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Zitat von Tobias23
Die Gabe von Kohlehydrat-Getränken bei langanhaltenden Ausdauerbelastungen wirkt sich positiv auf die Leistung aus, das ist mit sehr vielen Studien belegt. Das wirkt also besser als ein Placebo (in den Studien ist das Placebo meistens gefärbtes Wasser mit Süßstoff).
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Reingefallen, Tobias
- vorab: ich will Dir mit dem Folgenden keinesfalls persönlich ans Bein pinkeln... du hast nur ein Stichwort gegeben, bei dem mir regelmäßig die Hutschnur platzt... Placebotests bei KH-Supplementation...
Wenn ein Placebo so eingesetzt wird wie beschrieben (gefärbtes Wasser mit
Süßstoff) - und das ist standardmäßig tatsächlich der Fall, wenn Gefälligkeitsgutachter wie zb Asker Jeukendrup so etwas publizieren (dessen angeblich unabhängige Studien von Powerbar/Nestle finanziert werden) - dann ist es absolut kein Wunder, dass die KH-haltige Lösung für eine relativ bessere Performance sorgt als das Placebo, und somit exakt das bei der Studie rauskommt, was den wirtschaftlichen Interessen der Hersteller dieser Produkte entgegenkommt. Sie beweisen so, genau das, was sie auch beweisen wollen, weil es ihren wirtschaftlichen Interessen in die Karten spielt. Für mich ist das nichts anderes als Verarschung, um den Begriff Betrug zu vermeiden.
Aber der Schwindel ist leicht aufzudecken:
Süßstoff bewirkt über die Geschmacksnerven und die Meldung an das Gehirn, das Zucker zugeführt wurde (was ja nicht der Fall war!) eine Insulinausschüttung bei gleichzeitiger Zurücknahme von Glukagon, das bekanntlich die Homöostase der Gluconeogenese (Energiegewinnung aus Proteinen und Fetten) steuert , mit der ein gut trainierter Ausdauersportler wunderbar über viele Stunden über die Runden kommt, wenn er nicht grad längere Zeit über seine anaerobe Schwelle gezwungen wird. Effekt: Der Zusammenbruch der Gluconeogenese bei gleichzeitiger Absenkung des Blutzuckerspiegels provoziert im extremen Fall einen deutlichen Leistungsabfall ("Hungerast"). Man kann sich leicht ausmalen, dass das absolut im Interesse der studienfinanzierenden Hersteller der KH-Produkte ist :-) ...
denn:
Führt man kein Placebo, sondern KH zu, wird zwar ebenfalls die Gluconeogenese unterbrochen, aber im Unterschied zum Placebo springt lückenlos der KH-Stoffwechsel ein weil ja tatsächlich KH im Blut sind, die das Insulin "wegräumen" kann, so dass es im Unterschied zum am Hungerast leidenden Placebo-Sportler die Leistung aufrecht erhalten werden kann. Dumm für den Sportler, aber wiederum prima für den Hersteller der Zuckerplörre ist nebenbei in diesem Fall dann noch der Umstand, dass man tunlichst den Nachschub nicht stoppen sollte, wenn man einmal mit KH-Supplementation angefangen hat, da ansonsten der Mann mit dem Hammer zuschlägt, wenn die zugeführten KH's verschossen sind und dann die Gluconeogenese wieder mühsam anlaufen muss. Meist laufen die Experimente der einschlägigen Studien diesen Punkt aus nachvollziehbaren Gründen nicht ab, weil das den Kunden mißtrauisch machen könnte.
(OT: Dass Süßstoffe in der Schweinemast über genau diese hormonellen Mechanismen eingesetzt werden, weil man damit die armen Tiere so richtig in Fresssucht versetzen kann, dürfte bekannt sein. Dass wir Menschen trotz massiver Umsätze bei künstlich gesüßten Light-Produkten im Schnitt immer fetter werden, ist so auch leicht zu verstehen: Das Gehirn und unser Instinkt wird schlicht getäuscht und ausgetrickst)
Was ich aber nicht verstehe, ist, dass es den Herstellern von Sporternährung immer wieder gelingt ihren wissenschaftlich verbrämten Bullshit erfolgreich unters Sportlervolk zu bringen, die sich dann mit Riegeln und Gels aufmunitionieren, wie Soldaten ihre MG-Gurte, wenn sie gegen den Taliban ins Feld ziehen.
Die Evolution hat unseren Körper nahezu ideal für langanhaltende Ausdauerbelastungen unterhalb der anaeroben Schwelle ausgerüstet, ohne dass wir auch nur ein Gramm KH zuführen müßten, da es so etwas wie essentielle KH gar nicht gibt. Die Gluconeogenese macht das im Extremfall perfekt, wenn man seinen Stoffwechsel adäqat darauf trainiert hat. Hat man zudem vor der Belastung seine Muskelglykogenspeicher optimal gefüllt und durch richtig verstandenes Fettstoffwechseltraining (nüchtern, keine KH, allenfalls Fett und Proteine wie BCAA's währen der Belastung zuführen) in laaaangen Einheiten vorbereitet, dann braucht die Masse der Sportler bei einem IM im Grunde nicht ein Gramm KH zuführen (was ich aber nicht als sinnvoll erachte - aber theoretisch geht es wunderbar). In der Elite-Kategorie, die höhere Intensitäten im WK abrufen müssen, um zu gewinnen als der Midpacker muss man die Sache differenzierter sehen und angehen (dazu hab ich mich ausführlich im Paleo-Artikel, Teil 3 ausgelassen, wen es interessiert)
Was Euch Powerbar/Dr. Feil/Isostar/High5/Sponser und wie sie alle heißen, weismachen wollen ist größtenteils Legende, Halbwahrheit und Mythos der vor allem die Kassen der Initiatoren und Promotoren solcher Theorien füllen soll (und dies auch erfolgreich tut). Warum gerade die breite Masse der Triathlon-Agegrouper auf diese Mythen reinfallen und jeden Dreck kaufen, den irgendein Pro irgendwo angeblich mal konsumiert hat, was bis zu Bauernfang wie Biestmilch reicht, wird mir wahrscheinlich immer ein Rätsel bleiben.... . Aber das ist ein anderes Thema... .
Nebenbei: Was
Koffein angeht, so sinkt dessen positive Wirkung mit Dauer der Belastung dramatisch, wenn nicht nachgeführt wird, was durch die Überstimulation des Organismus durch das Koffein und das nachfolgende Loch einfach zu begründen ist. Fügt man zb einem Gel noch Koffein zu, so hat man neben dem KH, das zum Nachtanken zwingt noch ergänzend das Koffein als Zwang zum Nachfüllen, wenn wieder Erwarten der Fettstoffwechsel eines Sportler aus Sicht des Herstellers solcher "Sporternährung" schneller anspringt, als das mit seinen ökonomischen Interessen vereinbar wäre. Grundsätzlich gilt:
Jede Überstimulation unseres Organismus mit Stimulantien (sei es Koffein, Nikotein, Alkohl, Drogen jeder Art)
führt nachfolgend zu einem Rückschwung des Pendels und einem psychischen und/oder physischen Leistungsloch. Also lasst es besser, oder ihr macht euch zu einem "Was-auch-immer-Junkie". Fragt Andreas Niedrig, der kann euch dazu viel erzählen.
Versteht die Botschaft der Unternehmen: Ihr sollt vor, während und nach dem Training deren Zeug konsumieren, vor während und nach dem Wettkampf und während des WK am besten im 10-Minuten-Takt, sonst droht euch die persönliche Niederlage, das Scheitern und Versagen. Wenn ihr Euch nicht wie Odysseus an den Mast binden last und den Sirenklängen folgt, dann kommt es tatsächlich zum Scheitern, denn einmal damit angefangen, unterminiert ihr euren Trainingserfolg in Bezug auf die Anpassung des Stoffwechsels und im WK braucht ihr, einmal damit begonnen, gar nicht dran denken damit aufzuhören, sonst kommt es zur selbsterfüllenden Prophezeihung und ihr steigt aus - und Powerbar&Co nehmen euch dann tröstend in die Arme und fragen euch, warum um alles in der Welt ihr nicht auf sie gehört habt... ?
Die Alternative lautet: Du musst Dich tatsächlich mit Deiner Ernährung beschäftigen, statt deine Selbstverantwortung an Geschäftemacher zu delegieren. Du musst Dir "wissenschaftliche Studien" die dies oder das behaupten gelegentlich im Original anschauen, um Dir ein Urteil über die Seriosität von Pauschalaussagen einordnen zu können, wie sie Tobias23 exemplarisch hier genannt hat - und du wirst letztlich feststellen, dass es intelligentere Varianten gibt, als Industriefrass, der aus billigsten Rohstoffen gewonnen und an der Ladentheke mit Gold aufgewogen wird.
Was unter dem Strich kein Wunderriegel oder Turbospeedgel leisten kann, ist Trainingsfleiss und -disziplin zu ersetzen, einen langfristigen klugen Trainingsaufbau zu installieren und eine grundsätzlich - bis in die Details! - gesunde und unserer Art gerecht werdende Lebensführung ganzjährig zu pflegen. Und dazu zählen bestimmt keine suboptimalen Junkfood-Nahrungsmittel. There are no Shortcuts.
Gruß Robert