Konzept
Bei der Darstellung der Einzeldisziplinen ist ja schon ein wenig sichtbar geworden, dass es mir bei diesem WK nicht einfach nur um ein Finish geht, sondern darum, das rauszuholen, was möglich ist (ich sage extra nicht Maximum, denn das bekommt man wahrscheinlich nur ganz, ganz selten in allen drei Disziplinen raus).
Dafür musste ich beim Schwimmen überhaupt mal wieder eine Grundlage legen, beim Rad in Längenbereiche gehen, die ich sonst nie betrete, und beim Laufen nahezu ausschliesslich koppeln - und das alles bei Beibehaltung der intensiven Intervall-Einheiten.
Auch wenn ich, gerade bei den ultrakurzen Intervallen, einige ohne Vorbelastung gelaufen bin, um halt dann auch tatsächlich Vollgas beim Laufen geben zu können (allerdings bin ich nach diesen Läufen dann sofort ins Wasser gegangen, weil ich diese Läufe neben dem Schwimmbad durchgezogen habe), galt sonst die Devise:
Kein Lauf ohne Rad.
Und wie gerade erwähnt, galt dies zum Teil auch fürs Schwimmen und wiederum auch fürs Radeln, wo ich ja sonntags einige Wochen immer vor dem Radfahren einen zügigen Lauf von 11,5 bis 18km Länge gemacht habe.
Dieser Gedanke, dass der Körper sich schnell auf eine neue Belastung einstellen soll, ist ja auch zentral beim Crossfit/Fasttwitch:
Der schnelle Wechsel z. B. vom Klimmzug zur Liegestütz zur Hantel zum Mountainclimber zum Frontsquat etc. sorgt für zusätzlichen Stress, den der Körper meiner Erfahrung nach sowohl körperlich als auch mental adaptiert.
Gerade Letzteres halte ich für einen sehr wichtigen Aspekt, der mir in den WKs immer geholfen hat, wenn sich was nicht so locker anfühlte:
Ich wusste, ich hatte im Training schon ganz andere „Übungswechsel“ geschafft.
Ein weiterer Grundgedanke meines Trainings ist:
Beanspruche so viele Muskelfaserntypen wie möglich!
Hatte ich dicke Beine von einer überlangen Ausfahrt, war als Nächstes eine sehr kurze, harte Einheit dran - und umgekehrt.
Zum Teil habe ich es eben am selben Tag so gemacht, dass ich morgens hart & kurz geradelt bin und nachmittags zügig & lang, wobei letztere Fahrt natürlich auch von der Topographie abhing. Wenn ich in der ersten Stunde 30min locker fahren musste, weil es die Verkehrsumstände nicht anders zuließen, dann war das G1, aber sobald ich auf der Radstrecke in Richtung Chur war, versuchte ich Tempo aufzunehmen. Und der Rückweg war ja dank Gegenwind immer anstrengender als der Hinweg.
Der nächste Punkt lautet: Qualität.
Ich bin noch nie so oft vor den Einheiten, die ich mir in meinen Plan reingeschrieben habe, gesessen und habe mir gedacht:
‚Oha, da bin ich ja gespannt, ob Du das schaffst.‘
Es hat natürlich einige Male nicht funktioniert und ich musste die Inhalte entweder umswitchen oder ich habe die Einheit nur kurz & locker gemacht und aufgehört.
Ein Beispiel für die Orientierung an Qualität ist z. B. eine Radeinheit, für die ich gegen Ende April (ging aufgrund des Schnees nicht früher) dreimal einen längeren Anstieg von ca. 400HM auf 6km fahren wollte. Die Zufahrt dauert ca. 30-35min und ich spürte schon bei den Anstiegen währenddessen, dass ich die geplante Einheit nicht mit der Qualität durchziehen können würde.
Also umgedreht und dafür ein intensiveres Fahrtspiel auf meiner Hausrunde gemacht (und das zweimal).
Das lief gut, denn die Muskeln konnten die kürzeren Anstiege relativ problemlos absolvieren - aber für eine Zeitdauer von 16-17min wären sie nicht fit genug gewesen.
Doch meistens konnte ich meinen Plan trotz vorheriger Skepsis erfüllen, wahrscheinlich weil ich meinen Körper ziemlich unterschiedlich forderte, so dass halt immer noch ein paar Muskelfasern da waren, die meinten, ‚Ja, gut, dann machen wir eben den Job, wenn die anderen gerade nicht mehr können‘.
Die letzte „Säule“ meiner Überlegungen waren die Ruhetage:
Ich hatte immer mindestens einen echten Ruhetag (ohne S) oder meist sogar zwei Ruhetage pro Woche (dann evtl. ein kurzer Swim drin).
Bei dem für mich anspruchsvollen Training die Grundbedingung überhaupt, um das durchhalten zu können.
Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum ich nur zwei „Ruhewochen“ in diesen zwölf Wochen benötigt habe (wenn man die letzte Woche, die ja eine Taperwoche ist, nicht dazurechnet, oder dann eben korrekt: zwei Ruhewochen in elf Wochen):
Mein Körper hatte schon während der Woche Zeit, die Reize aufzunehmen und umzusetzen.
Evtl. lag es aber auch zusätzlich noch daran, dass die vielfältige Reizansprache dazu führte, dass „immer“ ein „arbeitsfähiger“ Muskelbereich (siehe oben) zur Verfügung stand, ich also zumindest subjektiv kein Bedürfnis nach klassischer Ruhe hatte.
Denn die Wahrnehmung, wann mein Körper Ruhe brauchte, hatte ich glücklicherweise immer in all den Jahren. Daher meine ich, dass sich mein Körper in diesen elf Wochen immer wieder im Bereich des „overreaching“, befand aber nicht ins Übertraining abkippte.
Einen Punkt darf man bei dem Ganzen natürlich nicht vergessen:
Ich musste aufgrund der Wetterbedingungen natürlich wetteropportunistisch vorgehen, d. h. ich habe manche Einheit über den Haufen geschmissen, weil das Wetter entweder besser oder schlechter als geplant war.
Ernährung
Meine Basis-Ernährung ist vegetarisch, ohne Soja, Tofu, Ersatzeiweiße; wenig Hülsenfrüchte, kaum Brot, selten Pasta & Co.
Ich mach’ mir da null Kopf, das seit 25 Jahren und bin trotzdem für den Triathlon zu „muskulös“ oder wie die Amis zu Jürgen Zäck sagten, auf die Frage, warum er nie Hawaii gewonnen habe: „too meaty“ … ;-).
Ich will damit sagen, irgendwelche Mangelerscheinungen sind bei mir weder sicht- noch im Blutbild nachweisbar.
ABER:
Ab März habe ich tatsächlich zwei Dinge verändert, verändern müssen:
- Zufuhr von dichten KH erhöhen
- Eiweiß-Anteil rauf
Während ich ersteres sicherlich immer schon vor einer LD allein des Hungers wegen machen musste, hatte ich mich bisher noch NIE um das Eiweiß gekümmert.
Doch mit der Intensität und Belastung, mit der ich dieses Mal meinen Körper malträtierte, war klar, dass da jede Menge neue Fasern gebastelt werden mussten = mein Eiweißbedarf stieg drastisch.
So konnte es sein, dass ich an einem Tag 200g Harzer Käse, ein Pfund Quark, ein Pfund Joghurt in unterschiedlichen Zubereitungsformen zu mir nahm - und ich meine zu spüren, dass das sich auch positiv ausgewirkt hat (nicht optisch, aber von der Leistung).
Noch etwas zur KH-Zufuhr:
Die habe ich vor allem beim Frühstück erhöht, in Form von zwei dicken Brotscheiben (drüben in Vorarlberg gibt’s einen leckeren Biobäcker, der ein leckeres Dinkelvollkornbrot backt), ca. 60-80g Butter und gefühlten 150g Nutella auf der einen Scheibe und viel Honig mit ganzen Mandeln auf der anderen Scheibe.
Darüber hinaus habe ich meiner Erinnerung nach gar nicht so viel mehr extra KH aufgenommen, ab und zu Hirse, Bulgur oder Quinoa als Beilage zu Gemüse oder als Teil eines großen Salates (kein grüner Salat, sondern Gemüse in geschnippelter Form).
Abschließend noch was zu den Fetten:
Via Butter und Ölen bei den Gemüsen/Salaten standen die immer in ausreichender Form zur Verfügung.
Ich kann das so gut beurteilen, weil ich mein Körper mir blitzschnell signalisiert, wenn er zu wenig Fette bekommt:
Mir tun dann die Zahnhälse weh, wie das hier auf Lanza in den letzten Tagen der Fall war, wo ich ich die ersten Tage kaum Fette zu mir genommen habe.
Tatsächlich habe ich hier Probleme, mich wie gewohnt zu ernähren, weil das Essen sicherlich nicht schlecht, aber halt auf den fleischessenden Touristen ausgerichtet ist.
Ich musste daher schon ein zwei- oder dreimal Fisch auf meinen Teller legen, weil ich sonst allein von rohen Tomaten, Zwiebeln und Oliven und zum zehnten Mal Kartoffeln (Reis und Nudeln sind hier fast immer mit integrierter Fleischbeilage) keine Chance gehabt hätte, einen Sechs- bis Sieben-Stunden-Trainingstag eiweißtechnisch zu kompensieren.
Am Sonntagnacht habe ich dafür allerdings gebüßt, denn mein Körper verträgt halt nun mal kein Fleisch & Fisch mehr und so hat er nachts massiv gegen den Fisch im Bauch rebelliert. Ich dachte mir nur um 3.00 Uhr morgens beim zweiten oder dritten Klogang: Es ist wahrlich kein Vergnügen, aber lieber jetzt als freitagnachts.
Also halt doch wieder Salat, Kartoffeln und Pudding/Flan als Nachtisch …
(Ergänzung: Gestern gab es großartigerweise Nudeln mit ein bisschen Gemüse, ohne jegliches Getier darin!)
Tapern
Ja, das Tapern - das wissen die alten Hasen besser als ich - ist eine Kunst.
Ich hatte bisher immer so ein „Tapern nach Bauch“ durchgezogen, also natürlich die Umfänge (die ja bei mir nie groß waren) runter, Intensität beibehalten, aber in reduzierter Form.
Ich habe mir all die Jahre in meinem Trainingstagebuch angeschaut und versucht, ein „ideales“ Tapermuster zu finden, aber das gab es nicht.
Meine diesjährige Devise war daher:
Training bis zum letztmöglichen Zeitpunkt und dann hoffen …
Schon der Plan der letzten zwölf Wochen stellte für mich ein ziemliches Risiko dar, ins Übertraining abzudriften, denn ich behielt ja meine Intervalle bei, fügte beim Rad noch längere Kraftintervalle sowie die Überlängen-Einheiten hinzu und beim Laufen kam noch die sonntägliche Duathlon-Einheit obendrauf.
Ich musste daher genau auf meinen Körper hören und dauernd versuchen rauszubekommen, ob er die Einheit nur deshalb schafft, weil er an die letzten Reserven geht, oder weil er sich noch aus den Reserven im grün-orangen Bereich bedient.
Ich habe ein sehr plastisches Bild von meinem Training und der Taperphase vor Augen:
Ich bin raketenmäßig hoch, habe mein Training/Woche von 5h auf 10, 13, 21, 23h und dann noch mal von 12 auf 15, 20, 22, 25h erhöht, hatte dann eine „aktive Ruhewoche“ gefolgt von der 25h-Woche zwei Wochen vor dem WK.
Das ist meines Erachtens extrem waghalsig und ich bin mir, ehrlich gesagt, nicht sicher, ob meine Rechnung aufgeht.
Auf jeden Fall bestand nun die Kunst darin, am Wochenende des 9./10. Mai = zwei Wochen vor WK, den kontrollierten, aber sehr zügigen Sinkflug einzuleiten (sorry, merke gerade, dass DIESES Bild zu negativen Assoziationen führen könnte, ist NICHT meine Absicht!), damit ich am WK-Tag den Boden der Startbahn erreiche.
Das Abfahren der Radstrecke am 9. Mai war ein Muss und in der ausgeführten Belastung hatte es sicherlich keine Konsequenzen, sonst hätte ich nicht einen Tag später knapp 3,5h im zügigen Tempo bis zum höchsten Punkt der Radstrecke düsen können.
Das war gefolgt von einem 1h-Lauf zwar eine anspruchsvolle Einheit, aber sie war in Summe weniger anspruchsvoll als die krasse Spinningbike-Einheit mit dem 1,5h-Lauf - also hier hatte ich schon eine Zeitreduzierung drin.
Und diese Zeitreduzierung folgte dann konsequent bei den Einheiten am Di, Fr und So (wobei ich beim Radfahren nur die Kernbelastungen zähle, nicht die Hin- und Rückfahrten im G0- bis G1-Bereich):
Di: R 2.30 netto (3.37 brutto) + L 30min Schnell
Fr: R 50min netto (2.37 brutto) + L 20x20/90sec-Intervalle
So: R 32min netto (1.27 brutto) + L24min Schnell
Di: R 5min netto + L 20min Locker (wg. linkem Knie)
Interessant ist vielleicht für manche, dass ich ab Freitag nur noch Belastungen in Intervallen machte (Fr 3x 16-17min, So 8x4min, Di 10x30sec).
Meiner Meinung nach der beste Weg, um die Vorgabe nach weniger Umfang und gleicher oder evtl. höhere Intensität umzusetzen.
Morgen gibt’s einen erheblich kürzeren Artikel, denn da werde ich mich kurz + bündig mit meinem Gefühl für das Rennen beschäftigen - und dazu gibt’s eigentlich nicht viel zu sagen …