst am Hundhamer Berg, einem ca. 5 km langen Anstieg mit 500 Hm (geschätzt) sehr unangenehm zu fahren, wieder einer Gruppe an. Ein wichtiges Zwischenziel beim 600er ist der Burgerking in Bad Tölz, der um 24.00 Uhr schließt, sonst ist es in Tölz um diese Zeit nicht weit her mit Einkehrmöglichkeiten. Wir waren um 23.30 Uhr da, und die 2-3 verbliebenen Mitarbeiter verfluchten uns ganz bestimmt innerlich, da doch erhebliche Bestellungen zu verzeichnen waren und auch die schon vorgenommene Aufstuhlung teilweise wieder rückgängig gemacht werden musste. Um 0.01 Uhr verließen wir Bad Tölz Richtung Landsberg am Lech, wo wir um 3.40 Uhr eintrafen. Ich hatte mittlerweile massiv mit der Übermüdung zu kämpfen, insgesamt hatte ich vier Phasen à ca. 30 Minuten, in denen der Sekundenschlaf nicht mehr fern war (kennt jemand ein empfehlenswertes Buch zu / oder hat Tipps für Powernapping?). Bei mir stellen sich dann immer Halluzinationen ein, die dieses Mal zum Glück nicht so "echt" waren wir sonst, sondern immer nach 1-2 Sekunden verflogen. Trotzdem kriminell, so zu fahren!

Nach 70 relativ gemütlichen Kilometern bis zur letzten Kontrollstelle in Wertingen geht es nach der Überquerung der Donau nochmals richtig zur Sache: ca. 40 km mit 600 HM. Nach über 550 km Vorbelastung ist jeder einzelne dieser Höhenmeter eine Qual. Meinen Magenproblemen (hatte meine Standardnahrung Fresubin alias Anorektikermilch nicht rechtzeitig bekommen) musste ich in einem der zahlreichen Anstiege Tribut zollen und abreißen lassen. Der Veranstalter schickt einen dann bei km 595 nochmals 250 Meter bergab zu km 600 in Mühlheim im Altmühltal. Leider ist das nicht das Ende des Brevets, sondern von dort aus geht es nochmals 200 HM stramm nach oben. So stramm, dass Schieben nicht viel langsamer gewesen wäre. Dass die 3-fach Übersetzung fast nicht gereicht hätte. Dass man jeden einzelnen Meter verflucht. Dass man....
Entschädigt wird man mit einer weiteren langen Abfahrt, die ich allerdings in meinem Zustand nicht genießen konnte und auf den letzten Metern fast wieder einschlief.

Das Ziel im Pappenheimer Ortsteil Osterdorf zeichnet sich dadurch aus, dass es ca. 140 m oberhalb der Stammgemeinde liegt. Das bedeutet, dass man - egal aus welcher Himmelsrichtung man sich nähert - abschließend immer bergauf fahren muss, meist mit bis zu 12%. Da das innere Pferdlein jetzt aber schon die Stallluft wittert, geht dieser letzte Anstieg meist recht gut und im Ziel (war nach 27h da) sind die Strapazen nach der Bewirtung durch Karls Frau Heidi meist recht schnell vergessen. Insgesamt eine runde Sache und eine ganz andere Welt als bei den Triathleten.

12,50 Euro beträgt das Startgeld bei den Osterdorfer Brevets (bis 600 km). Dafür bekommt man den Verwaltungskram (Brevetkarte zum Abstempeln) und ein Frühstück mit allem Drum und Dran. Zusätzlich bei der Rückkehr eine Flädlesuppe (je nach Personallage auch Spaghetti) und jede Menge Kuchen, Brot, Wurst und Kaffee. Könnte besser kaum sein. Wer will, kann am Vortag anreisen und in der alten Schule kostenlos in einem Feldbett übernachten. Mache ich beim nächsten Mal vielleicht, um den aus dem ersten Absatz geschilderten Problemen aus dem Weg zu gehen.

Welchen Sinn das alles hat? Na, gar keinen natürlich!

Hier noch ein Filmchen, das einen ganz guten Eindruck vermittelt:

http://www.youtube.com/watch?v=OqApellatx4&feature=g-all-s

Bilder habe ich leider nicht gemacht.

drullse
08.06.2012, 16:21
Respekt!

Sind die Zeiten netto oder Brutto?

pioto
08.06.2012, 16:27
Respekt!

Sind die Zeiten netto oder Brutto?

Danke, dass du den Respekt nicht mit irgendwelchen Adjektiven verwässerst :Cheese:

Zeiten sind brutto, d.h. die schnellsten waren nach 23,5h im Ziel und ich nach 27h ab "Startschuss" und inkl. Pausen. Der 34er Schnitt am Anfang war ja bis zur ersten Pause, somit brutto=netto. Maximal hat man 40h Zeit.

Ich vergaß noch zu erwähnen, dass zum Startgeld erhebliche Kosten für die Verpflegung hinzukommen. Schätze so 40 Euro. Ich esse allerdings ziemlich viel...sogar sehr viel...

Kiwi03
08.06.2012, 16:28
Sehr schön.. alte Granate.. Reschpekt, da war der komische Triathlon zum Zwischenglühen, gelle?:Lachen2:

drullse
08.06.2012, 16:31
Ah, danke. Schon interessant, die haben im Schnitt 25,5 Km/h gehabt, werden aber vermutlich fast einen 29er Schnitt gefahren sein oder? Da muss man ja doch ganz schön Pausen einrechnen.

Trainiert man sowas eigentlich oder ist das dann eine einmalige mentale Geschichte, sich 30 Stunden auf dem Rad zu halten?

Wolfgang L.
08.06.2012, 16:35
schöner Bericht.

Respekt.

Viele Grüße
Wolfgang

pioto
08.06.2012, 16:41
Sehr schön.. alte Granate.. Reschpekt, da war der komische Triathlon zum Zwischenglühen, gelle?:Lachen2:
Hallo Kiwi03,
ja, Lanzarote war nur das Intervall-Training plus Auslaufen. Wann war nochmal euer Event im Münsterland? Da muss ich auch noch mit Fitschi verhandeln. Da oben sind wir ja noch nie rumgeeiert. Jedenfalls ich zumindest nicht.

Ah, danke. Schon interessant, die haben im Schnitt 25,5 Km/h gehabt, werden aber vermutlich fast einen 29er Schnitt gefahren sein oder? Da muss man ja doch ganz schön Pausen einrechnen.
Ich glaube nicht, dass 29er Schnitt reicht. Ich würde eher auf 32 tippen. Da sind echt kranke Jungs dabei. Die Pausen werden gegen Ende schon ziemlich lang.

Trainiert man sowas eigentlich oder ist das dann eine einmalige mentale Geschichte, sich 30 Stunden auf dem Rad zu halten?
Das baut sich ja auf über 200, 300, 400 und dann 600 km. Die 1200er sind dann erst gegen Saisonende. Nach dem 600er wird jetzt z.B. drei Wochen für den 1000er getapert, dann passt das :Cheese:

Kiwi03
08.06.2012, 16:44
Unser Rennen ist am 03.10.

http://www.sparkassen-muensterland-giro.de/

Das Motto dieses Jahr ist: Wind macht stark.. :Lachen2:

Wird meine 7. Teilnahme, wenn alles gut geht, hoffen wir mal drauf. Man weiss es ja nie.. ist aber echt immer Klasse das Ding.

drullse
08.06.2012, 16:53
Ich glaube nicht, dass 29er Schnitt reicht. Ich würde eher auf 32 tippen. Da sind echt kranke Jungs dabei. Die Pausen werden gegen Ende schon ziemlich lang.
Heftig!

Das baut sich ja auf über 200, 300, 400 und dann 600 km. Die 1200er sind dann erst gegen Saisonende. Nach dem 600er wird jetzt z.B. drei Wochen für den 1000er getapert, dann passt das :Cheese:
Noch heftiger!

Straik
08.06.2012, 17:39
Danke, dass du den Respekt nicht mit irgendwelchen Adjektiven verwässerst :Cheese:



Fetten Respekt:Cheese::Blumen:

FMMT
08.06.2012, 18:01
spannend :)

Wolfgang L.
08.06.2012, 19:01
...
Ich hatte vor, um 7.45 Uhr im Ortsteil Osterdorf anzukommen, um noch eine Tasse Kaffee zu trinken und einen gemütlichen Toilettengang zu absolvieren. Leider machte mir mein Sohnemann einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Ich hatte ihm am Vorabend unseren Wagen für eine Fahrt nach München geliehen. Den Zettel auf dem Frühstückstisch mit dem Text "das Auto muss auch demnächst getankt werden" fand ich an sich erst einmal nicht so bedrohlich. Erst das Drehen des Zündschlüssels offenbarte die dreiste Unverschämtheit des Filius’: max. 1/3 der RESERVE war noch im Tank, ca. 20 km schafft man damit im besten Fall. In der bayerischen Walachei ist es gar nicht so einfach, morgens um 6.30 Uhr eine geöffnete Tankstelle zu finden. Die erste nahm nur Bargeld. Kein Problem. Bloß auch kein Automat. Und kein Personal. Weiter zur nächsten und da war schon soviel Zeit verplempert, dass es klar sein würde, dass ich nicht um 8 Uhr starten würde.

...


Hallo Pioto,

ich denke deine zweitgrößte Leistung zu diesem Brevent war deinen Filius nicht hochkant aus dem Bett zu schmeißen nachdem du die Tankanzeige gesehen hast. :Cheese: :)

Viele Grüße
Wolfgang

fitschigogeler
08.06.2012, 20:04
Welchen Sinn das alles hat? Na, gar keinen natürlich!




Doch, besonders so kurz nach dem lächerlichen Spaziergang in Lanzarote, Du krankes Hirn!


Red jetzt Du mal mit Madam Suomi wg. 1000duSud! Ich bin auch schon am Dünnbrettbohren daheim...

Ins Münsterland kriegen mich diese Jahr keine 10 Pferde, obwohl ich den Herrn Kiwi liebend gerne mal persönlich bespaßen würde.

Aber nächstes Jahr lassen wir die saublöde Schwimmerei weg, dann ist allen anderen Freuden Tür und Tor geöffnet.

bellamartha
09.06.2012, 06:50
Aber nächstes Jahr lassen wir die saublöde Schwimmerei weg, dann ist allen anderen Freuden Tür und Tor geöffnet.

Vorsicht, Fitschti!
Hörige, nach dir süchtige Ehefrau :Liebe: hin oder her: Auf's Schwimmen lasse ich nix kommen und bitte auch dich um etwas mehr Respekt und sei es nur um des Ehefriedens willen!

J.

DeRosa_ITA
09.06.2012, 07:02
Heftig!


Noch heftiger!

total brutal die Ultras!
bin letztes Jahr mal ein Stück bei so nem 24/12 h Rennen mitgefahren... die Sieger fahren dort fast 800 km, an die 33 km/h Schnitt, schnellste Runde fast 43 km/h, langsamste um die 29 km/h... und topfeben war der Rundkurs definitiv nicht

http://results1.pentek-timing.at/results/show_results_db.php?veranstnr=11692&racenr=2

http://www.oekoregion-kaindorf.at/index.php/aktuelles/24-stunden-biken/biken-film-2011

pioto
09.06.2012, 11:35
Vorsicht, Fitschti!
Hörige, nach dir süchtige Ehefrau :Liebe: hin oder her: Auf's Schwimmen lasse ich nix kommen und bitte auch dich um etwas mehr Respekt und sei es nur um des Ehefriedens willen!
Hui, das hatte ich noch gar nicht mitbekommen! Ich nehme an, Fitschi verzichtet auf Torten und Co. und beschränkt sich auf das Wesentliche. Das Radfahren mit dir :Cheese:

total brutal die Ultras!
bin letztes Jahr mal ein Stück bei so nem 24/12 h Rennen mitgefahren... die Sieger fahren dort fast 800 km, an die 33 km/h Schnitt, schnellste Runde fast 43 km/h, langsamste um die 29 km/h... und topfeben war der Rundkurs definitiv nicht
Einer aus der ersten Gruppe war vor 3 Jahren beim 24h Rennen in Kelheim Vierter. 650 km waren das bei ihm, beim Sieger 730km. Aber die Strecke hat's in sich.

Bei den Brevets steht allerdings keiner mit Flaschen und Futter am Straßenrand, sondern die Einkehrerei dauert schon. Die Zeit spielt aber überhaupt keine Rolle (auch wenn ich meist relativ weit vorne mitfahre)! Das ist ein entscheidender Punkt bei diesen Fahrten.

@wolfgangL: was meinen Sohn angeht: ich habe versucht, da eine Entschuldigung rauszukitzeln. Das wurde nur mit Schulterzucken quittiert. So ungefähr: selber Schuld, wieso leihst du mir auch dein Auto.
Sackgesicht!

DeRosa_ITA
09.06.2012, 11:43
Bei den Brevets steht allerdings keiner mit Flaschen und Futter am Straßenrand, sondern die Einkehrerei dauert schon. Die Zeit spielt aber überhaupt keine Rolle (auch wenn ich meist relativ weit vorne mitfahre)! Das ist ein entscheidender Punkt bei diesen Fahrten.


gilt das auch so für den Alpenbrevet?

Wolfgang L.
09.06.2012, 11:44
hallo Pioto,

tut mir leid. Von mir auch ein Sackgesicht.

zum Thema, ich bin schwer beeindruckt vom Schnitt der bei diesen Brevents gefahren wird. Von der Strecke natürlich auch.

Viele Grüße
Wolfgang

pioto
09.06.2012, 11:56
gilt das auch so für den Alpenbrevet?

Alpenbrevet ist eine sauschwere Fahrt (die Platin-Tour würde ich übrigens vermutlich nicht im Zeitrahmen schaffen), aber mit Randonneurs-Brevets hat das rein gar nix zu tun.

Danke aber, dass du mich an den erinnert hast. Irgendwann muss ich den auch mal versuchen. Vielleicht schwänze ich dieses Jahr mal den Ötzi.

NarfIsNarf
09.06.2012, 12:21
gilt das auch so für den Alpenbrevet?

Das Alpenbrevet ist ein normaler Radmarathon mit Verpflegungsstellen.

@pioto: die einzelnen Zeitlimits auf der Platin-Runde waren zumindest 2007 noch recht komfortabel bemessen. Seit 2008 wird in Meiringen gestartet, was die Strecke zugegebenermassen etwas verschärft (Susten als letzten Pass anstatt Oberalp), aber imho trotzdem machbar.

Ciao,
A.

DeRosa_ITA
09.06.2012, 12:53
Alpenbrevet ist eine sauschwere Fahrt (die Platin-Tour würde ich übrigens vermutlich nicht im Zeitrahmen schaffen), aber mit Randonneurs-Brevets hat das rein gar nix zu tun.

Danke aber, dass du mich an den erinnert hast. Irgendwann muss ich den auch mal versuchen. Vielleicht schwänze ich dieses Jahr mal den Ötzi.

oder wir gehen das Abenteuer Platin gemeinsam an... INKL. Ötzi :-)

drullse
09.06.2012, 15:34
@wolfgangL: was meinen Sohn angeht: ich habe versucht, da eine Entschuldigung rauszukitzeln. Das wurde nur mit Schulterzucken quittiert. So ungefähr: selber Schuld, wieso leihst du mir auch dein Auto.
Sackgesicht!
Von wem er das wohl hat...? :Cheese:

sybenwurz
09.06.2012, 15:51
So ungefähr: selber Schuld, wieso leihst du mir auch dein Auto.
Sackgesicht!

Aber gut, man lernt ja hinzu ...
Mir würde so ne Geschichte nur einmal passieren.
(Und zwar nedd, weil ich dem Filius nächstes Mal noch nen Fuffi zum Tanken in den Hintern blasen tät...)

Nordexpress
09.06.2012, 20:30
(war nach 27h da)


Cool. Dicken Respekt alter Orgakönig.


Sie waren nicht mehr gesehen und mussten zwar später auch Tempo rausnehmen, waren aber nach 23,5h im Ziel. Wahnsinn.


beängstigend

triduma
10.06.2012, 07:33
Hi pioto,
schöner Bericht und absolute Spitzenleistung von dir.
Und ich dachte immer bei solchen Brevets wird gemütlich gefahren. Da hab ich mich wohl gehörig geteuscht.
Gruß
triduma

MatthiasR
10.06.2012, 22:29
Momentan machen sich aus dem Forum fitschigogeler, Nordexpress und pioto Gedanken, bei dieser Tour über ca. 1000 km durch Provence und französische Seealpen bis rauf nach Grenoble mitzufahren.

Le 1000 du sud (https://sites.google.com/site/le1000dusud/)


Den ist ein Kumpel von mir letztes Jahr mitgefahren. Muss wohl ziemlich schön sein, aber auch sehr hart.

Dieses Jahr will er die 1001miglia (http://www.1001migliaitalia.it/) fahren...

Gruß Matthias

PS: Schöner Bericht von der kleinen Bayernrundfahrt

fitschigogeler
10.06.2012, 22:31
Cool. Dicken Respekt alter Orgakönig.




Wollte ich auch noch anfügen.

27h ist beleibe kein Scheißdreck!

Nordexpress
11.06.2012, 10:59
PS: Schöner Bericht von der kleinen Bayernrundfahrt

die Große (http://www.brevet1200.de/)kommt ja noch :Cheese:

DEJO
14.06.2012, 19:00
Werde nächste Woche auch ein längeres Rennen machen, noch nichtmal 600km aber für mich trotzdem ein langer Kanten, vor allen als Kölner Flachlandtiroler ! Falls ich denn ankomme !
Ich hoffe das passt halbwegs hier rein!

Rennen: RaceAcrossTheAlps 2012
Blog: http://rheinsteigerteam.wordpress.com/

Ciao
Jochen

Nordexpress
15.06.2012, 09:09
Werde nächste Woche auch ein längeres Rennen machen, noch nichtmal 600km aber für mich trotzdem ein langer Kanten, vor allen als Kölner Flachlandtiroler ! Falls ich denn ankomme !
Ich hoffe das passt halbwegs hier rein!

Rennen: RaceAcrossTheAlps 2012
Blog: http://rheinsteigerteam.wordpress.com/

Ciao
Jochen


Oh cool, erzähl dann mal hinterher wie's war.
Und wie Du Dich vorbereitet hast. Das fände ich sehr interessant.

Und wenn Du Dein Begleitfahrzeug abhängst, passt das schön hier rein :Cheese:

pioto
15.06.2012, 10:27
...
Rennen: RaceAcrossTheAlps 2012
...

Passt gut hierher. Kopier mal deinen Bericht hier rein. Drei zusätzliche Leser hättest du mindestens ;)

In 24h würde ich das nie und nimmer packen. 32h könnte vielleicht so gerade gehen, aber selbst das bezweifle ich. Du hast ja immerhin 80 kg, etwa wie Nordexpress. Fitschi und ich sind jenseits der 90 bzw. 97 kg, das macht solche HM-lastigen Touren "etwas heikel".

Viel Spaß, Glück & Erfolg
pioto

@fitschi, Nordexpress: Peter Fassbänder fährt dort auch mit. Bin einigermaßen erstaunt, was der so alles treibt.

Nordexpress
15.06.2012, 10:41
Du hast ja immerhin 80 kg, etwa wie Nordexpress.

79,2 bitte nach jüngsten Messungen :Cheese:

@fitschi, Nordexpress: Peter Fassbänder fährt dort auch mit. Bin einigermaßen erstaunt, was der so alles treibt.

Schon wieder? Aha. Hoffentlich diesmal vernünftig. Beim ersten Versuch hat er ernährungstechnisch grob daneben gehauen (ein paar Wurschtsemmeln sollten reichen). Bin gespannt...

Nordexpress
15.06.2012, 10:48
In 24h würde ich das nie und nimmer packen.

Das packen aber viele Teilnehmer nicht, wenn man in die Ergebnislisten schaut. viele sind >30h unterwegs.

Die Aussage, es werden nur Teilnehmer zugelassen, die die Strecke in 24h packen ist schon ein bisserl übertrieben. wenn Du mal PBP gemacht hast, nehmen sie Dich an, egal welche Zeit. so zumindest vom Hörensagen.

fitschigogeler
15.06.2012, 11:43
Also,

Du bist ja offensichtlich ein Hawaii-Sub-10-Finisher. Wen sollen die denn zulassen, wenn nicht solche Granaten????

Wo habt Ihr die Pseudo-Info mit den 24h her? Hab ich nirgends gefunden.

Ich weiß nur aus meiner nächsten Umgebung, daß 27h eine absolute Hammerzeit sind.


Ich wünsche Dir viel Spaß und viel Erfolg. Stapel nicht so tief, bin mir sicher, daß Du das gut packst.
30 - 32 Std. sind nicht außerirdisch und wurden schon von Leuten mit deutlich schlechteren Vorleistungen als ner Sub10 auf Hawaii geschafft.

Hau rein und berichte uns! :Blumen:

Nordexpress
15.06.2012, 11:47
Wo habt Ihr die Pseudo-Info mit den 24h her? Hab ich nirgends gefunden.

http://rheinsteigerteam.wordpress.com/rata-2012-race-across-the-alps/
(http://rheinsteigerteam.wordpress.com/rata-2012-race-across-the-alps/)

Nordexpress
15.06.2012, 11:54
Ich weiß nur aus meiner nächsten Umgebung, daß 27h eine absolute Hammerzeit sind.


In den Ergebnislisten landet man damit aber konstant in der Mitte.
Die Topzeiten liegen erheblich tiefer. Aber klar, 27h muss man auch erstmal bringen.
witzigerweise kommen immer nur knapp 30 Teilnehmer an, der Rest hat DNF.

fitschigogeler
15.06.2012, 12:07
http://www.raceacrossthealps.at/downloads/ergebnisse-2009.pdf

If you know what I mean.


Schneller als der Armin muß man erst mal fahren.

Die Verhältnisse damals waren wohl etwas frisch. Aber der Peter hats ja schlußendlich auch geschafft!

Nordexpress
15.06.2012, 12:25
http://www.raceacrossthealps.at/downloads/ergebnisse-2009.pdf

If you know what I mean.


Schneller als der Armin muß man erst mal fahren.

Die Verhältnisse damals waren wohl etwas frisch. Aber der Peter hats ja schlußendlich auch geschafft!


Keine Frage, der Armin ist schon der Hammer.
Und ich behaupte auch nicht, dass 27h einfach sind.
Auch Peter will ich da nicht kleinreden. Nicht das es so rüberkommt.
Für jemand der zum RAAM will, ist er das damals nur völlig planlos angegangen (Alfred war im Auto dabei und hat mal geplaudert...). Vielleicht hat er das ja mittlerweile besser im Griff.

fitschigogeler
15.06.2012, 12:28
Keine Frage, der Armin ist schon der Hammer.
Und ich behaupte auch nicht, dass 27h einfach sind.
Auch Peter will ich da nicht kleinreden. Nicht das es so rüberkommt.
Für jemand der zum RAAM will, ist er das damals nur völlig planlos angegangen (Alfred war im Auto dabei und hat mal geplaudert...). Vielleicht hat er das ja mittlerweile besser im Griff.

Alles bis auf den letzten Satz 100% ACK.
Letzter Satz: :Cheese: :Cheese: :Cheese:

pioto
15.06.2012, 12:43
Wo habt Ihr die Pseudo-Info mit den 24h her? Hab ich nirgends gefunden.
Hier (http://www.raceacrossthealps.com/) steht das im ersten Absatz. Erst wenn man weiter blättert, erfährt man, dass man 32h Zeit hat, was wie gesagt schwierig genug ist.

Alleine die Vorstellung, nach dem Stilfser Joch den Gavia-Pass zu fahren und kurz drauf den Mortirolo löst bei mir heftigstes Kopfschütteln aus. Sollte man eigentlich mal versuchen :)

DEJO
15.06.2012, 13:03
Oh cool, erzähl dann mal hinterher wie's war.
Und wie Du Dich vorbereitet hast. Das fände ich sehr interessant.

Und wenn Du Dein Begleitfahrzeug abhängst, passt das schön hier rein :Cheese:

Vorbereitung steht im Blog --- muss man mal etwas runter scrollen --- fängt an mit den Eintrag 'RATA was ist denn das' !

Ich hoffe es gibt auch noch einen Eintrag über das erfolgte Finish -- in 31h59min ! --- wenn nich schreibe ich natürlich auch warum es denn nicht geklappt hat.

Das mit dem Begleitfahrzeug lassen wir mal -- bin kein Savoldelli oder meintest du im Aufstieg zum Mortirolo :Lachanfall:

Ich hatte im ersten Kontakt auch die 24h gelesen und danach die 32h, welche für mich als Rookie schon ambitioniert genug sind. Mit sub 24h biste ja meist Top 5.
Dieses Jahr scheint es ein Rekordstarterfeld zu werden. Vor zwei Wochen waren es noch 80 nun ist nochmal upgedatet worden auf 64. Ich denke von den 64 werden ziemlich alle am Start sein.

Nordexpress
15.06.2012, 13:25
Alles bis auf den letzten Satz 100% ACK.
Letzter Satz: :Cheese: :Cheese: :Cheese:

Nachdem ich ihn einmal dieses Jahr (300er in Freiburg?) mit seinem Riesenrucksack auf dem Aerolenker liegend "die Gruppe anführen" sah bin ich geneigt, mich dem :Cheese::Cheese::Cheese: anzuschließen, wenngleich mir ein abschließendes Urteil nicht zustehend erscheint.

Sollte man eigentlich mal versuchen

Besagter P.F. hat letzten Oktober mal angefragt, ob man die Strecke nicht mal auf eigene Faust im Brevetstil runterreißen wöllte. Aber das ist glaub ich echt knüppelhart.

Nordexpress
15.06.2012, 13:25
Ich hoffe es gibt auch noch einen Eintrag über das erfolgte Finish -- in 31h59min ! -

Viel Erfolg und nicht allzu mieses Wetter

fitschigogeler
25.06.2012, 10:14
Ich hoffe es gibt auch noch einen Eintrag über das erfolgte Finish -- in 31h59min ! ---



28:30. Dicke Gratulation!

Und jetzt schreib mal was, alter Tiefstapler. :Blumen:

Nordexpress
25.06.2012, 10:50
Schade, Peter ist wohl ausgestiegen nach 15h.

DEJO
25.06.2012, 16:28
Erstmal ganz kurz -- es war die erwartet harte Prüfung :Lachen2:

Blog wird in kürze aktualisiert. http://rheinsteigerteam.wordpress.com/

Ciao
Jochen

Nordexpress
26.06.2012, 23:55
Während das traditionsreiche Paris-Brest-Paris nur alle vier Jahre abgehalten wird, bot sich mit der seit 12 Jahren in Folge veranstalteten „Großen Acht durch Bayern“ letzten Donnerstag die Möglichkeit, den Fahrspaß auch dieses Jahr über die magische 1.000-Kilometer-Grenze zu steigern. Zu bewältigen waren 1.024 km mit ca. 10.000 Hm in maximal 75 Stunden.

Der Streckenverlauf stellt eine Kombination der 600er- und 400er-Strecke dar, jedoch jeweils entgegen der normalen Fahrtrichtung gefahren. Von Pappenheim geht es zunächst an Augsburg vorbei gen Süden bis Bad Tölz, alsdann entlang der Alpen zum Chiemsee und über Wörth an der Isar und Kelheim zurück nach Osterdorf. Psychologisch tückisch lauern dort nach ca. 600 Kilometern warme Verpflegung, Duschen und eine Schlafmöglichkeit dem vorermatteten Pedaleur auf. Gelingt es ihm, den Fängen dieses langdistanziösen Äquivalents der Venusfliegenfalle zu entgehen, so findet er sich auf einer 400 Kilometer langen zweiten Runde um Nürnberg wieder, hinein in die Fränkische Schweiz und oberpfälzer Landschaften. Der Streckenverlauf im Ganzen: LINK (http://www.gpsies.com/map.do?fileId=fxlppcksywcmtabh)

Die Teilnehmerzahlen sind wie eigentlich immer im Jahr nach PBP relativ gering. Bei 33 Startern darf eher vom harten Kern der Randonneurszene ausgegangen werden. Man kennt sich überwiegend. Ein Niederländer sorgt für internationales Flair. Nach entspannter Anreise am Vortag (gell, Pioto?) und ausgiebigem Frühstück fiel der Startschuss pünktlich um 10 Uhr morgens bei bereits blauem Himmel.

Direkt zu Beginn formiert sich eine Spitzengruppe von 5-8 Fahrern, die mal mehr, mal weniger zusammen fährt. Jeder sucht seinen Rhythmus. Nach meiner üblichen lockeren ersten Stunde, fühle ich mich prächtig genug, an die Spitze zu gehen und ein wenig am Gashahn zu spielen. Ich fahre ungern in der Gruppe, aber liebend gerne vorne. Wenn es gut läuft, entfaltet sich bei mir ein unbeschreiblich berauschendes Gefühl. Nach 20min eine kurze Schrecksekunde, als meine Satteltasche nach unten auf das Hinterrad fällt. Wir lernen: Conti GP4000S ist härter als Ortlieb wasserdicht. Ortlieb ist in der Folge nicht mehr ganz so wasserdicht. Die Gruppe nutzt die Gunst der Stunde, um mich am Straßenrand stehen zu lassen. Nur Urban hält mit an. Er ist halt noch ein Kumpan alter Schule. Wir sind 2010 zusammen das Schlussstück des 1000er gefahren, was irgendwie verbindet. Für ihn ist es bereits die achte (erfolgreiche) Teilnahme hier. (Der Rekord liegt übrigens bei 11x Finish.)

Nach Schadensbehebung bilden wir fortan ein Zweiergespann mit recht klarer Aufgabenteilung: einer führt, weil er angestinkert ist und die Gruppe stehen lassen will, der andere bleibt dran. Wertingen als erste Kontrolle ist schnell erreicht. Dank günstiger Beine fliegen wir förmlich weiter gen Landsberg. Landsberg finde ich schön, da gibt es immer tolle Brezen bei der Aral-Tankstelle. Salzgebäck ist aufgrund des massiv schwülen Wetters und bis zu 27°C zusammen mit entsprechender Flüssigkeitszufuhr auch dringend notwendig. Urban kündigt an, das bisherige Tempo nicht mehr ganz mitgehen zu können.

Den nächsten Abschnitt nach Bad Tölz gehen wir etwas ruhiger, wenngleich nicht weniger zielstrebig an. Immerhin stehen an der Stempelstelle nach ca. 235 km doch noch exakt 30,0 km/h auf dem Tacho. Über dem Voralpenland haben sich zwischenzeitlich die angekündigten Gewitter für die Abendstunden zusammengebraut. Wird uns das Glück noch bis zum Chiemsee hold bleiben? Es tut es. Mit nur ein bißchen Getröpfel und dem letzten Tageslicht erklimmen wir den Samerberg und nehmen die rasante Abfahrt zur Kontrolle nach Prien am Chiemsee. Der Wendepunkt der ersten Runde ist gegen 22:15 erreicht. Der Wendepunkt des Wetters eine halbe Stunde später allerdings auch.

Durch zunächst massiven Wolkenbruch gehen wir zusammen auf die nächtliche Etappe bis zur nächsten Kontrolle nach Wörth an der Isar, 110km entfernt. Das Wettergeschehen bietet eine einmalige Kulisse. Ein einziges Wetterleuchten im Westen von den Alpen bis weit nach Norden. Dazu bläst uns die erste Stunde noch ein kräftiger Rückenwind voran. Es wird jedoch zunehmend nässer, hügeliger und der Wind dreht. Urban geht die Energie aus. Während ich brav regelmäßig meine KH-Lösung trinke, ist er auf die Zufuhr fester Nahrung angewiesen, hatte jedoch schlicht keine Zeit dafür gefunden, um an mir dranzubleiben. Jetzt bekommt er kaum einen Bissen runter. Was also tun? Zu allem Unglück hat er seine Stirnlampe in Osterdorf am Start vergessen. Wir sind beide „klassisch“ nur mit Streckenplan und ohne GPS unterwegs. Kein Licht bedeutet praktisch Navigationsunfähigkeit. Da hilft nur eins: zusammenbleiben. Während er sich an den Hügeln zunehmend plagt, übernehme ich die Lotsenfunktion bei Rekomtempo. Es ist mir fast schon peinlich, wie ich da manchmal oben warte. Wörth erreichen wir nach über fünfeinhalb Stunden und halten uns fast eine Stunde im Rasthof auf. Ich lege mich für 15min hin. Drei weitere Fahrer haben zu uns aufgeschlossen und wir starten gemeinsam in den jetzt hellen Morgen.

Urban ist ein echter Freund. Er weiß, dass ich eine gute Zeit vor Augen hatte und spürt meinen Zwiespalt zwischen zusammenfahren oder alleine fahren. „Es ist jetzt wieder hell, ich kann den Streckenplan wieder lesen. Du hast so viel trainiert. Fahr.“, ist alles was er sagt. Ich zögere noch. Ganz frisch bin ich ja auch nicht mehr, 5h Rekom hin oder her. Ein paar Minuten später grinse ich ihn dann nur an, er sagt noch „Tschüß“ und los geht’s. Die ersten zehn Minuten tun weh, dann kommt der Rhythmus wieder. Die Gruppe bleibt zurück. Kontrolle in Kelheim Punkt 7 Uhr. Anschließend über die heute nicht ganz so schlimm windgeplagte Hochebene. Ein mittleres Lüftchen weht und es ist wieder richtig heiß. Aber es läuft. Nach 25h45min stehe ich vor der Venusfliegenfalle. Drei sind schon da, zwei davon hören auf wegen technischem Defekt und anstehendem Konfirmationstermin. Seit 10km überlege ich immer wieder, was nacheinander zu tun ist. 2 Teller Nudeln, Duschen, Wundversorgung (ausnahmsweise vorne statt hinten), Flaschen auffüllen, Reifen nachpumpen, weiter. Was schnell klingt, dauert 1h15. Es fehlt halt doch die Spritzigkeit. Schlafbedürfnis verspüre ich nicht. Überraschenderweise schmerzt auch nichts, die Muskulatur ist noch locker. Unser Goldschatz Heidi fragt noch, wann ich ungefähr wieder da bin, dann entlässt sie mich als Ersten auf die zweite Runde.

Es folgen 110km durch mittelfränkische Hügellandschaft (wer’s kennt: die Gegend um Spalt ist sehr reizwirksam), westlich vorbei an Nürnberg bis Heßdorf. Als ich dort wieder losfahre kommt Gerhard von hinten an und flucht gscheit niederbayerisch über die Hügel und den Wind. Er wirkt recht paniert, weshalb ich schonmal weiterfahre. Schon ein irres Gefühl, so vorneweg zu fahren. Für mich das erste Mal. Ich nähere mich Hirschaid, dem Tor zur Fränkischen Schweiz und langsam steigt der Respekt vor dem, was jetzt noch kommt. Jetzt wird sich zeigen, ob es bisher etwas zu forsch war. Die letzten 250km haben die meisten Höhenmeter. Vor zwei Jahren bin ich hier am 18-Prozenter nach Teuchatz jämmerlich eingegangen und hab mich die restlichen 200km nur noch gequält, was Urban sicher viel Geduld abverlangt hat.

Die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Anstiege nach Teuchatz. Karl Weimann, der die Route zusammengestellt hat verzichtet auf die 18% zugunsten eines wüst betonierten „Weges“, der mehr oder weniger kurvenlos auf den Berg führt. Straßenschilder gibt’s hier nicht mehr, dafür Wandersymbole. Über ein paar hundert Meter hat das Ding >20%, angeblich in der Spitze sogar 25%. Ich krieg kaum die Kurbel noch rum. Karl wird hier hoffentlich schieben und es sei ihm von ganzem Herzen gegönnt. Der spinnt langsam echt. Jedes Jahr wird’s schlimmer. Kann ja wohl nicht wahr sein hier. Ein Auto kommt auch noch entgegen, also doch absteigen. Wie fährt man denn hier wieder an? Uff. Oben wartet ein Kaff namens Kälberhöhe, dass angeblich nur geradeaus durchfahren werden muss. Hat aber ne T-Kreuzung mit Auswahl links (bergab) oder rechts (bergauf). Mir entfährt ein hörbares „Sch….“. Als ich mich umsehe, sitzt keine zwei Meter neben mir ein alter Mann auf ner Bank und grinst sich einen. Höflich nach dem Weg nach Teuchatz fragen ist kein Problem. Die urfränkisch ausgesprochene Antwort verstehen dann irgendwie doch. Rechts lang und dann irgendwas von bergab. Na, sehen wir mal. Tatsächlich folgt das Sträßchen einer Rechtskurve und geht in eine wunderbare Abfahrt über. Kann aber nicht stimmen, Karl sagte was von „auf der Höhe bleiben“. Mittlerweile komplett orientierungslos beschließe ich bis zum nächsten Ort weiterzurollen. Der Blick auf die Landkarte offenbart eine Position deutlich unterhalb von Teuchatz. Also wieder den Berg raufkrabbeln. Die ganze Aktion kostet mich locker eine halbe Stunde. Wie sich später herausstellt, bin ich bei weitem nicht der Einzige, dem es so geht. Richtig wäre gewesen, an der Rechtskurve vor der Abfahrt geradeaus einen aus Rasenpflasterstein gezimmerten Feldweg zu nehmen. Den hatte ich zwar gesehen, aber logischerweise als Möglichkeit verworfen. Die einzige Stelle der Tour, wo die GPS-Fahrer klar im Vorteil waren.

Die weitere Fahrt verläuft relativ ereignislos. Der Anstieg zum Wichsenstein macht seinem Namen immer noch alle Ehre, hat seinen Schrecken nach der Kälberhöhe aber verloren. Wunderschön dann die nächtliche Fahrt entlang des Wiesenttals nach Waischenfeld. Es wird ziemlich frisch. Aus dem Gras neben der Straße schaut mich ein Fuchs neugierig an. Was man alles erlebt. Wenige Minuten später nochmal einer. Moment mal. Bin wohl deutlich müder als ich dachte. Es sind nur noch wenige Kilometer bis zur nächsten Kontrolle. Aber schlagartig kämpfe ich gegen den Schlaf. Neben einer Scheune lege ich mich nochmal hin, genieße den Anblick des sternklaren Himmels, schlafe für 20 Minuten ein, genieße nochmal den Sternenhimmel und raffe mich auf. An der Kontrolle Rasthof „Fränkische Schweiz West“ steht schon ein Fahrrad. Gerhard ist während meiner Bonusmeilen an mir vorbeigefahren und hat sich schlafen gelegt. Bei meinem Anblick erinnert sich das Personal seiner und schreitet zu rabiatem Aufwecken. Die Kontrolle ist nix für Nachtankömmlinge. Obwohl ein Rasthof an der Autobahn gibt es nichts außer ein paar Schokoriegeln zu erwerben. Der Rest ist dicht. Nichtmal Cola gibt es. Schöner Mist.

Weil wir schonmal so schön zusammenstehen, können wir auch gemeinsam weiter. Wir ergänzen uns ganz gut. Am Berg ist er nen Ticken besser, im Flachen bin ich der bessere Drücker. Er fährt nur nach GPS-Track ohne Karte und bestätigt auf Nachfrage, er habe keine Ahnung, wo er sich eigentlich befindet. Er arbeitet sich einfach die schwarze Linie auf dem Display entlang. Ich bin fasziniert. Für mich unvorstellbar, ich bin ein Landkartenmensch. Wir durchqueren die westliche Oberpfalz. Im Morgengrauen, nur wenige Minuten von der letzten Kontrolle kämpfe ich wieder dermaßen mit dem Sekundenschlaf, dass ich Gerhard vorausschicke und mich einfach neben die Straße lege. Keine fünf Minuten später hält ein Auto an, um nach dem Rechten zu sehen. Ich bedanke mich für’s Wecken und schließe wieder zu Gerhard beim Frühstück auf.

Letzte Etappe, 120 km, volle Kraft voraus. Ein paar kleine Hügel und relativ flache Stücke führen uns wieder Richtung Altmühltal. Aber die Kräfte drohen nachzulassen, der Hintern schmerzt jetzt auch ein wenig, die Müdigkeit nimmt zu. Gerhard sagt später, er habe hinter mir oft die halbe Spur gebraucht. Es wird wieder deutlich wärmer. Ein kurzer Stopp zum Umziehen. „Wie weit ist es noch?“ – „62 km“ – „Hey, dann schaffen wir ja die 50 Stunden gut.“ – „Was, willst jetzt nur noch 15er Schnitt fahren?“ – Recht hat er, ich will auch heim. Wir geben nochmal Gas. Auch die zwei letzten fiesen Anstiege sind keine echten Hindernisse mehr. Die Müdigkeit ist wie weggeblasen, wir riechen das Ziel. Der Wind versucht’s auch noch auf der Hochebene vor Osterdorf. Keine Chance. Nach genau 48h40min (40h15 netto) reichen wir uns im Ziel die Hände. Kurz darauf kommt Heidi und versorgt uns wie immer liebevoll mit allem, was das ausgehungerte Herz begehrt.

Im Lauf des Nachmittags kommen weitere Fahrer an. Sogar Urban kommt noch weit vor dem Abend an. Ich freue mich total, ihn so früh zu sehen. Er hatte sein eigenes Tempo wiedergefunden und sich dabei gut regeneriert. Kurz vor Schluss sogar noch zwei Schalen Erdbeeren auf einem Feld gepflückt. Den Inhalt seiner Lenkertasche musste er dafür unter Hose und Trikot stopfen. Verrückter Kerl!

Wer’s auch mal erleben will (gerne auch auf den kürzeren Strecken): www.randonneure.de (http://randonneure.de/) oder www.audax-randonneure.de (http://audax-randonneure.de/)

Nordexpress
26.06.2012, 23:56
noch ein paar Impressionen...
Danke an Felix, der die tollen Bilder vom Liegerad aus gemacht hat.

Nordexpress
26.06.2012, 23:57
und noch mal welche...

fitschigogeler
27.06.2012, 10:12
Ganz großartiger Bericht, Michl!

Jetzt finde ich es noch schader, daß ich nicht dabei sein konnte.


- Du wirst jedes Jahr besser, Du Viech
- Der Karl wird immer fieser, denn er schiebt das ja eh alles
- Bei dem Rasensteinweg hätte ich sofort an eine GPS-Falle gedacht, wie beim 400er, als er mein Mädel den grob gepflasterten 18% hochgejagt hat, den dann alle anderen Deppen grinsend umfahren haben. Aber am Ende sind GPSler immer im Vorteil. Zumindest, wenn sie mit dem Gerät umgehen können.
- Wegen der Schmerzen "vorne":Weißt Du noch, was wir nach PBP besprochen haben? "Bei der nächsten Langstrecke wird rasiert. Und zwar alles!" :Cheese:
- Der Urban ist wirklich ein spitzenmäßiger Begleiter und Freund. Und Erdbeer-Junkie vom Allerfeinsten


Nach diesem Bericht, kann ich nicht anders:
Wir sehen uns in Fronkreisch...

MatthiasR
27.06.2012, 10:35
Toller Bericht und super Leistung!

Ich frage mich aber, was du uns mit diesem Satz sagen willst: :Cheese:

Der Anstieg zum Wichsenstein macht seinem Namen immer noch alle Ehre,

Also nach 700-800 Radkilometern würde ich daran bestimmt nicht mehr denken :Lachanfall:

Gruß Matthias

PS: Das mit den Links üben wir noch mal...

Nordexpress
27.06.2012, 10:58
Toller Bericht und super Leistung!

Ich frage mich aber, was du uns mit diesem Satz sagen willst: :Cheese:



Also nach 700-800 Radkilometern würde ich daran bestimmt nicht mehr denken :Lachanfall:

Gruß Matthias

PS: Das mit den Links üben wir noch mal...


Das Ding ist halt ein Wichser nach 800km. :Cheese:

Links sind korrigiert, sorry.

Nordexpress
27.06.2012, 11:03
- Wegen der Schmerzen "vorne":Weißt Du noch, was wir nach PBP besprochen haben? "Bei der nächsten Langstrecke wird rasiert. Und zwar alles!" :Cheese:

Genau das möchte ich nach den jüngsten Erfahrungen nicht empfehlen. Schon kleinste nachwachsende Stoppeln sind der Tod. Ich werde (zumindest für Langstrecken) zum Gebüsch mit schön viel Sitzcreme zurückkehren.:Cheese:


Nach diesem Bericht, kann ich nicht anders:
Wir sehen uns in Fronkreisch...

Super geil. Ich freu mich.

pioto
27.06.2012, 13:38
Mille Alba – Ein verlängertes Wochenende in Schottland

Leider sind die deutschen Randonneure aus unerfindlichen Gründen forumstechnisch kaum vernetzt, weshalb ich auf der Suche nach Infos zu diversen Langstreckenfahrten im britischen YACF-Forum (yet another cycling forum) landete. Dort stieß ich auf einen Thread über ein 1000 km Brevet in Schottland, an dem ich unbedingt teilnehmen musste.

Vorneweg die Eckdaten:
Startgeld inkl. 4x Übernachtung und Vollpension: 120 Euro. Die dauernden Vergleiche zu Ironman und Challenge sind zwar müßig, aber ich deute sie natürlich trotzdem gerne an.

Anders als bei den meisten Brevets dieser Länge gab es eine Art Basislager in einem Pfadfinderheim, von dem aus die auf 4 Etappen aufgeteilte Gesamttour jeweils starteten. Wer zügig fährt, kann bereits am Abend gegen 22 Uhr zurück sein und bis zum nächsten Morgen „normal“ in einem der 8-Bett-Zimmer schlafen, um dann die nächste Etappe ausgeruht in Angriff zu nehmen.

Hier eine Übersicht der Teilstrecken:

http://ridewithgps.com/routes/821123 - 4300 hm, 360 km
http://ridewithgps.com/routes/821143 - 4000 hm, 325 km
http://ridewithgps.com/routes/821158 - 3600 hm, 265 km
http://ridewithgps.com/routes/821163 - 800 hm, 70 km

Macht gesamt runde 12700 Höhenmeter auf 1020 km.

Bereits im Vorfeld war der Kontakt mit dem Veranstalter hervorragend. Alle Fragen wurden entweder im Forum oder direkt per Mail beantwortet. Organisationschef Graeme bot sogar an, mich vom Flughafen abzuholen. Dies lehnte ich ab, da es einen Flughafenbus gab und anschließend nur noch 5 km per Taxi zu fahren waren. Alleine die Geste beeindruckte mich schon, denn wenn 80 Teilnehmer fast gleichzeitig in einem solchen Lager aufschlagen, gibt es jede Menge zu tun. Graeme berichtete mir, dass insgesamt 80 Helfer mitmachen, sodass auf jeden Teilnehmer ein Helfer kam, und das war jederzeit zu spüren. Man wurde königlich betreut, was mit einer tollen Pastaparty am Donnerstag Abend seinen Anfang nahm.

Weniger erfreulich präsentierte sich leider das Wetter und noch katastrophaler der Wetterbericht: es sollte an den drei Tagen komplett durchregnen! Seit Tagen hatte ich mir überlegt, eventuell zu kneifen, aber ich habe das dann u.a. wegen der tollen Vorarbeit des Veranstalters verworfen. Der Entschluss stand fest: egal ob es schifft oder scheißt, ich werde fahren.

Nach einem ausgiebigen Frühstück am Freitag Morgen dann pünktlich um 7 Uhr der Start zu ersten Teilstrecke. In strömendem Regen und bei 12 Grad. Örtliche Überflutungen waren angesagt und immer noch Dauerregen. Jetzt galt es erst einmal, sich auf den Linksverkehr einzustellen, was viel einfacher verlief als von mir erwartet. Dann schloss ich mich der ersten Gruppe an. Diese fuhr zwar bergauf einen Tick zu schnell für mich, aber in der Ebene konnte ich gut mitfahren und 360 km kann man mit dieser Konstellation gerade so schaffen.

Die Straßen in Schottland muss man leider als katastrophal bezeichnen. Nur äußerst selten gab es wirklich glatten Asphalt, die meisten Strecken waren extrem rau. Der Straßenrand komplett zerfranst, sodass man sich besser in der Straßenmitte einsortiert. Schon bald kamen die ersten überfluteten Stellen, und todesmutig bretterte der erste Kollege durch die letztendlich nur 10 cm tiefe, aber immerhin 50 m lange Stelle hindurch. Ich hätte mich das nicht getraut. Meine fetten WetWalker-Überschuhe wurden jetzt zum wichtigsten Accessoire; nicht gegen die Nässe, denn die dringt ohnehin überall ein, sondern gegen die frischen Temperaturen von ca. 13 Grad.

Unsere 4er-Gruppe näherte sich Dundee und kurz zuvor hörte der Regen auf. Ich war zunächst noch skeptisch, aber es war tatsächlich für die restlichen 300 km Ruhe. Nach 110 km dann die erste bemannte Kontrollstation mit Verpflegung vom feinsten. Es wurden diverse Suppen angeboten und Ofenkartoffeln. Zum Nachtisch Reispudding und als Wegzehrung Bananen und Energieriegel so viel man wollte. Ich staunte nicht schlecht, dass das Essen am Tisch serviert wurde. Solchen Luxus kannte ich aus Deutschland noch nicht, obwohl die Bewirtung in der hiesigen Hochburg Osterdorf wahrlich nicht schlecht ist.

Nach dieser halbstündigen Mittagsrast ging es weiter ins schottische Hochland zum größten Skizentrum des Landes. Zuerst erwarteten uns äußerst steile (20%) Rampen, die dort teilweise etwas kryptisch mit 1:5 oder 1:6 ausgeschildert sind, und die höchste Passstraße Großbritanniens mit 680 Meter über NN. Das hört sich für Alpen erfahrene Radler ziemlich lächerlich an, aber ich kann versichern, dass die Kombination aus Gegenwind, schlechtem Straßenbelag und dauerndem Auf und Ab auch solche vermeintlich einfachen Anstiege zu einer schwierigen Angelegenheit machten.

Bergauf musste ich die zwei schnellsten Fahrer ziehen lassen, aber freundlicherweise warteten sie im nächsten Dorf bei einem Supermarkt, sodass wir die Fahrt gemeinsam fortsetzen konnten. Auch beim zweiten längeren Anstieg das gleiche Bild. Dieses Mal warteten sie oben nicht, sondern fuhren weiter, aber da sich jetzt eine Hügellandschaft mit etlichen Buckeln von 20 Höhenmetern anschloss - mein Lieblingsterrain - konnte ich wieder aufschließen und wir setzten die Fahrt gemeinsam fort bis ins Ziel, wo wir um 21.40 Uhr ankamen. Das Essen war noch nicht fertig, also können wir nicht so langsam gewesen sein.

Im Basislager waren dann wieder 8-10 Helfer beschäftigt, für das leibliche Wohl der Randonneure zu sorgen. Es gab zwei Suppen, drei Hauptgerichte und diverse Desserts, sodass für jeden Geschmack etwas dabei war.

Leider konnte ich kaum etwas zu mir nehmen, und noch nicht einmal das leckere Bier des englischen Kollegen genießen, da ich mich ganz offensichtlich „etwas“ übernommen hatte mit diesem Tempo. Die beiden Briten teilten mir mit, dass sie am nächsten Morgen gegen 5.30 Uhr losfahren, und dass ich mich doch bitte anschließen sollte, aber erstens hatte ich keine Lust, so früh aufzustehen und zweitens hätte ich dieses Tempo an Tag 2 auf keinen Fall mehr mitfahren können, nicht zuletzt auch deshalb, weil für diesen Tag neben Dauerregen auch starker Wind mit orkanartigen Böen angesagt war.

Ich startete also am nächsten Tag, wieder nach einem sehr umfassenden Frühstück, mit einem ziemlich betulichen Zeitgenossen. Die ersten 40 km waren relativ nervtötend, denn es ging durch die Vororte von Edinburgh Richtung Süden. Und es regnete NICHT, den ganzen Tag nicht!

Nach 60 km hatte ich mich soweit erholt, dass ich das Tempo erhöhen konnte und mich einem anderen Fahrer anschloss, der – wie sich bald herausstellte – sowohl im Flachen wie auch bergauf ziemlich genau mein Tempo fuhr, was so gut wie nie vorkommt. Mit ihm fuhr ich dann auch bis zum Schluss.

Ich hatte keine Ahnung in welche Richtung die Tour führte, gerade führt oder führen wird (war auch besser so), aber bei einem Anstieg mit diversen Kehren wurde schon deutlich, dass einem heute das Fahren bei Gegenwind alles abverlangen würde. Der Schnitt stand nach 80 km bei ca. 19 km/h, was nicht unbedingt motivierend war. Dann aber folgte ein langes welliges Stück mit starkem Rückenwind, was den Schnitt in der Folge auf 23 km/h ansteigen ließ.

Bei der ersten größeren Rast erfuhr ich dann, dass jetzt ca. 150 km Gegenwind zu erwarten wären. Auch dies ein sehr motivierender Gedanke, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Strecke wie üblich mit Dutzenden von Hügeln garniert war. Oftmals musste selbst in der Ebene das kleine Blatt verwendet werden und es wurde mit Ach und Krach eine Geschwindigkeit von 15 km/h erreicht. Selbst steilere Abfahrten konnte man nicht herunterrollen, sondern musste kräftig treten, um vorwärts zu kommen.

Auf etwa halber Strecke dieser Gegenwindpassage dann die Verpflegungsstation des Tages, die nochmals deutlich besser war als die wahrlich nicht schlechte des ersten Tages: diesmal gab es Suppe, Pizza, Reispudding, belegte Brote, Cola zum Mitnehmen, Kuchen, Trifle (http://de.wikipedia.org/wiki/Trifle) u.v.m. Ich verdrückte eine komplette Pizza, die allerdings einiges größer war als ein typisches Dr.Oetker-Exemplar und auch weit großzügiger belegt.

So gestärkt ging es in die letzten 150 km, die noch eine Prüfung der besonderen Art aufwies, nämlich den Anstieg zu einem Stausee irgendwo im schottischen Hochland. Der Weg war max. 2,5 m breit und zog sich über 15 km nach oben und wieder runter, wieder nach oben und wieder runter, und am Schluss nur noch steil bergauf. Nur eines blieb stets erhalten: der böige Wind von vorne, der mit mindestens 40 km/h blies. Da die Straße zwischen zwei recht eng aneinander liegenden Bergketten verlief, wurde der Wind genau auf unsere Straße kanalisiert. Das war das zweite Mal, dass ich mich ärgerte, keine Dreifachkurbel zu haben. Als ich schließlich den Scheitelpunkt der Straße sah, freute ich mich unbändig auf die lange Abfahrt, die ja nun zweifelsohne kommen musste. Aber Pustekuchen: am Wegesrand ein Schild mit der Aufschrift 1:4 oder 1:5, jede Menge Kies auf der Straße und lange Pfützen in den Senken, sodass die nach geschätzten 10 km Auffahrt nur 3 km lange Abfahrt ausschließlich als Test der beiden Felgenbremsen taugte. Für mich immer wieder ein ätzendes Erlebnis, wenn die mühsam aufgebaute Lageenergie komplett in den Bremsen versandet.

Langsam mutierte der Rückenwind nun erst zum Seiten- und schließlich zum Rückenwind, und somit waren erstmals seit langem wieder Geschwindigkeiten um die 30 km/h in der Ebene möglich. In welcher Ebene eigentlich? Nun ja, ein paar Abschnitte davon gab es auch. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, etwa zur gleichen Zeit wie am Vortag im Basiscamp einzutrudeln, aber der heftige Wind hatte selbst die langsamste Marschtabelle komplett über den Haufen geworfen, auch wenn wir wieder unter den 15 ersten Teilnehmern ankamen.

Abendessen und Frühstück waren dann „same procedure as every day“. Abfahrt am Sonntag ebenfalls wieder 7 Uhr. Einige Teilnehmer kamen gerade von der zweiten Schleife zurück, als wir nach 6 Stunden Schlaf zur letzten großen Tour aufbrachen, und ich dachte mir, dass ich froh bin, nicht in deren Haut zu stecken, denn die Müdigkeit wird auf so langen Fahrten „schnell“ ein Problem.

Der dritte Tag verlief dann ähnlich dem zweiten, nur dass das Wetter wesentlich besser und weniger windig war. Nach 800 km konnte ich doch tatsächlich erstmals die Überschuhe ausziehen.

Ich wusste zwar wieder überhaupt nicht, wo ich eigentlich unterwegs war, aber ein landschaftliches Highlight jagte das nächste und die Anstiege waren teilweise wieder grausig schwer. Vom weltbekannten See Lochan na Lainge dann die vielleicht schönste Abfahrt, die ich je gefahren bin, jedenfalls fällt mir spontan keine schönere ein. Auf 5 km ging’s hinab ins Tal auf einer 2 m breiten Straßen, die zwar mit reichlich Kies und Schotter gespickt war, aber im Hellen dennoch gut befahrbar. Die Kehren waren aufgrund des Gegenverkehrs (waren zwar nur 3 Autos, aber die genau in den Kurven) lebensgefährlich, weshalb ich meinem Kollegen hinterher fuhr.

Nach einer Einkehr in einem idyllischen kleinen Restaurant an einem Fluss passierten wir die Ortschaft Dull, welche die Partnerschaft der US-amerikanischen Metropole Boring ist. Die erste Einschätzung lässt vermuten, dass Dull seinen Namen möglicherweise nicht ganz zu Unrecht trägt.

Um 23 Uhr hatten wir dann auch diese Etappe geschafft und beschlossen, nicht zu schlafen, sondern nach 1h Rast die letzten 70 km herunterzureißen. Inzwischen war unsere Gruppe auf vier Fahrer angewachsen, von denen einer zum Glück ein GPS hatte, was gerade nachts ein erheblicher Vorteil ist. Wir fuhren ansonsten die gesamte Tour nach dem ausgedruckten Streckenplan, was uns einige zusätzliche Kilometer bescherte.

Wer gedacht hatte, dass die letzten 70 km nur ein gemütliches Ausrollen würden, wurde böse enttäuscht, denn die Strecke hatte nicht nur reichlich Höhenmeter, sondern war vom „Asphalt“ her besonders schlecht. Ich hörte nur den Fahrer vorn mit dem GPS im Sekundentakt rufen: gravel, hole right, hole right, gravel, hole left…mindestens 20 Minuten ging das so und man musste den Lenker mit beiden Händen fest umklammern, um nicht zu stürzen. Trotzdem war ich mehrfach kurz vor einem unfreiwilligen Absteigen. Schließlich waren aber auch diese Klippen irgendwann umschifft und um 3 Uhr nachts war die Tour geschafft, was mit zwei Flaschen Bier, einem kleinen Glas Single Malt und jeder Menge Essen, vor allem wieder Trifle, entsprechend gefeiert wurde.

Mein Fazit: mir macht es deutlich mehr Spaß, solche Touren ohne massiven Schlafentzug zu fahren. Man freut sich auf den nächsten Tag und kämpft nicht ständig mit dem Sekundenschlaf, welcher die Fahrten ganz schön gefährlich machen kann. So kommt man trotz der langen Strecke zwar geschafft, aber nicht völlig übermüdet im Ziel an und braucht nicht 48h, um wieder einigermaßen beieinander zu sein.

Von den ursprünglich 69 Startern (von den 104 gemeldeten kamen letztendlich nicht mehr, die letzten ca. 10 blieben wohl spontan weg; diese Info nur für die, welche sich die 80 Starter aus der Einleitung gemerkt haben) erreichten 49 das Ziel, einige ganz knapp vor Torschluss. Von Stürzen habe ich nichts gehört, eigentlich ein Wunder. Technische Defekte gab es reichlich, Grippe- und Schwächeanfälle, aber keine ernsthaften Sachen. So mancher musste richtig beißen, um die Tour im Zeitlimit zu schaffen, und so saßen um 9 Uhr jede Menge erschöpfter Randonneure im Speisesaal am Start/Ziel.

Ich hatte es dann relativ eilig zum Flughafen zu kommen, denn mein Rückflug nach München startete um 13.10 Uhr. Chef Graeme bestand darauf, mich zum Flughafen zu fahren, und um 11.30 Uhr setzte er mich dort ab. Ich war dann etwas erstaunt, dass mein Flug nicht auf dem Monitor der „Departures“ zu sehen war. Ein Blick auf meinen Flugschein sorgte dann für Aufklärung: 13.10 Uhr stimmte schon, allerdings nicht Montag, sondern Dienstag. Sehr schön, mit einem riesigen Radkoffer am Flughafen zu stehen, und dann ein Hotel suchen zu müssen. Aber nach 1000 km auf dem Rad bekommt man das auch noch irgendwie gebacken und am nächsten Tag ging es dann wirklich heim von diesem verlängerten Wochenende der etwas anderen Art.

Bilder: selbst habe ich keine geschossen, aber dieses Fotoalbum vermittelt einen ziemlich guten Überblick:
https://picasaweb.google.com/zigzag510/MilleAlba2012?authkey=Gv1sRgCJ6qnfDa6eHmKQ#slidesh ow/5758368944765241298

Wenn man die ganzen Wolken sieht, muss man sich wirklich wundern, dass wir höchstens 70 km Regen hatten.

Abschließend noch eine herzliches Dankeschön an Cheforganisator Graeme und sein fleißiges Team, das praktisch vier Tage rund um die Uhr für die Teilnehmer da war. Viele Helfer waren wohl auch bis zu 20 Stunden täglich auf den Beinen!

Nordexpress
27.06.2012, 13:51
Sehr cool, Schottland ist echt schön.


13.10 Uhr stimmte schon, allerdings nicht Montag, sondern Dienstag.

Du bist echt unglaublich. :Lachanfall:

tacis
27.06.2012, 13:56
pioto, irgendwann musst du mich mal auf solch eine Tour mitnehmen.

Irgendwann.... ;)

jannjazz
27.06.2012, 14:19
Innerhalb von kürzester Zeit ist das hier einer der interessantesten Blogs geworden. Lesen macht so richtig Spaß und ich träume schon davon, auch Brevets zu fahren!

doubble
27.06.2012, 14:36
Geiler Bericht & starke Bilder... da kommt Lust auf selber mitmachen auf!

fitschigogeler
27.06.2012, 14:45
Grandios!

Eine Tour, deren Höhepunkt "Dull" mit seiner Partnerstadt "Boring" ist, kann ja nur spektakulär sein.

Mann, ist Triathlon ein langweiliger Ringelpietz gegenüber richtigem Sport ;)

Duafüxin
27.06.2012, 15:03
Ihr beiden, NE und Pioto, seid wahnsinnig!

Vielen Dank für die genialen Berichte. Dafür gibbet eine goldene Erdbeere für den einen und goldene Trifle für den anderen :)

Straik
27.06.2012, 17:06
Klasse.
Und erstaunlich, was ihr euch alles merken könnt. Spätestens am 2. Tag wüßte ich nicht mehr, wann ich an welchem Berg und welcher Pfütze vorbeigekommen wäre.

Echte Hochachtung,
Straik

DEJO
27.06.2012, 17:29
Nordexpress: Echt irre, ich hatte schon bei der Hälfte der km genug -- Chapeau :Blumen:

pioto
27.06.2012, 18:39
Ihr beiden, NE und Pioto, seid wahnsinnig!

Vielen Dank für die genialen Berichte. Dafür gibbet eine goldene Erdbeere für den einen und goldene Trifle für den anderen :)
Ist das das Äquivalent für die Goldene Himbeere im Filmgeschäft? Und wann ist die Übergabe?

pioto, irgendwann musst du mich mal auf solch eine Tour mitnehmen.

Irgendwann.... ;)
Gerne. Wie wäre es zum Warmwerden aber erstmal mit einem MZF von HH nach Berlin? Wollte ich mit BigWilly machen. Jannjazz muss leider passen. Nordexpress habe ich m.W. noch nicht gefragt, aber der wäre optimal dafür. Die Strecke ist ziemlich arm an Höhenmetern, genau richtig für etwas schwerere Jungs.

Klasse.
Und erstaunlich, was ihr euch alles merken könnt. Spätestens am 2. Tag wüßte ich nicht mehr, wann ich an welchem Berg und welcher Pfütze vorbeigekommen wäre.

Geht mir genauso, aber beim Aufschreiben fällt es einem dann doch wieder ein.

Hier noch ein Foto, das einer der Helfer unterwegs aufgenommen hat. Er fuhr dazu extra 150 km mit dem Auto vorneweg, was mindestens so bekloppt ist wie die Teilnahme an sich (natürlich nicht nur dieses eine Bild):

http://i703.photobucket.com/albums/ww37/martinbe/Mille%20Alba/Large%20photos/7e4cdd8b.jpg

Der Typ in der Mitte bin ich. Und der hinter mir fährt ein normales Rennrad, kein 26er :Cheese:

Nordexpress
27.06.2012, 20:41
Klasse.
Und erstaunlich, was ihr euch alles merken könnt. Spätestens am 2. Tag wüßte ich nicht mehr, wann ich an welchem Berg und welcher Pfütze vorbeigekommen wäre.

Echte Hochachtung,
Straik

Du wärest erstaunt, wie intensiv einem sich die Eindrücke einbrennen. Liegt wohl an der absoluten Ausnahmesituation. Mir fällt die Erinnerung immer ziemlich leicht. Ich hatte mich in der zweiten Nacht z.B. an jeden Verfahrer zwei Jahre zuvor erinnert und bin immer richtig gefahren.

Nordexpress: Echt irre, ich hatte schon bei der Hälfte der km genug -- Chapeau :Blumen:

Chapeau zurück, Du hattest mehr Höhenmeter. (und die schlechtere Luft? :Cheese:)


Gerne. Wie wäre es zum Warmwerden aber erstmal mit einem MZF von HH nach Berlin? Wollte ich mit BigWilly machen. Jannjazz muss leider passen. Nordexpress habe ich m.W. noch nicht gefragt, aber der wäre optimal dafür.


So, wäre er das? Wann / wo / wie hätte man denn das Vergnügen?

tacis
27.06.2012, 21:40
Gerne. Wie wäre es zum Warmwerden aber erstmal mit einem MZF von HH nach Berlin? Wollte ich mit BigWilly machen. Jannjazz muss leider passen. Nordexpress habe ich m.W. noch nicht gefragt, aber der wäre optimal dafür. Die Strecke ist ziemlich arm an Höhenmetern, genau richtig für etwas schwerere Jungs.

Falls mir am übernächsten Wochenende in Frankfurt nicht was dazwischen kommt, wäre ich dabei :)


Den letzten Satz habe ich jetzt mal überlesen :Holzhammer:

Duafüxin
28.06.2012, 08:02
Ist das das Äquivalent für die Goldene Himbeere im Filmgeschäft? Und wann ist die Übergabe?


Der Typ in der Mitte bin ich. Und der hinter mir fährt ein normales Rennrad, kein 26er :Cheese:

Die goldene Himbeere ist nen Fliegenschiss dagegen ;)
Die Übergabe müßte man dann mal planen, Fidschi würde bestimmt auch noch was Goldenes verdienen bei den herrlichen Berichten. Irgendwann passt das schon ...

Dass der in der Mitte Du bist, hättest Du, glaub ich, nicht extra erwähnen müssen :Lachen2:

pioto
30.06.2012, 11:48
Ich wollte hier nochmals ein paar Worte darüber verlieren, was für mich den Reiz des Langstreckenradelns ausmacht, im Vergleich beispielsweise zu einer LD. In Teil 1 gehe dabei aufs Kulinarische ein.

Während man beim Triathlon nur rumhetzt und sich ekliges Gelzeugs in den Rachen schiebt, von dem die Hälfte meist da wieder rauskommt, wo man sie kurz zuvor reingeschoben hat, ist das Essen auf den Brevets oft ein Genuss. Zuletzt so gewesen in Schottland, obwohl die dortige Küche ja nicht unbedingt den besten Ruf hat.

Die Kontrollstationen liegen in der Regel ca. 60-90 km auseinander, und zumindest mir geht es meist so, dass ich die nächste Station nach 20km kaum mehr erwarten kann und ich die Mitfahrer, ähnlich einem kleinen Kind auf dem Rücksitz im Auto - mit der Frage nerve: "Sind wir bald da?"

Wenn man es dann über schlechte Straßen, bei Gegenwind und über steile Anstiege zur Kontrollstation geschafft hat, ist die Freude auf das Essen unbändig. Hier einige Fotos, was uns in Schottland erwartete.

Bild 1: Typisches englisches Frühstück, inkl. schwarzem Pudding (zu deutsch Blutwurst. Habe ich nicht genommen ;) )

Bild 2: Hühnersuppe mit diversen Pasteten

Bild 3: Erbsensuppe, anschließend Obsttörtchen mit Sahne und Kaffee (der Kaffee in GB ist immer noch unter aller Sau)

Bild 4: Tomatensuppe mit Semmeln und diverse Pasteten plus Obst

Bild 5: Nach getaner Arbeit: zwei Flaschen belgisches :Holzhammer: Bier und ab in die Heia

Von der sauguten Pizza und den Omeletts habe ich leider keine Bilder gefunden :(

Bei einem Kalorienverbrauch von deutlich jenseits der 10.000 / Tag kommen einige Mahlzeiten zusammen. Und auch noch 3 Tage nach solchen Events ist der Hunger fast unstillbar.

triduma
30.06.2012, 14:12
Also wenn ich das was da auf den Teller ist so ansehe da sind mir die Riegel und Gels bei einer Langdistanz lieber. Nur der Kuchen mit Sahne würd mir zusagen.:) Das man bei so einem Brevet nicht nur Riegel und Gels zu sich nehmen kann ist mir schon klar. Aber ich würde da Pizza, Pasta, Wurst und Käsebrote, Laugengebäck usw. vorziehen.
Wie trainiert man eigentlich für so lange Sachen. Ich fahre ja sehr viel Rad und lauf auch viel aber alles was über 300km geht ist für mich unvorstellbar. Absolut gigantisch.
Gruß
triduma;)

FMMT
30.06.2012, 15:35
Klasse Bericht:Blumen:

Straik
30.06.2012, 18:16
...mir geht es meist so, dass ich die nächste Station nach 20km kaum mehr erwarten kann und ich die Mitfahrer, ähnlich einem kleinen Kind auf dem Rücksitz im Auto - mit der Frage nerve: "Sind wir bald da?"



Für den Effekt muss ich nicht Radfahren, da reicht es, im Auto zu sitzen.

Autobahnauffahrt = Hunger:Cheese:

Nordexpress
30.06.2012, 19:08
Wie trainiert man eigentlich für so lange Sachen. Ich fahre ja sehr viel Rad und lauf auch viel aber alles was über 300km geht ist für mich unvorstellbar. Absolut gigantisch.
Gruß
triduma;)

Im Grunde nicht anders als auf eine LD. Viel Grundlage, dazu halt intensivere Intervalle. Du könntest das bei Deinen Umfängen sicher locker aus der Hüfte schütteln.
Die meisten Randonneure trainieren aber nicht gezielt, sondern fahren einfach gern und viel Rad. Allerdings kommen die seltener vorne an. (Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel).

Um es mal etwas zu konkretisieren, nehme ich mal meinen Trainingsaufbau von dieser Saison als Beispiel, das ist aber relativ viel im Vergleich zu vielen anderen:

Beginn November mit 4x3 Wochen (2/1-Rhythmus) viel oberes GA1 und 1x wöchentlich extensive KA-Intervalle z.B. 4x20-30min. Dazu 2x Krafttraining für die Beine über die üblichen Phasen bis zu Maxkrafttraining und 2x wöchentlich was für Rumpf/Oberkörper.

danach 2x4 Wochen mit Schwerpunkt auf Steigerung der Schwellenleistu8ng / FTP / IANS, wie man's halt nennen will.
Di+Do Intervalltraining, Sa lange Aufahrt 4-5h.

Daran hat sich für den 1000er eine 10-wöchige spezifische Vorbereitung angeschlossen, in der die Quali-Brevets über 200, 2x300, 400, 600 plus eine 800km-Tour über 3 Tage eingebaut wurden. Daneben Ausfahrten bis ca. 4h mit 4x30 KA und ab und an Intervalle an der FTP zum Erhalt.

3 Wochen Tapering nach dem 600er und dann der 1000er. Hat super geklappt.
Insgesamt sind so ca. 13.000 km zusammengekommen (Rollenzeiten umgerechnet).

pioto
30.06.2012, 20:23
Also wenn ich das was da auf den Teller ist so ansehe da sind mir die Riegel und Gels bei einer Langdistanz lieber. Nur der Kuchen mit Sahne würd mir zusagen.:) Das man bei so einem Brevet nicht nur Riegel und Gels zu sich nehmen kann ist mir schon klar. Aber ich würde da Pizza, Pasta, Wurst und Käsebrote, Laugengebäck usw. vorziehen.
In Deutschland wird auch meist das gegessen, was du aufzählst. Aber es ist auch nicht immer gesagt, dass man es herunter bekommt. Bei mir funktionieren z.B. super: Suppen, Eis, Kakao. Das geht eigentlich immer. Eine gute Zwischenmahlzeit sind auch zwei Cheeseburger und ein Milchshake von McDoof. Aber ich garantiere dir, dass dir die abgebildeten Sachen geschmeckt hätten, vor allem die Erbsensuppe. Auch wenn die nicht paleo ist ;)
Wie trainiert man eigentlich für so lange Sachen. Ich fahre ja sehr viel Rad und lauf auch viel aber alles was über 300km geht ist für mich unvorstellbar. Absolut gigantisch.

Ich bin seit November etwa 6000 km gefahren und würde sagen, ca. 15-20 Min. langsamer als Nordexpress auf 100 km. Beim 300er war ich glaube ich sogar schneller, aber da hatte ich eine bessere Gruppe und Nordexpress kam zu spät zum Start. Aber je länger die Strecke, desto größer sein Vorteil. Bei Paris Brest waren es 13h oder so, auf 1200 km. Da habe ich als Erststarter allerdings auch etwas Lehrgeld gezahlt.

Ich trainiere total planlos und fahre mal schneller, mal langsamer. Intervalle bin ich heuer noch gar nicht gefahren, aber die bringen viel. Wollte jetzt damit anfangen. Die ersten 100 km vom 600er Brevet waren dann vielleicht doch ein Intervall.

Wir können ja nächstes Jahr mal zusammen ein Brevet fahren. 400er wäre für dich der passende Einstieg, aber wir nehmen dich auch auf die kürzeren Touren mit, musst halt bergauf auf uns warten. Echte Randonneure kommen natürlich mit dem Rad zum Start :)

triduma
30.06.2012, 21:18
Danke für euere Infos.
Ich hab absoluten Respekt vor eueren langen Radeinheiten.
Ich bleib aber bei der Tri-Langdistanz und Radmarathons bis 250km.
Einzig das 312er Rennen auf Malle würd mich mal jucken.
Gruß
triduma:)

Nordexpress
30.06.2012, 21:35
Ich bin seit November etwa 6000 km gefahren und würde sagen, ca. 15-20 Min. langsamer als Nordexpress auf 100 km. Beim 300er war ich glaube ich sogar schneller, aber da hatte ich eine bessere Gruppe und Nordexpress kam zu spät zum Start. Aber je länger die Strecke, desto größer sein Vorteil. Bei Paris Brest waren es 13h oder so, auf 1200 km. Da habe ich als Erststarter allerdings auch etwas Lehrgeld gezahlt.


15-20 min halte ich für übertrieben. Aber stimmt, ich schaff's ganz gut, auf den langen Kanten die Konzentration zu halten.

Der letzte Satz stimmt allerdings. Erfahrung und Streckenkenntnis machen viel aus.

soloagua
30.06.2012, 21:36
Innerhalb von kürzester Zeit ist das hier einer der interessantesten Blogs geworden. Lesen macht so richtig Spaß und ich träume schon davon, auch Brevets zu fahren!

Da schliesse ich mich gerne an! Macht sehr viel Spass Eure Berichte zu lesen und ich bekunde gerne meine grössten Respekt an Euch!
Danke!

.... ich muss jetzt ein bischen Links lesen :) Dann habe ich heute Nacht was zum Träumen!

sven31415
13.08.2012, 00:29
Hey stark sind ja auch Randonneure hier. Schöne Grüße :-)

sybenwurz
13.08.2012, 22:43
Mal n paar Fragen an die Freunde hier, die sich öfter mal den Allerwertesten aufm Rad plattsitzen:
Handschuhe: ja oder nein oder Geschmacksache? Fahre normal immer ohne, bin mir aber nedd sicher, ob das der goldene Schnitt ist, wenns mal wirklich länger dauert.
Rucksack: so leicht wie möglich, schon klar, oder lieber vermeiden und alles in ner Lenker- und ner Satteltasche (Klickfix Contour) unterbringen (muss ne komplette Garnitur Klamotten inkl. Schuhen mitnehmen und das Packerl im Zug mit heim nehmen)?
Wenn ich davon ausgehe, dass ich bei Einbruch der Dunkelheit befriedetes Gebiet erreicht habe oder im Zug sitze, kann ich den Nabendynamo guten Gewissens zuhause lassen und ne Sigma Roadster dafür einstecken?
Ich geh mal davon aus, dass ich bei meiner urgesunden Ernährung die Gelschlonze, die ich sonst auch nie nehm, zuhause lassen kann, oder?
Wann iss das letzte Mal eine/r abgenippelt, der/die aufm Friedhof Wasser abgezapft hat, wo überm Hahn 'kein Trinkwasser' stand? Oder soll ich lieber mal zwo Flaschen mitschleppen und mich anne Tanke eindecken?


Oh Mann, ich komm mir vor wie einer, der noch nie im Leben aufm Rad gesessen hat...:Maso:

sven31415
13.08.2012, 23:58
Handschuhe sind nicht mein Ding. Ich bin inklusive PBP alles ohne gefahren.
Ich nehme lieber Satteltasche.anstatt Rucksack.
Ich fahr mit Lupine Wilma ohne Dynamo. Ich hab genug Akkus auch für 2-3 Nächte.
Ich esse auch möglichst keine Gels, sondern mit normaler Nahrung.
Wasser bekommste eigentlich überall.

SG

fitschigogeler
14.08.2012, 10:21
Mal n paar Fragen an die Freunde hier, die sich öfter mal den Allerwertesten aufm Rad plattsitzen:
Handschuhe:
Rucksack:
Licht:
Essen:
Friedhof:


Oh Mann, ich komm mir vor wie einer, der noch nie im Leben aufm Rad gesessen hat...:Maso:


Handschuhe: Hatte ich bei PBP ausnahmsweise mal an. Nach ein paar Stunden im Regen weggeworfen,weil Blasenbildung. Die letzten 10.000 Km komplett ohne - Kein Problem

Rucksack: Braucht es nicht. Tasche an der Sattelstütze oder Lenkertasche. Wechselklamotten sind erst ab 600er oder bei 400er mit Starkregen relevant.

Licht: SON Nabendynamo. Garantiert völlige Unabhängigkeit

Essen: Alles, was reingeht. Vom McDoof bis Bäckerei. Kraftfutter nur nachts im Notfall.

Friedhof: Sicherer Platz um Wasser zu finden. Noch nie Probleme gehabt. Auch noch nie davon gehört. Ok, einmal schwammen Lurche in meiner Wasserflasche, aber das war auf der Wurmlinger Kapelle bei TÜ. Die liegt auf dem Gipfel eines Berges. Logisch, daß es da kein frisches Quellwasser gibt. Aber auch Laich ist nicht tödlich :Cheese:


Freue mich, daß Du Dir überlegst, Distanzsportler zu werden!

sybenwurz
14.08.2012, 15:20
Freue mich, daß Du Dir überlegst, Distanzsportler zu werden!

Ich bin doch nicht durchgeknallt!
:Cheese:

Es geht nur drum, morgen 300irgendwas Kilometer zu meinem Kindchen zu radeln.
Daher muss auch n Rucksack mit, da es mitm Zug retour geht (dafür brauch ich auch die Klamotten).
Dass der SON die ultimative Wahl bei Nacht ist, ist klar, der reicht mir mitm Cyo an der Postmarie, morgen lass ich ihn zuhause.

Sollte ich die Strecke morgen mit einer Arschbacke weggesteckt und Blut geleckt haben, wär die Ausstattung durchaus klar und wie von dir beschrieben.

Nordexpress
23.08.2012, 18:27
Eine geprellte und gestauchte Hand ist ja immer irgendwie suboptimal und passende Augenblicke zur Integration in den Alltag aktiver Menschen finden sich nur schwer. Unpassende dagegen zu Hauf. Einen davon erlebe ich letzte Woche Montag, nachts um halb zwölf. Bei angenehmen 15°C und sternklarem Himmel sitze ich auf einer Bank am Wegesrand und betrachte wehmütig die friedvolle nächtliche Bergkulisse um den Forggensee vor mir. 45 Minuten des Abwägens und Sinnierens und schlussendlich eine Vernunftsentscheidung liegen hinter mir: Ich werde die Große Bayernrundfahrt leider nicht finishen.

Dabei war der Anfang gar nicht schlecht, stellenweise gar etwas verwegen (für meine Verhältnisse). Auf dem Programm standen lt. Streckenbuch 1.279 km entlang der Außengrenzen Bayerns. Gemäß Herstellerangaben wären ca. 15.000 Hm zu bewältigen gewesen. (Näheres unter www.brevet1200.de (http://www.brevet1200.de)). Das Zeitlimit betrug 95 Stunden 56 Minuten.

Die Vorbereitung war gelinde gesagt durchwachsen. So richtig geordnetes Training ging nach dem flotten 1000er Mitte Juni und der anschließenden Regeneration nicht mehr. Dazu noch diverse Umbrüche im privaten Umfeld und eine Hauptrolle als Umzugshelfer in den 4 Tagen vor dem Brevet. Ausgeruht ist anders. Mentaler Fokus? Praktisch nicht vorhanden. Folglich beste Bedingungen, die Willenskraft zu prüfen. Nach später Anreise am Vorabend und einer extrem nervigen Fahrerbesprechung (Liebe Mitstreiter, ist es wirklich so schwer, mal eine knappe Stunde den Rand zu halten und sich nicht zu unterhalten?) schlafe ich erstaunlich gut und gaaanz langsam kommt auch in mir etwas Stimmung und Vorfreude auf.

Punkt 10 Uhr werden wir auf die Reise geschickt. Direkt vor dem Start überkommt mich glatt eine unheimliche Rührung, diese Fahrt, deren Erstaustragung ich 2009 erlebt habe, nochmal antreten zu dürfen. Es ist schon unglaublich und hat fast etwas Surreales, wenn sich in irgendeinem Kuhdorf in Bayern 38 Menschen auf’s Rad setzen, um knapp 1.300 km am Stück abzufahren. Keine jubelnden Zuschauer wie letztes Jahr bei Paris-Brest-Paris, keine anfangs abgesperrten Straßen, keine Presseleute. Schon direkt nach dem Ortschild hat keiner eine Ahnung, was die bunte Horde da vorhat. Es sind Teilnehmer aus Schweden, USA und sogar Japan angereist, um hier dabei zu sein. Eine Veranstaltung mit Weltruf sozusagen. Die Organisation wie immer sehr liebevoll durch Familie Weimann in Osterdorf, allen voran natürlich Karl und seine Frau Heidi. An den Kontrollpunkten der Strecke sind bei weitem mehr freiwillige Helfer im Einsatz als Fahrer am Start. Immer wieder und noch einen Tag vor Start wurden Streckenpläne aufgrund von Baustellen geändert. Was die Weimanns hier in mühevoller Kleinarbeit auf die Beine stellen ist unbezahlbar und verdient höchste Anerkennung.

Da ich auf Abfahrten ungern bremse, spült es mich schon auf den ersten Metern nach vorne. Eine Doppelspitze, der ich nicht folgen kann und will setzt sich sofort ab, zwei andere fallen etwas zurück. 2km nach dem Start bin ich allein und fühle mich: leider geil. Die Starteuphorie reißt mich mit. Nach 10 Minuten in Treuchtlingen gleich der erste längere Anstieg. 300 Watt, schwerer Tritt, aber ich lasse nicht locker. Bis zur ersten Kontrolle in Wertingen nach 80 Kilometern steht wie schon im Juni eine 30 auf dem Tacho. Allerdings spüre ich schon bald, dass diesmal ein Preis zu entrichten sein wird. Von Leichtigkeit wie beim 1000er keine Spur, es ist gefühlt echte Arbeit. Der Pulsmesser bestätigt das. Der Wattmesser, so denn er denn diesmal stimmt (schon das dritte Quarq-Exemplar, schönen Dank auch), rückt die Werte in ernüchternde Relationen. Dazu wird es schon wieder ziemlich warm, grauenvoll. Und trotzdem: entgegen realistischer Erwartungshaltungen und dem ursprünglichen Plan, den Genuß in den Vordergrund zu stellen, keimt Ehrgeiz auf, die Leistung vom 1000er zu bestätigen. Die Vernunft sagt „rausnehmen“, die Emotion hält mit „reinhalten“ dagegen. Ich kann mich nicht entscheiden. Nach 160 Kilometern lümmelt dann erstmals und zwangsläufig so ein hammerschwingender Typ rum. Das Thermometer steht mittlerweile bei 30°C und ich hab mehr und mehr Schwierigkeiten, mein KH-Getränk freiwillig zu applizieren. Es sind noch 10km zur Kontrolle an der Autobahnraststätte Illertal Ost, die ich mit leidlich erhobenem Haupt hinter mich bringe. Ich liege ca. 30min hinter der Spitze.

Dort angekommen, tritt zu Tage, was eigentlich jeder weiß: Raststätten nehmen’s von den Lebenden. Für einen Liter stilles Wasser sind satte 2,95€ zu entrichten. Im Regelfall sind mir die Tankstellenpreise bei Brevetkontrollen ja einigermaßen wurscht, aber Illertal Ost treibt’s für mich auf die Spitze oder erwischt mich an diesem Tag auf dem völlig falschen Fuß. Heute nervt’s einfach, da hilft auch die schöne Hundertwasser-Architektur nicht. Eigentlich wollte ich mir noch ne Butterbreze genehmigen, aber die 1,30€ dafür gönne ich dem Pack nicht. Wieder eine emotionale Entscheidung. Klarer Fehler im Nachhinein.

Auf Langstrecken gilt: potenzieller Output = realisierter Input. Das Pappzeug krieg ich nicht mehr runter. Der Ritt durch’s Allgäu zum Forggensee wird zum Wechselbad der Gefühle. Die Sinnfrage, das Schreckgespenst schlechthin, taucht auf. Das dieses Brevet mental härter würde, als die Vorherigen, ist mir ja schnell klar geworden, aber sooo früh schon? Ich muss Energie zuführen. Aber wie? Am nächsten Gasthaus anhalten und Essen gehen? Dazu bin ich aber noch zu sehr im „Rennfeeling“ und den einhergehenden Zeitverlustängsten verhaftet. Also weiterziehen und das Pappzeug irgendwie schlückchenweise reinpressen. Bäcker am Wegesrand entdecke ich nicht. Ein Fehler im Streckenplan beschert mir auch noch ordentlich Bonusmeilen. Der Schnitt sinkt unweigerlich. Relativ erledigt entere ich dann nach offiziellen 276 km um 20:30 Uhr Kontrolle Nr. 3 in Roßhaupten. Bedarfsgerecht handelt es sich um eine durchaus empfehlenswerte Pizzeria. Zwei große Cola und eine Pizza erwecken wieder neue Lebensgeister. Noch schnell Flaschen auffüllen und dann…ZACK…BUMM…Autsch. Auf der Kante der Außenterrasse rutsche ich aus. Den reflexartigen Versuch, mich abzustützen, macht die rechte Hand leider nicht mit. Folge sind ein deutlich geschwollener Handballen und stechende Schmerzen im Handgelenk. Verdammte Sch…! Der Kellner macht noch blöde Witze über irgendwelche Damen, denen ich zu Füßen liege. Ich könnt ihn erschlagen, was interessieren mich seine Damen? Ein paar zwischenzeitlich eingetroffene Randonneure erkundigen sich besorgt und fragen, ob sie auf mich warten sollen. Ich schicke sie weiter, muss erst mit mir selbst klar kommen. Gegen 22 Uhr bin ich nervlich soweit saniert, dass ich die Weiterfahrt wage. Einen Bahnhof gibt es hier sowieso nicht.

Es geht von Anfang nicht gut. Ich finde keine erträgliche Griffposition rechts. Lenkerziehen am Berg geht nicht, Schalten nur ganz vorsichtig so lala. Bremsen überhaupt nicht. Dazu sitze ich ziemlich krumm auf dem Rad, weil ich mich komplett links abstütze. Ich kann rechts lediglich den Oberlenker ganz sachte umgreifen, aber auch so verkrampft sich langsam die Unterarmmuskulatur. So wird das wohl nichts. In einem Anstieg wenige Kilometer nach Roßhaupten stoppe ich an eingangs erwähnter Bank.

Ein wenig bitter ist es ja schon. Beine okay und wieder voller Energie. Keine Sitzprobleme. Beste Wetterbedingungen, wann hat man schon mal 3 trockene Tage als Vorhersage? Vor mir der sicher schönste Wegabschnitt der Tour zum Spitzingsee, auf den ich mich sehr gefreut hatte. Dennoch, es sind noch fast 1.000 Kilometer bis zum Zielstrich. Es wäre fahrlässig, diesen Weg durch die Berge nur mit der Vorderradbremse anzugehen. Wären es noch 200 km, nun, ich würde es wohl versuchen. Aber an diesem Tag soll es nicht sein. Man mag mir Willensschwäche attestieren, aber ich gehöre nicht zu der Sorte Randonneure, die körperliche Defekte ignorieren und sich auf Biegen und Brechen durchkämpfen. Ein vorbeikommender Einzelfahrer bietet mir noch Pferdesalbe an, die jedoch die geschwollene Hand nur in eine glibberige geschwollene Hand verwandelt. Trotzdem herzlichen Dank für den Versuch. Ein weiterer bietet mir Diclofenac-Tabletten feil. Ein absolutes Nogo, zu dieser Sorte Randonneure gehöre ich auch nicht.

Der Rückzug erfolgt geordnet. Ich rolle flache 11 km am Forggensee entlang nach Füssen und nehme den ersten Zug zurück um 5 Uhr morgens. Als Nachtquartier dient die Raiffeisenbank im Ortszentrum, die ich zu diesem Zweck vollumfänglich empfehlen kann, sofern man sich unter den Tisch legt, damit einem der Bewegungsmelder nicht ständig das Licht anmacht. Die Alte Schule in Osterdorf ist bei meiner Ankunft abgesperrt und verwaist, ich fühl mich erstmal saublöd. Eigentlich gehöre ich erst übermorgen hierher. Als ich bei Weimanns zuhause aufkreuze, steht Heidi überrascht am Gartentor, versorgt mich sodann gleich mit Kaffee, Pudding und tröstenden Worten.

So schlimm ist es im Grunde aber gar nicht. Konditionell hätte ich das Brevet sicher gepackt und es wäre ein tolles Erlebnis gewesen. Aber seien wir ehrlich: den absoluten Heißhunger auf das Finish hatte ich nicht im Gepäck. Dazu schweifte der Geist zu oft zu den Ereignissen der letzten Wochen ab. Seien wir noch ehrlicher: So schade wie es ist, freue ich mich auf die restliche Urlaubswoche daheim (und sie war sehr schön). Ich hab’s versucht, Pech gehabt und eine Niederlage kassiert. Es war ein schöner 300er mit einem Hauch Abenteuer und ich hatte Glück, dass das Wetter so mild war. Mit nassen Klamotten und kalter Nacht hätte ich ein ernsthaftes Problem gehabt. Ab sofort packe wieder einen Biwaksack (http://www.globetrotter.de/de/shop/detail.php?mod_nr=135881&GTID=eaef305b92a781721a3d2a47444e92c3&gclid=COy3sMCM_rECFcMXzQod3wsAtA) ein. Und wie richtig die Entscheidung war, wurde mir gestern vor Augen geführt, als mir eine Speiche im Hinterrad riß und ich 30km flach mit nur einer Bremse heimeiern musste. Never ever im Gebirge!

So, hat’s jemand interessiert? Konnte ich schön Mitleid erzeugen mit dem Rumgejammer? ;-)
Es kann halt auch mal scheiße laufen. Mögen andere aus der Erfahrung lernen: Esst nicht auf fragwürdigen Außenterrassen!

Als ich nach dem Duschen noch ein unbenutztes Kontrollstempelheft in die Finger kriege, kommt mir Walter Jungwirth in den Sinn, der dieses Brevet in 2009 wegen Knieschmerzen aufgeben musste:
„Den Streckenplan werde ich sorgsam hüten. Vielleicht kommt irgendwann der Tag, wo ich ihn hervorkrame, mein Bündel schnüre und mich ganz allein auf den langen, beschwerlichen Weg der Großen Bayern-Rundfahrt mache. Die Magie der Langstrecke hat keinen Schaden genommen, die Möglichkeit des Scheiterns gehört dazu.“ (http://viavelo.de/index.php?id=153)


Damit ist im Prinzip alles gesagt. Ich hab das Heftchen mitgenommen. Es juckt schon wieder…

soloagua
23.08.2012, 19:10
Damit ist im Prinzip alles gesagt. Ich hab das Heftchen mitgenommen. Es juckt schon wieder…

Aber nicht diese Woche! ;)
Gute Besserung und schöne Ferien!

fitschigogeler
23.08.2012, 21:30
Michl, alles richtig gemacht. Und ehrlich beschrieben!

Freue mich schon auf nächstes Jahr und kommende tolle Touren.


Die herzallerliebsten Genesungswünsche aus Neckarpreussen
Andi

triduma
23.08.2012, 21:44
Hi Nordexpress,
ich gehöre zwar nicht zu euch Randonneuren aber ich würde auch sagen das war ganz bestimmt die richtige Entscheidung.
Ich denk mir in solchen Situationen immer wer weis für was es gut war.
Ich wünsch dir gute Besserung und noch sehr viele schöne Radkilometer.
Gruß
triduma

sybenwurz
23.08.2012, 23:21
Ich find, das liest sich jetzt nicht schlechter, als wenn du zuende gefahren wärst.
Manchmal solls halt nicht sein, aber Lebbe geht weiddä'...

bellamartha
24.08.2012, 07:48
Lieber Nordexpress,

vielen Dank für deinen Bericht, der zu den besten gehört, die ich bisher im Forum gelesen habe.
Schade, dass es nicht besser für dich gelaufen ist, gut, dass du am Ende die vermutlich einzig richtige Entscheidung getroffen hast.
Jetzt werd' schnell wieder gesund und motiviert, auf dass wir weitere Berichte von dir zu lesen bekommen. Ich nehme an, Randonneure (allein das Wort! Großartig!) radeln auch im Winter ihre Höllentouren?:Cheese:

Viele Grüße, J.

Nordexpress
24.08.2012, 09:49
Ich nehme an, Randonneure (allein das Wort! Großartig!) radeln auch im Winter ihre Höllentouren?:Cheese:


In der Tat gibt es in Franken die Initiative "Freunde der Nacht", die auch im Winter 200km-Touren fahren. Ist aber eher was für Schwerstabhängige (ich nicht). Normalsterbliche fahren 4h Rolle :Cheese:

fitschigogeler
24.08.2012, 09:56
In der Tat gibt es in Franken die Initiative "Freunde der Nacht", die auch im Winter 200km-Touren fahren. Ist aber eher was für Schwerstabhängige (ich nicht). Normalsterbliche fahren 4h Rolle :Cheese:

:Lachanfall:

Sehr schön auch: Spinning-Marathon. 4 Stunden in der Halle. Hinterher muß ich immer vom Rad zur Tür schwimmen :Cheese:

Aber die "Freunde der Nacht" sind auch mir zu kraß. Da hat der Spaß dann echt ein Loch...

pioto
24.08.2012, 10:05
So, hat’s jemand interessiert? Konnte ich schön Mitleid erzeugen mit dem Rumgejammer? ;)
Ja bzw. nein :)

Ich hoffe, dass dieser Bericht nicht Teil einer Ausstiegs-Strategie für den 1000er in Südfrankreich ist?! Bis dahin wird die Flosse doch wieder fit sein, oder?

Jedenfalls ein sehr schöner Bericht!

jannjazz
24.08.2012, 10:22
Ein Superbericht, danke hierfür. Und toll, wie Du die Niederlage nimmst. Wie sagte schon weiland Frank Zappa? "Whatch out where the huskies go and don´t you eat that yellow snow!"

Nordexpress
24.08.2012, 10:26
Ich hoffe, dass dieser Bericht nicht Teil einer Ausstiegs-Strategie für den 1000er in Südfrankreich ist?!


Nope. Ich bin auf Go. Die Prellung ist weg, das Handgelenk fast wieder okay. Bin vorgestern erfolgreich 4h gerollt.
Gib mir noch das WE, dann meld ich mich bei Dir eh noch per Mail wegen Südfrankreich.

KingMabel
24.08.2012, 10:44
:Blumen:
Gute Erholung wünsche ich!

Der Thread ist durch die Berichte und Schilderungen mittlerweile einer meiner Liebsten geworden!

Sensationelle Leistungen! :Danke:

Nordexpress
09.09.2012, 16:27
Startgebühr: 5 Euro
1 Dose Arschcreme: 15 Euro
Nach 700km das Dach der Tour erreichen: :Cheese::Cheese::Cheese::Cheese::Cheese::Cheese:

ram
09.09.2012, 17:00
Mehr!!!! Und schön detailiert, bitte.

ram

jannjazz
09.09.2012, 20:44
Ja, her damit, und zwar schnell!

pioto
10.09.2012, 16:02
Zurück aus Frankreich mit Herrn Nordexpress.

Im Gegensatz zu ihm habe ich allerdings die Tour nicht zu Ende gefahren. Wahrscheinlich hätte ich es nicht im Zeitlimit geschafft (hatte ursprünglich noch gedacht, dass Fitschi blöd daherredet, denn normalerweise komme ich auf Brevets auch nicht nur annähernd in Zeitnot). Eine Supertour war es trotzdem bis km 530. Ich hatte noch 3,5 h Reserve, aber die Aussichten auf eine zweite Nacht mit nur 1h Schlaf und vor allem einer ebensolchen Dritten nahm mir etwas den Spaß, genauso wie die ewige Hetzerei und das erheblich schwerere Höhenprofil im zweiten Streckenteil. Trotzdem werde ich - wenn irgend möglich - nächstes Jahr wieder hinfahren, weil die Landschaft traumhaft ist. Und sehr wenig Verkehr. Dann würde ich die 1000 km so schnell oder langsam fahren, wie es Landschaft, Kondition und sonstige Umstände erlauben bzw. erfordern.

Ausführlicher Bericht folgt bei Gelegenheit.

Evtl. eröffne ich demnächst mit den Randonneurskollegen unten ein Seniorenheim für Radfahrer. Das eigene Alter würde allerdings schon bald nur eine Teilnahme als Bewohner zulassen, nicht als Mitarbeiter. Der Kollege links ist übrigens 7-facher Paris-Brest-Paris Finisher und hat uns - vermutlich aus Höflichkeit - für die Abbruchentscheidung gelobt (an gleicher Stelle gaben zwei andere deutsche Mitfahrer die Tour auf).

Duafüxin
11.09.2012, 08:44
*ungeduldigmitfingerauftischtrommel*

Nordexpress
11.09.2012, 09:07
Jajaja, scho recht. Bin gestern erst heimgekommen. Und schlafen muss ja auch mal sein.
;-)

Duafüxin
11.09.2012, 09:21
Jajaja, scho recht. Bin gestern erst heimgekommen. Und schlafen muss ja auch mal sein.
;-)

Klar, gute Erholung und schöne Träume.

Ich trommel ja auch geduldig ;)

fitschigogeler
11.09.2012, 10:45
Der Walter sieht aber ziemlich parallelisiert aus auf dem Photo...

Bin gespannt!


@pioto: Wo lag das Problem? Zu wenig Speed? Kann ich kaum glauben.

soloagua
11.09.2012, 13:30
Hoffentlich schläfst Du gut und "schnell"!

Wir sind nur ein "bischen" ungeduldig. *Mit-den-Augen-Blinker*
;)

Nordexpress
11.09.2012, 15:29
Hihi, ist ja witzig, wie leicht man Euch anheizen kann.
Die Eindrücke müssen sich aber halt erstmal setzen, gelle?

Vorab ein kleines Rätsel, was ist das?
(Randonneure sind von der Teilnahme ausgeschlossen)

Mosh
11.09.2012, 15:32
Kontrollstelle bei der großen Bayernrundfahrt?

Mosh

tomerswayler
11.09.2012, 15:44
Verpflegungsstelle (siehe Wasser unterm Tisch)? :Cheese:

T-Time
11.09.2012, 15:48
Hihi, ist ja witzig, wie leicht man Euch anheizen kann.
Die Eindrücke müssen sich aber halt erstmal setzen, gelle?

Vorab ein kleines Rätsel, was ist das?
(Randonneure sind von der Teilnahme ausgeschlossen)

Ich würde sagen, da kommt alles zusammen:

Verpflegungsstelle (siehe Wasser unterm Tisch)
Kontrollstelle (siehe Zettel und Stift)
Stimmungsnest (siehe Zither)

:Cheese:

blaho
11.09.2012, 15:52
Verpflegungsstelle (siehe Wasser unterm Tisch)? :Cheese:

Und Eierschneider auf dem Tisch.

tschorsch
11.09.2012, 16:46
Da musste Pioto aus dem Rennen weil er nicht mehr fehlerfrei Alle meine Entchen spielen konnten

pioto
11.09.2012, 17:01
Da musste Pioto aus dem Rennen weil er nicht mehr fehlerfrei Alle meine Entchen spielen konnten

Wenn da jeder ausgemustert worden wäre, der nicht mehr besagtes Kinderlied spielen konnte, hätten wir 100% DNF gehabt :Cheese: In jedem Falle: ziemlich schräge Angelegenheit, der abgebildete Ort.

Ich habe auch nicht wegen dem Zither Spielen aufgehört, sondern aus Angst vor dem Eierschneider.

Übrigens: Wer den Besitzer dieser Zither, einen absolut untadeligen Randonneur im besten Sinne, treffen möchte: er ist vom 22.10.-26.10. auf einem Zither-Seminar in Landshut.

BigWilly
11.09.2012, 19:11
Sagt mal, ist einer von euch schonmal Aarhus-Copenhagen gefahren?

Hab am Sonntag wen mit dem Trikot auf dem RM getroffen und das gerade mal gegoogelt...klingt echt spannend. Zu der Zeit bin ich wohl eh in DK und liebäugel mit nem Start dort. Nun stellt sich mir aber die Frage, ob ich rund 4 Wochen nach meiner ersten LD diese Leistung erbringen könnte. Immerhin reden wir von 370 km.

Grundsätzlich wollte ich im kommenden Jahr schon recht radlastig trainieren und auch einige RMs einstreuen...aber 150 km mehr sind echt ne Hausnummer...

Vielleicht habt ihr ja nen Trainingstipp oder nen Erfahrungswert in Bezug auf die Regeneration nach ner LD für mich...

Nordexpress
11.09.2012, 19:35
. Nun stellt sich mir aber die Frage, ob ich rund 4 Wochen nach meiner ersten LD diese Leistung erbringen könnte. Immerhin reden wir von 370 km.

Vielleicht habt ihr ja nen Trainingstipp oder nen Erfahrungswert in Bezug auf die Regeneration nach ner LD für mich...

Ja, grundsätzlich kannst Du das wohl. Fragt sich, auf welchem Niveau. Wie Du von einer LD regenerierst hängt von vielem ab und kann Dir zum jetztigen Zeitpunkt sicher keiner prognostizieren.

Wart mal HH-B ab, dann kannst Du Dir die Distanz sicher etwas besser vorstellen.

pioto
14.09.2012, 20:11
Lang hatte ich mich auf das Brevet „Le 1000 du Sud“ (https://sites.google.com/site/le1000dusud/) in Südfrankreich, Start/Ziel in der kleinen Ortschaft Carcès in der Provence, d.h. ca. 80 km östlich von Marseille oder 100 km westlich von Nizza und 50 km von der Mittelmeerküste ins Landesinnere hinein, gefreut. Die einschlägigen Randonneursseiten sind voll mit Berichten deutscher Teilnehmer, die über die Veranstaltung seitenweise schwärmen und schimpfen:


über die tolle Atmosphäre, fast so familiäre wie in Roth (ca. 45 Teilnehmer)
über die atemberaubenden Landschaften, gespickt mit Gorges (Schluchten) und Cols (Pässen)
über die Härte der Tour mit ihren dieses Mal 16.000 Höhenmetern auf 1000 km Strecke
über das unverschämte Startgeld von 5 Euro
über die üppige Versorgung durch den Veranstalter
über die besondere Kameradschaft auf diesem Brevet
über die kulinarischen Genüsse der Provence
über den Duft der Lavendelfelder
über ….


Was soll ich sagen, alles hat gestimmt. Und doch habe ich aufgeben. Warum? Auch dafür wieder eine Strichaufzählung der vier Hauptfehler:


zu spät und nachts angereist -> die beiden Nächte vor der Fahrt nicht so gut geschlafen - MÜDE -> HAUPTPROBLEM
den ganzen Juli kaum und von Anfang bis Mitte August wenig gefahren (und insgesamt seit Jahresanfang 6500 km -> etwas knapp).
zu viel Ernährung (7 kg) dabei gehabt -> dieses Problem ist schwerer zu lösen, weil ich unheimlich viel essen muss -> Rad war für Anstiege ziemlich schwer (normal habe ich fast nichts dabei)
34/27 reicht mir bei einer so langen, bergigen Strecke nicht als Übersetzung -> 34/32 nächstes Mal oder 3-fach


Ein großes mentales Problem war für mich außerdem, dass ich keine Lust auf übertriebene Quälerei hatte. Hallo!?! Ich befinde mich im Urlaub bei meinem Hobby Rennradeln. Nix gegen etwas Schinderei, aber tagelange Selbstkasteiung – nee danke. Ich wollte vielmehr eine Genusstour fahren, die unglaublich schönen Berglandschaften aufsaugen, nach Bedarf Pausen machen und natürlich auch genügend schlafen. Im Juni war ich einen 1000er in Schottland gefahren (bin damit schon weiter vorne im Fred hausieren gegangen) und hatte dabei insgesamt 15h geschlafen, trotz anspruchsvoller Windverhältnisse und 12700 Hm. Ich dachte mir also, dass 3500 Hm extra nicht so schlimm sein können. Aber, Pustekuchen, es gibt definitiv so’ne und so’ne Höhenmeter. Die zahlreichen kurzen giftigen Anstiege und etlichen Wellen in Schottland sind Pipifax gegen die über 10 Pässe mit jeweils 500 bis über 1200 Höhenmetern am Stück, auch wenn diese meist nur 6-8% Steigung hatten und ich die Schwersten letztendlich nicht einmal fuhr.

Nach 530 km gaben zwei andere Deutsche und ich spontan auf, obwohl wir eigentlich noch einigermaßen im Zeitlimit waren und uns noch nicht einmal etwas weh tat. Der Spaß litt unter der Hetzerei, und die Aussicht auf zwei weitere Nächte mit nur je einer Stunde Schlaf sowie weiteren harten Pässen und nächtlichen Abfahrten unter Schlafentzug bewogen uns zur Aufgabe. Vielleicht hätte ich nicht in der Gruppe mitfahren sollen, denn dort entwickeln Gedankenspiele rasch eine gewaltige Dynamik. Aber andererseits: was soll’s? Ich bedaure die Entscheidung, bereuen tue ich sie nicht. Besonders bedauere ich, dass ich auf der 1100 km langen Anfahrt mit Nordexpress nichts Konkretes zur Rückfahrt ausmachte, z.B.: „wir fahren am Samstag Abend um 22 Uhr zurück nach Deutschland“. Wenn wir das fest ausgemacht hätten, wäre ich evtl. mit 5 h Verspätung über dem Zeitlimit von 75h, aber ohne sicherheitsrelevanten Schlafentzug ins Ziel gekommen (oder auch nicht ;) ) Wenn, aber, hätte: es hilft nichts. Bei einer so schweren Strecke muss man finishen wollen, und wenn der Wille auch nur etwas wackelt, ist die Luft raus und man wird es nicht schaffen. Andererseits möchte ich das Brevet nicht durchziehen wie ein Kollege, der sich in der Nähe unserer Abbruchstelle gerade auf Powernapping de luxe vorbereitete: „Man kann das Gehirn mal zwei bis drei Tage überlisten, indem man zwei fünfminütige Nickerchen aneinanderreiht“, teilte er mir resolut mit. Also Wecker auf 5 Minuten stellen, einschlafen, nach 5 Minuten aufwachen und dann da capo! Ja geht’s denn noch? Dann lasse ich mich vielleicht doch lieber in einem Domina-Studio auspeitschen oder boxe eine Runde gegen einen der Klitschkos oder ziehe mir selbst einen Backenzahn mit der Kombizange. Für mich nicht nachvollziehbar, und nach einem Sturz 2011 in den Graben, aufgrund von Übermüdung gepaart mit Halluzinationen, ist dieses Thema für mich auch endgültig erledigt. Rückwärtseinparker, Unten-in-der-Sauna-Sitzer, Warmduscher – von mir aus.

Noch ein paar Worte zum Studium von Höhenprofilen, namentlich diesem hier:

https://sites.google.com/site/le1000dusud/_/rsrc/1342544714119/profils-profiles/SUD12-Global.jpg

Ich hatte mir die einzelnen Abschnitte der Tour vorher angesehen und „ziemlich konservativ“ geschätzt, dass ich etwa 55 h netto Fahrzeit benötigen würde. Dazu 3x3h Schlafen und 3x2h Essen, macht 70h. Ankunft also um 6 Uhr Samstag Morgen. Ganz schön arrogant, hätte ich im Leben nicht gepackt! Nach 400 km fährt man die Berge nicht mehr sonderlich rasant nach oben und alle vermeintlich konservativen Rechenspielchen werden Schall und Rauch.

Dennoch: I’ll be back. Richtig ausgeruht, mit ein paar Kilometern mehr in den Beinen und mit etwas optimierter Strategie kann ich es in 75 h schaffen und wenn nicht, dann brauche ich eben 85 h, so what?

Mein Dank gilt Sophie Matter und ihrem Team, die mit ihrer unglaublichen Liebe zum Detail dem perfekten Brevet verdammt nahe kam. Sie wollte ein Brevet kreieren, bei dem alle Teilnehmer ans Limit gehen, und das ist ihr wahrlich gelungen. Anders denkt hierzu vielleicht nur Manuel aus Frankreich, der nach 59h als Erster im Ziel stempelte. Manuel ist allerdings normalerweise 59 kg schwer (nach dem Brevet lt. eigener Aussage 55 kg) und kann - vermutlich aufrecht - unter einem typischen deutschen Esstisch hindurch laufen.

@Fitschi: wenn du glaubst, dass du nächstes Jahr nochmals kneifen kannst…vergiss es, wir holen dich zur Not in TÜ ab! Folgende Aussage von dir kann ich allerdings nur unterstreichen: Mann, ist Triathlon ein langweiliger Ringelpietz gegenüber richtigem Sport.

https://lh5.googleusercontent.com/-CnrO7PcDoc0/UE3-FvRxYKI/AAAAAAAAIxQ/Y8qko7mBUJU/s912/1000SUD12%2520004.jpg

Die Chefin bei der Arbeit. Am ersten Pass hatte sie perfiderweise eine Geheimkontrolle eingerichtet. Sie hat die Tour einige Wochen vor dem Brevet innerhalb des Zeitlimits abgefahren, den Streckenplan gemacht und alles tipptopp vorbereitet.

http://www3.i-services.net/images/membres/forum/2012-09/img_1347401260_780.jpg

Im französischen Randonneursforum gelte ich als „immense“. Wahrscheinlich als immense Flasche :Lachen2: Die Brustbehaarung wird zum nächsten Brevet auch wieder sauber hoch frisiert.

https://lh3.googleusercontent.com/-fGzweVZz4b4/UE-PvFwXaAI/AAAAAAAADHE/LUxUCmgqVTY/s700/IMG_5165.jpg

Die Paella der „Pasta“party war nicht jedermanns Sache. Ich vermute mal, triduma hätte lieber ein paar Powerbar-Riegel verdrückt.

Weitere Bilder, vor allem Landschaftsfotos, hoffentlich im Bericht von Nordexpress

Neueste Info: Termin 1000 du sud 2013 ist vom 4.9.-7.9.

bellamartha
15.09.2012, 09:12
Das ist ein sehr hübscher Bericht, danke Pioto!

Viele Grüße!

fitschigogeler
15.09.2012, 12:55
Großartig. :Weinen:

Ausführlichere Stellungnahme folgt. Muß jetzt zum Radeln.

jannjazz
15.09.2012, 13:27
Dann lasse ich mich vielleicht doch lieber in einem Domina-Studio auspeitschen

Unterschätze nicht den Lustgewinn durch einen Behandlungstermin bei der Englischen Erzieherin!

Starker Bericht, super Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. Ich glaube, ich will auch Randonneur werden. Das hier ist soo ein toller Blog...

fitschigogeler
17.09.2012, 10:27
Hallo Pioto,

nachdem ich mich gestern bei allerbestem Wetter beim SURM doch ziemlich gequält habe, kann ich Deine Entscheidung sehr gut verstehen. Vor allem der Zeitdruck kann einem eine solche - eigentlich als Genußveranstaltung geplante - Tour doch ziemlich versauen.

Schön wäre, wenn es nächstes Jahr wirklich klappen würde, das mal gemeinsam zu machen. Aber bis dahin fließt ja noch viel Wasser die Themse und den Humber runter :Cheese:

DEJO
17.09.2012, 11:30
Hallo Pioto,

nächstes Jahr auf ein Neues --- mit deinen Kilo's wird das wohl immer eine ganz harte Nummer sein. Vielleicht hilft ja der 32er Ring aber 'Genussradeln' wird auch damit schwer :Cheese:

Ist ab er ne tolle Tour -- könnte man eigentlich mal in 4 Tagen, als Training machen !

Duafüxin
17.09.2012, 11:45
Vielen Dank für die eindrucksvolle Schilderung :Blumen: . Nächstes Mal klappt es bestimmt mit Fitschi an Deiner/eurer Seite.
Ich finde Deine Entscheidung sehr vernünftig, vorallem wenn man schon mal im Graben gelegen hat. Und wenn sowas auf ner Abfahrt passiert .... :Nee:

pioto
18.09.2012, 21:30
nächstes Jahr auf ein Neues --- mit deinen Kilo's wird das wohl immer eine ganz harte Nummer sein. Vielleicht hilft ja der 32er Ring aber 'Genussradeln' wird auch damit schwer :Cheese:

Ist ab er ne tolle Tour -- könnte man eigentlich mal in 4 Tagen, als Training machen !

Das mit dem 32er Ritzel sehe ich bzgl. Genussradeln noch nicht mal so kritisch. Kann mir durchaus vorstellen, einen Pass ganz gemütlich hochzurollen und mich dabei an der Landschaft zu erfreuen. Klar fahre ich auch nicht sooo gerne in einstelligen km/h-Bereichen die Berge rauf...

Was Punkt 2 angeht: ich könnte mir sehr gut vorstellen, nächsten April eine einwöchige Tour dort unten zu machen. In 7 Tagen 1000 km, jeden Abend ein anderes Hotel, grob angelehnt an die Brevet-Strecke. Habe gerade sogar erfahren, dass ein Nachbar einen Anhänger mit 12 Fahrradplätzen hat. Den sehe ich mir bald an. Falls irgendwer an sowas Interesse hätte: ich könnte mich zur Orga hinreißen lassen. Wäre aber kein klassisches Trainingslager mit Ruhetag und Laufen, sondern eher Radeln & Saufen.

Vielen Dank für die eindrucksvolle Schilderung :Blumen: . Nächstes Mal klappt es bestimmt mit Fitschi an Deiner/eurer Seite.
Ich finde Deine Entscheidung sehr vernünftig, vorallem wenn man schon mal im Graben gelegen hat. Und wenn sowas auf ner Abfahrt passiert .... :Nee:

Man nimmt sich oft was vor (hier: nicht unter Schlafentzug fahren) und hält sich dann doch nicht dran, so gesehen bin ich mit der Entscheidung zufrieden. In dem Fall war es allerdings wohl etwas übervorsichtig, aber im Großen und Ganzen bin ich mit der Entscheidung im Reinen. 2-3h hätte ich trotzdem weiter fahren sollen, aber egal. Nächstes Jahr: auf ein Neues :liebe053:

Duafüxin
19.09.2012, 08:20
Was Punkt 2 angeht: ich könnte mir sehr gut vorstellen, nächsten April eine einwöchige Tour dort unten zu machen. In 7 Tagen 1000 km, jeden Abend ein anderes Hotel, grob angelehnt an die Brevet-Strecke. Habe gerade sogar erfahren, dass ein Nachbar einen Anhänger mit 12 Fahrradplätzen hat. Den sehe ich mir bald an. Falls irgendwer an sowas Interesse hätte: ich könnte mich zur Orga hinreißen lassen. Wäre aber kein klassisches Trainingslager mit Ruhetag und Laufen, sondern eher Radeln & Saufen.


Das hört sich doch gut an, nur kommt bei mir nächstes Jahr erstmal ein Laufjahr, aber vielleicht findet das soviel Anklang, dass Du das 2014 wiederholen möchtest ;)

the grip
19.09.2012, 09:01
Was Punkt 2 angeht: ich könnte mir sehr gut vorstellen, nächsten April eine einwöchige Tour dort unten zu machen. In 7 Tagen 1000 km, jeden Abend ein anderes Hotel, grob angelehnt an die Brevet-Strecke. Habe gerade sogar erfahren, dass ein Nachbar einen Anhänger mit 12 Fahrradplätzen hat. Den sehe ich mir bald an. Falls irgendwer an sowas Interesse hätte: ich könnte mich zur Orga hinreißen lassen. Wäre aber kein klassisches Trainingslager mit Ruhetag und Laufen, sondern eher Radeln & Saufen.

:

Dann fahr doch endlich mal bei uns mit. War ja die 6. Tour in der Art in den Alpen/Pyrenäen. Max. 9 Leute, Begleitbus.
Nächstes Jahr evtl. wieder Pyrenäen.

Vor 2 Wochen Freiburg-Mont Ventoux:
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=kaigdmlynmvoxotg

Nordexpress
21.09.2012, 11:36
Jaja, ich weiß, ich bin noch ein paar Worte zur Provence schuldig,
aber derweil ist mir dies in die Finger geraten:
1000er in Portugal (http://www.randonneursportugal.pt/brm/portugal-alem-tejo-1000/) + Fotos (https://plus.google.com/photos/103247026001394072469/albums/5782241144749823793)dazu
Sieht auch gut aus irgendwie...hmmm...lecker
Und nur 5000Hm, wäre also schnell erledigt

BigWilly
09.10.2012, 14:22
Moin ihr Randonneure,

sagt mal wie muss ich mir diese Berevt (http://audax-randonneure.de/index.php?id=187), die hier gefahren werden müssen, vorstellen? Ist das von der Organisation her so, wie die Radmarathons, die ich im letzten Jahr gefahren bin, sprich ausgeschilderte Strecken, Verpfelgung etc? Oder ist das hier alles etwas weniger organisiert?

Habt ihr nen Link zu den Strecken von HH oder SH?

Nordexpress
09.10.2012, 14:38
Moin ihr Randonneure,

sagt mal wie muss ich mir diese Berevt (http://audax-randonneure.de/index.php?id=187), die hier gefahren werden müssen, vorstellen? Ist das von der Organisation her so, wie die Radmarathons, die ich im letzten Jahr gefahren bin, sprich ausgeschilderte Strecken, Verpfelgung etc? Oder ist das hier alles etwas weniger organisiert?

Habt ihr nen Link zu den Strecken von HH oder SH?


Nein, Strecken sind nicht ausgeschildert. Es gibt auch keine Verpflegungsstationen.
Also absolut nicht so wie bei Deinen RM.

Wir erklären's Dir am WE mal...:Huhu:

BigWilly
09.10.2012, 14:39
Nein, Strecken sind nicht ausgeschildert. Es gibt auch keine Verpflegungsstationen.
Also absolut nicht so wie bei Deinen RM.

Wir erklären's Dir am WE mal...:Huhu:

Super! :Danke:

Nordexpress
09.10.2012, 14:51
Punkt 7+8 erklärt's eigentlich:
http://audax-randonneure.de/index.php?id=208

BigWilly
09.10.2012, 15:04
Ok...aber die Strecke bekommt man erst am Start?! Das ist ja regelrecht spannend....;)

Nordexpress
09.10.2012, 15:10
Ok...aber die Strecke bekommt man erst am Start?! Das ist ja regelrecht spannend....;)

In Süddeutschland werden mittlerweile 1 Woche vorher die GPS-tracks verschickt.
Auf e-Mail Anfrage kriegst sicher vorab was.

Racingdude
30.11.2012, 18:55
Ich hab durch die vielen geilen berichte hier (vielen dank dafür) blut geleckt und wollte auchmal eine lange strecke ausprobieren.

Letzte Woche war es dann soweit. 1Woche Mallorca und als Abschluss hatte ich die M312 Route avisiert. Also einmal um die Insel.
Mit ca. 700Km in den 5 Tagen zuvor waren die Beine zwar nicht mehr ganz "frisch", oder anders gesehen, sie waren gut aufgewärmt.

Habe die Tour mit Freund Artur unternommen. Zu 2t ist das echt angenehmer, da kann man sich auch mal im Windschatten verstecken.
ich war mir echt unsicher ob ich die Runde gut durchstehen würde. neben den 312 KM stehen nämlich noch knapp 4000 HM auf dem programm. Malle ist doch bergiger als angenommen.
Meine längst Tour zuvor lag bei 210 KM. Also deutlich kürzer.

Freund Artur ist ein ehemaliger Arbeitskollege der mich bei etlichen gemeinsamen "lunch-rides" richtig hat leiden lassen. ich habe ihn regelmäßig für seinen Pedaldruck verflucht. Bei ihm im Windschatten musste ich mich regelmäßg übergeben um sein Hinterrad zu halten. Der Scheißkerl.
verflucht habe ich Ihn, und mir den Tag gewünscht an dem ich es Ihm heimzahlen kann.

Das war so vor 3 Jahren. Derweilen hab eich etwas trainiert.

Ich bin das JAhr schon ca. 11.000 Km gefahren, daher dachte ich grundlage müsste eigentlich genug vorhanden sein für die Monstertour. Freund Artur hatte nur etwa 5000 KM auf dem tacho dafür aber 5Kg zuviel auf den Rippen (seine worte).
Ich war die ganze Woche schon ein tick stärker als er, aber wirklich loswerden konnte ich ihn nur einmal, da sind wir zum Kloster lluc hoch und haben uns duelliert. Erst am Ende als ich auf etwas über 400 Watt erhöht habe musste er reißen lassen.

Das war schön, aber so richtig gelitten hat er nicht.

Hätte gedacht er würde schon früher aufgeben, aber der Hund ist zäh.

Soviel zur Vorgeschichte. Also als abschlussd er Woche die lange Runde.
früh um 7 los. Dank Lupine mit ausreichend licht versorgt, die trikottaschen voller riegel. Von Cales de Mallorca wo wir untergekommen waren ging es 2 Km zur eigentlichen "strecke". Dann die ersten 2 Stunden leicht wellig nach Alcudia hoch. Bis hierhin alles noch easy, schönen Sonnenaufgang inclusive. Ich hatte mir vorgenommen alles locker zu fahren, an den Steigungen nicht über 300 Watt zu gehen und im flachen nicht mhr als 260.
So ein SRM ist ein echt tolles Spielzeug.
freund Artur hat dann immer ordentlich in die Steigungen reingedrückt. 360-380 waren keine seltenheit. mir war klar das ich das so nie durchhalten kann. Hab ihn dann fahren lassen udn mir gedacht..."hinten scheißt der hase".
naja mehr als 10-15 meter hab eich ihn dann doch nicht weggelassen. ich hatte einfach angst für dies ekleinen spitzen am ende richtig böse bezahlen zu müssen.
nach 2,5h ging es dann am polenca hoch zum Kloster Lluc. Dort war die erste pause an der tankstellle geplant.
Doof...die hatte zu.
Also weiter, hoch zum Puig Major und dann runter nach Soller.
Saublöd, weil direkt an der Strasse gabs nirgend was zu trinken oder essen zu kaufen.
Die 2 trinkflaschen waren dann so gut wie leer udn auch die riegelvorräte in der trikottasche gingen zu neige. Das war so nach knapp 100 KM.
Stress.
kurz hinter soller dann zum glück ein kleines cafe gefunden. Schokocroissant verdrückt und 2 Snickers in die trikottasche.
Weiter gehts. Die Küstenstrasse kennen ja viele malle-radler von der Küstenklassiker tour. Bis runter nach Port Andrax gehst es nur hoch oder runter. Die Abfahrten waren noch etwas feucht, da haben wir nix riskiert. zudem sind die aufgezogenen Mavic reifen bei nässe ein umkontrollierbares risiko !!!
Hinter Andrax merke ich wie die Energiereserven zu neige gehen. zum glück finden wir eine tanke. 3 Snickers sofort gegessen, 2 weitere in die Trikottasche.
jezt rollen wir an palma vorbei. geil endlich wieder flach. Aber hinter Arenal gehts stetig bergauf.
Jetzt sind war schon 9h unterwegs.
ich muss vorne fahren. Freund Artur leidet.

Yes - genau wie ich es wollte.

Zumindest sagt er er könne nicht mehr vorne fahren. Vielelicht ist das auch nur eine finte.
gestärkt durch seine schwäche fahre ich mit 260 Watt im Wind. Geht gut.
Noch.
Doch ich merke wie die Energien schwinden. Nix mehr zu essen.
Es wird dunkel. Licht an.
jetzt schicke ich artur immer mal wieder nach vorne.
ich leide. Wenn jetzt nicht gleich ein beschissener laden kommt platze ich vom allerfeinsten.
Merke das ich kurz vorm Hungerast bin.
Dann der rettende Supermarkt. ich bin zu unterzuckert um auszurechnen wieviele schokoriegel ich für mein verbliebenes münzgeld bekomme.
recht für 3 snickers für jeden von uns.

Die letzten 45min heim gehen dann wieder gut.
Danke Schokoriegel.Industrie !!! Du hast heute 12mal mein leben gerettet.


Am Ende sind wir stolz auf 316Km mit 3850 hm in knapp unter 11 stunden. Macht ein Schnitt von 28,8Kmh und 240watt. Und 8700 verbrannte kcal.

ich bin froh das freund Artur heute mal ordentlich leiden musste, und er trotzdem mein freund bleibt

Ich bin angesteckt und überllege schon welche extremtour wir als nächstes anstreben könnte !

triduma
01.12.2012, 07:44
Hi Racingdude,
sehr schöner Bericht und eine super Leistung.
Gruß
triduma;)

Nordexpress
01.12.2012, 13:25
Nette Tour,
aber ob es dem Geist des Randonneur-Sports entspricht, seine Mitfahrer unbedingt leider sehen zu wollen?
Ich denke nicht.
Schöne Grüße

jannjazz
01.12.2012, 14:00
Starke Story. Haste auch ein paar Bilder?

phonofreund
01.12.2012, 14:23
Nette Tour,
aber ob es dem Geist des Randonneur-Sports entspricht, seine Mitfahrer unbedingt leider sehen zu wollen?
Ich denke nicht.
Schöne Grüße

ach was, da leiden doch alle irgendwann mal.......

Racingdude
02.12.2012, 00:54
Nette Tour,
aber ob es dem Geist des Randonneur-Sports entspricht, seine Mitfahrer unbedingt leider sehen zu wollen?
Ich denke nicht.
Schöne Grüße

Ach, da geht es ja um leiden im positiven sinn. Nix was einem jemand jemals übel nehmen würde.
Mein besagter Kumpel ist früher in ner GS3 mannschaft gefahren, der weiß daher wie sich "richtiges" leiden anfühlt.

Ich bin einfach nur stolz auf mich wenn ich mal an einem tag stärker bin als er. Und nach 250 KM leidet man eh zusammen.

sybenwurz
02.12.2012, 12:34
Ich leide bei solchen Beiträgen -bei allem Respekt vor der Leistung- vorallem unter falsche rworttrennung, verbuchselten Wechstaben, fehlender Grossschreibung udn Wlllkürlich gesetzten satzzeichen...:(

Nordexpress
02.01.2013, 15:05
Jajaja, scho recht. Bin gestern erst heimgekommen. Und schlafen muss ja auch mal sein.
;-)

Aller anfänglichen Euphorie zum Trotz hab ich es ja leider nicht geschafft, meine Eindrücke zeitnah zu Papier zu bringen und mittlerweile ist's ja schon wurscht.

Aber schöne Eindrücke aus Südfrankreich gibt es jetzt seit kurzem als Video: Mille du Sud 2012, gefilmt vom Randonneur (http://www.youtube.com/watch?v=wNNZBfObBbw&feature=youtu.be)

Und für 2013 kann man sich schonmal Appetit holen:
Neue Strecke Mille du Sud 2013 (https://sites.google.com/site/le1000dusud/parcours-route)

Schöne Grüße

Straik
02.01.2013, 15:28
schonmal Appetit holen:
Neue Strecke Mille du Sud 2013 (https://sites.google.com/site/le1000dusud/parcours-route)

Schöne Grüße

Einrollen an der Rhone, Gap, Embrun und dann kommen die Berge:Lachen2: im haut thorenc. Herrlich, das sollte in 14 Tagen machbar sein.

pioto
02.01.2013, 15:41
Einrollen an der Rhone, Gap, Embrun und dann kommen die Berge:Lachen2: im haut thorenc. Herrlich, das sollte in 14 Tagen machbar sein.

Mit deinem neuen Rad eher in 12 :)

Was ich aber eine Schweinerei finde: das Startgeld wurde verdoppelt. Da liegen sicher schon die Heuschrecken auf der Lauer. Jetzt kostet es 10€. Na, müssen wir halt über die Landstraße runter fahren, um die Kohle wieder reinzuholen.

Am Samstag geht dann auch schon die Anmeldung für London-Edinburgh-London los. 4 Tage Vollpension für 219 Pfund. Das ist ja fast billiger als zu Hause.

Nordexpress
02.01.2013, 15:45
Was ich aber eine Schweinerei finde: das Startgeld wurde verdoppelt. Da liegen sicher schon die Heuschrecken auf der Lauer. Jetzt kostet es 10€.

Was? Unglaublich! Da hätte Sophie ja schonmal per Rundmail informieren können. Ganz schlechter Stil. Ich fühle mich getäuscht und werde durch Verzicht auf die Paella des Grauens ein Zeichen setzen.

titansvente
28.04.2013, 15:03
Je mehr ich mich mit der Materie beschäftige, desto heisser werde ich auf diesen Randonneursunsinn :Blumen:
Schade, dass ich meine Saison schon so festgelegt habe und sie so lange dauert, sonst wäre ich im Spätsommer nochmal irgendwo an den Start gegangen...

Euch allen ein schöne Saison :Huhu:

pioto
16.05.2013, 10:03
Die Brevet-Saison kommt so langsam wieder in Schwung, also höchste Zeit, diesen Fred mal wieder aufzuwärmen. Über die KD (200 km) und OD (300 km) werden hier keine Berichte gepostet, das würde dem Randonneurs-Gedanken widersprechen ;) Los geht es mit dem 400er in Osterdorf, einer etwas größeren Schleife um Nürnberg.

Kennt ihr die Radiosender mit dem besten Wetterbericht? Und dem besten Mix aus 80ern, 90ern und von heute? Wo ständig dieselben Lieder laufen? Hier in Bavaria sind Bayern 3 und Antenne Bayern die prominentesten Vertreter dieser Gattung. Und wie beim 300er zwei Wochen zuvor auch, als die Sender noch am Morgen prophezeiten, dass es „von allem etwas“ geben wird (Graupel, Gewitter, Schauer, böigen Wind - es fiel schließlich nicht ein Tropfen Regen!) war es beim 400er ähnlich, wenn auch nicht ganz so tief ins Klo gegriffen: es sollte viel Regen geben, am Samstag dann freundlicher. Und da der Start des 400ers traditionell am Freitag um 20 Uhr stattfindet, rechneten wir mit einer ziemlich feuchten und weniger fröhlichen Fahrt durch Oberpfalz und Fränkische Schweiz. Hier der Streckenverlauf inkl. Höhenprofil:

www.gpsies.com/map.do?fileId=gjetioqeytytqrox

Während erste Teilnehmer gegen Mittag bereits mit einer Absage liebäugelten, wurde das Wetter gegen Abend stündlich besser und auch die Prognose für den Samstag wurde immer positiver. Am Treffpunkt in der Alten Schule in Pappenheim OT Osterdorf wurde erstmal Spaghetti Bolognese serviert, mit unbegrenztem Nachschlag. All dies ist selbstverständlich im Startgeld von 15 Euro ebenso enthalten wie Semmeln, Kaffee und Kuchen sowie Joghurt. Ich stopfte alles in mich hinein, bis Oberkante Unterlippe. Habe damit beste Erfahrungen gemacht, denn unter Belastung ist es mit dem Essen nicht immer so einfach. Also vorher zuschlagen so gut es geht.

Kurz vor dem Start noch ein kurzer Plausch mit TS-Forumsmitglied „Carvinghugo“, der seinen ersten Brevet mitfuhr. Bin auf seine Eindrücke gespannt.

Leider zwingen behördliche Auflagen die Veranstalter inzwischen, in Startgruppen a 30 Personen zu starten, was natürlich nicht so schön ist wie ein Massenstart (ähnlich Roth <> IM). Ich war in Startgruppe III, welche sich 10 Minuten nach den ersten Randonneuren auf den Weg machte.

Horst S., Alter ca. 58, Puls bei 33 km/h und starkem Gegenwind max. 115, sorgte wie gewohnt für Dampf und es ging mit 38 km/h in der Ebene Richtung Nordosten. Das Tempo war anfangs gut zu fahren, da die ersten 60 km ziemlich flach sind. Horst fährt sonst eigentlich immer vorne, war aber am Freitag etwas müde, sodass munter durchgewechselt wurde. Ein Gruppenmitglied fiel dadurch auf, das Tempo bei seiner Führungsarbeit sogleich auf 43 km/h zu erhöhen. Vielleicht ein Seelenverwandter von Captain Hook? Uff, anstrengend! Es war klar, dass man sich aus so einer Gruppe lieber beizeiten verabschiedet, weil man die gewonnene Zeit hinterher doppelt und dreifach verliert. Aber es soll ja auch Spaß machen...Nach km 65 war an einem kleinen Buckel mit dem Gruppenritt Schluss für mich. Ich musste etwas bremsen, war plötzlich im falschen Gang und weg war die Gruppe. Keine Chance, diese Harakiri-Fahrer wieder einzuholen.

Ich reduzierte das Tempo und fuhr weiter Richtung erste Kontrollstelle (km 124), teils alleine, teils in kleinen Gruppen. Bei km 119 dann ein Knacken im Gebälk und Null Widerstand an der Kurbel. „Mist“, dachte ich, „jetzt ist die Kette herunter gesprungen“. Normalerweise bekommt man die Kette mit etwas Gefummel am linken Schaltgriff wieder aufs Kettenblatt. Nicht aber in diesem Fall. Ich musste anhalten und mir das Ganze ansehen. Ich griff nach der Kette, konnte sie aber nicht finden. Also Frontlicht abgeklemmt und nachgeschaut. Nix Kette. Nach kurzer Suche fand ich sie dann 20 m weiter vorne auf der Straße. Ich überlegte sogleich, wo ich die Zeit bis zum Morgen überbrücke und wo in dieser Gott verlassenen Gegend wohl ein Bahnhof sein könnte. Nun fuhren die ganzen Gruppen, die wir zuvor zügig überholt hatten, wieder an mir vorbei. Helfen konnte bzw. wollte keiner, aber zwei Fahrer sagten mir, dass hinten noch Leute mit Werkzeug kommen, die mir evtl. helfen können. Ich nahm meinen Fußmarsch Richtung Kontrollstelle auf (Look Keo sind dafür nicht das optimale Material), immer noch nicht überzeugt, dass ich diesen Brevet durchfahren kann. Nach 3 km in der Ebene und bergauf endlich eine 1 km lange Abfahrt. Inzwischen waren meine kommenden Retter an mir vorbeigefahren und erwarteten mich am Autobahnrasthof, der Kontrollstelle. Nach einem kurzen Kommentar-Spießrutenlaufen („Das kommt doch bei dir öfter vor“, „Das ist aber nicht dein erster Defekt“ .....), das ich wahrheitsgemäß mit einem „Dieses Mal bin ich unschuldig, die Kette wurde vor max. 1500 km von einer Fachwerkstatt montiert“ konterte, begab sich ein Kollege, ausgestattet mit weißen Latex-Einweghandschuhen, an die Reparatur, die ganze 7-8 Minuten dauerte. Eine Schande, dass man so was nicht selbst kann. Insgesamt war so zwar fast eine Stunde verplempert worden, aber immerhin konnte ich die Fahrt fortsetzen - mit voller Kraft voraus, denn die Kette hielt.

Weiter ging es zu K2, dem McDonald's bei der weltbekannten Stadt Plech an der A9, wo wir nach etlichen Höhenmetern gegen 4 Uhr eintrafen. Mich wunderte, dass diese Filiale überhaupt noch Brevet-Karten abstempelt, denn vor 2 Jahren hatten die Brevet-Teilnehmer aufgrund einer besonders lehmigen Baustelle kurz vor dem Schnellimbiss ungefähr 2 Zentner Dreck auf Parkplatz, Restaurant und sanitäre Anlagen verteilt. Angeblich seien wir sogar „hochwillkommen“...Ich bekam leider nicht mehr als eine Cola und einen Cheeseburger runter, ein zweiter Burger wäre eigentlich Pflicht gewesen, aber Essen unter Anstrengung geht nicht immer. Und das ist kein gutes Zeichen.

Bald gabelten wir noch 2-3 weitere Fahrer auf und fuhren so in einer 7er-Gruppe durch ein schönes Tal nach Ebermannstadt, wo es mit etwas ernsteren Steigungen (bis 250 HM am Stück) weitergeht. Nachdem wir diese alle bewältigt hatten, folgt eine lange Abfahrt und ein ziemlich sinnfreier Schlenker, um 100 zusätzliche Höhenmeter zu sammeln, bevor es zur Kontrollstelle 3 nach Hirschaid geht, wo ich mich ausgiebig mit Leberkässemmel, Wurstsemmel, Croissant und Kaffee verpflegte. Langsam schlug jetzt die Müdigkeit durch und es folgte ein halbstündiger Hänger, bei dem ich der Gruppe nur noch mit Mühe folgen konnte. Zum Glück war es nicht weit zu K4. Wobei eine weitere Station nach 30 km eigentlich ähnlich sinnfrei ist wie der Schlenker vor Hirschaid.

Jetzt standen 70 äußerst hügelige Kilometer mit ein paar sehr fiesen Stichen an. Kein Spaß, wenn man ohnehin saumüde ist. Ein Gruppenmitglied wollte sich komplett umziehen, was ich zu einer gemütlichen Vorausfahrt nutzte. Dauerte erstaunlich lang, bis mich die Gruppe wieder eingeholt hatte. Die letzten 10 km vor K5 konnte ich den anderen nicht mehr ganz folgen und kam mit 1 min Rückstand bei Familie Loy an, die sich wie immer mit vollstem Engagement um die Randonneure und deren (meiste) Bedürfnisse kümmerte. Eigentlich ein super Stopp 50 km vor Schluss, um nochmals Essen zu fassen und sich zu stärken, aber ich konnte nur eine Landjäger, eine halbe Semmel und etwas Limo herunterwürgen. Das Kaloriendefizit wurde somit immer größer, ebenso wie die Müdigkeit.

Ich kündigte der Gruppe nach ca. 10 km an, dass ich zu müde zum Weiterfahren bin und mal kurz die Augen zumachen muss. Das wurde mit hämischen Bemerkungen quittiert. Worte wie Weichei machten die Runde, aber aufgrund persönlicher Erlebnisse nehme ich Schlafmangel inzwischen recht ernst.

In der Kreisstadt Weißenburg wartet noch ein sehr steiler Berg, den ich schon 20 km vorher fürchtete. Und er war tatsächlich genauso schlimm wie erwartet. Hier müssen der Straßenbaumeisterei die Schilder mit „Steigung 16%“ offenbar ausgegangen sein, denn nie und nimmer hat dieser Anstieg nur 12%. Auf einem kurzen Flachstück hing eine kleine Kontrollzange, mit der man einige Löcher in sein Streckenheft drücken musste. Diese Stelle nutzte ich für 20 Minuten Pause mit Augen zu und allgemeinem Bejammern der Situation. Fast hatte ich schon vergessen, dass direkt anschließend nochmals ein halber Kilometer mit 10-12% folgt, aber dieser war nicht ganz so fürchterlich wie erwartet.

Nach einer langen Abfahrt ins Tal steht dann der letzte Anstieg ins Ziel mit nochmals 140 HM an, die zu dem Zeitpunkt kein Mensch mehr braucht. Mühsam ernährte sich hier mal wieder das Eichhörnchen, aber irgendwann ist man oben und auch im Ziel, 14 Uhr 35 war es (Brutto: 18h25, 412 km, 4080 HM). Essen ging nicht, Trinken auch nicht. Ich wollte nur schlafen. Nach 30 Minuten war ich immerhin soweit wieder hergestellt, dass ich einfachen Gesprächen folgen konnte und anderen Randonneuren ihre eigenen früheren Verfehlungen vorhalten konnten, als diese mich nochmals mit dem Defekt konfrontierten.

Um 16.40 Uhr saß ich bereits frisch geduscht im Zug nach Hause und die 7 km vom Bhf. nach Hause erwiesen sich als die härtesten überhaupt. Trotz 0 HM benötigte ich eine halbe Stunde. Scheint ziemlich anstrengend zu sein, so ein Brevet mit 400 km.

Bedanken möchte ich mich besonders bei Roger, mit dem ich anreiste und der 45 min. beim Defekt auf mich wartete. Tobias, der die Kette reparierte und Armin, welcher das Werkzeug dafür bereitstellte. Ohne euch wäre es schwierig bis unmöglich geworden.

Und wenn Fitschigogeler meint, er sei der einzige „Zerstörer“, so hat er sich gewaltig getäuscht! Leider, denn solche Vorkommnisse sind zwar toll für einen Bericht, aber während des Brevets geht der Spaß schon mal kurz verlustig.

Bild 1: Ca. 5 Uhr am Morgen in der Fränkischen Schweiz. Beste Radbedingungen die ganze Nacht, kein Nebel oder Regen und nicht zu kalt.

Bild 2: K5 bei Verwandten des Veranstalters. Das Highlight: Alle Getränke aus Deutschlands größter Brauerei.

BigWilly
16.05.2013, 10:29
Lieber Herr Pioto,

wenn ich das richtig verstehe, dann tritts du bei einem 400er an und hast keinen Kettennieter am MultiTool?

Tztztztztz ...:Holzhammer: :Holzhammer:

Selbst der dicke Willy hat inzwischen so einen immer dabei. Dazu kommt, dass ich bei meiner OldSchool 9-Fachausstattung sogar nen Kettenschloß immer im Gepäck habe.

Ich muss allerdings einräumen, dass auch erst seit dem Kettenriss beim Radmarathon vor einem Jahr damit ausgestattet bin. Aber auf dem Weg nach Berlin, wäre eine Selbstrettung möglich gewesen!

Vielen Dank für den tollen Bericht...

Mal sehen, was bei mir so kommt, wenn der OstseeMan durch ist ;)

Jimmi
16.05.2013, 12:46
Bei meinem letzten Fleche hatten wir sogar so was wie einen verzogenen Rahmen, den wir nur angesichts der späten Stunde nur mit viel Glück und schwerem Werkzeug halbwegs wieder gerade biegen konnten.
Der 400er ging seinerzeit noch morgens los, da war es mit der Müdigkeit noch nicht so kritisch. Aber die Nachtfahrten beim Fleche habe ich geliebt.

triwolf
16.05.2013, 14:24
Lieber Herr Pioto,

wenn ich das richtig verstehe, dann tritts du bei einem 400er an und hast keinen Kettennieter am MultiTool?

Tztztztztz ...:Holzhammer: :Holzhammer:



Tja, ich glaube Pioto bräuchte zusätzlich zum Kettennieter auch noch einen kleinen Mechaniker am Multitool ;)

Danke für Deinen Bericht. Ist für einen 400er schon der ultrabrutalste, allerhärteste Respekt angebracht, oder gibt es den erst für Distanzen ab Paris-Brest-Paris?

BigWilly
16.05.2013, 14:40
Tja, ich glaube Pioto bräuchte zusätzlich zum Kettennieter auch noch einen kleinen Mechaniker am Multitool ;)

...

Und ich dachte immer in einem Randonneur steckt auch immer gleich nen kleiner Ingenieur...

:Lachanfall:

Aber wenn ich so nachdenke, könnte das auch der Grund sein, warum er auf dem Weg nach Berlin direkt meine Reifenheber zerbrochen hat...

:Lachanfall:

Lui
16.05.2013, 15:20
Ich bin auch nicht gerade der Wahnsinns-Radmechaniker. Ich bin immer wieder erstaunt, dass alle außer mir es anscheinend schaffen mit einem Schweizer Taschenmesser aus einer alten Coladose ein 5kg. Carbonrad zu schnitzen.http://www.mikafanclub.de/forum/Smileys/MeineSmileys/biggrin.png

Decke Pitter
16.05.2013, 15:47
Ciao Pioto,

danke für den schönen Bericht!

Grüße

Nordexpress
16.05.2013, 21:13
In der Kreisstadt Weißenburg wartet noch ein sehr steiler Berg, den ich schon 20 km vorher fürchtete. Und er war tatsächlich genauso schlimm wie erwartet.

Ludwigshöhe? Herrlich...

Schön geschrieben. Pech das mit der Kette.

Schöne Grüße

Chmiel2015
16.05.2013, 22:40
Toller, spannender Bericht. Danke dafür.

Lui
16.05.2013, 23:38
Um 16.40 Uhr saß ich bereits frisch geduscht im Zug nach Hause und die 7 km vom Bhf. nach Hause erwiesen sich als die härtesten überhaupt. Trotz 0 HM benötigte ich eine halbe Stunde.

Das kann man sich bildlich vorstellen, wo man nur noch nach hause will:Lachen2:

DEJO
17.05.2013, 13:55
Hi Pioto, danke für den Spitzenbericht ! Waren wieder ein paar Kracher Schoten dabei ;)

Danke :Blumen:

pioto
14.06.2013, 12:49
Jura-Brevet - 1. Juni 2013

Strecke http://www.gpsies.com/map.do?fileId=azjjrezoannikkxn
Eckdaten: 612 km, 5800 HM (eher mehr)
Infos: http://ara-breisgau.de/index.php?id=15

Zum wievielten Male in diesem Jahr sollte das Wetter am Wochenende verheerend werden? Mitgezählt habe ich nicht, aber ein Dutzend Mal wird es wohl gewesen sein. Immerhin war ich bei den letzten beiden Brevets vom „besten Wetterbericht in Bayern“ schwer enttäuscht worden. Will sagen: es blieb entgegen den Prognosen trocken. Dieses Mal aber sollten die Wetterfrösche recht behalten: es war Starkregen für fast den ganzen Samstag angesagt, und - abgesehen von ein paar kurzen Unterbrechungen - kam es auch so. Soviel vorneweg.

Auf der Anreise mit meinem Randonneurskollegen Gerhard ging es in der Nähe von Memmingen am Freitag Abend mit dem Regen los. Es regnete den ganzen Freitag Abend, in der Nacht wurde der Regen teils stärker, und am Morgen regnete es immer noch, als wir uns am Treffpunkt beim Campingplatz in Kirchzarten bei Freiburg einfanden. Nach einer Nacht im Büro von Forums-Mitglied "the grip", vielen Dank für die Übernachtungsmöglichkeit nochmals, fuhr Gerhard den knappen Kilometer zum Restaurant essZimmer per Rad (und wurde dabei bereits pitschnass), während ich per Auto hinfuhr. Einmal im Leben etwas richtig gemacht!

Zwischendurch noch ein Wort zu den Meldezahlen: von den harten Randonneuren hatten sich ca. 45 bereits vor dem Brevet abgemeldet bzw. waren nicht erschienen, sodass letztendlich 37 den Kampf gegen die Naturgewalten aufnahmen. Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es dann bei Wasser marsch (von oben, unten, links und rechts) auf den Schauinsland über Hofsgrund, wobei die letzte Steigung noch mit einem Insiderweg gepimpt war. Freundlicherweise hatten die Veranstalter die ersten 800 Höhenmeter also auf die ersten 10 km gelegt. Am höchsten Punkt war ich bereits ganz alleine, das passiert einem bei einem Brevet eigentlich nie, die ersten Stunden hat man immer andere Fahrer um sich herum. Diesmal nicht, und zwar für die nächsten 150 km auch nicht. Härter - und noch feuchter - als die Klettertour nach oben war die Abfahrt auf der anderen Seite ins Münstertal. Ich bin im Allgemeinen ein passabler Abfahrer, aber diesen Berg, angeblich die steilste Abfahrt im Schwarzwald, konnte ich bei diesem Regen nur herunter schleichen. Mehr als ein Mal dachte ich an Riki Masorati von Udo Lindenberg und den Refrain: „In jeder Kurve kichert der Tod“. Es waren 15 km gefahren, und die mühsam aufgebaute potenzielle Energie wurde nicht etwa in Geschwindigkeit umgewandelt, sondern in Wärme und Dreck an den Bremsgummis. Mich nervt das immer besonders, wenn man nach einem schweren Anstieg nicht mit einer flotten Abfahrt belohnt wird.

Im Starkregen ging es weiter über den Rhein nach Frankreich, zunächst vorbei an wenig attraktiven Industriegebieten. Dann wurde die Strecke hügeliger, Wind von vorne und – als ständiger Begleiter - Regen von oben. Wir würden zweimal durch die Schweiz kommen und der Verfasser war dumm genug, genau auf dem ersten dieser beiden kurzen Abschnitte dort einzukehren. Das Ergebnis: eine Tagessuppe ohne Einlage, drei kleine Scheiben Brot und eine Limo 0,2l = 10 Euro. Das kam mir selbst für Schweizer Verhältnisse ziemlich teuer vor. Ich vertrieb mir dementsprechend die Zeit mit Rechenspielen, dass es wohl billiger wäre, die 600 km per Auto zurückzulegen, als alle 80 km einzukehren. Während ich leicht bergab im malerischen Doubs-Tal radele und rechne, plötzlich beim Schalten ein Ruck ... und der Schaltzug ist gerissen. Samstag 16.30 Uhr, die optimale Zeit für einen Defekt. Aber ich habe Glück: zwei Schweizer Randonneure fahren vorbei und einer hat sogar einen Schaltzug dabei und verspricht, den Schaden in 15 Minuten zu beheben. Wir wollen anhalten und just in diesem Augenblick stehen zwei französische Rennradfahrer neben der Straße mit einem Plattfuss und einer Crane-Handpumpe, ausgelegt für einen Maximaldruck von 1,5 Bar. Als im Hinblick auf Plattfüsse gebranntes Kind packe ich stolz meine Lezyne-Pumpe aus und markiere den Technikprofi. Nebenan werkeln die Schweizer an meinem Schalthebel, leider ohne Erfolg. Die Franzosen bieten aber sofort an, nach einer Radwerkstatt zu suchen und googlen auch eine. Sie wollen mir den Weg zeigen (gute halbe Stunde) und wir fahren weiter. Auf der flachen Strecke ist die fehlende Schaltung kein Problem. Wir fahren zu Kontrollstelle 2, wo gerade 8 Randonneure eines ihrer Mittagessen beendet haben und die Reparatur zur Chefsache machen. Wie ein mittelgroßes OP-Team im Krankenhaus stehen die Fahrer um mein Rad herum und versuchen, den Schaltzug einzubauen. Ich nütze die Situation nach kurzer Rücksprache schamlos aus und plane, eine XXL-Portion Nudeln ruckzuck zu verschlingen und mich dann der Gruppe anzuschließen. Nach gut 15 Minuten heißt es: wir schaffen es, wir haben's gleich. Nach weiteren 6-8 Minuten: nee, wir finden den Nippel nicht, der ist da irgendwie reingefallen. Wir müssen weiter. Plan B: also doch zum Radhändler. Und um es abzukürzen: nach einer guten Stunde Arbeit, erst durch den Lehrling, dann durch seinen Papa, geht die Schaltung wieder, die vorderen Bremsbeläge sind gewechselt, Kette gereinigt und geschmiert -> Abfahrt Richtung Kontrollstelle 3, gelegen auf einem Pass namens „Vue des Alps“.

Ob man dort, wie der Name verheißt, einen Panoramablick hat, ist mir nicht bekannt, denn gegen 22 Uhr war es dort stockduster, arschkalt und sauwindig. Die Küche des Hauses gab nur kleinere Happen her, worüber ich nach dem Erlebnis mit der Suppe nicht allzu traurig war. Kurz gefuttert und getrunken, dem dort stattfindenden Rentner-Schwof leicht belustigt zugeschaut, und dann weiter mit dem holländischen Randonneur Henk. Nächstes größeres Ziel ist die Kontrollstelle in Champagnole bei km 342, wo lt. Veranstalter bis um 5 Uhr nachts Pizza serviert wird. Henk und ich sind allerdings schon 50 km vor Champagnole völlig übermüdet und hungrig und kehren bei einer Kebab-Bude ein. Leider gibt es nur noch aufgebackene Baguettes und nichts Gehaltvolles (der McDonalds sperrt in der Stadt schon um Mitternacht zu, was wir auf einem 10 km Umweg herausgefunden hatten).

Die langen Abfahrten in der Gegend sind Gift bei Müdigkeit, mehrfach bin ich kurz vor dem Einnicken, habe es noch gerade so unter Kontrolle. Völlig unvermittelt lesen wir Walter, einen der beiden Veranstalter, auf. Ihn hätte ich von allen Fahrern hier am allerwenigsten erwartet, aber er hat Knieprobleme, hatte schon 2h in seiner heiß geliebten Fleece-Decke geschlafen, aber die Schmerzen wollten nicht weichen. Er folgt in kurzem Abstand hinter uns, möchte sein eigenes Tempo fahren. Wir halten es vor Hunger kaum mehr aus, sehnen uns nach einer großen Pizza. Da endlich: Champagnole. Wir betreten die Kaschemme „Big Ben“, einen mit Postern und Devotionalien voll gestopften Schuppen, und betreten sind auch unsere Mienen: der Chef zickt, es gibt nichts mehr zu essen, vielmehr möchte er den Laden baldmöglichst schließen. Wir sind völlig fassungslos und setzen uns erst einmal hin. Eine Limo serviert er uns immerhin noch, wenn auch leicht widerwillig. Es riecht übelst nach Schweiß, aus den Lautsprechern kommt eine Mischung aus Heavy Metal und Techno, geschätzte 110dB, was mehrere vor uns angekommene Mitfahrer nicht von einem kurzen Nickerchen abhält. Die schnuckelige Bedienung in Netzstrümpfen hat es eilig, möchte uns loswerden. Hinter dem Tresen beim Chef wartet eine Tüte. Aber keine aus Plastik und so weicht der Schweißgeruch langsam „Zigaretten“rauch.

Vor der Pizzeria bejammern wir unsere Lage. Hunger, Müdigkeit, Kälte, Nässe. Immerhin hat der Regen längst aufgehört. Die 90 km zur nächsten Kontrollstelle, einer Bäckerei, werden hart. Sehr hart. Wir wissen es noch nicht, aber wir werden jeden noch so nichtigen Anlass für eine kurze Pause hernehmen. Einmal schläft unsere Gruppe aus nun 5 Fahrern, die alle bis zum Ziel beieinander bleiben werden, für 30 Minuten in einem Bushäuschen (2 Fahrer) bzw. in einem Kircheneingang (Rest). Wir kommen durch etliche Dörfer. Tausenden von Kühen stehen Null Bäckereien und genauso viele Lebensmittelgeschäfte gegenüber. An vielen Häusern steht „zu verkaufen“. Gibt es keine Läden, weil alles zu verkaufen ist, oder ist alles zu verkaufen, weil es keine Läden gibt? Diese Frage drängt sich hier auf. Eine Tankstelle habe ich auch schon ewig nicht mehr gesehen. Irgendwo muss eine sein, denn Autos gibt es immerhin. Bei km 420 dann endlich „unsere“ Bäckerei. In Frankreich bedeutet das aber nicht, dass man eine Wurstsemmel oder gar einen Kaffee bekommen könnte. Nein, da muss man zum Metzger (den es nicht gibt) oder ins Café (siehe Metzger). Ich verzehre einen knappen halben Meter trockenes Baguette und trinke einen Liter Wasser dazu und bin damit soweit wieder hergestellt, dass ich einigermaßen weiterfahren kann. Die schlimmsten Steigungen sind nun geschafft, es geht leicht wellig nach Montbeliard und ab dort mit Null Höhenmetern an Mulhouse vorbei nach Freiburg.

Nach der langen Zwangsesspause sehnen wir uns in Montbeliard nach einem Restaurant und finden nach einiger Suche eine Döner-Bude. Ich bestelle eine sehr schmackhafte Türkische Pizza, verdrücke diese zügig und lege noch einen normalen Kebab nach, dessen zweite Hälfte ich auf dem Rad verzehre. So gestärkt geht's bei inzwischen strahlenden Sonnenschein am Rhein-Rhone Kanal weiter. Wir haben uns einen 30er Schnitt vorgenommen, kein Problem bei dem Restprofil, um noch um 18 Uhr im Ziel zu sein. Nach etwa 200 m wird uns klar, dass daraus trotz flacher Strecke nichts wird. Etliche Richtungswechsel, Tausende von Spaziergängern und entgegenkommende Radfahrer verhindern dies. Wir fahren also gemütlich am Kanal entlang in einen strammen Gegenwind hinein und haben bald „nur noch zweistellig“. Mich überrascht der lange ununterbrochene und fast ampelfreie Radweg durch Mulhouse, eine super Sache und etwas anderes als unsere Fahrt 2h später durch Freiburg, die mit Ampeln gespickt ist und wo die Strecke schwer zu finden ist. Hinter Mulhouse dann der Wald der langen Geraden, der für ein kleines Intervalltraining genutzt wird. Soviel Spaß muss sein! Obwohl ich gerade noch gesagt hatte, dass nicht mehr gebolzt werden sollte, übernehme ich die Führungsarbeit. Im Nachhinein fragt man sich, was der Scheiß eigentlich soll. Aber so war's.

Nachdem der Rhein passiert ist, haben wir uns dem Ziel auf ca. 40 km angenähert. Letzte Kontrolle an einer Autobahnraststätte und ab geht's wieder in den Gegenwind. Nun kommen einige Sternstunden unserer Navigation in der Gruppe (oder waren es Gemeinheiten des Veranstalters), denn ein knapp 70-jähriger Opa spielt mit uns „Hase und Igel“, wir waren der Hase. Kopfschüttelnd und schelmisch grinsend sagt er: „Irgendwann schafft ihr es sicher nach Kirchzarten“. Nach einigen Verfahrern in Freiburg sind wir schließlich auf dem Radweg nach Kirchzarten und den letzten 50 oder 100 Höhenmetern und kommen um 19.15 Uhr, also nach gut 35h im Ziel an.

Hier erfahren wir, dass nur ungefähr 25 Starter bis ins Ziel gekommen sind und wir uns im hinteren Drittel befinden. Das war mir alles egal. Ein Bier musste her und etwas zu --- ESSEN! Eine Portion Nudeln mit Spargel würde es vorerst richten. Im Ziel hörten wir von den Unbilden der anderen Mitfahrer und erfuhren von einem Sturz einer Mitfahrerin (Schlüsselbeinbruch und Gehirnerschütterung; gute Besserung der Dame).

Es war bei diesen Bedingungen ein äußerst harter Ausflug ins Jura. Spaß hat es nicht immer gemacht, aber die Verklärung aller Widrigkeiten zu netten Begleiterscheinungen beginnt im letzten Kreisverkehr vor dem Ziel - wie immer. Es war eine schöne Tour bei miserablem Wetter in eine Gegend, in die man nicht so häufig kommt. Danke, Walter und Urban, für die Planung, Ausarbeitung und Durchführung dieses schweren Brevets, der nicht mein letzter in Freiburg war. Organisator Walter hat es leider nicht geschafft, zu sehr schmerzte das Knie. Er genehmigte sich einen Zug von Besancon nach Hause und erwartete uns trotz allem gut gelaunt im Ziel.

Mein Dank geht auch an meine Mitfahrer Henk, Martin, Rolf und einen N.N., die die letzten 280 km doch wesentlich angenehmer machten als dies bei einer Alleinfahrt der Fall gewesen wäre.

Wem die Lektüre dieses Berichts über unsere Tour mit 610 km und rund 6000 Höhenmetern der anstrengenderen Sorte Appetit auf mehr gemacht hat, dem sei der sog. Super Randonée Ende Juli ans Herz gelegt, bei dem auf gleicher Streckenlänge 12000 HM in Angriff genommen werden. Zum Glück bin ich da zwischen London und Edinburgh unterwegs, das wird bestimmt einfacher, wenn auch wahrscheinlich feuchter.
Infos dazu: http://ara-breisgau.de/index.php?id=213 und Streckenverlauf: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=dxmsvvxmwminpsid

Bild 1: OP-Team bei der Arbeit
Bild 2: So sieht die Stempelkarte aus. Ich war allerdings ein paar Stündchen langsamer
Bild 3: Einrichtung der Pizzeria Big Ben. Der Laden ist unbedingt einen Besuch wert, aber lieber vor 3 Uhr nachts.
Bild 4: Ist doch schön, wenn die Meterologen auch mal recht behalten.

HobbyStudent
14.06.2013, 12:57
sauber du Tier, 600km im Regen, da hätt ich mich wahrscheinlich vorher nen Bahnhof gesucht jajajaja :)

titansvente
14.06.2013, 13:37
Bestialische Leistung!
Ich werfe mich vor Dir in den Staub - ääähhh Matsch :Cheese:

bellamartha
14.06.2013, 13:51
Pioto,

wie heißt die schwere psychische Erkrankung noch gleich, die dich zwanghaft dazu treibt, solche Qualen auf dich zu nehmen, zu genießen gar?

Und wem bitte sollte die Lektüre dieses (sehr lesenswerten, zumindest unter sozialpsychiatrischen Aspekten) Berichtes Appetit auf mehr machen? Also außer den anderen Erkrankten hier im Forum...

Gute Besserung!
J.

Hippoman
14.06.2013, 14:10
DU Tier!:cool:

Super Leistung!:cool:

Bei der Abfahrt nach Münstertal kann`s sich eigentlich nur um die "Stohren-Abfahrt" ( www.quaeldich.de/paesse/schauinsland) handeln.
Bei diesen Wetterbedingungen hätte ich wohl auf den nächsten Linienbus gewartet oder hätte mich von meiner Gattin mit dem Auto holen lassen...:Lachanfall:

Viele Grüße aus der Nähe der Stohren- Abfahrt (ich wohne zirka 15 km davon entfernt)

Hippoman :cool:

pioto
14.06.2013, 14:13
Pioto,

wie heißt die schwere psychische Erkrankung noch gleich, die dich zwanghaft dazu treibt, solche Qualen auf dich zu nehmen, zu genießen gar?

Zerrüttete Familie vielleicht :Cheese:

Und wem bitte sollte die Lektüre dieses (sehr lesenswerten, zumindest unter sozialpsychiatrischen Aspekten) Berichtes Appetit auf mehr machen? Also außer den anderen Erkrankten hier im Forum...
Vielleicht kannst du mich nach deiner Fortbildung wieder auf den rechten Weg bringen und aus dem Kreis der Schwerstabhängigen heraus lösen.

Ich bin am Wochenende drauf übrigens noch einen 600er gefahren, der allerdings vergleichsweise ereignisarm war; daher werde ich euch mit einem Bericht verschonen. Da war ein Teilnehmer dabei, der hat überlegt, den 600er wie folgt zu gestalten:
Durchfahren bis ca. km 500, von 8 Uhr bis 7 Uhr morgens
Dann von der Strecke abweichen und nach Augsburg fahren
Dort die Startunterlagen zum Halbmarathon abholen
Diesen laufen, und zwar zz
Anschließend Brevet zu Ende fahren

Ich weiß nicht, ob er es letztendlich gemacht hat, habe ihn nicht mehr getroffen, weil ich recht langsam gefahren bin und sehr viele Pausen gemacht habe (4h Schlafpause).

Der Kerle ist knappe 45, ist letztes Jahr 200-300-400-600 gefahren und in der Tapering-Phase für Roth den 1000er. Geschadet hat es nicht, denn er finishte in glatten 10h. Vielleicht wäre mit Mineralieneinlagerung, richtiger Schrittlänge, Arnes Filmchen, selbst gebackenen Energieriegeln, Ute Mückels Schwimm DVD, SRM, Bier- und Kuchenverzicht, Kompressionssocken etc.pp noch mehr drin gewesen. Ich glaube aber nicht, dass das den gejuckt hat.

Meinst du, dass er in deiner Klinik noch Genesungschancen hätte, oder müssen wir den Patienten als unheilbar einstufen? Ich bin ja ein vergleichsweise minder schwerer Fall und könnte hier, im benachbarten freundlichen Ausland, evtl. ambulant behandelt werden.

Nordexpress
14.06.2013, 15:20
Super, dicken Respekt.
Das Wetter muss ja echt grausig gewesen sein.

Viele Grüße

DEJO
14.06.2013, 16:46
Hi Pioto, beim lesen wurde mir mal wieder bewusst, was für ein Weichei ich bin ! UND das bleibe ich auch liebend gerne :Huhu: bei so einem Wetter ein Brevet --- NO WAY !

ABER natürlich chapeau :Blumen:


Da war ein Teilnehmer dabei, der hat überlegt, den 600er wie folgt zu gestalten:
Durchfahren bis ca. km 500, von 8 Uhr bis 7 Uhr morgens
Dann von der Strecke abweichen und nach Augsburg fahren
Dort die Startunterlagen zum Halbmarathon abholen
Diesen laufen, und zwar zz
Anschließend Brevet zu Ende fahren


Und dann gibt es sogar noch BEKLOPPTERE :Nee:

jannjazz
14.06.2013, 16:56
Um Dich zu heilen richt, glaube ich, eine Sitzcreme. Super Leistung, geile Story!

Duafüxin
17.06.2013, 11:01
HAAAMMMMMMEEER!

Absolut genialer Bericht, und ne super Leistung :Blumen:

Diese Woche fängt mit tiefer Bewunderung an ...

Und weiter solche Berichte :)

soloagua
17.06.2013, 13:03
HAAAMMMMMMEEER!

Absolut genialer Bericht, und ne super Leistung :Blumen:

Diese Woche fängt mit tiefer Bewunderung an ...

Und weiter solche Berichte :)

+1 Da schliesse ich mich an! Super und unbedingt fleissig berichten! Nur so kann eine Sucht geheilt werden ;)

pioto
11.07.2013, 17:25
Gerade eben flatterte die Ausschreibung für die Challenge Kraichgau ins Haus und das war für mich der Auslöser, mit meinem Bericht vom 1200er Brevet HCH anzufangen. Warum? Das Startgeld im Kraichgau für die Mitteldistanz beträgt 195 Euro, genauso viel wie für das Brevet, das uns in vier Tagen u.a. durch folgende Städte und Gegenden führen sollte:

- Brüssel
- Paris
- Orleans
- Loiretal
- Champagne
- Reims
- Ardennen

Ich weiß, die Triathleten können es nicht mehr hören, aber für die 195 Euro gab es in meinem Fall:

- Je 1x Übernachtung mit Frühstück vor und nach der Veranstaltung in einem privaten Gästezimmer (1x Doppel, 1x Einzelzimmer)
- 3 Übernachtungen in einfachen Hotels unterwegs
- 3 x Frühstück morgens um 4 beim Begleitfahrzeug, mit großer Auswahl und äußerst reichlich
- Hin und wieder Begleitfahrzeug an der Strecke mit Obst und Brot/Wurst/Käse.
- Bei der Rückkehr eine Grillparty mit großem Salat- und Obstbüffet
- Ehrung der Finisher und Erinnerungsmedaille

Dann noch die technischen Daten:
- 1200 km gemäß dieser Strecke: http://www.openrunner.com/index.php?id=2590174
Herentals - Mechelen - Brüssel - Paris - Orleans - Cosne sur Loire (Partnerstadt von Herentals) - Champagne - Reims - Ardennen - Herentals
- Vergleichweise moderate 7600 Höhenmeter
- Zeitlimit: 90h
- Unterschied zu "normalen" Brevets: kein Durchfahren, wie sonst üblich, sondern Nachtlager in einfachen Hotels

Ich fuhr fast die gesamte Strecke mit einem deutschen und einem niederländischen Randonneur (Axel und Henk). Die Stimmung war die ganze Zeit top, kein böses Wort, kein Streit, super! Der tägliche Ablauf war wie folgt: morgens 4 Uhr wecken, 4.30 Uhr Frühstück am Begleitfahrzeug, 5 Uhr Abfahrt aller 41 Teilnehmer. Es bildeten sich täglich rasch die selben Gruppen aus 3 bis 8 Fahrern, die meist den ganzen Tag zusammen blieben. Ein paar Einzelkämpfer gab es zusätzlich, sowie ein Tandem, besetzt mit zwei Deutschen, Männlein und Weiblein, aber nicht verheiratet oder in einer Beziehung (das mussten die beiden ca 20x beantworten).

Ich schreibe dieses Mal keinen chronologischen Bericht, sondern nenne nur 9 Highlights (es gab sicher mehr, aber das sind die 9 Punkte, die mir spontan zu dem Trip als erstes eingefallen sind). Das ist keine Hitparade von 9-1 sondern einfache 9 schöne Erinnerungen:

1) Fahrt um den Triumphbogen in Paris

Wir fuhren als ca. 25er Gruppe nach Paris hinein und diese verlor ich leider an dieser Stelle, da ich unbedingt eine komplette Runde um den Arc de Triomphe drehen wollte. Daraus wurden dann zwei Runden, denn ich verpasste meine Ausfahrt, eine der zwölf Einmündungen. Ich habe den Bogen jetzt mit dem Rad umfahren, habe mich mit dem Leihwagen im Berufsverkehr hinein getraut (und bin nach 1/4 wieder rausgefahren wegen panischer Angst) und bin in grauer Vorzeit zu Fuß zum Bogen rüber, eine Mutprobe, die wahrscheinlich sogar die Camorra als Aufnahmeprüfung anerkennt. Die Fahrt durch Paris führte uns natürlich auch an zahlreichen anderen Sehenswürdigkeiten vorbei: Moulin Rouge, Sacré Coeur, Eiffelturm, Notre Dame und einige mehr. Insgesamt finde ich das Radwegenetz in Paris gar nicht so übel.

https://lh5.googleusercontent.com/-9kW0m3QXw8A/Ud54Rk4QqHI/AAAAAAAAAQw/02JhK1lp25s/s912/DSCF4345.JPG

2) Das Büffet im chinesischen Restaurant in Romilly-sur-Seine

Essen ist das zentrale Thema auf einem Brevet dieser Länge. Man bzw. ich hat/habe IMMER Hunger. Und da kam uns dieser Chinese gerade recht:

https://lh4.googleusercontent.com/-VO2CtTCJIKQ/Ud21CND3TeI/AAAAAAAAKVE/l6CZaM1giS4/w653-h871-no/P7050605+%2528Medium%2529.JPG

Das Beste daran ist das all-you-can-eat, dachten wir. Aber es kam noch besser, es gab auch ein all-you-can-drink, hurra! Und das alles zum unverschämten Preis von 11 Euro. Vorspeisen, Hauptspeisen, Eis und Nachtisch bis zum Abwinken und dann noch so viele Dosen Cola oder Eistee wie das Herz begehrt. Noch 2h später hatte Kollege Henk aus Den Haag kein anderes Thema als das hervorragende und überreichliche Essen dort (ich übrigens auch nicht). Ich gönnte mir als einziger unserer Dreiergruppe trotzdem noch ein Abendessen mit englischen Randonneuren. Mehr dazu später.
Triduma sagte ja mal zu den von mir geposteten Bildern, dass er lieber Powerbars äße, als die abgebildeten Speisen. Mich würde mal interessieren, wie es sich hier verhält?

3) Die allabendliche Bettruhe in den Luxushotels vom Typ Etap bzw. Formule 1.

Schon am frühen Abend freute ich mich auf den Schlaf im Hotel von 21-4 Uhr, 7 volle Stunden! Fürstlich für ein Brevet. Niemand war müde oder genervt, sondern der Spaß war stets vorhanden. Organisator Jan hat die Strecke so ausgearbeitet, dass die Kontrollzeiten machbar sind und nur der erste Tag mit 365 km relativ lang ist. Bis 600 km darf die Durchschnittsgeschwindigkeit bei einem Brevet 15 km/h nicht unterschreiten, danach gilt ein Schnitt von 13,3 km/h. Brutto, d.h. inkl. aller Pausen. Die Gesamtzeit für 1200 km liegt bei 90h. Eine Ausnahme bildete der dritte Abend im Restaurant Hippopotamus in Reims. Hier geriet ich in schlechte britische Gesellschaft und wir bestellten eine Flasche Wein zum Essen. Dann noch eine, schließlich sind wir in der Champagne. Und weil zwei Flaschen für drei Männer etwas knapp bemessen sind, teilten wir uns noch eine dritte Pulle. Die notwendige Bettschwere, eigentlich ohnehin schon durch die sportliche Betätigung vorhanden, war nun auf das extremste ausgebildet. Leider war es auch schon 1 Uhr, also nur 3h Schlaf. Man kann nicht alles haben und ich wusste, dass ich am nächsten Tag leiden müsste. Aber wie sagte schon der große deutsche Poet Roberto Blanco: "Ein bisschen Spaß muss sein". Und deshalb musste dieser kleine Ausrutscher sein.

Normalerweise wird im Randonneurshotel geschlafen (Bankautomat), dieses Mal echter Luxus, auch wenn die Betten etwas kurz ausfielen.

https://lh3.googleusercontent.com/-9tCwZabvR10/Ud57sCtUtzI/AAAAAAAAAeE/l76JW_7AuUw/s912/DSCF4510.JPG

4) Das Engagement der Organisatoren

Einkaufen, erklären, helfen, Essen vorbereiten, Begleitfahrzeug fahren, Gepäck ausgeben und annehmen, außerplanmäßig Getränke verkaufen (um den chronisch klammen Randonneuren Kosten zu ersparen), Hotelzimmer verteilen, Fahrräder bewachen und vieles mehr. Die zwei Jungs, Jan & Eddi, haben ihre Arbeit hervorragend gemacht, auch die Planung und Organisation vor der eigentlichen Veranstaltung. Das Ganze von Jan mehrsprachig (englisch, deutsch, flämisch, französisch) mit einigen kräftigen Prisen Humor, Ironie & Sarkasmus gewürzt - perfekt! Es hätte einfach nicht besser sein können. Danke euch beiden!

https://lh4.googleusercontent.com/-RMOLdfC0-l4/Ud54uPL5SAI/AAAAAAAAASk/mKPcxRO9cw0/s912/DSCF4382.JPG


5) Kontakte zu Randonneuren aus vielen Ländern

Ständig hörte man verschiedene Sprachen. Englisch, klar, ist nix Besonderes. Aber brasilianisches Portugiesisch, Französisch, Flämisch. Leider gab es nur einen Israeli, welcher nächstes Jahr gerüchteweise einen 1200er Brevet in der Wüste ausrichten möchte, und einen Russen. Es war ein wirklich sehr bunt gemischtes Feld, und das verlieh diesem Brevet ein zusätzliches Flair. Vor allem die Brasilianern mit den eigens für diese Tour angefertigten Radtrikots. Es war so wie erwartet: man konnte sich viel unterhalten, vor allem mit den Engländern, da die auch unser Tempo fuhren, aber am Abend immer wieder auch mal mit den Exoten und langsameren Fahrern. Sehr schön.

Ca. 20 Fahrer kamen als Gruppe an, die meisten davon sind auf diesem Bild:

https://lh4.googleusercontent.com/-crwPMm9IEGw/Ud21e7ynFKI/AAAAAAAAKe4/ZW3qTT5OCmo/s912/P7060693%2520%2528Medium%2529.JPG

Teil 2 folgt sogleich

pioto
11.07.2013, 17:32
6) Fahrten durch die Wälder in der Nähe von Cosne sur Loire und die Weinberge der Champagne

4 Uhr Wecken und Revier reinigen? Nicht ganz. Es war nicht wie bei der Bundeswehr, sondern sehr entspannt wurde der Tag begonnen. Besonders schön begann der dritte Tag mit Fahrten in einsamen Wäldern bei sehr wenig Verkehr. Durch die Abfahrtszeit von 5 Uhr musste praktisch während der gesamten Fahrt nicht im Dunkeln geradelt werden. Man sah stets die Landschaft, auch ein Plus, gerade in einer tollen Gegend wie der Champagne.

https://lh3.googleusercontent.com/-2Pm_EWCSCTk/Ud57EiaKeQI/AAAAAAAAAb0/0UgesI6rDxU/s912/DSCF4480.JPG


7) Kameradschaft unter den Randonneuren

Wenn Herr Pioto auf Radtour geht, gibt es fast immer einen mehr oder minder schweren Defekt. Siehe Berichte in diesem Thread. Dieses Mal sollte es nicht anders sein. Es dauerte bis kurz vor Reims, ca. km 920, bis die Kette bei einem Schaltvorgang nach innen hüpfte und gegen eine oder mehrere Speichen schlug. Das bescherte mir einen sauberen Achter, der von mindestens drei Leuten repariert wurde, immer einen Tick besser. Letztlich nutzte das alles nichts, am nächsten Morgen riss eine Speiche, und ich musste die letzten 246 km mit 23 Speichen im Hinterrad fahren. Kollege Axel, der wohl über Deutschlands beste Checkliste für Brevetfahrten zu verfügen scheint, hatte stets das passende Werkzeug zur Hand, und konnte die fehlende Speiche durch Anspannen und Lockern der verbliebenen Speichen fast vergessen machen. Ohne ihn hätte ich vielleicht nicht gefinisht. Danke, Axel, und auch Helle, eine von zwei teilnehmenden Frauen, und eine, die das Zentrierhandwerk wirklich beherrscht.

Auf dem Bild wird einem brasilianischen Fahrer beim Plattfuß beseitigen geholfen, evtl. dem mit den stilvollen Tätowier-Ärmlingen?

https://lh5.googleusercontent.com/-jbRn1rP1WlY/Ud21dcDvo_I/AAAAAAAAKeQ/cZJexGOT0IY/w1024-h768-no/P7060687+%2528Medium%2529.JPG

8) Eis

Eigentlich hatte ich nur 8 Punkte, und ein 10. fällt mir gerade nicht ein. Und das war #9, nur habe ich den Grillabend gerade als einzigen Punkt rauskopiert und ganz an den Schluss gesetzt. Das musste ich in jedem Fall auch noch aufschreiben. Ca. 20 km vor dem Ziel fuhr ein Lieferwagen mit Musik durch eine belgische Siedlung. Ein Eisverkäufer! Ab diesem Moment konnte ich nur noch an Eis denken. Wenn wir die letzten 60 km nicht in der Gruppe gefahren wären, hätte ich sofort angehalten und mir ein Eis gekauft. Und das Verlangen wurde stärker. Im Ziel angekommen erkundigte ich mich beim leicht verwunderten und sehr beschäftigten Organisator nach einer Eisdiele. Zu kompliziert, meinte er, ich solle mit zu ihm nach Hause. Das erschien mir zu unverschämt und er riet mir, bei unserer Vermieterin Paula, ca. 65-70 Jahre alt und polyglott, nachzufragen. Flugs in die Unterkunft gefahren und Paula hatte zwei Literpackungen Vanilleeis im Haus. Super! Und sie geizte wahrlich nicht, sondern füllte uns eine Riesenportion auf. Selbige wurde umgehend vernichtet und durch eine Ladung gleicher Größe ersetzt, die ebenfalls in Rekordzeit vertilgt war. Nach kurzer Bedenkzeit und hauptsächlich aus Gründen des Anstands und der guten Kinderstube verzichtete ich auf einen weiteren Nachschlag und begab mich zum Duschen und zum Barbecue, wo auch kein Mangel an Nahrung herrschte.

9) Grillabend & Siegerehrung

https://lh3.googleusercontent.com/-VtpnMe-DUWc/Ud21feMwsXI/AAAAAAAAKfI/H3P5AVWJe30/s720/P7060696%2520%2528Medium%2529.JPG

Die Veranstaltung wurde heuer (tja, auf das Wort sind die Norddeutschen wieder neidisch) zum 7. Mal durchgeführt. Bisher mit ca. 10-25 Teilnehmern, nun erstmals mit 41. Vier Leute hatten abgesagt. Die stv. Bürgermeisterin der Gemeinde Herentals lässt es sich nicht nehmen, zur Grillparty zu erscheinen und dort die Medaille der Stadt zu verleihen und mit den Teilnehmern zu feiern. Speis und Trank waren reichlich vorhanden und super schmackhaft. Besonders lustig war die Verleihung der Medaillen an die Brasilianer und an mich, da die gute Frau unter den lautstarken Rufen des Plebs zum Umhängen der Medaille auf einen Stuhl steigen musste. Hey, das ist ja noch familiärer als bei jedem Dorftriathlon.

Hier bekommt Henk (192cm?) gerade seine Medaille, das ging noch ohne Stuhl für die Bürgermeisterin:

https://lh5.googleusercontent.com/-5m3eIIovaSA/Ud21jutpkBI/AAAAAAAAKgc/f_slONBifkU/s912/P7060709%2520%2528Medium%2529.JPG

Meine Medaillenübergabe ist leider nicht dokumentiert, vielleicht taucht noch ein Bild auf.


Fazit: es ist schwierig, 4 schönere entspanntere Tage auf dem Rad zu verbringen als bei diesem kleinen Ausflug durch Belgien und Frankreich. Es gibt zwar landschaftlich attraktivere Strecken, aber dies wurde durch die oben aufgeführten und viele kleine Anekdoten am Rande locker wieder wettgemacht.

London-Edinburgh-London kann kommen, in gut 2 Wochen ist es soweit.

Ich werde berichten.

drullse
11.07.2013, 18:01
Ich weiß, die Triathleten können es nicht mehr hören, aber für die 195 Euro gab es in meinem Fall:

- Je 1x Übernachtung mit Frühstück vor und nach der Veranstaltung in einem privaten Gästezimmer (1x Doppel, 1x Einzelzimmer)
- 3 Übernachtungen in einfachen Hotels unterwegs
- 3 x Frühstück morgens um 4 beim Begleitfahrzeug, mit großer Auswahl und äußerst reichlich
- Hin und wieder Begleitfahrzeug an der Strecke mit Obst und Brot/Wurst/Käse.
- Bei der Rückkehr eine Grillparty mit großem Salat- und Obstbüffet
- Ehrung der Finisher und Erinnerungsmedaille

Das sollten die Triathleten vielleicht noch viel öfter hören...

Super Bericht, das klingt nach ner Menge Spaß und Freude.

DEJO
11.07.2013, 18:03
Pioto :Blumen:
erneut danke für die interessanten Einblicke !

Nächstes Jahr nehme ich mir fest vor, bei einem Brevet dabei zu sein. 400km gehen da ja immer und vielleicht auch mehr.

London - Edinburgh - London, klingt sehr interessant (auch mal gespannt was ihr da Essenstechnisch serviert bekommt ;) ) --
wie lang ist denn das Ding ?

pioto
11.07.2013, 18:15
Pioto :Blumen:
erneut danke für die interessanten Einblicke !

Nächstes Jahr nehme ich mir fest vor, bei einem Brevet dabei zu sein. 400km gehen da ja immer und vielleicht auch mehr.

London - Edinburgh - London, klingt sehr interessant (auch mal gespannt was ihr da Essenstechnisch serviert bekommt ;) ) --
wie lang ist denn das Ding ?

LEL sind 1420 km ca.
Plus 30 km Prolog durch die Londoner Innenstadt mit Sightseeing (fakultativ, ich mache ihn).

Einen netten Bericht über LEL 2009 findest du hier von einem Dortmunder Fahrer. Ein Schwerpunkt ist das Kulinarische:

http://rogerkrenz.ro.funpic.de/lel-2009

Vielleicht bemühe ich mich mal an den Niederrhein zu einem 600er, den könnten wir dann gemeinsam fahren.

Nachtrag noch zur Anreise: war per ICE über Würzburg/FFM/Köln/Aachen nach Brüssel und von dort weiter bis Herentals. Hin und zurück unverschämte 118 Euro. Rad ab in die Tasche und rein in den ICE, null Problemo. So kann man direkt bis zum/vom Bahnhof radeln, Rad ein- oder auspacken und weiter. Passt!

DEJO
11.07.2013, 18:58
LEL sind 1420 km ca.
Vielleicht bemühe ich mich mal an den Niederrhein zu einem 600er, den könnten wir dann gemeinsam fahren.

Nachtrag noch zur Anreise: war per ICE über Würzburg/FFM/Köln/Aachen nach Brüssel und von dort weiter bis Herentals. Hin und zurück unverschämte 118 Euro. Rad ab in die Tasche und rein in den ICE, null Problemo. So kann man direkt bis zum/vom Bahnhof radeln, Rad ein- oder auspacken und weiter. Passt!

Also das Ding in Belgien und Frankreich würde mir mit dem Konzept (Schlafen) sicher auch gut gefallen. Ist ja von Köln auch wirklich nicht weit. Könnte man da auch ohne Brevetmeriten einsteigen oder läuft das wie PBP ?

Duafüxin
12.07.2013, 08:22
Pioto, wie immer bei diesen Dingern fast ohne Worte :Blumen:

Einfach nur geil. Und mit schlafen zwischendrin find ich gut, das würde mich evt vielleicht auch mal reizen und auch zutrauen.

Nur diesmal hatte ich schon ganz am Anfang, bei den technischen Daten, son komisches Gefühl. Herentals rief es hervor. Ein Blick auf Maps lösten es auf: Kasterlee liegt nebendran :Cheese:

Ich freu mich schon auf den LEL-Bericht :liebe053:

Ach, und edith wollte noch wissen welche Tasche Du denn hast?

TriBlade
12.07.2013, 08:45
Das sollten die Triathleten vielleicht noch viel öfter hören...

Super Bericht, das klingt nach ner Menge Spaß und Freude.

Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: "Das können sie gar nicht oft genug lesen".

pioto
12.07.2013, 08:47
Moin Duafüxin und Dejo,

ich hätte dir, Duafüxin, gestern fast schon eine PN geschrieben, falls du ein Zimmer brauchst. Leider wäre es im Ortsteil Morkhoven, ca. 20 km von Kasterlee. Die Vermieterin ist super, und stellt dir notfalls auch nachts um 4 ein Frühstück auf den Tisch.

Die Tasche heißt: Rixen & Kaul Contour Magnum Satteltasche Klickfix. Ich bin mit der sehr zufrieden.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist nicht an frühere Brevetmeriten gebunden, jeder kann sich anmelden. Allerdings fragt der Veranstalter nach, was man im Leben schon an Heldentaten hinter sich gebracht hat und es kann sein, dass ein veritabler Randonneurs CV zu einer Bevorzugung führt, gerade in Zeiten knapper Startplätze.

Dann noch ein 10. Highlight, gibt ja Leute hier, die bei krummen Zahlen leichte Beklemmungsgefühle bekommen ;)
Das war der deutsch-britische-niederländische Express auf den letzten 40 km des Loiretals. Ein englischer Fahrer, namentlich die größte Suffnase der Truppe und gleichzeitig der stärkste Radler, fühlte sich bemüßigt, das Tempo dauerhaft auf > 35km/h zu erhöhen und so fuhren wir mit leichtem Rückenwind am Schluss auch leichte Steigungen mit 36-37 km/h hinauf und die letzte Stunde verging wie im Flug. Ich staune immer wieder, wie so etwas nach > 250 km noch möglich ist.

pioto
12.07.2013, 08:50
Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: "Das können sie gar nicht oft genug lesen".

Korrektur: ich habe nur 185 Euro bezahlt, hatte das falsch in Erinnerung :Cheese:

TriBlade
12.07.2013, 08:56
Dann hattest du ja noch 10 Euro für ein Eis auf dem Rückweg über, welches Du Dir ganz sicher verdient hattest.
Triathleten auf der MD sind ja nicht so lange unterwegs wie Du und brauchen daher danach auch nicht ein zweites und drittes Eis, da reicht ein dünnes Finisher Buffet :Lachanfall:
Eigentlich sollte man Deinen Bericht (deine Berichte) zur Pflichtlektüre vor der Anmeldung bei einem IM / Challenge Rennen machen.

Duafüxin
12.07.2013, 08:57
Moin Duafüxin und Dejo,

ich hätte dir, Duafüxin, gestern fast schon eine PN geschrieben, falls du ein Zimmer brauchst. Leider wäre es im Ortsteil Morkhoven, ca. 20 km von Kasterlee. Die Vermieterin ist super, und stellt dir notfalls auch nachts um 4 ein Frühstück auf den Tisch.


Nett, dass Du an mich gedacht hast :)

Dank Diver haben wir ja ne sehr urige Unterkunft, wo wir auch dieses Jahr wieder nächtigen möchten.
Vielleicht hänge ich unseren Vereinsschal von der Spielvereinigung Nds/Döhren vom Aufstieg in irgendne Klasse neben den St. Pauli-Wimpel :Lachen2:

Die Gedanken an eine Teilnahme an solchen Sachen streichen auch nur die oberen Wipfel meiner Träume. Ich weiss nicht, ob ich jemals die Traute haben werde ...

bellamartha
12.07.2013, 12:06
Dann noch ein 10. Highlight, gibt ja Leute hier, die bei krummen Zahlen leichte Beklemmungsgefühle bekommen ;)


Tatsächlich, so was gibt's? Da würde ja dem/derjenigen gefallen, dass ich in dieser Woche rein zufällig und ausnahmsweise beim Schwimmen immer ein paar extra Meter gemacht habe, um auf gerade Zahlen zu kommen... Fand ich gar nicht so schlecht...:Cheese:

Vielen Dank für den super Bericht!

LG
J.

BigWilly
12.07.2013, 12:39
Wenn ich diese Berichte so lese, erwische ich mich immer beim Tagträumen....

P-B-P oder L-E-L oder HH-B-K-HH....

Ich will sie alle fahren jetzt! UNd doch muss ich meine bessere Hälfte noch davon überzeugen, dass trotz Schlafmagel und Dunkelheit solche Fahrten spaßig und "ungefährlich" sind. Auch will sie noch nicht einsehen, dass das kein "Extrem" darstellt...:Lachanfall:

Hat einer nen Tipp, wie ich ihr das erklären kann?

jumaka
12.07.2013, 13:21
UNd doch muss ich meine bessere Hälfte noch davon überzeugen, dass trotz Schlafmagel und Dunkelheit solche Fahrten spaßig und "ungefährlich" sind. Auch will sie noch nicht einsehen, dass das kein "Extrem" darstellt...:Lachanfall:

Hat einer nen Tipp, wie ich ihr das erklären kann?

Also ich bin ja kein Randonneur, aber ich würde vermuten, dass Erklären da wohl nicht möglich sein, wird...
Wenn man selbst nicht so verrückt ist, kann man das wohl nie verstehen, ich würd eher auf liebevolle Akzeptanz setzen :Blumen: und entsprechende Ausgleichsveranstaltungen aushandeln ;)

Nordexpress
12.07.2013, 13:39
Hey Pioto,
tolle Tour. Viel Spaß bei LEL :Huhu:
(und grantl net immer so, wenn mal was ein paar euro kost...)


Wenn ich diese Berichte so lese, erwische ich mich immer beim Tagträumen....

P-B-P oder L-E-L oder HH-B-K-HH....

Ich will sie alle fahren jetzt! UNd doch muss ich meine bessere Hälfte noch davon überzeugen, dass trotz Schlafmagel und Dunkelheit solche Fahrten spaßig und "ungefährlich" sind. Auch will sie noch nicht einsehen, dass das kein "Extrem" darstellt...:Lachanfall:

Hat einer nen Tipp, wie ich ihr das erklären kann?

Kannste nicht, spar Dir die Mühe. Tausendmal probiert bei drei Damen, die selber nicht RR fahren und schon gar nicht mal ne Nacht durch.
und ehrlich sein: es ist sicher nicht "unextrem"

BigWilly
12.07.2013, 13:52
...
Kannste nicht, spar Dir die Mühe. Tausendmal probiert bei drei Damen, die selber nicht RR fahren und schon gar nicht mal ne Nacht durch.
und ehrlich sein: es ist sicher nicht "unextrem"

Mist, ich habe es befürchtet....:(

neonhelm
12.07.2013, 14:01
Wenn ich diese Berichte so lese, erwische ich mich immer beim Tagträumen....

P-B-P oder L-E-L oder HH-B-K-HH....

Ich will sie alle fahren jetzt! UNd doch muss ich meine bessere Hälfte noch davon überzeugen, dass trotz Schlafmagel und Dunkelheit solche Fahrten spaßig und "ungefährlich" sind. Auch will sie noch nicht einsehen, dass das kein "Extrem" darstellt...:Lachanfall:

Hat einer nen Tipp, wie ich ihr das erklären kann?

Sag einfach, das sie sich doch extra dich als coolen Typen geangelt hat und das coole Typen solche Sachen halt machen... Auch wenn sie's ungerne zugeben: Frauen wollen Helden! :cool:

pioto
12.07.2013, 14:21
Hat einer nen Tipp, wie ich ihr das erklären kann?

Ist zwar eigentlich ein trauriges Thema, aber ich denke, Brevetfahren ist weniger gefährlich als Triathlon, wenn ich die ganzen Todesfälle der letzten Jahre Revue passieren lasse :( (trotz deutlich höherer Teilnehmerzahlen versteht sich). Wobei letztes Jahr zwei Randonneure per Herzinfarkt dahin gerafft wurden und einer bei einem Unfall starb. Außerdem möchtest du ja Triathlon weiter machen, d.h. du darfst die Triathlons auch nicht schlecht machen.
Da hilft nur noch, dass du deiner Freundin durch deine Abwesenheit die nötigen Freiräume lässt, in denen sie sich auch selbst entfalten kann. Mit sowas könntest du durchkommen :)

Wie, nicht granteln, dass irgendwas was kostet :confused: Ich habe den Engländern die Story aufgetischt, dass mein Rahmen genau 1€ pro cm gekostet hat. Das fanden die sehr lustig. Inzwischen habe ich aber einen Poison Rahmen auf eBay erstanden, der war preislich nochmals deutlich attraktiver.

@bellamartha: ich glaube auch, dass du mit deinen Extrametern bei diesem spleenigen Forumsmitglied gewaltig gepunktet hättest. Machst du es eigentlich bei einem Marathon wie Aims und läufst 45 km :Cheese:

pioto
05.08.2013, 14:07
Letzte Woche war London-Edinburgh-London (http://de.londonedinburghlondon.com/).

Ein super Event, auf dessen Preis-Leistungs-Verhältnis ich noch mit der mir eigenen Penetranz eingehen werden :Cheese:

Leider wurde meine Kamera vor dem Start in einem der seltenen Regenschauer auf der Insel nass und funktionierte dann nicht mehr. Somit habe ich nur ein Foto von mir und dem Taxifahrer, der mich zum Start chauffierte. Muss dann meinen Bericht, der irgendwann nächste Woche hoffentlich kommen wird, mit fremdem Bildmaterial aufpeppen.

Soviel sei schon verraten: LEL muss man als Langstreckenfahrer schon mal gemacht haben, auch wenn die Straßenverhältnisse unter aller Sau sind. Dafür entschädigen einen das schlechte Wetter und das miese Essen :Liebe:

Stimmt natürlich nicht alles. Das Wetter war ziemlich gut und das Essen so la la...Mehr zu gegebener Zeit.

PS. Der Taxifahrer ist 1,44m groß :cool:

ironlollo
05.08.2013, 14:09
PS. Der Taxifahrer ist 1,44m groß :cool:

Hättest ja wenigstens Dein Profilbild nachstellen können :Lachen2:

bellamartha
05.08.2013, 14:14
Hey pioto,

das ist ein UNGAUBLICHES Foto!

Viele Grüße
J.

Duafüxin
05.08.2013, 14:17
Letzte Woche war London-Edinburgh-London (http://de.londonedinburghlondon.com/).

Ein super Event, auf dessen Preis-Leistungs-Verhältnis ich noch mit der mir eigenen Penetranz eingehen werden :Cheese:

Leider wurde meine Kamera vor dem Start in einem der seltenen Regenschauer auf der Insel nass und funktionierte dann nicht mehr. Somit habe ich nur ein Foto von mir und dem Taxifahrer, der mich zum Start chauffierte. Muss dann meinen Bericht, der irgendwann nächste Woche hoffentlich kommen wird, mit fremdem Bildmaterial aufpeppen.

Soviel sei schon verraten: LEL muss man als Langstreckenfahrer schon mal gemacht haben, auch wenn die Straßenverhältnisse unter aller Sau sind. Dafür entschädigen einen das schlechte Wetter und das miese Essen :Liebe:

Stimmt natürlich nicht alles. Das Wetter war ziemlich gut und das Essen so la la...Mehr zu gegebener Zeit.

PS. Der Taxifahrer ist 1,44m groß :cool:

Geil, freu mich schon auf nen Bericht!

Nordexpress
05.08.2013, 14:17
PS. Der Taxifahrer ist 1,44m groß :cool:

Haha, Du findest aber auch immer jemand für so ein Bild, oder?
von PBP gab's doch auch eins mit ein paar Damen...

Gute Erholung wünsch ich Dir.

jannjazz
05.08.2013, 14:52
Ich habe über fb schon den fitschigogeler begleitet, der virtuell seiner Frau beistand, die allein fuhr, weil er sich schwer verletzt hat. Um so mehr freue ich mich jetzt auf Deinen Bericht. Und für die Photos gilt: besser gut geklaut als schlecht selbst geschossen!

Duafüxin
05.08.2013, 14:55
Ich habe über fb schon den fitschigogeler begleitet, der virtuell seiner Frau beistand, die allein fuhr, weil er sich schwer verletzt hat. Um so mehr freue ich mich jetzt auf Deinen Bericht. Und für die Photos gilt: besser gut geklaut als schlecht selbst geschossen!

Was hat der denn gemacht? Wo ist der überhaupt der Fitsch?

Ich mach kein FB, deswegen die doofen Fragen hier.

Nordexpress
05.08.2013, 14:58
Ist vom Rad gefallen. Handgelenksfraktur und Schultereckgelenksprengung (oder so ähnlich), jeweils OP usw.
Ich glaub er wandert jetzt ersatzweise.

bellamartha
05.08.2013, 14:58
Was hat der denn gemacht? Wo ist der überhaupt der Fitsch?

Ich mach kein FB, deswegen die doofen Fragen hier.

Vermisst du Fitschi auch so?
Ich auch, deshalb hab ich ihm die Tage eine PN geschickt und mich gefreut, dass er rasch antwortete. Wie Jan schrieb, ist er aktuell leider nicht fit und wir hören hier keine Sportgeschichten von ihm.
Ich finde, er könnte sich ja trotzdem ruhig mal zu Wort melden.
Man muss doch keinen Sport machen, um hier mitzuspielen oder Arne?

Duafüxin
05.08.2013, 15:01
Ist vom Rad gefallen. Handgelenksfraktur und Schultereckgelenksprengung (oder so ähnlich), jeweils OP usw.
Ich glaub er wandert jetzt ersatzweise.

Ach Du Schei....!
Das hört sich ja übel an.

Vermisst du Fitschi auch so?
Ich auch, deshalb hab ich ihm die Tage eine PN geschickt und mich gefreut, dass er rasch antwortete. Wie Jan schrieb, ist er aktuell leider nicht fit und wir hören hier keine Sportgeschichten von ihm.
Ich finde, er könnte sich ja trotzdem ruhig mal zu Wort melden.
Man muss doch keinen Sport machen, um hier mitzuspielen oder Arne?

Ja, ich vermisse ihn. Er muss ja nicht mit sportlichen Heldentaten glänzen. Allein seine Schreibe würde mir schon reichen :liebe053:

harryhirsch77
05.08.2013, 15:04
Letzte Woche war London-Edinburgh-London (http://de.londonedinburghlondon.com/).


und das Essen so la la...



:Weinen: :Weinen: :Weinen:

pioto
05.08.2013, 16:34
:Weinen: :Weinen: :Weinen:

Den Stadtteil Wimbledon nehme ich explizit aus, da war alles tipptopp :) :Blumen: Und außerdem bezog ich mich ohnehin nur auf die eigentliche Veranstaltung.

Das mit Fitschi habe ich auch nur zufällig erfahren, als ich mich bei ihm erkundigte, ob alles nach Plan geht und er dann von den Knochenbrüchen berichtete. Erst hieß es: nur Handgelenk hinüber, drei Wochen später merkten die Herrschaften in weiß dann, dass die Schulter auch im Eimer ist. Er hat jetzt drei Monate Radverbot und muss somit auch die Tour in Südfrankreich Anfang September sausen lassen. :( Momentan scheint er wie unserer ehemaliger Bundespräsident Carstens unter die Wanderer gegangen zu sein. Fitschi, brich dir nicht auch noch die Hax'n!

Wer schon immer mal wissen wollte, mit welchen Rädern solche Touren gefahren werden - hier eine Auswahl (http://machacasonwheels.blogspot.co.uk/2013/07/the-bikes-of-london-edinburgh-london.html).

FMMT
05.08.2013, 19:41
Ach Du Schei....!
Das hört sich ja übel an.



Ja, ich vermisse ihn. Er muss ja nicht mit sportlichen Heldentaten glänzen. Allein seine Schreibe würde mir schon reichen :liebe053:

+1 Alles Gute :Blumen:
@ Pioto, klasse Bericht:Blumen: (leider erst jetzt gelesen:o )

fitschigogeler
05.08.2013, 21:14
@Pioto:

Du sollst meine Frau nicht von oben herab anquatschen...


19946

FMMT
05.08.2013, 21:19
@Pioto:

Du sollst meine Frau nicht von oben herab anquatschen...


19946

Ah, schön mal wieder was von Dir zu hören:liebe053: , nochmal gute Besserung :Blumen:

KernelPanic
05.08.2013, 21:23
Du sollst meine Frau nicht von oben herab anquatschen...

Der verlorene Sohn... :Blumen:
Gute Besserung, sagt Edith.

Cruiser
05.08.2013, 21:25
Wer schon immer mal wissen wollte, mit welchen Rädern solche Touren gefahren werden - hier eine Auswahl (http://machacasonwheels.blogspot.co.uk/2013/07/the-bikes-of-london-edinburgh-london.html).

Freaks :Cheese:

Das Konzept dieser langen Touren finde ich generell interessant.:)

pioto
05.08.2013, 21:25
@Pioto:

Du sollst meine Frau nicht von oben herab anquatschen...



Das war wie bei der Damenwahl. Ich wurde angesprochen O:-)

@FMMT: danke, habe zwar keine Ahnung, welchen Bericht du meinst, ist aber auch egal :Cheese:

Ironlollo hat schon Recht. Das wäre eine super Gelegenheit gewesen, das Avatar-Bildchen mal nachzustellen. Leider nicht dran gedacht.

soloagua
05.08.2013, 21:27
@Pioto:

Du sollst meine Frau nicht von oben herab anquatschen...


19946

:Lachanfall: :Lachanfall: :Lachanfall:
Auch ein nettes Bild!

Fitschi, ganz ganz gute Besserung!:bussi: Wir nehmen auch gerne Wanderberichte von Dir!

Und auf den Bericht von Pioto freue ich mich auch schon...
sogar meine bessere Hälfte findet diesen Fred inzwischen recht interessant und liest mit! Mit Triathlon selber hat er ja nix am Hut. Aber Eure Berichte werden für gut befunden!:)

pioto
05.08.2013, 21:28
Das Konzept dieser langen Touren finde ich generell interessant.:)

Da passieren des öfteren Dinge, die einem gar nicht ins Konzept passen ;)

sybenwurz
05.08.2013, 21:39
Das war wie bei der Damenwahl. Ich wurde angesprochen O:-)

Hihihi...:Lachanfall:


Fidschi, besser dich! Ich drück dir die Daumen.
Und wie andere schon geschrieben haben: Wanderbilder sind auch ok...:)

Cruiser
05.08.2013, 21:46
Da passieren des öfteren Dinge, die einem gar nicht ins Konzept passen ;)

Ja, das hat schon sehr viel Abenteuerliches, und wie ich schon mehrmals gelesen habe, spielt Improvisation auch eine große Rolle.

Schon ´ne tolle Sache.

harryhirsch77
05.08.2013, 22:04
Pioto: this is ultra cool! I want this!

http://3.bp.blogspot.com/-lwgFdwU2uZ0/UfbmWifCPiI/AAAAAAAADVA/n_1YZ1Mz3dg/s640/LEL+2013+140.jpg

Decke Pitter
06.08.2013, 08:02
Pioto: this is ultra cool! I want this!

http://3.bp.blogspot.com/-lwgFdwU2uZ0/UfbmWifCPiI/AAAAAAAADVA/n_1YZ1Mz3dg/s640/LEL+2013+140.jpg

Die Startnummer vorne im Laufrad befestigt...

:Blumen: for the owner of this fancy bike!

Edit:
@fitschi: Gute Genesung!
@pioto: Bin auf deinen Bericht gespannt!

Duafüxin
06.08.2013, 08:21
Fidschi, gute Besserung und wie Solo schon schrub, Wanderberichte werden auch gelesen :Lachen2:

pioto
06.08.2013, 08:40
sogar meine bessere Hälfte findet diesen Fred inzwischen recht interessant und liest mit! Mit Triathlon selber hat er ja nix am Hut. Aber Eure Berichte werden für gut befunden!:)

Was heißt hier "recht interessant". Das ist ein Topfred hier :Cheese:

@Harry: es gab schon ausgefallene Räder zu bestaunen, auch mit schönen Accessoires wie das von dir verlinkte. Leider ist dein Parkplatz schon voll, wirst also entweder ein Rad verkaufen oder ein anderes Zimmer hernehmen müssen.

@cruiser&mandarine: am 4.September ist die nächste Veranstaltung in Südfrankreich. 1000er Schleife u.a. auch durch Embrun. Da könnt ihr eure Abenteuerlust stillen. Der TGV fährt ab FFM bis fast zum Start. Details gerne per PN.

HobbyStudent
06.08.2013, 11:08
Was heißt hier "recht interessant". Das ist ein Topfred hier :Cheese:

@Harry: es gab schon ausgefallene Räder zu bestaunen, auch mit schönen Accessoires wie das von dir verlinkte. Leider ist dein Parkplatz schon voll, wirst also entweder ein Rad verkaufen oder ein anderes Zimmer hernehmen müssen.

@cruiser&mandarine: am 4.September ist die nächste Veranstaltung in Südfrankreich. 1000er Schleife u.a. auch durch Embrun. Da könnt ihr eure Abenteuerlust stillen. Der TGV fährt ab FFM bis fast zum Start. Details gerne per PN.

gib mir mal ein paar Details bitte, ich fahr am 5.09. los, durch Südfrankreich richtung Iberien.
Grüße

Nordexpress
06.08.2013, 11:09
Ich bin so frei: https://sites.google.com/site/le1000dusud/

Eins der geilsten Brevets, die ich bisher gefahren bin.

fitschigogeler
06.08.2013, 18:24
Eins der geilsten Brevets, die ich bisher gefahren bin.

Jaja, Grmbl...


Morgen wird endlich die verhagelte Windschutzscheibe meines Boliden repariert. Für die Wartezeit hab ich mir grad nen 40-km-Marsch über die Schwäbische Alb zusammengeklickt.

Jämmerlich :(

Nordexpress
07.08.2013, 08:10
Jaja, Grmbl...

Grmbl net rum, des wird scho wieder.
Ich schiel schon auf's nächste Jahr, da muss wieder was gehen. Dieses Jahr nur Katastrophe... net mal HH-B ist machbar.

DEJO
07.08.2013, 08:38
Ich bin so frei: https://sites.google.com/site/le1000dusud/

Eins der geilsten Brevets, die ich bisher gefahren bin.

Oha -- das sieht wahrlich verlockend aus :)
Wieviel starten denn da so ungefähr ?

Nordexpress
07.08.2013, 08:43
Oha -- das sieht wahrlich verlockend aus :)
Wieviel starten denn da so ungefähr ?

40-50 würd ich sagen
Es gibt 'n nettes Video von 2012, da kannst Dir nen Eindruck verschaffen.
http://www.youtube.com/watch?v=wNNZBfObBbw&feature=youtu.be

pioto
07.08.2013, 08:44
Oha -- das sieht wahrlich verlockend aus :)
Wieviel starten denn da so ungefähr ?

Moin,

so um die 60 Leute würde ich dieses Jahr dort am Start vermuten. Neulich waren 51 auf der Startliste.

DEJO
07.08.2013, 11:59
40-50 würd ich sagen
Es gibt 'n nettes Video von 2012, da kannst Dir nen Eindruck verschaffen.
http://www.youtube.com/watch?v=wNNZBfObBbw&feature=youtu.be

Sehr schön ! Kurze Passagen erkannt (Nesque Schlucht) und natürlich den kleine Pioto ;)

pioto
08.08.2013, 17:45
Schneller, höher, weiter...

so lautet das Olympische Motto. Da es in meinem fortgeschrittenen Alter weder mit „schneller“ noch mit „höher“ viel werden wird, habe ich mich auf das „weiter“ verlegt und bin inzwischen bei 1400 km angekommen. Oder genauer: 1418 km vom nördlichen Stadtrand Londons bis in die Außenbezirke von Edinburgh und dann wieder auf großteils gleicher Strecke retour nach London.

Zeitvorgabe: max. 116h 40 min, was einem Schnitt von ca. 12 km/h brutto entspricht. Dies ist noch etwas langsamer als bei anderen Langstreckenbrevets wie Paris-Brest-Paris (PBP), wo ein Schnitt von 13,3 km/h geschafft werden muss. Aber erstens ist London-Edinburgh-London, ich vergaß ganz, den Namen zu erwähnen, 200 km länger als das bekanntere Pendant in Frankreich und zweitens auch um einiges schwerer zu fahren, denn die Anstiege sind m.E. doch erheblich anspruchsvoller und etliche davon auch richtig lang.

Am Samstag, den 27.7. musste man sich für das Event registrieren, also Anreise an diesem Tag per Flieger mit der Luxusairline Easyjet, bekannt für ihren guten Bodenservice, der aus zwei geöffneten Schaltern bestand, die für die drei zeitgleich abgehenden Flüge ab München großzügigerweise geöffnet wurden. In der gewaltigen Schlange fanden sich noch zwei weitere Randonneure, was in mir sofort Pläne für eine Taxisymbiose am Zielflughafen auslöste. Zumal sich etwas später noch ein vierter Kollege zu erkennen gab. Der langsamen Abfertigung zum Trotz klappte alles leidlich und mit 30-minütiger Verspätung starteten wir Richtung London, wo unsere Gruppe sich erst per Bus dem Ziel annäherte und für die letzten 15 km zwei Taxis teilte.

Am Startort herrschte bereits reges Treiben, überall wurden Räder zusammen geschraubt und getestet und letzte Feinarbeit geleistet. Schon bald war ich von meinem - wie es die anderen deutschen Randonneure später nannten - taiwanesischen Fanclub umringt, mit dem ich im Ziel bei PBP auch kurz geplaudert hatte und die entzückt waren, mich wiederzutreffen. Meine strenge Ermahnung, dass die versprochenen Fotos bis heute nicht angekommen seien, wurde mit einem seltenen asiatischen Lächeln quittiert und ich musste meine eMail-Adresse in das ansonsten komplett chinesische Handy eingeben. Bin gespannt, ob man von denen je wieder etwas hört. Es waren sicher um die fünfzehn mir persönlich bekannte Teilnehmer aus Deutschland und anderswo vor Ort, sodass man sich gleich menschlich angesprochen fühlte.

https://lh4.googleusercontent.com/-IjewRjknbEU/UfZGSSi8ubI/AAAAAAAABio/oUqUWR9GynQ/s640/_LYP2562.jpg
Hier gibt's nicht nur geschniegelte Triathleten, sondern echte Männer!

Vor der eigentlichen Tour findet noch ein fakultativer Prolog durch den Stadtkern von London zum Startort statt. Diese Einführungsetappe wollte ich unbedingt fahren, da man nicht allzu oft im Leben die Gelegenheit haben wird, am Sonntag Morgen durch ein fast verkehrsfreies London fahren zu können. Soweit die Theorie. Da im Prolog über 30 km zu bewältigen sind, ist es nicht sinnvoll, am eigentlichen Startort zu übernachten, sondern lieber in Citynähe. Da hatte ich im Vorfeld zu einem netten jungen Mann namens Harryhirsch77, einem ausgewiesenen Kenner der englischen Pubszene, Kontakt geknüpft und bin bei ihm im schönen Stadtteil Wimbledon untergekommen. Leider leistete ich mir einen ziemlichen Navigationslapsus und stieg bei strömendem Regen zwei Stationen zu früh aus der U-Bahn, was neben dem temporären Ableben meiner Kamera auch völlig durchnässte Klamotten am Körper und im Rucksack zur Folge hatte. Am Pub „The Leatherbottle“ rief ich HH77 an, und er führte mich in seine schöne Wohnung gleich um die Ecke, wo er sich umgehend in der Küche mächtig ins Zeug legte, um mir meinen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Nach einem Glas Bier und etwas Curry mit Reis bzw. einem Burger für HH77 ging es aus besagtem Pub zurück in sein Apartment, wo wir noch einige Zeit über Brevets fachsimpelten, bevor die Nachtruhe eingeläutet wurde, nicht ohne HH77s klare Ansage, dass er selbstverständlich um 4.30 Uhr aufstehen und mir ein Frühstück auf den Tisch stellen würde. Als ich um 4.45 Uhr die Küche betrat, stand bereits ein Teller mit 3 Spiegeleiern an meinem Platz, Haferbrei plus diverse Toasts und vieles mehr. HH77, nochmals herzlichen Dank für die geniale Unterkunft und tolle Bewirtung. Leider musste ich mich etwas sputen, denn um 5.45 Uhr war Treffpunkt auf „The Mall“, das ist die rote Straße, die direkt auf den Buckingham Palace zuführt. Da meine auf Papier ausgedruckte Wegbeschreibung dorthin leider den Unbilden des Wetters zum Opfer gefallen war, malte mir HH77 einen Plan auf ein A4-Blatt, natürlich genau maßstabsgetreu. Erst über winkelige Straßen ging es schon bald geradeaus auf die Themse zu und von dort die endlose Fulham Road hinunter. Mit hechelnder Zunge kam ich nach einigen Umwegen um 5.45 Uhr am Treffpunkt an, wo bereits 300 weitere Teilnehmer auf den Start warteten.

Nachdem der Veranstalter einige Fotos aufgenommen hatte, erfolgte um kurz nach 6 Uhr (meine Eile war völlig unnötig gewesen) der Start zu einer ziemlich ätzenden Tour durch die Stadt. Leider waren nur Westminster Abbey, Parlamentsgebäude, Big Ben-Turm (ich weiß, die Glocke heißt so) und der gute olle Nelson am Trafalgar Square zu sehen, und noch St.Paul's. Aber keine Towerbrücke und andere interessante Sehenswürdigkeiten. Halt, das Riesenrad London Eye war auch kurz erkennbar. Trotzdem: das Ganze entwickelte sich zu einem chaotischen Spurt von Ampel zu Ampel. Wir hatten keine grüne Welle und waren schon bald auf 8 oder 10 Gruppen verteilt, mussten wegen gesperrter Straßen über Gehwege fahren. Not my cup of tea. Zum Glück sind 30 km nicht so weit und um 7.45 Uhr waren wir am Start, wo es ein (für mich zweites) Frühstück gab, denn um 8.15 Uhr war für mich der Startschuss zur „richtigen Tour“.

https://lh6.googleusercontent.com/-B3RFUTfAvQE/UfZfHyZ8FjI/AAAAAAAACZ4/rlWeepxDAPY/s1024/_LYP1841.jpg
Prolog: alle möglichen und unmöglichen Räder sind vertreten. W15 schaffte es leider nicht ins Ziel. Sein Rad hat die Besonderheit, dass man für eine kleinere Entfaltung bergauf rückwärts treten kann. Wenn man's denn überhaupt kann...

Im Startbereich wurde ich von einer Frau um die 40 von unten angequatscht, Frau Fitschigogeler. Wir bedauerten beide den Umstand, dass ihr werter Gatte durch einen Fahrradunfall aktuell unpässlich war und derzeit nur für Wanderungen zur Verfügung steht. Mitten im Gespräch fuhren die anderen auch schon los, das Brevet hatte begonnen. Wie immer schlugen einige Fahrer direkt ein ziemliches Tempo an und waren schon bald außer Sichtweite, aber im Großen und Ganzen wurde, der langen Strecke angemessen, gesittet gestartet. Über hügeliges Terrain fuhren wir durch die Vororte von London Richtung Norden und der ersten Kontrolle St. Ives nach 99 km. Das Wetter hätte nicht besser sein können. Nach 20-30 km plötzlich ein ziemliches Radfahrerchaos auf der Straße: wir waren mitten in die RTF London-Cambridge hinein geraten. In Viererreihe wälzte sich ein fetter Wurm über die linke Seite der englischen Landstraße, bis zum Glück ein Helfer der RTF rief: Cambrige right, Edinburgh left. Ab da hatten wir unsere Ruhe.

Ich war wie so oft (in der Anfangsphase wohlgemerkt) mit Horst S. unterwegs, der bei Tempo 35 (wir hatten auf dem ganzen Hinweg einen schönen Rücken- und auf der Rückfahrt entsprechend Gegenwind) peinlich auf einen zweistelligen Puls achtete. Mit ihm fuhr ich bis zur ersten Kontrollstelle, wo wir stempelten, gemütlich aßen, etwas Wegzehrung aufnahmen und zur nächsten Kontrollstelle aufbrachen. Die Strecke wurde jetzt schon langsam flacher, und wir wussten, dass uns insgesamt 150 km mit nur 300 HM erwarteten. Beste Verhältnisse für Drücker wie Horst und mich. Vor allem auch beste Verhältnisse, um über die Verhältnisse zu fahren. Für die nächsten 81 km nach Kirton (km 180) brauchten wir nicht lange, schätze 2:30h netto. Dann der erste Fehler, der mich später Zeit kosten würde: die Kontrolle ist gesteckt voll, man müsste 30 min. anstehen, um etwas zum Essen zu bekommen. Wir entscheiden uns für eine schnelle Suppe und verzehren diese in der Turnhalle, wo eine komplette Kapelle mit Blasmusik und eigenwilligen Interpretationen älterer Hits für Stimmung zu sorgen versucht. Mir scheint zunächst, als hätte die Suppe zum Stillen des Hungers gereicht, aber viel später
merke ich, dass ich zu wenig gefuttert habe.

https://lh6.googleusercontent.com/-_TWaHNBFKUE/UfZNaLt7SMI/AAAAAAAABxg/lcaHr0XXC-I/s640/_LYP2725.jpg
Typische Verpflegungsstelle

Durch den vergleichsweise kurzen Stopp haben wir etliche Leute hinter uns gelassen und können uns auf eine einigermaßen leere Kontrollstelle in Market Rasen (km 246) freuen. Einigermaßen erstaunt sind wir, die nun wirklich nicht viel Zeit verplempert hatten und immer zügig gefahren waren, als Gerhard P., ebenfalls Osterdorfer Fahrer, im Rückspiegel auftaucht, was bedeutet, dass er uns bereits eine Stunde aufgebrummt hat. Wie ging das bitte?!? In Market Rasen scheint man leider auf Gäste nur bedingt eingerichtet zu sein. Menü 1 ist bei unserer Ankunft vergriffen, Menü 2 heißt Fish und Chips. Das nehme ich. Es gibt ein
schönes Stück Fisch, mit 15 kleinen Pommes Frites. Hallo!?! Ich frage nach, ob es eventuell möglich wäre, ein paar Kartoffeln extra zu bekommen. Nee, ist es nicht. Ziemlich enttäuschend. Ich esse wieder am unteren Limit, nehme mir noch eine Kleinigkeit für unterwegs mit und: jetzt regnet es zum ersten Mal. Wir warten den Schauer ab und fahren nach wenigen Minuten in passablem Wetter weiter. Wir sind inzwischen zu viert, alles langjährige Randonneure aus Osterdorf, auch Jörg K. auf seinem Fixie leistet uns Gesellschaft und berichtet von seiner Fahrt vor vier Jahren, als er als Erster im Ziel war (einen Schnellsten gibt es bei Brevets offiziell nicht). Die Straßenverhältnisse werden Richtung Pocklington (km 338) immer schlechter. Wir fahren durch eine Pfütze mit 20 cm Tiefe, 10 m Breite und 40 m Länge. Immer häufiger liegen Kies und Matsch auf der Fahrbahn. Zum Glück ist es noch hell, denn man möchte sich gar nicht ausmalen, was in der Dunkelheit so alles passieren könnte.

Ich bin bei km 300 in einem fetten Hungerast und sage den anderen, dass ich das Tempo nicht mehr halten kann. Die Einkehr in einem Pub für ein Radler (Alster) und ein Cola, von dem ich seit einer guten Stunde träume, wird jetzt immer konkreter. Nach einer steilen Abfahrt, saugefährlich mit kiloweise Kies und Dreck auf der Fahrbahn kehre ich in einem Pub ein. Sehr empfehlenswerter Laden mit netten Gästen. Wir bespaßen uns dort gut 20 Minuten auf das Trefflichste, dann nehme ich die Verfolgung meiner Gruppe wieder auf. Um 21.45 Uhr komme ich in Pocklington an, wo die anderen gerade mit dem Essen fertig sind und bald aufbrechen wollen. Ich esse ebenfalls, entscheide mich aber dafür, schon hier zu schlafen. Ich lege mich für gut 3h in die Turnhalle, wo außer mir nur 15 Figuren auf Luftmatratzen liegen. Ohrenstöpsel und Schlafbrille leisten gute Dienste, ich befinde mich für 3h im Tiefschlaf. Als ich gegen 2:30 Uhr geweckt werde, ist die Turnhalle komplett voll, was bedeutet, dass während meines Nickerchens 250 weitere Leute dazu gekommen sind. In der Kantine frühstücke ich ausgiebig und sehe eine Schlange von weiteren 10 Leuten, für die momentan keine Matratze zur Verfügung steht.

Gut erholt fahre ich weiter, es ist trocken, die Straßen vorläufig in Ordnung. Das ändert sich jedoch schon wenig später: kleinste Straßen mit ständigen Richtungswechseln und jeder Menge Schlaglöchern erschweren die Fahrt. Dann ein Schild: 17% Gefälle. Ich denke mir noch: „Häh, das sind doch höchstens 8%“, als es plötzlich fast senkrecht nach unten geht, und zwar im dunklen Wald. Ganz unten scheint eine Kurve zu sein, schwer zu erkennen. Ich höre einen Warnruf „slow down, slow down“ was mir einen evtl. Sturz erspart hat, denn unten in der 90 Grad Biegung steht ein englischer Fahrer, der diese Kurve nicht erwischt hat, sondern mitten in einen riesigen Heuballen hineingerauscht war. Hüft- und Rippenprellung, blaue Flecken, bisschen Tapete runter - das Übliche. Er wartet auf den Sonnenaufgang, um sein ramponiertes Hinterrad provisorisch zu zentrieren und es so zur nächsten Kontrollstelle zu schaffen. Besonders perfide an dieser Kurve war, dass eine schmierige Mischung aus nassem Sand und Kies ganz außen kaum Haftung ermöglichte. Ich höre später, dass einige in dieser Kurve geradeaus gefahren sind. Warum dort kein Warnschild stand, ist mir unverständlich!

Von hinten fährt irgendwann Manuel J. auf mich auf, ebenfalls ein Bekannter aus Osterdorf. Mit ihm fahre ich ein gutes Stück. Er testet auf diesem Abschnitt, ob ein iPhone noch funktioniert, wenn es bei Tempo 35 vom Rad auf den Asphalt fällt. In seinem Fall ging das Telefon tatsächlich noch. Manuels Tempo ist mir auf Dauer doch zu hoch, und er verabschiedet sich nach vorne. Ich würde ihn allerdings noch des öfteren unterwegs treffen.

Für den zweiten Tag habe ich mir eine neue Schlafstrategie ausgedacht: nach jeder Mahlzeit 10-15 Minuten Powernapping, um die größte Müdigkeit zu vertreiben. Diese Methode bewährt sich ganz ausgezeichnet, ebenso wie der Umstieg auf Milch als Getränk in den Verpflegungsstationen. Ab hier versuche ich in jeder „Labe“ (ich liebe dieses Wort) einen Liter Milch zu trinken. Auch wenn Ernährungsexperten wie pinkpoison auf dieses Getränk schimpfen: es enthält jede Menge Eiweiß und auch Kohlenhydrate und ist für mich super verträglich. Bis ins Ziel trinke ich ab hier schätzungsweise 10 Liter dieses köstlichen Getränks, teils unter heftigem Kopfschütteln und ungläubigem Staunen der freiwilligen Helfer.

In Barnard Castle (km 468) treffe ich Martin aus dem Flugzeug wieder. Er hat Probleme mit der Navigation und möchte ungern alleine weiter fahren. Somit beschließen wir, gemeinsame Sache zu machen. Es folgt der längste Anstieg der gesamten Tour, nämlich über Yad Moss, das legendäre hochalpine englische Skigebiet, nach Alston. Nicht steil, aber doch sehr lang. Schon nach etwa einer halben Stunde überkommt Martin die Müdigkeit, was ich aber nicht ganz mitkriege. Ich warte 10 Minuten auf ihn, aber er bleibt verschollen. Somit fahre ich alleine weiter Richtung Brampton (km 550), die m.E. beste Kontrollstelle überhaupt. Steckdosen für das Navi, super Essen, Milch, frisches Obst und Riegel, alles da. So lässt es sich aushalten. Also Essen und Powernap. Martin trudelt inzwischen auch ein, er musste sich ein Viertelstündchen neben der Straße hinlegen, war plötzlich müde geworden.

http://www.aukadia.net/pix/moffat1.jpg
Ja, ist denn jetzt schon Nikolaus?

Auf dem Programm steht nun die nächste Etappe nach Moffat (km 624). Eine nicht gerade attraktive Strecke auf größeren Straßen, aber Spaß macht sie trotzdem, denn mir geht es jetzt blendend und ich fahre mit Martin locker an einer Gruppe von ca. 8 Leuten vorbei. Ein Teil hängt sich rein und bleibt dran, nach Lockerbie (ja, das mit PanAm) fahren wir in dieser ca. 10er Gruppe bis Moffat. Tempo immer schön 40 km/h bei Rückenwind. Ich hätte noch Stunden so weiter fahren können - das denkt man zumindest immer - leider kommt die Kontrolle. Es sind noch 81 km bis Edinburgh, und jetzt erwartet und ein weiterer längerer Anstieg mit ca. 250 Höhenmetern.

Die Helfer in Moffat berichten uns von einem sintflutartigen Regenschauer eine Stunde zuvor, den wir somit genau verpasst haben. Wir erfreuen uns an schönstem schottischen Sommerwetter und brechen nach 45 min. Rast gen Wendepunkt auf. Es folgt einer der schönsten Abschnitte durchs schottische Mittelgebirge: erst 11 km leicht bergan zur „Devil’s Beeftub“ und anschließend durch ein ca. 30 km langes Tal. Wir sind immer knapp vor dem Regen dran, maximal tröpfelt es ein bisschen. Die Fahrt durch die Vororte und zur Kontrollstelle bei Edinburgh (km 705) ist nicht gerade übersichtlich und alles andere als flach (Edinburgh ist wie Rom auf sieben Hügeln erbaut worden, las ich irgendwo). Um 23.00 Uhr ca. sind wir in Edinburgh und ich würde am liebsten direkt weiterfahren, weil's mir super geht. Martin jedoch möchte mehrere Stunden schlafen. Ich erkundige mich bei 3 oder 4 Leuten, ob es in der nächsten Kontrollstelle eine Schlafmöglichkeit gibt. Alle verneinen dies, obwohl ich in der Ausschreibung davon gelesen zu haben meine. Ich entschließe mich für einen Kurzbesuch des Matratzenlagers (30 min.). Trotz dieses kurzen Schlafpäuschens fühle ich mich ganz gut, treffe noch 2-3 Bekannte im Speisesaal, mit denen ich mich kurz unterhalte. Auch Teile meines taiwanesischen Fanclubs sind vor Ort, und machen, eigentlich ganz untypisch für Asiaten, von allem und jedem Fotos. Das Wetter ist trocken, und so breche ich in die Nacht auf zu einer hügeligen Etappe ins 42 km entfernte Traquair (km 747).

Teil 2 in Kürze

pioto
08.08.2013, 17:55
London - Edinburgh - London
Teil 2:

Nach einer längeren Abfahrt folgen einige üble kurze Stiche und eine ziemlich nervende Fahrt durch diverse Wohngebiete. Hier erblicke ich auch eine der ca. 10 Tankstellen, die ich auf der ganzen Strecke zähle. Wo tanken die Briten eigentlich, frage ich mich. Genau wie in Frankreich oder im Schweizer Jura? Der jetzt folgende längere Anstieg wird für mich sehr unangenehm. Die Müdigkeit schlägt plötzlich voll durch. Ich kann das Rad kaum gerade auf der Straße halten, schiebe zwischendurch mal 500m, um wieder wacher zu werden. Richtig helfen tut dies nicht. Nach endlosen 3h+ und einer wegen Übermüdung lebensgefährlichen Abfahrt zur Kontrolle komme ich gegen 4.15 Uhr (?) in der Kontrolle Traquair an.

Ich staune nicht schlecht, als dort wieder Bekannte aus Osterdorf sitzen, die ich bisher noch nicht gesehen hatte. Uwe S., seines Zeichens Finisher eines 20fachen Ironman und sein mir namentlich nicht bekannter Kumpel hocken bei einer Tasse Kaffee zusammen und bereiten sich auf ihre Abfahrt vor. Beide fallen vor Lachen fast vom Stuhl. Die nächtlichen Stunden eines Brevets haben schon etwas Surreales und Komisches. In der Kontrollstelle ist ein riesiges Kuchenbüfett aufgebaut, dass wohl selbst die 1000 Starter kaum knacken werden. Lust auf den Kuchen verspüre ich nicht, aber ich verdrücke trotzdem ein Stück, damit nicht so viel übrig bleibt. Traquair ist die für den dort angebotenen Malt Whisky bekannte Kontrolle, die, wie ich schon sehr bald feststelle, DOCH über Betten verfügt, wenn auch nur wenige. Aber die sind alle frei. Wenn, aber, hätte. Ich entscheide mich für ein weiteres Ruhepäuschen von 45 min. und denke mir, dass ich auf diesem Abschnitt wegen schlechter Informationspolitik richtig Zeit liegengelassen habe. 3h am Stück pennen wären schon fein gewesen.

Als ich nach 45 min. Nirwana wieder aufstehe, sehe ich Manuel beim Frühstück, neben ihm eine Truppe aus vier Norddeutschen, mit denen er gerne weiter fahren möchte. Ich schließe mich an, auch wenn ein Plattfuß die Abfahrt erst einmal kurz verzögert. Von Traquair geht es erst einmal ein gutes Stück (ca. 200 HM?) bergauf, und die Truppe kommt sehr unterschiedlich in Schwung. Oben warten wir auf zwei Fahrer, und Manuel beschließt, mit einem Schweden alleine weiter zu fahren. Wir folgen auf einer langen Abfahrt und welligem Terrain mit geringem Abstand und erreichen schon bald Eskdalemuir (km 794) eine weitere sehr kleine Kontrolle, die verhindern soll, dass über ein Flachstück Richtung Heimat abgekürzt wird. Eine top Verpflegungsstation mit Zwiebelpasteten, Suppe, Milch, erstmals auch käuflich erwerblicher Cola u.v.m. Dort werden aus geplanten 20 doch mal schnell 40 Minuten, weil's so gut mundet.

Schließlich machen wir uns in der Fünfergruppe auf nach Brampton (km 851), die wie schon erwähnt beste Kontrollstation. Dort freuen sich einige auf ihre Dusche und die dort deponierten Klamotten (jeder Starter konnte zwei „Wechselbeutel“ unterwegs deponieren lassen). Ich mache mir nicht viel aus Duschen unterwegs, lieber nutze ich die Zeit zum Schlafen und Essen. Also Ranzen vollhauen, den obligatorischen Liter Milch trinken, Riegelkontingent nachfüllen, und ab dort versuchte ich immer, 2 Äpfel mitzunehmen, für den kleinen Hunger unterwegs. 1 Apfel alle 25-30km reicht, um von Labe zu Labe zu überleben und dort dann wieder richtig zuzuschlagen.
In Brampton treffe ich noch meinen Spezl Roger und dessen Kumpel Stefan. Beide waren in einem Höllentempo Richtung Norden gefahren, mussten aber aufgrund von Stefans Knieproblemen für die Rückfahrt zwei Gänge zurück schalten. Roger macht sich abreisefertig, stopft die insgesamt sechs Taschen seiner beiden Radtrikots randvoll, um schließlich festzustellen, dass die Träger der Radhose noch um den Hintern herum baumeln. Kommando zurück und alles nochmals von vorne. Aber trotz Knieschmerzen und Schwierigkeiten mit der Ausrüstung kommen die beiden noch schneller vorwärts als unsere Truppe.

https://lh6.googleusercontent.com/-3eBQB1qJXz4/Ufp-y0W42dI/AAAAAAAAEDI/cXSwfFSyOUU/s720/P1040830.jpg
Der sog. Bagdrop einmal wörtlich. Man hatte die Möglichkeit, zwei Taschen unterwegs zu deponieren, für frische Kleidung, Nahrung etc. Eigentlich bei Randonneuren verpönt, einen nutzte ich selbst. Kann ich aber auch gut drauf verzichten.


Wer hat eigentlich jetzt noch Lust, diese beknackte Mischung aus Radfahren, Essen und Schlafen weiter zu verfolgen? Vermutlich niemand. Ich schreibe trotzdem für meine eigene Erinnerung weiter.


Von Brampton aus schließt sich schon bald die zweite Überquerung von Yad Moss mit etlichen 100 Höhenmetern an. Es beginnt in Alston mit einem >20% Kopfsteinpflaster auf ca. 300m, das ich lieber hochschob, und setzt sich anfangs steil, dann abflachend über viele Kilometer fort. Die Straße ist mit überfahrenen Kaninchen und Vögeln übersät, hin und wieder grüßt ein totes Schaf am Fahrbahnrand. Wirklich auffallend die hohe Anzahl überfahrener Kleintiere in Nordengland und Schottland, scheint deutlich mehr davon zu geben als in Deutschland. Ich rechne damit, dass am Ende der schönen Abfahrt die nächste Kontrolle auf uns wartet und bin schockiert zu hören, dass es noch über 30 km nach Barnard Castle (km 933) sind.

Tolles Bild von Randonneur-Urgestein Ivo Miesen bei Yad Moss. Bei uns sah's leider nicht ganz so spektakulär aus:
http://fotoalbum.dds.nl/ivo_m/lel2013short/medium/IMGP4887.jpg

Freundlicherweise hat der Veranstalter eine Ortsdurchfahrt durch das wirklich sehenswerte Zentrum gelegt, und dabei genussvoll einen 200m langen >15%er eingebaut. Da kommt Freude auf. Zum Glück für den geneigten Leser kann ich mich an wenig Details dieses Abschnitts erinnern, und so weiß ich nicht mehr, ob mich ein Auto mit extrabreitem Anhänger hier oder in Thirsk (km 1000) beinahe ins Jenseits befördert hätte. Da fehlten nur wenige Zentimeter. Jedenfalls war die Gruppe immer noch größtenteils zusammen, was das Fahren kurzweiliger machte. Teilweise kann man sich alleine nur schwer zum Weiterfahren motivieren, aber wenn man sieht, dass andere auch fahren, fährt man mit oder hinterher.

http://fotoalbum.dds.nl/ivo_m/lel2013short/medium/IMGP2919.jpg
Noch ein Bild von Ivo Miesen: Howard Castle, man fährt mitten durch eine Schlossanlage hindurch. Ich leider beide Male in der Dunkelheit.

Bei km 1063 erreichen wir mitten in der Nacht Pocklington. Die kleinen verwinkelten Straßen kurz vor der Kontrolle nötigten mir eine Dauerschimpftirade von wenigstens 30 Minuten ab. Ständig ging es steil bergauf und bergab, ein Regenschauer zwang uns zu einem Stopp und wenn ich eins gelernt habe, dann ist es, sich in England bei einem Schauer unterzustellen. Nach 10 Minuten war der Spuk auch dieses Mal wieder vorbei. Zurück zu Pocklington: im an der Decke montierten Fernseher läuft passenderweise „Einer flog über das Kuckucksnest“ ob Absicht oder nicht, keine Ahnung. Jedenfalls passt Mancinis „Ich bin müde“ wie der Arsch auf den Eimer, was mir trotz aller Müdigkeit ein Schmunzeln abnötigt. Wir vereinbaren, ca. 3h zu schlafen und gegen 5 Uhr abzufahren. Noch rechnen wir damit, bis Mitternacht im Ziel zu sein, was für 350 km durchaus realistisch zu sein scheint.

Auf also nach Market Rasen (km 1153). Als wir ankommen, herrschen ähnliche Verhältnisse wie auf dem Hinweg. Nix zu essen da. 3 Croissants sind noch übrig, die streng rationiert werden. Dann erlebe ich die einzige unfreundliche Person der gesamten Veranstaltung: der ca. 1,60m große Küchenchef pöbelt Fahrer und Mitarbeiter im Akkord an. Er fragt mich, ob ich eine Suppe möchte. Ich bejahe dies. Er sagt mir: „Fünf Minuten“. Nach 20 Sekunden kommt er: „Fertig“. Ich entgegne: „Oh, schön, das waren die schnellsten 5 Minuten meines Lebens“. Er pflaumt mich an „Willst du die Suppe jetzt oder nicht? Ich habe nicht ewig Zeit, mit dir rumzustreiten“...Nun ja. Ich dachte, dass es vielleicht meine Müdigkeit ist, aber dann schimpft er wahllos zwei oder drei Mitarbeiter wegen nichtiger Vergehen bei der Küchenarbeit aus, um später nochmals zu mir zurückkommen und meinen Nachschlag mit ein paar Frechheiten zu kommentieren. Das englische Radsport-Forum ist voll mit negativen Bemerkungen über diese eine Kanaille.

Suboptimal gestärkt setzen wir, inzwischen zum Trio Thomas, Henning und ich dezimiert, die Fahrt nach Kirton (km 1219) fort. Wir liegen seit geraumer Zeit ca. an Position 120 von 1000 Startern und zu diesem Zeitpunkt verschiebt sich nicht mehr viel. Es kommt eine lange Fahrt an einem Kanal entlang, eine Mischung aus Elbdeich und Loiretal, und erstmals regnet es 2h am Stück, bzw. fast, denn meine Begleiter ziehen mehrmals die Regenjacken an und aus. Ich habe noch nie den Sinn von Regenjacken verstanden, somit verschwende ich damit auch keine Zeit. Nass wird man ohnehin, wenn's warm ist, macht mir die Nässe nix aus. Bei Kälte ist's was anderes, schon klar. Die Fahrt plätschert vergleichsweise ereignislos durch den langweiligsten, komplett flachen Streckenabschnitt vor sich hin. Mir ist das so trotzdem Recht, ich bin zu diesem Zeitpunkt an Steigungen und sonstigen vermeintlichen Highlights nicht sonderlich interessiert.

https://lh4.googleusercontent.com/-GY_Ig2WCZ7g/UfZUXw2K3jI/AAAAAAAACBw/eYLkSq02RlM/s1024/_LYP2897.jpg
Deutsche Kollegin in ihrem Velomobil am Kanal

In der Nähe sehen wir einen französischen Fahrer, der gerade unbeabsichtigt dabei ist, seine Regenjacke im Hinterrad zu häckseln. In letzter Sekunde bemerkt er dies und kann Schlimmeres verhindern. Dieser Radfahrer wird einige Stunden später mit neuen Radschuhen und Pedalen an der Kontrollstelle St.Ives auftauchen. Warum? Ihm war während der Fahrt ein Speedplay-Pedal in eine Wiese am Wegesrand davon geflogen. Sehr kleines Teil und recht speziell. Da war der örtliche Radhändler nicht drauf eingerichtet. Aber gerne verkaufte er ihm neue Schuhe & Pedale. Über den Preis wollte der Geschädigte sich auf gar keinen Fall äußern.

In Kirton sitzen sehr wenige Fahrer in der Kantine, Wartezeiten gibt es keine. Wir essen wieder und erfahren von einem Helfer, dass es in England jährlich nur 3 Tage mit 24h Dauerregen gibt. Er will das Thema noch deutlich vertiefen, aber Henning, Thomas und ich wollen weiter nach St.Ives, der letzten großen Kontrollstelle. Ein Blick auf die Uhr sagt uns, dass es bis ins Ziel wohl eher 1 Uhr als Mitternacht werden wird. Das denken wir jedenfalls, bevor wir den Abschnitt angehen. Es herrscht auf diesen 81 km ein mörderischer Gegenwind, recht warm ist es auch und plötzlich auch wieder deutlich hügeliger. Bei einer der Umziehaktionen der beiden fahre ich schon mal voraus und werde bis St. Ives (km 1300) nicht mehr eingeholt. Jetzt sind es nur noch 120 km, eine mittlere RTF.

Als wir nach dem obligatorischen Essen & Trinken St. Ives verlassen, herrscht schönstes Wetter und wir freuen uns auf Great Easton (km 1373), eine reine Stempelstelle mit lediglich ein paar Tischen und minimalen Verpflegungsmöglichkeiten. Die ersten 30-40 km sind sehr schön. Nicht leicht, aber gut zu fahren, durch schöne Ortschaften, macht Spaß. Dann aber wird es dunkel und just in diesem Augenblick werden wir auf einen m.M. unverschämten Weg geschickt, der auch bei vielen Engländern berüchtigt ist: eine völlig sinnfreie Aneinanderreihung von Anstiegen und Abfahrten, die sich allesamt durch katastrophale Straßenverhältnisse auszeichnen. Keine Abfahrt kann schnell gefahren werden, überall gibt es tellergroße, tiefe Schlaglöcher. In der Dunkelheit ein Wahnsinn. Ich fluche wie 24h zuvor vor Pocklington permanent, nur reicht dieses Mal eine halbe Stunde nicht, vielmehr sind es eher 1,5h. Wir hatten auf einen Schnitt von 22 km/h gehofft, aber daraus wird bei weitem nichts. Zudem schleift irgendwas an meinem Hinterrad, allerdings finde ich nicht heraus, was es sein könnte. Thomas verabschiedet sich bei der kurzen Untersuchung meines Rads nach vorne, denn er hofft, unter 90h bleiben zu können. Henning bleibt an meiner Seite, was ich ihm hoch anrechne, denn meine Laune war unter aller Sau und außerdem war kurz darauf der Akku am Garmin leer. Das wären schön letzte 48 km geworden.

In Great Easton wird uns klar, dass wir wohl bis 2.30 Uhr brauchen werden. Uns wird eine recht einfache Strecke bis ins Ziel versprochen, worüber wir erleichtert sind. Fakt ist dann aber: es geht unentwegt bergauf und bergab, immerhin auf jetzt guten Straßen. Plötzlich sehen wir die Flieger im Anflug auf London Stansted, was ein sehr gutes Zeichen ist, denn jetzt kommt schon bald Epping und dahinter liegt Loughton. In unserer Müdigkeit drehen wir trotz Navi noch so manche Extraschleife, aber um 3.05 Uhr sind Henning und ich im Ziel - geschafft. Wir freuen uns auf ein Bierchen im Zielbereich und lassen die Karten abstempeln. Wir sind ca. als 120te im Ziel von letztendlich 800 Finishern (bei 1000 Startern).

Die Ankunft ist eine Antiklimax der heftigeren Sorte: kein Bier, kein Sekt, kein garnix, nur der auf Deutsch gesagt gleiche Scheißdreck, den es schon unterwegs überall gab. Das kann's doch nicht sein, liebe Veranstalter. Ich erkundige mich, was das soll. Man sagt mir, dass sie keinen Alkohol verkaufen dürfen. Das hätte ich auch gar nicht gewollt, vielmehr hatte ich mir erhofft, dass jeder Teilnehmer im Ziel ein Bierchen bekommt, so wie dies selbst im Weinland Frankreich bei PBP der Fall ist. Derweil marschieren sechs polnische Randonneure in den Speisesaal, unter dem Arm eine Flasche Schampus. Die haben es richtig gemacht. Egal, die Müdigkeit siegt letztendlich über den Ärger. Ich melde mich zu einem 6-stündigen Schönheitsschlaf in der Turnhalle ab, allerdings nicht, ohne vorher geduscht zu haben.

Dass mich das Orga-Team am nächsten Morgen eine Stunde zu früh weckt, ärgert mich wirklich nur kurz, denn schon bald sitzen ca. 10 deutsche Randonneure beim Frühstück und verarschen sich mit diesen und jenen Anekdoten gegenseitig. Sehr kurzweilig, leider muss ich schon um 10.30 Uhr zusammengepackt haben, denn mein Taxi kommt pünktlich für den Rückflug nach D. Etwas leichtsinnig, den Rückflug für Donnerstag zu buchen, aber im Hinblick auf das etwas maue Begleitprogramm des Veranstalters im Nachhinein eine goldrichtige Entscheidung.

Fazit: Heutzutage lesen ja viele nur noch das Fazit, zum Beispiel bei allen Tests von elektronischen Geräten blättert man direkt von Seite 1 auf Seite 5, um die Zusammenfassung zu erfahren. Ich möchte den Leser jedoch zur Lektüre dieses hochinteressanten Beitrags zwingen, und ziehe nur das Fazit, dass es eine erstklassige Veranstaltung war, die man jedem bedenkenlos weiter empfehlen kann. In vier Jahren werde ich voraussichtlich wieder mitfahren. Ganz vergessen habe ich jetzt jedoch, auf das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis einzugehen: 250 Euro all inclusive, ich habe unterwegs nur 1 Radler, 2 Cola und 1 Eis gekauft (zusammen weniger als 10 Euro). Verpflegung, Schlafmöglichkeiten, Duschen, technische Betreuung und sonstige Unterstützung durch Freiwillige: alles im Preis enthalten, und zwar wohlgemerkt über einen Zeitraum von maximal 5 Tagen und Nächten (der Sieger brauchte ca. 65h). Müsste die Hälfte eines Ironman-Startgelds sein.

Ein riesiges Dankeschön an alle Helfer, die bis zu 20h Tag und Nacht schufteten und diese Fahrt zu etwas wirklich Besonderem gemacht haben.

PS. Wer gar nichts zu tun hat, kann sich hier weitere Bilder ansehen:

https://picasaweb.google.com/106711367177319158700/20130728LEL2013Prologue
https://picasaweb.google.com/106711367177319158700/20130728LEL2013DayOne
https://picasaweb.google.com/106711367177319158700/20130728LEL2013HumberBridge
http://fotoalbum.dds.nl/ivo_m/lel2013short/1
http://www.flickr.com/photos/24693028@N02/sets/72157634921755265/
http://fotos.rennrad-news.de/s/14277

fitschigogeler
08.08.2013, 18:14
Super! Alter Grantler. :Huhu:

Seufz...

bellamartha
08.08.2013, 18:21
Lieber pioto,

vielen, vielen Dank für diesen herrlichen Bericht! Ich liebe deine Beschreibungen der Irrsinnigkeiten, mit denen du deine Freizeit füllst und immer, wenn ich deine Berichte lese, denke ich, dass es schön wäre, so was zu tun. Leider müsste man sich dazu auf ein Fahrrad setzen... geht also nicht.

Danke!
J.

Kiwi03
08.08.2013, 18:30
Hi Pioto, geiler Bericht, vielen Dank. :Blumen:

Beim Lesen könnt ich mich manchmal echt krümeln. Der Fitschi hat wohl genauso gelitten daheim am Rechner.

Alles gute und bleib heile.

Peter

pioto
08.08.2013, 18:30
Lieber pioto,

vielen, vielen Dank für diesen herrlichen Bericht! Ich liebe deine Beschreibungen der Irrsinnigkeiten, mit denen du deine Freizeit füllst und immer, wenn ich deine Berichte lese, denke ich, dass es schön wäre, so was zu tun. Leider müsste man sich dazu auf ein Fahrrad setzen... geht also nicht.

Danke!
J.

@fitschi: Grantler :Holzhammer:

@bellamartha: du musst dich nicht unbedingt auf ein Fahrrad SETZEN:
http://1.bp.blogspot.com/-ugTUnsPf8jc/Ufbiw8CwrVI/AAAAAAAADRo/2zWRhq_LeV0/s640/LEL+2013+008.jpg

Crosstrainer auf Rädern, ideal für Leute mit Rückenschmerzen :bussi:

Wollte eigentlich weiter vorne noch den Streckenverlauf auf der Landkarte einbinden, das mache ich jetzt hier. Die meisten englischen und schottischen Städte wie Pocklington und Eskdalemuir dürften zwar jedem ein Begriff sein, aber Edinburgh kennt eben auch nicht jeder.

http://londonedinburghlondon.com/layout/route.jpg

Mandarine
08.08.2013, 18:58
Super Bericht pioto und Respekt für deine Leistung ! :Blumen:

Jetzt habe ich auch Lust auf so eine Tour ;)

harryhirsch77
08.08.2013, 19:04
Pioto, leatherbottle and friends are proud! :Huhu:

jannjazz
08.08.2013, 19:05
Super! Glückwunsch! Und was für eine Story...

Mirko
08.08.2013, 20:07
Wow, super Leistung!
ich wusste gar nicht, dass es sowas gibt! Toll beschrieben! das muss ich unbedingt auch mal machen!

Gut, vielleicht eher so ein Viertel der Strecke in der gleichen Zeit...

speedskater
08.08.2013, 20:41
Long live pure passion.

soloagua
08.08.2013, 20:43
HERRLICH! Danke pioto, Du völlig bekl....ter!:bussi:
Wir haben uns köstlich amüsiert und fragen uns, ob viele die in einem Modellbauclub sind auch solche Touren fahren... da trifft man auch solche "Orginale", was das Aussehen angeht.:Lachanfall:

Jedenfalls hätte ich gerade fürchterlich Lust zu radeln und frage mich, wieviel Jahre es wohl noch braucht, bis ich zu sowas fähig war. Dummerweise bin ich das absolute Murmeltier und wenn ich müde bin zu gar nix mehr in der Lage...:cool:

Wie kann mann um gotteswillen bei 35km/h einen 2-stelligen Puls haben ?:confused: Hammer!

Ist Frau Fitschi auch gut durchgekommen ?

poldi
08.08.2013, 21:15
Danke fürs Berichten.
Selten soooooooo :Lachanfall: :Lachanfall: :Lachanfall: :Lachanfall:

Cruiser
08.08.2013, 22:18
Hey Pioto,

vielen Dank für den langen, kurzweiligen und grandiosen Bericht! :Blumen:

Ich finde das ungemein reizvoll!

Als Jugendlicher wollte ich immer mal Trondheim-Oslo fahren, mitlerweile werden die Spitzenteams aus Autos raus vollversorgt, also Abenteuer ist anders, aber diese Brevets scheinen meiner Vorstellung schon sehr nahe zu kommen.

Mal so ein paar Von-Nix-Ahnung-Haben-Fragen:
Ist die Strecke zwischen den Kontrollstellen exakt vorgeschrieben? Auch ausgeschildert? Oder gibt es eine grobe KArte, den Rest muss man selber finden?

Gibt es eine Übersicht über stattfindende Brevets?

Grazie! :bussi:

Nordexpress
08.08.2013, 22:52
Schneller, höher, weiter...

Saucool. wie immer herrlich geschrieben.

Schöne Grüße.

P.S.: sachmal, hast Du die Spaßtour grundsätzlich auf dem Schirm?

Mal so ein paar Von-Nix-Ahnung-Haben-Fragen:
Ist die Strecke zwischen den Kontrollstellen exakt vorgeschrieben? Auch ausgeschildert? Oder gibt es eine grobe KArte, den Rest muss man selber finden?

Ja, Strecke ist vorgegeben. entweder als GPS-Track oder als Routesheet. http://de.londonedinburghlondon.com/media/lel_routesheet.pdf


Gibt es eine Übersicht über stattfindende Brevets?

Klar:
- in Deutschland: http://audax-randonneure.de/index.php?id=187
- weltweit (aber nur BRM-Brevets): http://www.audax-club-parisien.com/EN/index.php?showpage=323

Nepumuk
09.08.2013, 08:46
Sehr schöner Bericht und eine tolle Leistung. Allein schon beim Lesen tut mir der Hintern weh. Aber am unfassbarsten finde ich den Gedanken, 10 Mal hintereinander einen ganzen Liter Milch zu trinken... :Cheese:

Duafüxin
09.08.2013, 08:46
Sauber, Herr Pioto :Blumen:

Wunderbarer Bericht von einer wunderbaren Reise über eine wunderbare Insel :)

So einen Crosstrainer mit Rädern hat mein spielzeugliebender Freund auch. Also liebe Martha, wenn Du mal probieren möchtest, ein paar hundert km damit zu steppen, leiht er es Dir bestimmt mal aus :Lachen2:

Und Glückwunsch natürlich auch an Frau Fitschi :Blumen:

dominik_bsl
09.08.2013, 09:06
Super Sache! Weiss nicht ob ich genug Durchhaltevermögen dazu hätte (der Schlaf ist mir heilig) aber irgendwie reizt es schon...

Beeindruckter Gruss
Dominik

PS:
Den mit der Milch finde ich die Härte!

Duafüxin
09.08.2013, 09:30
Super Sache! Weiss nicht ob ich genug Durchhaltevermögen dazu hätte (der Schlaf ist mir heilig) aber irgendwie reizt es schon...



Ja, das wäre unter anderem auch ein Problem.

Ich hab mal auf einer Ultraläuferseite einen Artikel gefunden, wie man sich am besten die Naps einteilt. Fand ich ganz interessant.
Ich denk mal, das ist auch so eine "einmal über den Schatten springen"-Geschichte.

ram
09.08.2013, 10:33
Unvorstellbar! Bin sehr beeindruckt. Toller Bericht. Danke.

Was meinst Du, Pioto, oder auch die Anderen Randonneure, wie lange könntest Du fahren mit dieser Taktik? Gibt´s ne Grenze?

Grüße ram

fitschigogeler
09.08.2013, 10:55
Zum Thema "Wieviel Vorbereitung, etc.":

Meine Scheffin hat vor 2 Jahren Ihren ersten Radmarathon mit mehr als 200 km absolviert.
Letztes Jahr dann Brevets 200,300,400.
Dieses Jahr komplette Serie 200-600.

Kilometerleistung in den letzten 3 Jahren ca. 8.000/Jahr.

LEL-Finish in 115 Stunden mit strahlendem Lachen im Gesicht.

Wir müssen nur wollen!

20063

pioto
09.08.2013, 11:11
Hallo miteinander,

freut mich, dass Bericht und Veranstaltung euch gefallen.

Den deutschen Brevetkalender 2013 hat Nordexpress ja schon verlinkt. Zu den Veranstaltungen kann man einfach hingehen, ohne Startpass :) Allerdings sollte man sich ca. 8-10 Tage vorher anmelden, das erleichtert dem Organisator die Planung doch erheblich. Nikolausaktionen gibt es eher selten.

Die "normalen" Brevets in Deutschland und anderswo sind keine Massenveranstaltungen mit 1000 oder gar 5000 Startern. Es schwankt zwischen 20 und 200 Leuten, wobei in Jahren mit Qualifikation für Paris-Brest-Paris (nächste Austragung: 2015) deutlich mehr Personen teilnehmen als in allen anderen Jahren. Für LEL war keine Quali notwendig, aber die Abbrecherquote war auch nicht höher als bei PBP. Die Tommys sind ein zäher Haufen :)

Was die Milch angeht: ich habe nicht 10*1 Liter getrunken, sondern 40-50*0,2 Liter :Cheese: also immer 4-5 Becher hintereinander und ein bisschen was extra noch für eine große Schüssel Cornflakes, Weetabix oder All Bran (glaube die heißen auf Deutsch heutzutage Frühstücks-Cerealien, eine sehr praktische, griffige Bezeichnung).

Zum Schlafen: da kann ich leider nicht mit belastbaren Hochrechnungen dienen. Kann sein, es geht noch 3 Tage gut, oder überhaupt nicht oder noch eine Woche. Ich habe es noch nicht ausprobiert. Die Müdigkeit kommt und geht mit rasender Geschwindigkeit. Aber ein 10 Minuten Powernap richtet so Manches und ermöglicht danach ganz sicher ein zügigeres Weiterfahren als beim Fahren unter Halluzinationen. Vom Sicherheitsaspekt mal ganz abgesehen.
Es gibt Leute, die PBP ganz ohne Schlaf durchfahren. Bei LEL reicht manchen 1h, das könnte ich nicht. Vielleicht ist sogar einer LEL ganz durchgefahren?
@Duafüxin: falls du den Link auftreiben kannst, poste ihn doch bitte hier. Im Internet findet man recht wenig zu Schlafstrategien und Powernapping, nur allgemeines Blabla.

Hintern tat mir übrigens überhaupt nicht weh, nur zwischendurch mal das linke Knie ein wenig. Bin mit einer Gratisprobe Sitzcreme ausgekommen und die ganze Strecke in derselben Radhose gefahren. Da fällt mir ein (Assoziation bzgl. Geruch :Cheese: ): ein Fahrer ist mit einem Dachs zusammengestoßen und 1h bewusstlos auf der Straße gelegen. Schlüsselbein hinüber. Einem Tandem ist fast ein riesiger Ast auf die Köpfe gefallen und einen Beinahezusammenstoß mit einem Kaventsmann von Hirsch hatten die auch. Es kann schon einiges schief gehen auf so einer Tour.

Nach der Strecke wurde noch gefragt: ich habe unterwegs mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass bei LEL die Strecke zwischen den Kontrollstellen frei wählbar ist. Das ist nicht die Regel! Bei einigen Brevets gibt es Geheimkontrollen, oft an den unmöglichsten Orten. Ortskundige Engländer haben sich so die fiese Strecke bei Cambridge geschenkt. Ein klarer Vorteil - ich find's nicht gut.
Paris-Brest-Paris ist komplett ausgeschildert. Lediglich 20 km vor dem Ziel hatten 2011 Jugendliche die Schilder entfernt und so für Chaos gesorgt. GPS-Track und Streckenplan sollten somit immer mitgeführt werden.

Abschließend noch ein Tipp: wer 2015 eventuell bei PBP mitfahren möchte, sollte 2014 zumindest einen 200 oder 300er fahren. Das erhöht die Chancen auf einen Startplatz. Startplätze sind bei 6000 gedeckelt.

Schöner Bericht (http://www.triathlon-szene.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1040&Itemid=20) zu PBP 2011 von unserem Wandersmann fitschigogeler

@Nordexpress - Spaßtour: wahrscheinlich ja!

HobbyStudent
09.08.2013, 11:18
Abschließend noch ein Tipp: wer 2015 eventuell bei PBP mitfahren möchte, sollte 2014 zumindest einen 200 oder 300er fahren. Das erhöht die Chancen auf einen Startplatz. Startplätze sind bei 6000 gedeckelt.


ist gebonkt ^^

Nordexpress
09.08.2013, 11:32
Sach mal, nur mal so theoretisch.
Wenn man LEL (oder auch andere Langtrecken) ganz entspannt ohne Schlafmangel angehen wöllte.
Das müsste doch eigentlich gehen. So richtig mit 8h Schlafen pro Nacht. Ich hab mal anhand des Routesheets schnell gerechnet.

Die tatsächliche Fahrgeschwindigkeit wäre sehr moderat. Man wäre halt lang im Sattel. Aber weil man schön ausgeruht ist, fährt man sicher schneller mit dem RR. So wie der Nehls beim RAAM.

Oder überseh ich was offensichtliches?
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soloagua
09.08.2013, 12:59
Zum Thema "Wieviel Vorbereitung, etc.":

Meine Scheffin hat vor 2 Jahren Ihren ersten Radmarathon mit mehr als 200 km absolviert.
Letztes Jahr dann Brevets 200,300,400.
Dieses Jahr komplette Serie 200-600.

Kilometerleistung in den letzten 3 Jahren ca. 8.000/Jahr.

LEL-Finish in 115 Stunden mit strahlendem Lachen im Gesicht.

Wir müssen nur wollen!

20063

Wow, super! Herzliche Gratulation!:Blumen: :Blumen: :Blumen:
Liegt wohl in der Familie...;)

Duafüxin
09.08.2013, 13:18
Noch was trauriges zu den Brevets: Gestern war ich bei meiner Freundin. Ihr Mann ist einmal PBP gefahren und liebäugelt mit dem nächsten.
Dieses Jahr ist er in Wolfenbüttel die Brevets mitgefahren und beim Zweiten ist der Veranstalter auf seinem Liegerad während der Fahrt verstorben.
Die Mitfahrer hatten wohl alle Mühe in aus seinem vollverkleideten Rad rauszukriegen ... :(

Decke Pitter
09.08.2013, 13:34
Pioto, altes Gemäuer :Huhu:

Großartiger Bericht. Spannend und witzig zugleich. Einmalig!

Glückwunsch zum Abradeln der Strecke.

Grüße
Tom

DasOe
09.08.2013, 16:56
Vielen Dank für die schönen Berichte, die auch bei mir den "machen-wollen-Reflex" auslösen. Aber spätestens bei nächster Gelegenheit, wenns mal wieder überall Aua macht, werde ich mich daran erinnern, wie es sein würde dann noch weiterzufahren sehr viel weiterzufahren und dann freue ich mich über meine Selbstregulation, aber wer weiß ;)

Aber die Berichte erinnern mich vor allem an ein Buch, das ich unlängst gelesen habe "Albina und das Fahrrad" von Jacques Faizan. Herrlich!

pioto
10.08.2013, 10:49
Sach mal, nur mal so theoretisch.
Wenn man LEL (oder auch andere Langtrecken) ganz entspannt ohne Schlafmangel angehen wöllte.
Das müsste doch eigentlich gehen. So richtig mit 8h Schlafen pro Nacht. Ich hab mal anhand des Routesheets schnell gerechnet.

Beim belgischen 1200er ging das mit 7-8h Schlaf pro Nacht.

Bei LEL 8h/Nacht? Weiß ich nicht. 6h sicher, haben auch manche gemacht, z.B. Gernot. Wenn man bei LEL jede Nacht 8h schläft, sind 40h weg. Blieben nur noch 78h übrig. Ich habe gute 90h gebraucht mit ca. 10h Schlaf. Also "entspannt" weiß ich nicht. Für die Verpflegung gehen ja auch nochmals mindestens 30 Minuten pro Kontrollstation drauf. Wenn das viele machen, reichen auch die Betten nicht, obwohl großzügig bemessen dieses Mal.

PS. Habe gerade einen Flug mit Swiss von München nach Nizza gebucht für den vorne verlinkten 1000er Brevet in Provence/Seealpen. Bei Swiss geht Sportgepäck als normales Gepäck durch, d.h. ich zahle 200€ inkl. Radtransport. Super Sache und vielleicht interessant für Hawaii-Starter. Swiss hat auch eine super kostenlose Hotline!

triduma
10.08.2013, 15:37
Hallo pioto,
hab grade deinen schönen Bericht vom LEL gelesen. Der Wahnsinn, obwohl ich ja auch sehr viel mit dem Renner fahre ist so was für mich unvorstellbar.
Hoffenlich klappt es mit einem Treffen beim Ötztaler.
Gruß
triduma

Nordexpress
11.08.2013, 20:49
PS. Habe gerade einen Flug mit Swiss von München nach Nizza gebucht

Du Sack! Schmier's uns noch auf's Brot... :Lachen2:


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