Ich finde den Konflikt zwischen Anstand und Aufrichtigkeit interessant. Anstand empfinde ich nämlich oft als aufgesetzt. Es werden Floskeln ausgetauscht, "weil man das eben so macht". Warum soll ich jemandem einen guten Tag wünschen, wenn ich es überhaupt nicht so meine?
Wie du wünscht den Menschen keinen guten Tag oder geht es dabei um spezielle Menschen?
Ich finde es oft als sehr unhöflich wenn Menschen an mir vorbei gehen ohne einen zu bemerken. Gut ich denke mir dann, die haben ein Problem mit sich und nicht mit mir aber trotzdem.
Ich versuche Menschen gegenüber höflich zu sein, weil man dabei oft auch was zurück bekommt und sei es nur ein Lächeln.
Regeln sind auch nicht nur deshalb falsch, weil es allgemeingültige Regeln sind. Die immer weitere individuallisierung, führt irgendwo auch zu immer mehr Einsamkeit. Wobei es natürlich auch nicht die Lösung sein kann, dass man z.b. Beziehungen beibehält,nur um irgend eine Beziehung zu haben. Also das Ganze ist sicher auch sehr ambivalent und schierig.
Zitat:
Zitat von sbechtel
Wieso soll ich nach einem Vortrag klatschen, obwohl ich ihn schlecht fand?
Fair wäre dann aber z.b. dem Redner zukommen zu lassen, was man schlecht fand, bzw. verbessern könnte, damit der sich auch verbessern kann. Was natürlich immer von der Art der Veranstaltung abhängt. Bei einer Opernaufführung im großen Haus, hat man da als einzelner Zuschauer kaum eine Chance.
"Gut" und "Böse" existieren nicht an sich, sondern nur als Konventionen oder Vereinbarungen, auf die man sich geeinigt hat. Das Gute oder das Böse hat nur jeweils innerhalb eines konkreten Wertesystems eine Bedeutung. Ändert sich das Wertesystem, so ändert sich auch das, was man als gut oder böse betrachtet. Beide Begriffe haben keine vom jeweiligen Wertesystem unabhängige Bedeutung.
Dasselbe gilt IMHO für daraus abgeleitete Begriffe, wie Anstand oder Fairness. Sie beziehen sich stets auf Vereinbarungen, was innerhalb einer Gruppe oder Gesellschaft als anständig oder fair etc. zu gelten hat, und sind einem Wandel unterzogen. Deshalb ärgern sich die Älteren stets über die Jüngeren.
Schade, dass Ihr den Thread nicht einen Tag früher gestartet habt, ich hätte Euch sonst ein nettes Foto gemacht:
In der Stadtbib Luzern ist die Warteschlange zu den Ausleihschaltern mit "Anstand" angeschrieben. Die Doppeldeutigkeit des Wortes passt dort super.
Im Guttenbergthread wird ein Artikel der "ZEIT" zitiert. Dort bin ich über die folgende Passage gestolpert:
"In den Augen anständiger Menschen", so der Bundesgerichtshof, beruhen akademische Titel "auf Mühen und Verdienste".
Anständige Menschen ? Was ist das? Wer ist anständig ? Was ist Anstand überhaupt ? In einem Forum zB nicht zu Pöbeln owohl man anonym unterwegs ist ?
Das Zitat ist etwas sinnentstellend verkürzt. Vollständig heißt es:
Zitat:
Zitat von Bundesgerichtshof
In den Augen anständiger Menschen, die Ämter und Titel durch Mühen und Verdienste erwerben und nicht erkaufen, ist der Ämter- und Titelhandel in höchstem Maße zu missbilligen.
Diese Aussage würde sich praktisch nicht verändern, wenn man das "anständig" wegließe. Daher ist es aus meiner Sicht wenig sinnvoll, daran eine große Anstandsdiskussion aufzuhängen.
Lieber ein ehrliches Arschloch, als ein verlogenes, denn da weiß man wenigstens, wo man dran ist.
Glaubst du das wirklich???
Da habe ich hier und in anderen Foren, schon andere Erfahrungen gemacht.
Ehrlichkeit, gehört ja auch zum Anstand, wird hier und nicht nur hier sondern auch in anderen Foren, gnadenlos abgestraft, da wird sich beschwert und empört, da herrscht blankes Entsetzen usw.
Die meisten wollen doch nur Dutzi-dutzi und Kopfgestreichel hören und lesen.
Wenn man den Spiegel vors Gesicht hält oder die Meinung sagt, dann ist Schluss mit lustig.
Bleibt die Frage offen:
Ist es anständig, immer die Wahrheit zu sagen, oder lieber nur fein zu säuseln?