Deshalb könnte der Papst z.B. prinzipiell jede neue Entdeckung über den Anfang des Universums akzeptieren und ihr dann gleich die passende Interpretation mitgeben. („...und davon war Gott die Ursache.“)
Die Behauptung, jede wissenschaftliche Entdeckung könne ebenso gut mit Gott begründet werden, ist nur eine andere Formulierung von: „Ihr könnt nicht widerlegen, dass Gott hinter all dem steckt!“. Es ist der alte Existenzbeweis. Existenzbeweise sind jedoch logisch sinnlos, und auch alle Argumentationen, die darauf aufbauen. Ebensogut könnte ich behaupten, alle wissenschaftlichen Entdeckungen wären von meinem Hamster vorherbestimmt. Hier kann auch niemand das Gegenteil beweisen. Es ist ein sinnloses Argument.
Hier versteckt sich übrigens ein Trick. Es wird suggeriert, der Papst könne bei jeder Entdeckung immer behaupten, dass Gott die Ursache sei; folglich behielte der Papst die Deutungshoheit über die Ursachen. Dabei wird verschleiert, dass die christliche Religion nicht hinter die Ursache von Gott selbst zurückgehen kann. Die Frage nach der Ursache ist also eine Frage, die das Christentum gerade nicht beantworten kann. Folglich ist dies eine Argumentationslinie, die der Papst nicht gewinnen kann.
Der Papst hat deswegen keine plausible Interpretation von wissenschaftlichen Entdeckungen. Das Zitat oben würde diesen Umstand lediglich verschleiern.
Wenn Religion etwas anderes sein will als Aberglaube, dann muss ein positiver Beweis her, und nicht die hundertste Variante von "Ätsch, Ihr könnt das Gegenteil nicht beweisen!".
Aus Deinen Ausführungen geht hervor, daß Du mein Beispiel nicht verstanden hast, und sie gehen an dem von mir Gesagten völlig vorbei. Das liegt wahrscheinlich an dem Wort Ursache.
Ich kann Dir verbindlich mitteilen, welche Interpretationen dem Papst zur Verfügung stehen, und welche nicht.
Der Papst kann nur solche Interpretationen verwenden, die sich der Überprüfung prinzipiell entziehen. Das sind die Grenzen seines Spielfelds.
Sollte der Papst jemals eine überprüfbare Behauptung verkünden, werden die Glocken weltweit für sieben Tage und sieben Nächte klingen, und das Himmelreich wird kommen.
Der Aberglaube bezieht eine falsche Position im Hinblick auf die Tatsachen; dem relig. Glauben sind die Tatsachen äußerlich; was er hinzufügt, ist eine bestimmte Bewertung oder eine bestimmte Beleuchtung.
Deshalb könnte der Papst z.B. prinzipiell jede neue Entdeckung über den Anfang des Universums akzeptieren und ihr dann gleich die passende Interpretation mitgeben. („...und davon war Gott die Ursache.“) Oder Luther hätte auch, nachdem er die wahren Ursachen für die Behinderungen von Kindern eingesehen hätte, immer noch behaupten können, sie seien des Teufels und müßten getötet werden.
Religiöser Glaube bezieht sich nicht auf Tatsachen, genauso wenig wie Aberglaube. Die Unterscheidung zwischen Glaube und Aberglaube ist stets nur subjektiv und besteht darin, welcher Religion man selber angehört, bzw. was einem als Kind beigebracht wurde.
Dass Mohammed auf einem geflügelten Pferd von Mekka zu einer Kultstätte geflogen sei, oder mit einer Leiter in den Himmel gestiegen und wieder zurück, wird man als nicht glaubender Mensch kaum als Tatsache auffassen. Das gilt aber ebenso für die Behauptung, der Tischler aus Nazareth sei der Sohn Gottes und von den Toten auferstanden. Es handelt sich um religiös motivierte Fiktionen und damit um Aberglauben.
Damit eine Ideologie überhaupt als Religion gelten kann und nicht etwa als Weltanschauung wie der Kommunismus, braucht es einen Jenseitsbezug. Das Jenseits hat aber nicht den Rang einer Tatsache, welche dann von den Religionen lediglich gedeutet und interpretiert würde. Die Existenz eines Himmels und einer Hölle hat nicht den Rang einer Tatsache, sondern ist religiöse (=abergläubische) Fiktion.
Wäre der Unterschied zwischen dem Glauben und dem Aberglauben tatsächlich in der Akzeptanz von Tatsachen begründet, wären die Religionen sehr an Tatsachen interessiert. Das Gegenteil ist der Fall.
Religionen sehen sich durch Tatsachen außerordentlich bedroht. In den Zeiten, in denen die christlichen Kirchen ihre größte Macht besaßen, war es lebensgefährlich, ergebnisoffene Naturwissenschaft zu betreiben. Giordano Bruno wurde lebendigen Leibes verbrannt, weil er behauptete, die vielen tausend Sterne am Himmel seien ebenfalls Sonnen. Galileo Galilei wurde mit Folter und Verbrennen bedroht und bekam aus Gnade nur lebenslangen Hausarrest, weil er seine Aussagen widerrief. Er hatte behauptet, die Erde würde sich um die Sonne drehen. Für solche Verfolgungen und Bestrafungen unterhielt die Kirche bekanntlich eine eigene Behörde, die Heilige Inquisition.
Es stimmt daher nicht, dass sich die Religion vom Aberglaube dadurch unterscheide, dass erstere auf Tatsachen beruhe, und diesen Tatsachen lediglich eine spirituelle Deutung zukommen ließe. Die Bibel ist voll von Aberglauben, was aufgrund der noch unterentwickelten Wissenschaft zu Lebzeiten ihrer Autoren auch nicht verwunderlich ist.
Es stimmt daher nicht, dass sich die Religion vom Aberglaube dadurch unterscheide, dass erstere auf Tatsachen beruhe...
Das habe ich auch nicht behauptet.
Deine historischen Ausführungen widersprechen dem von mir Gesagten auch überhaupt nicht.
Wer den Aberglauben (innnerhalb und außerhalb der Religion) bekämpfen will, gegen den habe ich nichts einzuwenden, auch wenn er nichts von religiösem Glauben verstehen will.
Der Aberglaube bezieht eine falsche Position im Hinblick auf die Tatsachen; dem relig. Glauben sind die Tatsachen äußerlich; was er hinzufügt, ist eine bestimmte Bewertung oder eine bestimmte Beleuchtung.
Der Aberglaube verdreht Fakten, der reiligiöse Glaube pfeift auf Fakten
Ein so feiner Unterschied ...