Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…
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Paulus
Paulus hat Jesus nicht gekannt. Seine Schriften verfasste er ab ca. 20 Jahre nach dem vermuteten Tod von Jesus. Paulus war also kein Augenzeuge. Er gibt in seinen Schriften zu, dass seine Ideen nur Eingebungen sind. Dies kann man sich vorstellen wie Träume, Visionen oder Halluzinationen (oder Wichtigtuerei). Das Christentum gründet sich also auf den Träumen/Visionen eines einzelnen Mannes, der zugibt, nie mit Jesus gesprochen zu haben.
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Die christliche Lehre (Erbsünde, Vergebung durch die Kreuzigung) stammt von Paulus. Er schuf das Christentum. Nicht Jesus schuf das Christentum, sondern Paulus.
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danke für Deine detailierten, erhellenden Schilderungen zur Geschichte der Evangelien und der Rolle der Verfasser!
Ich dachte, dass zumindest einiges, was in der Bibel zu lesen ist, auf Jesus zurückzuführen ist.
Euren Worten nach zu urteilen, stimmt das nicht.
Ich dachte auch, dass zumindest einige Aussagen von Jesus selbst bekannt sind, in dem Sinne, dass ein Zeitgenosse aufgeschrieben hat, was Jesus sagte.
Mit der Bibel habe ich mich nie intensiver beschäftigt und ich habe sie infolgedessen nie als einen Leitfaden für mein Leben begriffen oder dafür was es bedeutet ein guter Christ oder ein guter Mensch zu sein.
Wenn allerdings historisch so gut wie nichts bekannt ist, was Jesus gepredigt hat, dann betrifft mich das schon.
Grundsätzlich könnte es natürlich sein, dass ihr die Sache nicht richtig beurteilt, aber ich schätze Euch beide für sehr gewissenhaft und ehrlich ein.
Meine Werte ändern sich daduch nicht.
Auch weiterhin finde ich es sehr erstrebenswerte sich darum zu bemühen indirekt oder direkt möglichst wenig Leid zu erzeugen.
Und auch weiterhin halte ich es für richtig jedem, der begangene Fehler aufrichtig bereut und sich darum bemüht es nach Kräften wieder gutzumachen wenigstens zum Teil, die Hand zu reichen.
Jetzt werde ich wahrscheinlich versuchen herauszufinden wie die christlichen Kirchen die Bibel sehen bzw. was nach ihren offiziellen Lehrmeinungen über Jesus von Nazaret historisch bekannt ist bzw. durch Zeitzeugen überliefert worden ist.
Es ist spät geworden.
Mir fällt das Formulieren ziemlich schwer.
Ich hoffe meine Worte sind verständlich.
Guten Rutsch!
Ich unterscheide gerne zwischen der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Menschen. Die Gleichnisse von Jesus, einem Wanderprediger, verfasste ca. 30-50 Jahre später mit Lukas ein Grieche, der einen Mann (Paulus) gekannt haben soll, der wiederum von Jesus als Missionar erzählte. Ich würde deshalb die Gleichnisse eher als fiktive Erzählungen auffassen, zumal Lukas keine historische Chronik erstellen wollte.
Der historische Wahrheitsgehalt spielt aber für die kulturelle Wirkung sowieso kaum eine grosse Rolle. Millionen von Kindern lernten moralische Vorstellungen von Gut-Böse bei den Grimmschen Märchen (http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-schonsten-kinder-und-hausmarchen-6248/1) als Teil ihrer bürgerlich-humanistischen Erziehung kennen. Das Aschenbrödel (http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-schonsten-kinder-und-hausmarchen-6248/16) gehört heute noch zu einem der beliebtesten Märchenfilme.
Insofern können Gläubige in Diskussionen gut darauf hinweisen, dass die christlichen Märchenerzähler heutzutage eher humanistische Anteile aus der Bibel herauslesen. Mich beeindruckte allerdings eher eine Uta Ranke-Heinemann, wie sie jeweils empört die rethorische Frage stellt, ob eine Religion denn humanistisch sein könne, in der das Kreuz und die Kreuzigung das wichtigste Symbol darstellt und die zentral und essentiell auf einem so grausamen Ereignis beruht, wo der Vater seinen eigenen Sohn am Kreuz opfert. Die Kirchgänger wissen, dass die Kreuzigung bzw. der Opfertod der Mittelpunkt jeder Messe darstellt.
Vortrag von Uta Ranke-Heinemann zum christlichen Glaubensbekenntnis, 9min (https://www.youtube.com/watch?v=2NanFu5oRiY)
Dir auch einen schönen Sonntag!
Fazit
Die Frage, was Jesus gesagt hat, lautet korrekterweise: Was davon lässt sich belegen? Und belegen lässt sich überhaupt nichts.
Seine Reden werden in den Evangelien stets anders zitiert, und jeweils so verändert, dass man nicht mehr weiß, was gemeint war. Etwa: "Selig sind die Armen" (Lukas) oder "Selig sind die Armen im Geiste" (Matthäus). Werden nun die Armen errettet oder die schlichten Gemüter? Welche Version ist authentisch? Welche erfunden? Es gibt keine Möglichkeit, das herauszufinden.
Die Rückgriffe auf das Alte Testament sind so zahlreich, dass man die Frage stellen muss, ob sich überhaupt irgendwas aus dem Neuen Testament tatsächlich zugetragen hat. Zentrale Ereignisse, die wir für gut belegt halten, etwa die Tempelreinigung (Umstoßen der Tische im Tempel) oder die Kreuzigung, sind aus alten prophetischen Schriften abgeschrieben.
Die Berichte aus den Evangelien sind untereinander so widersprüchlich (speziell rund um Kreuzigung/Auferstehung) und so offensichtlich konstruiert und voller historischer Fehler, dass man nur schließen kann, es handele sich um reine Erfindungen. Sollte etwas davon tatsächlich stattgefunden haben, dann sind diese Daten für immer verloren, weil zu viel Fiktion damit verwoben wurde.
Wer also predigt: "Und Jesus sagte..." der verschweigt seinen Zuhörern, dass man aus prinzipiellen Gründen nicht wissen oder rekonstruieren kann, was Jesus gesagt hat.
Ich stimme Euch beiden zu, dass die Vorstellung Gottes Sohn wäre am Kreuz auf äußerst grausame Art und Weise gestorben, weil Gott es zuließ und Jesus damit die Menschen von der Last der Erbsünde befreit hat, alles andere als eine frohe Botschaft ist.
Wenn ein Vater seinen Sohn so opfert, dann dürfte es für die meisten Menschen so ziemlich unmöglich sein diesem Akt etwas Gutes zu sehen.
Auch der Gedanke man müsste sich in irgendeiner Form für eine Sünde, die man gar nicht begangen hat, sondern andere, die früher gelebt haben, sich verantworten (müssen), lässt sich kaum oder gar nicht mit einem gütigen Gott in Einklang bringen.
Ich glaube, dass sehr viele Menschen, die sich selbst als christlich gläubig empfinden und deren Leben der Glaube und die Kirche eine wichtige Rolle einnehmen, sich mit solchen Aspekten des Glaubens kaum bis gar nicht auseinandersetzen, denn es ist ihnen klar, wenn sie damit anfangen, dann kommen sie gedanklich oder argumentativ in Schwierigkeiten, wenn sie diese Gegebenheiten rechtfertigen möchten.
Man sagt sich dann die Bibel ist eine Schrift, die von Menschen stammt.
Die Autoren lebten in einer Zeit, in der die Verhältnisse auf der Erde völlig anders waren als heute - in der die Menschen Dinge als normal erachteten z.B., die heutzutage so gut wie jeder schwer verurteilt.
Als Kind und auch noch in meiner Jugend habe ich tatsächlich innerlich für mich geglaubt, die Menschheit wäre besser geworden kultivierter, menschlicher, weniger grausam usw. usf..
In Geschichte erfährt man von den zahlreichen Kriegen, die geführt wurden und Geschichte endete mit der Zeit nach dem Ende des zweiten Weltkrieges.
Von Kriegen, die danach geführt wurde, habe ich meiner Erinnerung nach im Geschichtsunterricht nie was gehört.
So ist es verständlich, dass man dazu getrieben werden kann eine Botschaft abzuspeichern, die man aus dieser Tatsache ableitet und die wie wir ja wissen völlig falsch ist.
Die Menschen bleiben der Kirche bzw. dem Glauben treu, weil er ihnen Halt und Trost gibt und ihrem Leben einen Sinn verleiht.
Sie haben das Bedürfnis ein guter Mensch sein zu wollen.
Das eint sie mit vielen anderen, die sich kirchlich engagieren und für die der christliche Glaube wichtig ist.
Sie tun gute Dinge wie beispielsweise für arme Mitmenschen zu spenden oder spenden einzusammeln oder auch in dem sie sich um ihre Mitmenschen kümmern und das im Rahmen von Angeboten der christlichen Kirchen.
Ich war als Kind relativ häufig in Gottesdiensten.
Sie haben mich gelangweilt.
Der Ablauf war ja fast immer gleich.
Formelartig wurden fast immer zu ähnlichen Zeiten bestimmte Worte gesprochen.
Diese Worte habe ich meist von mir aus einfach nicht mitgesprochen.
Mir haben sie nicht so wirklich gefallen.
Ich stand auf, wenn fast alle aufstanden und ich kniete mich halt meist hin, wenn es viele andere auch taten.
Die Worte ließ ich aber wie gesagt einfach weg.
So jetzt will ich aber trainieren :-).
Guten Rutsch :-)!
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So jetzt will ich aber trainieren :-).
Guten Rutsch :-)!
Danke für Deine Überlegungen und Gedanken.
Als Kleinkind fand ich das tägliche gemeinsame Nachtgebet als Zeremonie mit Mutter und Geschwister durchaus beruhigend. Im Grundschulalter war ich dann als Ministrant dabei. Da jeder Priester jeden Tag eine Messe las, musste man 1-2x pro Woche vor der Schule bei der Messe "helfen". Mit 18 trat ich sofort aus dem Verein aus, in derselben Pfarrei, wo ich ehemals getauft wurde.
Auch einen guten Rutsch!
Na - dann kennst Du Dich ja bei dem Verein höchstwahrscheinlich um Welten besser aus als ich und in Bezug auf das, was die Christen glauben sollen, wenn es nach der Obrigkeit geht, bist Du bestimmt auch fit wie ein Turnschuh :-).
Und ich fange da an ein paar Belanglosigkeiten auszufüheren.
Meine Schwester ging einen ähnlichen Weg wie Du.
Sie war bei den Messdienern.
Ich denke, sie blieb in erster Linie deshalb so relativ lange dabei, weil sie dort Freundschaften geschlossen hatte.
Den Glauben hat meine Mutter von ihrer.
Die war aber wesentlich weniger tolerant als es meine Mutter ist.
Es gab da auch schon mal Spannnungen.
Später ist meine Schwester dann auch ausgetreten aus dem Laden.
Irgendwann hat sich zu viel angestaut, was ihr an der Kirche missfallen hat.
Ich bin noch dabei.
Bin halt bequemer von meinem Wesen her und habe nicht so viel Temperament - also meistens jedenfalls.
So jetzt wollen wir die Jungs und Mädels von der Obrigkeit noch ein bisschen ärgern im alten Jahr :-P ;-)!
https://www.youtube.com/watch?v=p7315h8lri4
Bis dann!
Nachtrag: :-) https://www.youtube.com/watch?v=xzCH_YSztQg
:-) https://www.youtube.com/watch?v=7Bwr-G7XGno
Hallo alle und beste Neujahrswünsche vorab; Dank allen für die Diskussion.
Lieber ThomasG
Danke für deine Ausführungen. Du schilderst nachvollziehbar, wie die Welt aus Gebet und Geborgenheit dein grundsätzlich positives Gefühl gegenüber der Glaubenswelt deiner Großmutter und in abgeschwächter Glaubensstrenge Deiner Mutter hat. Sich davon abzuwenden, ist nicht nur eine persönliche Entscheidung, sondern auch die Ablehnung eines Teiles des Wertesystems der Familie; insofern erfordert das Energie und auch die Bereitschaft, Oma und/Mutter in gewisser Weise zu kränken, was man ja mal grundsätzlich nicht so will. Mir selbst ging es ähnlich, als ich mich mit diesen Fragen intensiver und konsequenter auseinandersetzte.
Andererseits führt Nachdenken und Überprüfen dazu, zu erkennen, dass die biblischen Texte (und die damit die Basis von Judentum, Cristentum und Islam) Menschenwerk sind; das hat im Rahmen dieser Diskussion u.a. Jörn sehr detailliert dargelegt. Das lässt sich insofern nur von extremistischen Gläubigen, die die Anerkennung historischer Fakten absichtlich bestreiten, verleugnen.
Viel häufiger treffen wir in unserem Umfeld die auch von Dir vorgebrachte Ansicht, das wir trotz dieser zentralen Unzutreffenden Behauptung des Wortes Gottes der „modernen“ religiösen Auslegung der Texte ein Wertesystem von Nächstenliebe, Toleranz und Bescheidenheit verdanken, während einer gottlosen Betrachtung der Welt mit den Mitteln der Vernunft diese Aspekte fehlen würden, was eine solche Weltsicht zugleich arm und gierig bis zum rücksichtslosen Turbokapitalismus machen würde.
Allerdings ist doch die Behauptung, über eine 2000 oder 5000 Jahre alte unumstößliche sichere Wahrheit zu verfügen, gänzlich unbescheiden, und hat zu unglaublich viel Leid geführt.
Ich halte dagegen die Ansicht, dass nur der Mensch das Maß der Gesetze sein kann, die er sich selbst gibt und nach denen er handelt, für wesentlich bescheidener: Weil wir nichts gewiß wissen, werden wir immer wieder auf uns selbst zurückgeworfen. Das ist aber nicht kalt und zynisch, sondern zutiefst human. Keine Religion, keine Ideologie, kein Gott und auch nicht die Natur können uns dieses Maß ersetzen. Die Humanität ist - zumindest vorläufig - unser letzter Richter. An ihr müssen wir prüfen, was wir tun.
Was die Toleranz angeht: wir können die Notwendigkeit der Toleranz mit wissenschaftlichen Mitteln sehen: Wenn wir die Fotos der Raumsonde Voyager betrachten und sehen, wie klein unsere Planet in der Weite des Weltalls ist, wird offensichtlich, wie absurd Kriege etc. sind, und dass es notwendig ist zusammen zu halten. Für diese Notwendigkeit braucht es keine übergeordnete Instanz. Die Toleranz und Nächstenliebe erwachsen aus der Notwendigkeit, miteinander auskommen zu müssen.
Für diese Erkenntnisse benötigen wir keine anmaßende Ideologie, ebensowenig für Nächstenliebe, Toleranz und Bescheidenheit.
Es freut mich, wenn ich mit meinen Beiträgen dazu beitragen konnte, dass Du Lust dazu hattest uns Deine Gedanken mitzuteilen.
Ich werde mir Deinen Text bestimmt mindestens noch einmal durchlesen und über manches nachdenken.
Als Kind und in der frühen Jugend war ich ja auch nicht so arg religiös.
Meine Mutter hat sich immer gefreut, wenn wir zu dritt in den Gottesdienst gegangen sind und manchmal möchte man seiner Mutter eine kleine Freude machen.
Sie hatte es in ihrem ganzen Leben nicht gerade leicht.
Zum Beispiel hat es nicht viel gefehlt und sie hätte meine Geburt bzw. die Tage danach nicht überlebt.
14 Monate später kam wie gesagt meine Schwester zu Welt und auch hier hätte sie an den Folgen der Geburt sterben können.
Sie hat es verstanden als ich irgendwann dann fast gar nicht mehr in die Kirche gegangen bin.
Ich habe es ihr mit ähnlichen Worten erklärt wie hier und sie sah es genau wie ich selbst, wenn man im Prinzip nur darauf wartet bis der Gottesdienst zu Ende ist, dann bleibt man besser ganz weg.
Meiner Mutter ist denke ich am wichtigsten, dass wir Menschen sind, die sich darum bemühen gute Menschen zu sein.
Ihr Gott ist ein gütiger Gott, der Menschen danach beurteilt wie sie sich im Alltag benehmen und für einen solchen ist es eher nebensächlich, ob man eine Stunde am Sonntag in der Kirche verbringt oder nicht.
Den Vortrag von Eugen Drewermann zu Thema Kapitalismus habe ich mir inzwischen vollständig angeschaut.
Er ist zu ganz ähnlichen Ansichten gekommen wie ich und er dürfte sich mit den gleichen Autoren beschäftigt haben, wie ich es getan habe.
Das freut mich irgendwie :-), denn ich halte viel von ihm.
Lange habe ich nichts von ihm gehört.
Er hat sich dann für die neue Friedensbewegung engagiert und eine beeindruckende Rede gehalten.
Kurz danach kam dann ein langes Interview mit einem gewissen Ken Jebsen :-) ...
Gutes Neues Jahr allerseits :-)!
Klugschnacker
02.01.2019, 14:57
... sie sah es genau wie ich selbst, wenn man im Prinzip nur darauf wartet bis der Gottesdienst zu Ende ist, dann bleibt man besser ganz weg.
Mir scheint, diese Langeweile, welche viele Menschen in den Gottesdiensten spüren, hat vor allem zwei Ursachen. Erstens weiß der Prediger de facto nichts über irgendwelche Götter und was diese von uns wollen. Wüsste der Pfarrer wirklich etwas über den Schöpfer der Welt, wäre die Kirche gerammelt voll. Tausende Wissenschaftler würden die Kirche belagern. In den Nachrichten würde über nichts anderes berichtet.
Zweitens sind weder die Texte der Bibel noch ihre Auslegungen besonders tiefsinnig. Wir versuchen angestrengt, tiefen Sinn in sie hineinzulesen und offensichtlichen Unsinn zu ignorieren. Wir sind heute in Europa überwiegend humanistisch eingestellt, und lesen nun angestrengt humanistische Dinge aus der Bibel heraus, etwa die Nächstenliebe. Jesus sehen wir heute gerne als ersten Humanisten, als antiken Verkünder der Menschenrechte. Jesus war jedoch ein Kind seiner Zeit und kein Humanist. Er war auch an den Menschenrechten, wie wir sie heute verstehen, nicht interessiert.
Dasselbe Spiel treiben wir mit den Frauenrechten. Wir sehen Jesus als antiken Verkünder der Frauenrechte (was er nicht war), oder lesen dazu passende Aspekte in die Verehrung von Maria hinein. Und so weiter.
Wir lesen Dinge in die Bibel hinein, die aus dem jeweiligen Zeitgeist kommen. Deshalb bringt sie uns keine neuen Dinge nahe, sondern bestätigt scheinbar Dinge, die wir bereits vor ihrer Lektüre für richtig hielten. Das ist für viele Menschen langweilig, und aus meiner Sicht eine mögliche Erklärung dafür, warum kaum jemand die Bibel liest.
Klugschnacker
02.01.2019, 15:15
Jesus war Jude. Er war jüdischen Glaubens. Er sah sich selbst nicht als einen Gott, dieser Gedanke wäre ihm ketzerisch und meschugge erschienen. Seine wichtigsten Botschaften und Anliegen waren:
• Das Reich Gottes kommt. Sein Kommen steht unmittelbar bevor. Darum ging er zum Ölberg Jerusalems, um dort auf dieses Ereignis zu warten. Das Gottesreich ist ein diesseitiges (nicht jenseitiges) Reich, eine Art Theokratie.
• Nur die vorzüglichsten Juden können Teil dieses Reichs werden. Alle anderen werden vernichtet.
• Jesus wollte die jüdischen Glaubensbrüder (nicht alle Menschen) auf dieses bevorstehende Gottesreich vorbereiten. Er wollte keine neue Religion gründen. Er wollte keine Kirche gründen.
Da das Reich Gottes jedoch wider Erwarten nicht kam, sondern Jesus stattdessen von den Römern als politischer Störenfried hingerichtet wurde, sagte Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?". Es war für die Juden damals offensichtlich, dass er sich geirrt hatte, und auch Jesus sah sein Scheitern ein. Darum wollten die Juden nach Jesu Tod von ihm nicht viel wissen.
Erst als Paulus, der Jesus nicht gekannt hatte, eine Generation später die ganze Geschichte stark umstrickte, interessierten sich Menschen dafür. Vor allem Heiden, kaum Juden. So entstand eine neue Religion, das Christentum, welches auf den Geschichten von Paulus basiert.
schoppenhauer
02.01.2019, 16:31
Ok Arne, dann ,glaube' ich dir das mal. :Huhu:
Auf jeden Fall deutet diese einfache, klare Sprache - kein Wort zu viel! - darauf hin, das du dich damit auskennst.
Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?".
Zwei Aspekte finde ich dabei besonders interessant:
Erstens: Die Kreuzigung Jesu spielt sich ab im Neuen Testament. Komischerweise finden wir im Alten Testament folgenden Vers:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens?" (Psalm 22,2 (https://www.bibleserver.com/text/EU/Psalm22,2))
Da hat wohl jemand abgeschrieben?
Und komischerweise fehlt dieser Satz bei Lukas und Johannes, den beiden späteren Evangelien. Nach deren Auffassung schickt es sich nicht, an Gottes Treue zu zweifeln. Bei denen betont Jesus stattdessen diese Treue (also das Gegenteil):
"Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist!". (Lukas 23,46 (https://www.bibleserver.com/text/LUT/Lukas23,46))
Aber, so ein Zufall, auch diesen Spruch finden wir in den Psalmen des Alten Testaments:
"Vater, in deine Hand befehle ich meinen Geist" (Psalm 31,6 (https://www.bibleserver.com/text/SLT/Psalm31,6))
Zweitens: Wie bei allen Legenden werden sie mit der Zeit immer wunderbarer. In den frühen Texten war Jesus kein Gott und bezeichnet sich auch nicht so, beispielsweise im Markus-Evangelium. Die Bezeichnung "Sohn Gottes" in diesen frühen Texten meint keine Verwandtschaft, sondern nur die Befolgung göttlicher Gebote. Jeder, der die Gebote befolgte, war in diesem Sinne ein "Sohn Gottes".
Je später die weiteren Evangelien verfasst wurden, desto göttlicher wurde Jesus, bis er schließlich bei Johannes selbst zu einer Gottheit wurde. Dadurch ändern sich auch die Szenen der Kreuzigung. Anstatt dass Jesus etwas widerfährt, handelt er selbst.
Bei Markus wird er nach dem Tod noch auferweckt (Gott handelt, Jesus ist passiv), während er bei Johannes alles in der Hand behält und über sein Leben sagt: "Niemand nimmt es von mir, sondern ich selbst lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und ich habe Macht, es wiederzunehmen".* (Johannes 10,18)
Noch später wurde Jesus mit Gott sogar identisch (Trinität, Konzil von Nicäa, 325 n.Chr.).
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* Was die theologische Frage aufwirft, ob Jesus wirklich tot war, wenn er während seines Todes in der Lage war, sich selbst zu erwecken.
Da das Reich Gottes jedoch wider Erwarten nicht kam, sondern Jesus stattdessen von den Römern als politischer Störenfried hingerichtet wurde, sagte Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?". Es war für die Juden damals offensichtlich, dass er sich geirrt hatte, und auch Jesus sah sein Scheitern ein. Darum wollten die Juden nach Jesu Tod von ihm nicht viel wissen.
Ich kenne mich mit der Bibel nicht sonderlich gut aus, obwohl mir natürlich diese letzten Worte bekannt sind. Nach meiner Information sollen sie die Menschlichkeit Jesu bekunden oder so ähnlich. Aber egal, was mich an dieser Stelle interessiert: Wie kommst du zu dem Schluss, dass ausgerechnet diese Aussage der Bibel der Wahrheit entspricht? Denn wenn man deinen Aussagen (an denen ich keine Zweifel habe) folgt, dann verhält es sich doch so:
Was wir von Jesus aus Nazareth wissen, passt locker auf eine DIN A5 Seite. Die meisten Informationen über Jesus sind Legenden und freie Erfindungen.
Ist die Vermenschlichung von Jesus vielleicht Teil eines gerissenen Plans von Paulus und den Evangelisten oder warum sollte ausgerechnet ein Satz, der ja einer Kapitulation gleichkommt, überliefert werden? Wird er vielleicht eingeflochten, um die Geschichte der Auferstehung noch gewaltiger wirken zu lassen?
Zwei Aspekte finde ich dabei besonders interessant:
...
Danke, sehr interessant und beantwortet meine Frage zum Teil bereits!
Jesus war Jude. Er war jüdischen Glaubens. Er sah sich selbst nicht als einen Gott, dieser Gedanke wäre ihm ketzerisch und meschugge erschienen. Seine wichtigsten Botschaften und Anliegen waren:
• Das Reich Gottes kommt. Sein Kommen steht unmittelbar bevor. Darum ging er zum Ölberg Jerusalems, um dort auf dieses Ereignis zu warten. Das Gottesreich ist ein diesseitiges (nicht jenseitiges) Reich, eine Art Theokratie.
• Nur die vorzüglichsten Juden können Teil dieses Reichs werden. Alle anderen werden vernichtet.
• Jesus wollte die jüdischen Glaubensbrüder (nicht alle Menschen) auf dieses bevorstehende Gottesreich vorbereiten. Er wollte keine neue Religion gründen. Er wollte keine Kirche gründen.
Da das Reich Gottes jedoch wider Erwarten nicht kam, sondern Jesus stattdessen von den Römern als politischer Störenfried hingerichtet wurde, sagte Jesus am Kreuz: "Gott, warum hast Du mich verlassen?". Es war für die Juden damals offensichtlich, dass er sich geirrt hatte, und auch Jesus sah sein Scheitern ein. Darum wollten die Juden nach Jesu Tod von ihm nicht viel wissen.
Erst als Paulus, der Jesus nicht gekannt hatte, eine Generation später die ganze Geschichte stark umstrickte, interessierten sich Menschen dafür. Vor allem Heiden, kaum Juden. So entstand eine neue Religion, das Christentum, welches auf den Geschichten von Paulus basiert.
Zwei Aspekte finde ich dabei besonders interessant:
Erstens: Die Kreuzigung Jesu spielt sich ab im Neuen Testament. Komischerweise finden wir im Alten Testament folgenden Vers:
"Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens?" (Psalm 22,2 (https://www.bibleserver.com/text/EU/Psalm22,2))
Da hat wohl jemand abgeschrieben?
Und komischerweise fehlt dieser Satz bei Lukas und Johannes, den beiden späteren Evangelien. Nach deren Auffassung schickt es sich nicht, an Gottes Treue zu zweifeln. Bei denen betont Jesus stattdessen diese Treue (also das Gegenteil):
"Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist!". (Lukas 23,46 (https://www.bibleserver.com/text/LUT/Lukas23,46))
Aber, so ein Zufall, auch diesen Spruch finden wir in den Psalmen des Alten Testaments:
"Vater, in deine Hand befehle ich meinen Geist" (Psalm 31,6 (https://www.bibleserver.com/text/SLT/Psalm31,6))
Zweitens: Wie bei allen Legenden werden sie mit der Zeit immer wunderbarer. In den frühen Texten war Jesus kein Gott und bezeichnet sich auch nicht so, beispielsweise im Markus-Evangelium. Die Bezeichnung "Sohn Gottes" in diesen frühen Texten meint keine Verwandtschaft, sondern nur die Befolgung göttlicher Gebote. Jeder, der die Gebote befolgte, war in diesem Sinne ein "Sohn Gottes".
Je später die weiteren Evangelien verfasst wurden, desto göttlicher wurde Jesus, bis er schließlich bei Johannes selbst zu einer Gottheit wurde. Dadurch ändern sich auch die Szenen der Kreuzigung. Anstatt dass Jesus etwas widerfährt, handelt er selbst.
Bei Markus wird er nach dem Tod noch auferweckt (Gott handelt, Jesus ist passiv), während er bei Johannes alles in der Hand behält und über sein Leben sagt: "Niemand nimmt es von mir, sondern ich selbst lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und ich habe Macht, es wiederzunehmen".* (Johannes 10,18)
Noch später wurde Jesus mit Gott sogar identisch (Trinität, Konzil von Nicäa, 325 n.Chr.).
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* Was die theologische Frage aufwirft, ob Jesus wirklich tot war, wenn er während seines Todes in der Lage war, sich selbst zu erwecken.
Puh - da bleibt nur ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass da doch nicht alles erfunden ist, was viele Menschen mit Jesus verbinden.
Arnes Ausführungen habe ich so ausgefasst, als wäre es historisch belegt, dass Jesus am Kreuz sagte "Gott, warum hast du mich verlassen?", während Jörns Ausführungen in Bezug auf diese Äußerungen für mich so klingen, als würde er es für sehr wahrscheinlich erachten, dass Jesus diese Worte nicht sagte.
Deal with it, es braucht ein Wunder, damit irgendetwas aus dem Rand des römischen Reiches vor 2000 Jahren ausführlich und verlässlich dokumentiert ist
m.
Deal with it, es braucht ein Wunder, damit irgendetwas aus dem Rand des römischen Reiches vor 2000 Jahren ausführlich und verlässlich dokumentiert ist
m.
Es gibt so einen in meinen Augen schönen Spruch:
Nehme niemals jemandem eine Illusion weg, es sei denn, du gibst ihm dafür was besseres.
Oder so ähnlich halt.
Keine Sorge - ich bin hart im Nehmen!
Trimichi
03.01.2019, 11:59
Das Phantasieren ist der einzige von einer ganzen Batterie an Ich-Abwehrmechanismen (Übersicht bei ZIMBARDO - Einführung in die Psychologie), der durchgelassen wird, also gem. Psychoanalyse nicht zur Verdrängung usw. führt. In short: Phantasieren ist in Ordnung, um die Realität besser bewältigen zu können aus wissenschaftlicher Sicht.
Wie ist es mit der Kunst bestellt nach wissenschaftlicher Sichtweise? Unterziehen wir die Kunst dem rationalen Fenster (rational window)? Auch hier müssten tausende Wissenschaftler hoffnungslos vor den zahlreichen Ausstellungen, Vernissagen und Gallerien scheitern - ähnlich wie bei Arnes Metapher die Wissenschaftler vor der Kirche, die Religion nicht verstehen können - da Kunst sich der rationalen Analyse entzieht. Indem Kunst "verrationalisiert" würde, würde man das Wesen der Kunst vernichten und den Zauber zerstören. Rationalisierung ist nach Sigmund und Anna Freud übrigens auch ein Ich-Abwehrmechanismus.
Was ich eigentlich schreiben wollte ist, dass ich gehofft hatte, Helmut erzählt ein bisschen mehr über Kant, den "Alleszermalmer". Diese Ausführungen interessierten auch mich sehr. :-)
denn: Die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten. (Kant; bekannt als die zweite Kernaussage [auch: kopernikanische Wende Kants genannt] neben der goldenen Regel bzw. dem kategorischen Imperativ).
Schönen Tag auch !
Klugschnacker
03.01.2019, 13:32
In short: Phantasieren ist in Ordnung, um die Realität besser bewältigen zu können aus wissenschaftlicher Sicht.
Gilt das für alle Phantasien? Bewirkt jedwede Phantasie eine bessere Bewältigung der Realität? Das wäre aus meiner Sicht noch zu klären.
Ich finde es in Ordnung, einen fiktiven, idealisierten Jesus in ein ebenso fiktives System wie die christliche Religion zu setzen. Es gibt viele solche fiktive Systeme, derer wir uns bedienen, wie beispielsweise die Menschenrechte oder das Geldsystem oder die Nationalstaaten.
Problematisch wird es erst dadurch, dass man diese Fiktionen mit der Wirklichkeit verwechselt. Ein 100.000-Euro-Aktienpaket ist in Wirklichkeit nichts wert, was jeder bestätigen wird, der einen Börsensturz mitgemacht hat. Sein Wert ist eine Fiktion, die ihre Grenzen hat.
Die Menschenrechte sind eine Fiktion, und damit auch ihre Details, welche Rechte das im Einzelnen sind. In gleicher Weise ist es eine erzieherische Fiktion, es sei da ein Gott im Himmel, der etwas gegen Verhütungsmittel habe.
Eine Verwechslung dieser Fiktionen mit der Wirklichkeit nennen wir Fundamentalismus. Wir haben heute bei diesem Begriff ein ungutes Gefühl. In einem Fundamentalisten sehen wir jemanden, der eine entscheidende Sache nicht richtig verstanden hat. Fundamentalismus lehnen wir ab, weil mit den Fundamenten der Religionen etwas nicht in Ordnung ist. Und dieses Fundament ist: Der absolute Wahrheitsanspruch einer Fiktion.
Hier wird jeder seine eigene Meinung haben. Für mich persönlich scheint es ein sinnvoller Weg zu sein, nachzusehen, was Jesus tatsächlich gesagt und gewollt hat, um die Fiktion wieder mit der Wirklichkeit zu verbinden.
:Blumen:
Ich würde mich besser fühlen, wenn die Priester über die Vorzüge der Phantasie referiert hätten, bevor sie dabei ertappt wurden, alles nur erfunden zu haben.
Denn komischerweise haben sie zuvor immer behauptet, es handele sich um Tatsachen:
Paulus: "Danach [nach der Auferstehung] ist er [Jesus] gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden." (1. Korinther 15, 6-8 (https://www.bibleserver.com/text/LUT/1.Korinther15,6-8))
Wenn alles nur schöne Phantasie und noble Kunst ist, stellen sich weitere Fragen, die ich mal mit zwei Bildern umschreibe:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2e/Witch_Burning.jpg
https://mapio.net/images-p/122027790.jpg
Klugschnacker
03.01.2019, 14:46
Wie kommst du zu dem Schluss, dass ausgerechnet diese Aussage der Bibel der Wahrheit entspricht?
Nicht ich selbst komme zu diesem Schluss, sondern Historiker, die ich gelesen habe. Wie immer gibt es jedoch auch andere Meinungen.
Wenn eine Aussage Jesu oder eine Begebenheit seines Lebens auch von nichtchristlichen Quellen belegt wird, gewinnt sie an Überzeugungskraft. Insofern gilt die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer als recht wahrscheinlich, ebenso sein Tod am Kreuz.
Jesus war Jude und kannte die jüdische Tora mitsamt den darin enthaltenen Prophezeiungen. Er glaubte fest daran, dass das dort vorausgesagte Gottesreich (auf Erden) kommen würde, und zwar sehr bald. Vor diesem Hintergrund sind seine Handlungen nachvollziehbar, beispielsweise, dass er sich zunächst weigerte, nichtjüdische Kinder zu heilen. Denn sie würden nach seiner Überzeugung ohnehin nicht am irdischen Gottesreich teilnehmen können. Er verglich sie mit Hunden, denen man nicht das Brot hinwerfen solle (Mt 15, 21-28).
21 Jesus ging weg von dort und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. 22 Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. 23 Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her! 24 Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. 25 Doch sie kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! 26 Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen. 27 Da entgegnete sie: Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28 Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.
Denn das Gottesreich war nach der Tora und damit auch nach der Überzeugung Jesu allein den Juden vorbehalten. Deshalb sagt Jesus im Matthäusevangelium, dass nur die Juden missioniert werden sollen (Mt 10, 5-8).
Geht nicht zu den Heiden (Nichtjuden), und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht und verkündet. Das Himmelreich ist nahe.
Weil für Jesus die irdische Gottesherrschaft unmittelbar bevorstand, machte es für ihn keinen Sinn, Nichtjuden zu heilen oder zu missionieren. Denn Nichtjuden würden ohnehin nicht ins Gottesreich kommen, sondern vernichtet werden.
Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, dass Jesus nicht damit gerechnet hat, von den Römern hingerichtet zu werden. Sein Ausspruch "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" ist zudem in aramäischer Sprache, der Muttersprache Jesu, überliefert. Die Autoren der Bibel schrieben jedoch griechisch. Außerdem passt das Eingeständnis seines Scheiterns nicht in die erst später entstandene christliche Denkweise. Der Ausspruch wurde daher von späteren christlichen Autoren korrigiert, weil dort der Gekreuzigte eine Gottheit sein soll.
Der Ausspruch passt aber zur jüdischen Denkweise und der Tora. Jesus war gläubiger Jude. Er sah sich als König der Juden, welcher in der Tora weis gesagt wurde, also als einen Menschen. Aufgrund dieses politischen Anspruchs, König des jüdischen Bevölkerungsanteils zu sein, wurde er von den Römern zum Tod verurteilt.
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Mancher wird sich daran stören, wenn Jesus als jemand dargestellt wird, der sinngemäß rief: "DAS ENDE IST NAH! FOLGT MIR ALLE NACH!!!". Wir haben heute mehr Erfahrung mit Heilsversprechen und Endzeitvisionen, als Jesus und seine Mitmenschen haben konnten. Darauf sollten wir uns nichts einbilden, auch wenn wir mit Fug und Recht feststellen dürfen, dass er sich nunmal geirrt hat: Das Reich Gottes kam nicht. Jesus war ein Kind seiner Zeit, genauso wir wir Kinder unserer Zeit sind, die seitdem 2000 Jahre Fortschritt hinter sich gebracht hat.
Auch wenn Jesus sich geirrt hat, wenn er religiösen Fantasien unterlag, wenn er mit Menschenrechten und universaler Nächstenliebe nichts am Hut hatte: Das bedeutet nicht, dass alles falsch gewesen wäre, was er gesagt hat oder gesagt haben soll. Wir müssen Legenden, Irrtümer und Dinge, die wir heute als moralisch falsch erkannt haben, von seinen guten und nachdenkenswerten Seiten trennen. So wie wir das auch bei Sokrates, Kant, Gandhi oder Einstein tun. Dabei können wir doch eigentlich nur gewinnen, oder?
:Blumen:
shinnen akemashite, omedetou gozaimasu ... :Huhu:Bewirkt jedwede Phantasie eine bessere Bewältigung der Realität?
[...]
Es gibt viele solche fiktive Systeme, derer wir uns bedienen, wie beispielsweise die Menschenrechte oder das Geldsystem oder die Nationalstaaten.
Problematisch wird es erst dadurch, dass man diese Fiktionen mit der Wirklichkeit verwechselt.
Ich möchte da gerne allgemeiner von gedanklichen Modellen zur harmonischen Anordnung unserer Wahrnehmungen sprechen.
Würdest du mir zum neuen Jahr ein Stück Wirklichkeit jenseits solcher Modelle schenken ... ? :Blumen:
Ich denke der Physiker hat o.g. Anordnung unter Zuhilfenahme des vom Mathematiker zur Verfügung gestellten Werkzeuges perfektionistisch auf die Spitze getrieben.
Damit ist hier wohl auch die von dir angesprochene Verwechslungsgefahr am allergrößten.
Ebenso wie die latente Ignoranz oder Aversion gegenüber außerhalb der aktuellen Modelle sich Befindlichem.
Trimichi
03.01.2019, 15:40
Gilt das für alle Phantasien? Bewirkt jedwede Phantasie eine bessere Bewältigung der Realität? Das wäre aus meiner Sicht noch zu klären.
Hi Arne :) ,
der eine sieht in einem Klecksbild (Rorschachtest) große, wohlgeformte Brüste, der andere womöglich eine Blumenwiese, der dritte Erbrochenes und so weiter und so weiter. Wie viele Menschen stellen sich vor eine Atombombe auf den nahen Osten zu werfen? Es sind viele. Wo aber ist das Problem? Es bleibt ja bei der Phantasie.
Allerdings glaube ich zu denken was du meinst. Ab wann wird eine Phantasie gefährlich? Freud prägte den Begriff Sublimation, eine Kanalisierung der Triebenergie aus dem Es (dem Unbewussten) in gesellschaftlich anerkannte Bahnen. Als ein Musterbeispiel für Sublimation wurde Kunst genannt.
Solange es bei der Phantasie bleibt...-
Natürlich wird man bei "Gefährdern" schon genauer hinschauen müssen, welche Phantasien sich manifestieren. Oder bei Pädophilen, die Material im Internet tauschen. Dafür gibt es die entsprechenden Behörden.
Man müsste, um Deine Frage befriedigend zu beantworten, Kriterien festlegen, ab wann eine Phantasie bedenklich wird. Bitte Gnade, verschone mich. :Blumen: Um dieser Frage nachzugehen, müsste man m.M.n. ganze Archive voll mit psychologischen Tests bemühen, die die entsprechenden Fragen enthalten. Zum Beispiel zur Faschismusskala (F-Skala), deren Score sich aus verschiedenen Fragen zur autoritären Persönlichkeit zusammensetzt.
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Kurz F-Skala "gegurgelt" und aus Wiki nach hier copy & paste, um eine Vorstellung einzufangen.
Die F-Skala enthält neun Bereiche (sog. Subskalen)[1]:
Konventionalismus. Starre Bindung an die konventionellen Werte des Mittelstandes.
Autoritäre Unterwürfigkeit. Unkritische Unterwerfung unter idealisierte Autoritäten der Eigengruppe.
Autoritäre Aggression. Tendenz, nach Menschen Ausschau zu halten, die konventionelle Werte missachten, um sie verurteilen, ablehnen und bestrafen zu können.
Anti-Intrazeption. Abwehr des Subjektiven, des Phantasievollen, Sensiblen.
Aberglaube und Stereotypie. Glaube an die mystische Bestimmung des eigenen Schicksals, die Disposition in rigiden Kategorien zu denken.
Machtdenken und „Kraftmeierei“. Denken in Dimensionen wie Herrschaft - Unterwerfung, stark - schwach, Führer-Gefolgschaft; Identifizierung mit Machtgestalten; Überbetonung der konventionalisierten Attribute des Ich; übertriebene Zurschaustellung von Stärke und Robustheit.
Destruktivität und Zynismus. Allgemeine Feindseligkeit, Diffamierung des Menschlichen.
Projektivität. Disposition, an wüste und gefährliche Vorgänge in der Welt zu glauben; die Projektion unbewusster Triebimpulse auf die Außenwelt.
Sexualität. Übertriebene Beschäftigung mit sexuellen „Vorgängen“.
Klugschnacker
03.01.2019, 18:44
Ich möchte da gerne allgemeiner von gedanklichen Modellen zur harmonischen Anordnung unserer Wahrnehmungen sprechen.[…]
Ich denke der Physiker hat o.g. Anordnung unter Zuhilfenahme des vom Mathematiker zur Verfügung gestellten Werkzeuges perfektionistisch auf die Spitze getrieben. Damit ist hier wohl auch die von dir angesprochene Verwechslungsgefahr am allergrößten.
Du hast Recht, die physikalischen Beschreibungen der Wirklichkeit sind nicht die Wirklichkeit selbst. Aus diesem Grund wird kein physikalisches Gesetz zum unantastbaren Dogma erhoben, sondern muss sich einer kritischen Überprüfung stellen. Das ist ein fundamentaler wissenschaftlicher Grundsatz.
Ebenso wie die latente Ignoranz oder Aversion gegenüber außerhalb der aktuellen Modelle sich Befindlichem.
Die meisten Atheisten werden sofort zum Gottesglauben überwechseln, sobald ein überzeugender Beweis dafür vorgelegt wird. Ihr Atheismus liegt nicht an der Ignoranz oder an Aversionen der Skeptiker gegenüber dem Mystizismus, sondern am Fehlen überzeugender Beweise. Oder wenigstens Plausibilität.
Mir scheint, Flow, dass es hier wieder um den Konflikt zwischen verschiedenen Wahrheitsbegriffen geht. Du scheinst es für möglich zu halten, dass religiöse Behauptungen wie Himmel, Hölle, Jenseits etc. wahr sind. Damit das trotz aller Widersprüche und dem Fehlen von Belegen möglich ist, möchtest Du alternative Vorstellungen von Realität einführen. Verstehe ich Dich da ungefähr richtig?
Jesus ist eine idealisierte Figur. Er hat in dieser idealisierten, vergöttlichten Form nicht existiert. Er hat für uns einen Bedeutung in dieser idealisierten Form, als Legende. Wir kennen das in vielfältiger Form. Etwa in der Geschichte von Ikarus, welcher auf Adlerschwingen der Sonne zu nah kam und abstürzte.
Für die Aussage dieser Legende ist es völlig unerheblich, ob Ikarus tatsächlich auf Vogelschwingen so hoch flog, dass er der Sonne zu nahe kam. Wir verstehen diese Metapher von der Hochmut des Menschen auch ohne uns zu vergewissern, ob Ikarus die erforderliche Flughöhe tatsächlich erreicht haben kann (natürlich nicht).
Erst wenn behauptet wird, das alles habe sich tatsächlich zugetragen, geht die Geschichte kaputt. Aus Sinn wird Unsinn. Legt man den wissenschaftlichen Realitätsbegriff zugrunde, ist es absoluter Quatsch, dass Ikarus sich an der Sonne verbrannt haben soll. Sinn macht diese Legende nur unter dem literarischen Wahrheitsbegriff. Dasselbe gilt für die Legenden von Jesus.
Nicht ich selbst komme zu diesem Schluss, sondern Historiker, die ich gelesen habe. Wie immer gibt es jedoch auch andere Meinungen.
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Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, dass Jesus nicht damit gerechnet hat, von den Römern hingerichtet zu werden. Sein Ausspruch "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" ist zudem in aramäischer Sprache, der Muttersprache Jesu, überliefert. Die Autoren der Bibel schrieben jedoch griechisch. Außerdem passt das Eingeständnis seines Scheiterns nicht in die erst später entstandene christliche Denkweise. Der Ausspruch wurde daher von späteren christlichen Autoren korrigiert, weil dort der Gekreuzigte eine Gottheit sein soll.
Der Ausspruch passt aber zur jüdischen Denkweise und der Tora. Jesus war gläubiger Jude. Er sah sich als König der Juden, welcher in der Tora weis gesagt wurde, also als einen Menschen. Aufgrund dieses politischen Anspruchs, König des jüdischen Bevölkerungsanteils zu sein, wurde er von den Römern zum Tod verurteilt.
......
Ich würde gerne mal die Gegenposition darstellen. Die letzten Worte Jesus: "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen" sind der Anfang eines Psalm 22 (https://www.bibleserver.com/text/EU/Psalm22) aus dem alten Testament, der den Evangelisten sicher bekannt war. Der soll damals auch in einer Aramäischen Übersetzung vorgelegen haben. Diese Worte sind für die Lehre der katholischen Kirche recht zentral und haben sich mir auch im kath. Reliunterricht fest eingeprägt. Die Kirche interpretiert sie im Zusammenhang mit dem Psalm im AT.
"Die traditionelle Exegese liest diese Worte als letzte Botschaft Jesu, mit der er seinen Kreuzestod deutet sowie seinen Jüngern letzte Weisungen gibt.
In der kritischen Auslegung wird angenommen, diese Aussprüche seien spätere Konstrukte, mit denen die frühe Kirche ihre Theologie festigte. Diese Annahme beruht auf der Sichtweise, dass Angehörigen kein Zugang zur Kreuzigung gewährt wurde, und somit keine Überlieferung letzter Worte möglich sei."
https://de.wikipedia.org/wiki/Sieben_letzte_Worte
Klugschnacker
03.01.2019, 19:11
Die traditionelle Exegese liest diese Worte als letzte Botschaft Jesu, mit der er seinen Kreuzestod deutet sowie seinen Jüngern letzte Weisungen gibt.
Zwei Einwände:
1. Wenn er seinen Jüngern vor seinem Tod letzte Anweisungen gab, hat er offensichtlich nicht mit seiner Wiederauferstehung gerechnet. Doch das geht ja irgendwie auch nicht, sofern er mit dem allwissenden Gott identisch sein soll.
2. Es handelt sich beim Ausruf "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" nicht um eine Anweisung. Oder sieht da jemand eine Anweisung, mit der seine Jünger etwas hätten anfangen können? Immerhin standen diese vor einem sehr großen und komplexen Problem. Jesus sagte ihnen, sie sollen wegen des unmittelbar bevorstehenden Gottesreiches auf Erden ihren gesamten Besitz aufgeben und ihre Familien verlassen. Außerdem hätten sie andere anzustiften, dasselbe zu tun. Nun sehen sie, dass der selbsternannte König der Juden am Kreuz hängt. Da ist Jesu Ausruf sicher keine adäquate Anweisung.
Zwei Einwände:
1. Wenn er seinen Jüngern vor seinem Tod letzte Anweisungen gab, hat er offensichtlich nicht mit seiner Wiederauferstehung gerechnet. Doch das geht ja irgendwie auch nicht, sofern er mit dem allwissenden Gott identisch sein soll.
2. Es handelt sich beim Ausruf "Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" nicht um eine Anweisung. Oder sieht da jemand eine Anweisung, mit der seine Jünger etwas hätten anfangen können? Immerhin standen diese vor einem sehr großen und komplexen Problem. Jesus sagte ihnen, sie sollen wegen des unmittelbar bevorstehenden Gottesreiches auf Erden ihren gesamten Besitz aufgeben und ihre Familien verlassen. Außerdem hätten sie andere anzustiften, dasselbe zu tun. Nun sehen sie, dass der selbsternannte König der Juden am Kreuz hängt. Da ist Jesu Ausruf sicher keine adäquate Anweisung.
Es ging mir nur um die Frage, ob die letzten Worte historisch als belegt gelten oder nicht. Da scheinen mir die Argumente, damals wäre die Anwesenheit Angehöriger am Kreuz nicht üblich gewesen, die Worte: Mein Gott, ..." würden sich auf einen Psalm im AT beziehen, aramäische Übersetzungen des AT hätten vorgelegen, recht überzeugend und eher für die erzählerische Schöpfergabe der Evangelisten zu sprechen.
Der Wiki-Verfasser würde vermutlich anführen, dass er "mit der er seinen Kreuzestod deutet sowie seinen Jüngern letzte Weisungen gibt" schrieb, und der Psalm zur Deutung gehört, die er dann im nächsten Abschnitt ausührt. (Hast Du das gelesen?).
Nach der Lehre und der Bibel sagte Jesus am Kreuz zu dem einen Verbrecher auch: "Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein." Ob das nun im Widerspruch steht zur Wiederauferstehungslehre oder nicht, ich weiss es nicht. Gelehrt wurde mir, dass Gott eben durch seinen Sohn Jesus auch Mensch wurde und als Mensch und Gottes Sohn am Kreuz starb. Als Mensch gewordener Gottes Sohn wusste er nichts von seiner baldigen Wiederaufstehung, der Lehre nach.
die Worte: Mein Gott, ..." würden sich auf einen Psalm im AT beziehen, aramäische Übersetzungen des AT hätten vorgelegen, recht überzeugend und eher für die erzählerische Schöpfergabe der Evangelisten zu sprechen.
Soweit ich das mal verstanden habe vor langer Zeit im Reliunterricht, bezieht sich doch das komplette Leben und Wirken von Jesu auf das alte Testament. Er hat die Vorhersagen wahr gemacht.
Dann wurde in den Evangelien natürlich noch auf die Zielgruppen eingegangen, und deren Erwartungen adaptiert (Griechen usw.).
Also Marketing at it's best.
Ich glaub ihr seit doch einer Meinung. :)
Mädels und Jungs - jetzt müsst ihr vielleicht ein wenig stark sein und über Euren Schatten springen.
Ich habe was entdeckt - also mehr oder weniger zufällig.
KenFM im Gespräch mit: Franz Alt ("Was Jesus wirklich gesagt hat")
https://www.youtube.com/watch?v=lNoXG4QZDmY
Das ziehe ich mir jetzt rein in der Hoffnung, das der Franz Alt ordentlich recherchiert hat.
Nachtrag:
Zitat:
Günther Schwarz (* 12. Februar 1928 in Hamburg; † 9. Juli 2009 in Wagenfeld) war ein deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Philologe der Aramaistik. Er veröffentlichte acht Bücher über Varianten der Übersetzungen der Worte Jesu und erarbeitete eine in der Fachwelt allerdings nicht rezipierte „Rückübersetzung“ aus dem Griechischen ins Aramäische, das Jesus-Evangelium.
Zitatende
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnther_Schwarz_(Theologe)
Zitat:
Seine Methode der Rück- und Neuübersetzung führte Günther Schwarz zu folgenden Schlüssen:
1. Jesus habe alle seine Worte, Spruchgruppen, Lehrgedichte und Gleichnisse poetisch geformt, wobei er aus dem Alten Testament bekannte poetische Formen aufgegriffen und weiterentwickelt habe, wie Reim, Wortspiel, Rhythmus sowie verschiedene Arten der Übereinstimmung von Satzgliedern.
2. Die ursprüngliche Übersetzung aus dem Aramäischen ins Griechische sei an vielen Stellen falsch. Es sei willkürlich weggelassen und hinzugefügt worden, was heute noch durch einen Vergleich der Evangelientexte zu erkennen sei. So entstanden nach Schwarz’ These die christliche „Drohbotschaft“ mit ewiger Verdammnis, Hölle, Sündenvergebung durch Priester oder Zölibat sowie eine Vielzahl von Ge- und Verboten. Die ursprüngliche Lehre Jesu wurde nach seiner These dabei immer mehr verschüttet und entstellt.
Die Ergebnisse seiner Untersuchungen dokumentierte er in seiner Neuübersetzung neutestamentlicher Texte von 1993, Das Jesus-Evangelium.[1] Beispiele:
* Der Heilige Geist, der „wie eine Taube“ auf Jesus herabkommt, beruhe auf einer bestimmten Vokalisation des Aramäischen. Eine alternative Vokalisation ergebe, nun verständlich, dass der Heilige Geist „geradewegs“ auf den Herrn herabkomme[2]
* Das Abendmahl beruhe auf einer Fehlübersetzung: Statt des präsentischen „Das ist mein Leib“ sei futurisch zu übersetzen:
„Gerade dieses ‚ist‘ aber bot die Möglichkeit, das Wortpaar Fleisch und Blut sakramental zu deuten (‚Dies ist mein Fleisch / mein Blut‘), statt wie es Jesus meinte, das Brechen des Brotes und das Vergießen des Weines zu deuten (‚Dies wird meinem Fleisch / meinem Blut geschehen‘).“[3]
Zitatende
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnther_Schwarz_(Theologe)
(Die Form der textlichen Darstellung habe ich nach dem Kopieren leicht verändert.
Statt Punkte, die mittig platziert sind im Wikipediatext, habe ich Sternchen eingefügt (*))
Website von Dr. Phil. Günther Schwarz:
Zitat:
Was wollte, tat und sprach Jesus wirklich?
Diese Internetseite ist dem Lebenswerk und Andenken des evangelischen Theologen und Aramäischforschers Dr. phil. Günther Schwarz (1928-2009) gewidmet. Sie wurde ins Leben gerufen, um der von Dr. Schwarz so bezeichneten „Kirchenkrankheit“ entgegenzuwirken und seine Arbeiten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Unter „Kirchenkrankheit“ verstand Günther Schwarz das bedingungslose, jeden noch so klar begründeten Einwand ignorierende Festhalten der Kirche an fehlerhaft überlieferten Texten. Jedem, der sich von der Lehre und den Worten Jesu, seiner Botschaft der Liebe angesprochen fühlt, ob studierter Theologe oder nicht, sei die Arbeit von Dr. Schwarz ans Herz gelegt.
Zitatende
Quelle: http://www.jesus-forscher.de/
Zitat:
Rezeption und Kritik
* Alts Jesusbild wird nach Darstellung von Micha Brumlik von manchen Theologen als "einseitige und wohlfeile Projektion aktueller ideologischer Vorstellungen" kritisiert: der pazifistische Jesus, der ökologische Jesus, der feministische Jesus. Darüber hinaus werde ihm vorgeworfen, er spiele den Gott des Neuen Testaments als „Gott der Liebe“ gegen den Gott des Alten Testaments als „Gott der Rache und des Krieges“ aus, was nicht nur Juden und Vertreter des jüdisch-christlichen Dialogs als antijudaistisches und antisemitisches Gedankengut kritisieren würden.[16] Noch weiter geht Fritz Rumler in seiner Kritik an Alts Werk Jesus – der erste neue Mann, aufgrund dessen er Alt "sektiererisches Sendungsbewusstsein" attestierte: „Denn unter den verschiedenen Titeln quillt immer die gleiche Suada, aus Bekennerwut und Bekehrungsfieber, Hochmut des Gerechten und Zerknirschung des Sünders, Ratio-Feindlichkeit, New-Age-Besserwisserei samt Katalog der Katastrophen; eine spirituelle Anbauküche, in der es nach Sektierertum und Gestern riecht.“[17]
* Nach Ansicht seiner Kritiker versäumt Alt die klare Abgrenzung zu rechtsextremen Ideologien (siehe Veröffentlichungen u. a. in der Nationalzeitung). Er nehme damit in Kauf, dass sein prominenter Name für die Imagewerbung rechtsextremer Organisationen benutzt werde. Alt entgegnet den Vorwürfen, dass er selbst mit rechtsextremen Organisationen nichts zu tun habe, dass man sich mit ihnen aber auch auseinandersetzen müsse, da die dortigen Mitglieder und die Leser dieser Zeitungen auch Menschen seien. Die ehemalige Grünenpolitikerin Jutta Ditfurth stellte Alt als Rechtsextremisten dar und bezeichnete ihn als „chronisch lächelnden Antisemiten“ und „scheinheilig“.[18]
* Christoph Scheuring schrieb Alt einen prophetischen Habitus zu: „Andächtig hobelt er seine Sinnsprüche vom großen Weisheitsklotz, und jeder Satz ist ein moralisches Ausrufezeichen. »Wer, wenn nicht wir, und wann, wenn nicht jetzt?« fragte er von seiner Kanzel.“[19]
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Alt_(Journalist)
(Die Form der textlichen Darstellung habe ich nach dem Kopieren leicht verändert.
Statt Punkte, die mittig platziert sind im Wikipediatext, habe ich Sternchen eingefügt (*))
Wie man hoffentlich gemerkt haben dürfte, wurde ich beim Anschauen des Interviews skeptisch und habe angefangen ein bisschen zu recherchieren.
Zuerst halt man das so ziemlich naheliegendste also Wikipediaartikel u.ä..
D.h. nicht, dass ich Wikipedia vertraue, aber wenn man dort nachliest, kriegt man zumindest relativ schnell mit, inwiefern es da bestimmte Vorwürfe gibt oder halt nicht.
Die ersten 35 Minuten habe ich gesehen.
Jebsen hat mir da viel zu wenig kritisch hinterfragt.
Ich lasse das aber alles mal hier.
Wenn es jemanden sehr stört, kann er ja Bescheid sagen.
Warum schaust Dir Dir ausgerechnet das Zeug von Ken Jebsen an? Der lebt doch von kruden Verschwörungstheorien.
Warum schaust Dir Dir ausgerechnet das Zeug von Ken Jebsen an? Der lebt doch von kruden Verschwörungstheorien.
Das wird oft und von recht vielen behauptet, aber ich habe ein anderes Bild von ihm.
Ich gebe zu, dass mich dieses Interview sehr skeptisch gemacht hat, aber ich habe von Jebsen auch schon recht viele andere Beiträge gesehen und gehört, da war das nicht so.
also gut, es gibt Jahrhunderte von dem was früher mal "Leben Jesu"- Forschung hieß, das Ergebnis ist die DIN A 5 Theorie, m.a.W.: es gibt fast nichts gesichertes, ist eben so
m.
Ich habe mir von dem Gespräch einfach mehr erwartet.
Ein Teil des Titels (Franz Alt ("Was Jesus wirklich gesagt hat")) versprach in meinen Augen deutlich mehr als dabei letztlich herausgekommen ist.
Jebsen hat Alt nicht gelöchert dahingegen, woher er das alles konkret weiß, was er da aufgeführt hat in Bezug auf Jesus.
Alt erwähnte mehrfach Günther Schwarz, der sich mit den Bibeltexten beschäftigte sie rückübersetzte (was immer darunter zu verstehen ist) und anschließend wieder übersetzte und dann zu angeblich anderen Botschaften kam.
Das hätte Jebsen tiefgehend hinterfragen sollen, finde ich.
Vielleicht konnte er das aber nicht, weil er sich selbst nicht genügend auf das Interview vorbereitet hatte bzw. nicht genug an Wissen hatte in Bezug auf Schwarz und seine Methode sich mit Bibeltexten zu befassen.
Knapp 1h und 15 Minuten des Gespräches habe ich mir bis jetzt (5.01.2019 4:11 Uhr) angeschaut.
Vielleicht kommt dann doch noch ein Part, wo Jebsen intensiver hinterfragt, aber es würde mich überraschen.
Gute Nacht!
Noch ein Nachtrag:
Jutta Ditfurth unterstellte Franz Alt böses laut dem Wikipediaartikel zu ihm.
Von der habe ich einen Fernsehbeitrag gesehen, der mich ihr gegenüber äußerst skeptisch gemacht hat.
Das war in 3sat zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=2g6DDiOE9kc&t=95s
Und noch ein Nachtrag:
Jebsen hat einige Zeit ziemlich viel mit Elsässer gemacht.
Soweit ich weiß, haben sich ihre Wege getrennt.
Ich vermute Elsässer hat sich Jebsen eindeutig wesentlich zu weit nach rechts gelehnt.
Vielleicht ist er auf Elsässer hereingefallen.
Arg viel dürfte er zu der Trennung nicht gesagt haben.
Ich habe zumindest fast nichts gefunden.
Das kann ich zwar jetzt leicht behaupten, aber rein (!) gefühlsmäßig habe ich Elsässer immer viel weniger über den Weg getraut als Jebsen.
Was Ditfurth da in dem Beitrag an Argumenten aufführte und wie sie ihre Meinung begründete wirkte auf mich auf der einen Seite unheimlich arrogant und auf der anderen Seite lächerlich in Bezug auf die aufgeführten Begründungen.
Sie hatte beef mit Elsässer.
Das weiß ich.
Hier sagt Jebsen was dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=YUw1DppwIeo
Bevor ich jetzt endlich Laufen gehe, will ich hier noch einen Link hinterlassen.
Paul Schreyer erklärt u.a. einen Begriff, den ich bisher nicht kannte, - Kontaktschuld.
Zitat:
26. Januar 2017 — Ein beliebtes Mittel der Kritik besteht darin, jemanden mit Personen zu verknüpfen, die in schlechtem Ruf stehen. Wissenschaftlich nennt man das „Assoziationstäuschung“ oder einfacher gesagt: „Kontaktschuld“. Auf Wikipedia heißt es dazu:
„Statt den Diffamierten selbst zu zitieren, sein Handeln zu charakterisieren, seine Beweggründe zu nennen, werden Orte, an denen er sich aufgehalten oder Personen, mit denen er gesprochen hat, (…) politisch verdächtigt und sodann ein Rückschluss auf die politische Einstellung des Angegriffenen selbst gezogen.“
Quelle: https://paulschreyer.wordpress.com/2017/01/26/in-eigener-sache-paul-schreyer-ken-jebsen-juergen-elsaesser-compact-und-die-querfront/
Angenehmen Tag!
Hoffentlich letzter Nachtrag:
Ich habe mir das Interview mit Franz Alt jetzt komplett angesehen (https://www.youtube.com/watch?v=lNoXG4QZDmY).
Wer sich davon Erkenntnisse verspricht, was Jesus tatsächlich sagte, der muss mehr oder weniger den Worten von Franz Alt trauen.
Jebsen hinterfragt seine diesbezüglichen Äußerungen fast nicht oder gar überhaupt nicht.
Alt selbst weißt lediglich daraufhin, dass er sich mit den Arbeiten von Günther Schwarz beschäftigte, der Bibeltexte rückübersetzte.
Er kam so zur Ansicht, dass in der traditionellen Bibel Übersetzungsfehler den Inhalt verfälscht haben.
Es gibt eine Website, wo man sich mit der Arbeit von Günther Schwarz beschäftigen kann.
Dort findet man auch Erklärungen zum Thema Rückübersetzung (http://www.jesus-forscher.de/).
Die Frage, was Jesus wohl wollte, zeigt bereits, dass es eine menschliche Fiktion ist.
Bei einem allmächtigen Gott, der tatsächlich existiert, gäbe es überhaupt keine Frage, was er wohl wollte. Denn wir würden es sehen. Ein existierender Gott würde seinen Willen einfach in die Tat umsetzen.
Wer hindert Jesus daran, seinen Willen zu 100% umzusetzen? Ich jedenfalls hindere ihn nicht daran. Und ich kenne auch sonst niemanden, der ihn daran hindert.
Was hat Jesus getan, um seine angebliche Vision von Menschlichkeit und Gerechtigkeit umzusetzen? Antwort: Er hat damals in Palästina nichts getan, und er hat auch bis heute nichts getan. Denn sonst würden wir es sehen.
Die Hin-und-Her-Übersetzerei geht von der Idee aus, dass die Welt sich anders entwickelt hätte, wenn die Worte nur richtig verstanden und befolgt worden wären. Es ist der Versuch, zu rekonstruieren, was wir verpasst haben, um es vielleicht nachträglich in die Tat umzusetzen.
Aber das Problem sind nicht die fehlenden Worte der Bibel, sondern die fehlenden Taten von Gott.
Es ist überhaupt nicht zutreffend, dass wir alle mit angehaltenem Atem darauf warten würden, dass uns jemand von einer gerechten Welt erzählt, in der es kein Leid und keinen Hunger gibt. Das wissen wir alles. Was hingegen fehlt ist jemand, der es verwirklicht.
Offenbar kann oder will Jesus das nicht für uns tun.
Rein theoretisch könnte es doch sein, dass ein allmächtiger Gott darauf verzichtet seine Macht in der Welt, wie wir sie kennen, auszuüben.
So ließe er uns die Freiheit die Ereignisse und Abläufe selbst maßgeblich zu beeinflussen und zu gestalten.
Ein solcher Gott könnte uns von seinen Werten Anteil nehmen lassen, indem er uns wissen lässt, was er für gut und richtig hält und warum das so ist.
Wir hätten die Freiheit uns zu entscheiden, ob wir ihm überhaupt folgen und wie intensiv das geschähe.
Bei all dem Leid, was es auf der Erde gibt, hätte ich natürlich auch viele Fragen an einen solchen Gott.
Ich würde von ihm wissen wollen, warum er das zulässt.
Ich würde ihn fragen, warum es so viel Leid gibt und in der Vergangenheit gab, was er ja als ein allmächtiger und gütiger Gott hätte verhindern können.
So ließe er uns die Freiheit die Ereignisse und Abläufe selbst maßgeblich zu beeinflussen und zu gestalten.
Ein solcher Gott könnte uns von seinen Werten Anteil nehmen lassen, indem er uns wissen lässt, was er für gut und richtig hält und warum das so ist.
Das ist ein interessanter Punkt. Gott lässt uns die Freiheit.
Aber dieses Argument setzt die Freiheit voraus; es funktioniert nur, wenn die Freiheit tatsächlich vorhanden ist. Aber ist sie tatsächlich vorhanden?
Was würde beispielsweise Jesus einem Sklaven raten? Oder einem missbrauchten Kind? Oder einem unheilbar Kranken? Würde er sagen: "Siehe, dieses sind meine Worte, korrekt übersetzt. Und nun sieh zu!"
Der Sklavenhalter kann in Freiheit darüber nachdenken, ob er sich korrekt an die Gebote hält. Aber der Sklave?
Großes Leid besteht oft darin, dass keine Freiheit besteht, sich gegen dieses Leid zu wenden. Was würde Jesus einem Juden raten, der von den Römern gekreuzigt wird?
Wenn Jesus uns eine freie Entscheidung ermöglichen möchte, dann muss er uns zuerst frei machen. Aber auch dies scheint nicht funktioniert zu haben.
Klugschnacker
06.01.2019, 22:47
... mal ganz abgesehen vom Leid der Tiere, für das es ebenfalls eine Erklärung braucht. Tiere leben in einer Welt von unfassbarer Grausamkeit. Warum? Wohl kaum um zu sehen, ob sie freien Willens Jesus nachfolgen. Ins Jenseits kommen sie mangels einer unsterblichen Seele ebenfalls nicht. Was haben sie dem allmächtigen Gott getan?
:8/
Das ist ein interessanter Punkt. Gott lässt uns die Freiheit.
Aber dieses Argument setzt die Freiheit voraus; es funktioniert nur, wenn die Freiheit tatsächlich vorhanden ist. Aber ist sie tatsächlich vorhanden?
Was würde beispielsweise Jesus einem Sklaven raten? Oder einem missbrauchten Kind? Oder einem unheilbar Kranken? Würde er sagen: "Siehe, dieses sind meine Worte, korrekt übersetzt. Und nun sieh zu!"
Der Sklavenhalter kann in Freiheit darüber nachdenken, ob er sich korrekt an die Gebote hält. Aber der Sklave?
Großes Leid besteht oft darin, dass keine Freiheit besteht, sich gegen dieses Leid zu wenden. Was würde Jesus einem Juden raten, der von den Römern gekreuzigt wird?
Wenn Jesus uns eine freie Entscheidung ermöglichen möchte, dann muss er uns zuerst frei machen. Aber auch dies scheint nicht funktioniert zu haben.
Jörn - ich kann Deine in meinen Augen skeptische Sicht durchaus nachvollziehen.
Wie gesagt, hätte ich ja auch ich einen Haufen Fragen an einen solchen Gott.
Wie Du völlig richtig ausführst, haben wir nur eingeschränkt Macht über unser eigenes Leben.
Das ganze Leid auf dieser Erde - und da hast Du ja einige Beispiele aufgezählt - muss ja auch jeden, der an einen allmächtigen und gütigen Gott glaubt oder glauben möchte, skeptisch machen.
Wenn man, wie ich es angedeutet habe, das Leben hier, wie wir es kennen, als eine Art Prüfung begreift, dann bleibt die Frage, wieso ein solchen Gott eine solche Prüfung möchte oder nicht etwas dagegen unternimmt.
... mal ganz abgesehen vom Leid der Tiere, für das es ebenfalls eine Erklärung braucht. Tiere leben in einer Welt von unfassbarer Grausamkeit. Warum? Wohl kaum um zu sehen, ob sie freien Willens Jesus nachfolgen. Ins Jenseits kommen sie mangels einer unsterblichen Seele ebenfalls nicht. Was haben sie dem allmächtigen Gott getan?
:8/
Da gebe ich Dir völlig recht Arne.
Es könnte aber sein, dass viele Menschen sich irren, wenn sie davon ausgehen Tiere hätte keine unsterbliche Seele.
Da würde ich diesen Gott auch ganz klar fragen wollen, warum er es zulässt, dass viele Tiere in ihrem Leben, wie wir es kennen, so sehr leiden müssen bzw. mussten.
Warum nur dieses viele Leid, wenn er das alles leicht verhindern hätte können bzw. könnte würde ich ihn fragen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte.
eine Art Prüfung
Wobei sich auch die Frage stellt, welchen Wert eine Prüfung hat, wenn das Ergebnis bereits vorab bekannt ist, da Gott ja allwissend ist?
Auch der Besuch in einem Kinderkrankenhaus lässt daran zweifeln, ob es ethisch sein kann, Leid zum Zwecke einer Prüfung zu erzeugen oder zu dulden. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass ein halbwegs vernünftiger Mensch auf solchen Prüfungen bestünde, wenn er die Möglichkeit hätte, das Leid einfach abzustellen.
Ich verstehe auch nicht, was genau geprüft wird? Wird Unterwerfung geprüft? Oder etwas anderes?
Wobei sich auch die Frage stellt, welchen Wert eine Prüfung hat, wenn das Ergebnis bereits vorab bekannt ist, da Gott ja allwissend ist?
Auch der Besuch in einem Kinderkrankenhaus lässt daran zweifeln, ob es ethisch sein kann, Leid zum Zwecke einer Prüfung zu erzeugen oder zu dulden. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass ein halbwegs vernünftiger Mensch auf solchen Prüfungen bestünde, wenn er die Möglichkeit hätte, das Leid einfach abzustellen.
Es ist schwer, bei diesem Thema nicht zynisch zu formulieren.
Vielleicht ist unser Horizont einfach zu beschränkt eine Sinnhaftigkeit in einer solchen Prüfung zu erkennen.
Vielleicht ist Gott nicht so mächtig, wie viele es sich vorstellen.
Das könnte ja durchaus auch einfach eine Wunschvorstellung sein.
Wie frei ist der Mensch in seinem Möglichkeiten zu handeln?
Wie sehr ist er durch seine Anlagen und Erfahrungen limitiert in seinen Handlungsmöglichkeiten?
Das sind Fragen, die ich nicht beantworten kann.
Angenommen wir wären viel freier als die meisten von uns glauben und könnten tatsächlich entscheiden, ob wir mehrheitlich in unserem Leben uns gut oder schlecht verhalten.
Dann wäre es denkbar, dass Gott uns diese Entscheidung belässt.
Vielleicht schämen sich diejenigen später einfach furchtbar, die sehr egoistisch, egozentrisch, kaltherzig, grausam usw. usf. gehandelt und gelebt haben.
Das ist dann sozusagen ihre Strafe.
Vielleicht ist unser Horizont einfach zu beschränkt eine Sinnhaftigkeit in einer solchen Prüfung zu erkennen.
Aber wenn wir die Sinnhaftigkeit der Prüfung nicht erkennen: Können wir uns dann überhaupt so verhalten, dass wir die Prüfung bestehen? Oder ist es dann Zufall?
Und falls wir die Prüfung nicht bestehen, weil wir deren Sinn gar nicht verstanden haben: Was hat Gott dann damit herausgefunden?
Wenn die Prüfung dann noch mit Leid verbunden ist... dann müsste es doch geboten sein, wenigstens die Spielregeln verständlich zu formulieren?
Kommt mir alles nicht besonders ethisch vor. Wenn das die große Weisheit von Jesus sein soll... das habe ich mir irgendwie anders vorgestellt.
Aber wenn wir die Sinnhaftigkeit der Prüfung nicht erkennen: Können wir uns dann überhaupt so verhalten, dass wir die Prüfung bestehen? Oder ist es dann Zufall?
Und falls wir die Prüfung nicht bestehen, weil wir deren Sinn gar nicht verstanden haben: Was hat Gott dann damit herausgefunden?
Wenn die Prüfung dann noch mit Leid verbunden ist... dann müsste es doch geboten sein, wenigstens die Spielregeln verständlich zu formulieren?
Kommt mir alles nicht besonders ethisch vor. Wenn das die große Weisheit von Jesus sein soll... das habe ich mir irgendwie anders vorgestellt.
Ich wollte ja auch nur mit meinen Möglichkeiten andeuten, dass doch noch einige Varianten übrig bleiben an einen Gott glauben zu können, auch wenn man sich des ganzen Leids und Elends auf diesem Planeten voll bewusst ist und vor allem dem, welches von Menschen verursacht wurde oder wird, die behauptet haben oder behaupten sie würden oder hätten sich so verhalten, wie sie es tun oder taten, weil sie so gläubig sind bzw. waren.
Ein Sinn der Prüfung könnte sein, sich zwischen den beiden Wegen entscheiden zu können.
Den einen Weg zu wählen, nämlich ein Leben zu führen, was überwiegend gut war bzw. ist oder halt den anderen Weg zu bevorzugen, der damit verbunden ist sich überwiegend schlecht zu verhalten.
Was gut und was schlecht ist kann zumindest insofern jeder ganz gut beurteilen, wenn er sich vorstellt, wie es für ihn wäre, wenn andere seine Rolle einnehmen würden und er ihre.
Gute Nacht dann :-)!
dass doch noch einige Varianten übrig bleiben an einen Gott glauben zu können
Einverstanden.
Nehmen wir an, es gäbe sehr viele Varianten, weiterhin an Gott zu glauben, trotz des Leids.
Das bedeutet aber nicht, dass alle Varianten noch im Spiel sind. Manche Varianten sind ausgeschieden.
Ausgeschieden ist die Variante, bei der das Leid verhindert wird. Denn es wird nicht verhindert.
Ausgeschieden sind alle Varianten, die unser Leben, hier und jetzt, verbessern würden: Sklaven bleiben Sklaven, Kranke bleiben Kranke, Unterdrückte bleiben unterdrückt. Naturkatastrophen und unverschuldetes Unglücke gibt's weiterhin.
Im Spiel geblieben sind also nur jene Varianten, die das Leid wohlfeil erklären, aber nicht beseitigen.
Einverstanden.
Nehmen wir an, es gäbe sehr viele Varianten, weiterhin an Gott zu glauben, trotz des Leids.
Das bedeutet aber nicht, dass alle Varianten noch im Spiel sind. Manche Varianten sind ausgeschieden.
Ausgeschieden ist die Variante, bei der das Leid verhindert wird. Denn es wird nicht verhindert.
Ausgeschieden sind alle Varianten, die unser Leben, hier und jetzt, verbessern würden: Sklaven bleiben Sklaven, Kranke bleiben Kranke, Unterdrückte bleiben unterdrückt. Naturkatastrophen und unverschuldetes Unglücke gibt's weiterhin.
Im Spiel geblieben sind also nur jene Varianten, die das Leid wohlfeil erklären, aber nicht beseitigen.
Das sollten wir mal als ein kleines Zwischenfazit festhalten, was ich hiermit getan habe :-).
Ich habe in meinem Leben schon ein paar Menschen kennengelernt, die nicht an einen Gott oder etwas vergleichbares glauben oder glauben können, aber sehr viel wert darauf legen nach ethischen Maßstäben zu leben.
Solche Menschen finde ich toll :Blumen:.
So - jetzt aber wieder zurück in mein Bettchen.
Gute Nacht :-)!
Mein "Credo" in wenigenSätzen:
Die Menschen schaffen sich ihre Götter selber. Die Götterbilder ändern sich dabei im Laufe der Geschichte von den Natur- über die Vielgott- bis zu den Eingottreligionen. Den Göttern attribuieren die Menschen je nach Stand der Entwicklung und Kultur unterschiedliche Machtfunktionen, Rollen, mehr oder weniger Rationalität, Irrationalität. Die Religionen stellen immer Herrschaftsideologie dar, vom Medizinmann bis zu den Bischöfen.
Mein "Credo" in wenigenSätzen:
Die Menschen schaffen sich ihre Götter selber. Die Götterbilder ändern sich dabei im Laufe der Geschichte von den Natur- über die Vielgott- bis zu den Eingottreligionen. Den Göttern attribuieren die Menschen je nach Stand der Entwicklung und Kultur unterschiedliche Machtfunktionen, Rollen, mehr oder weniger Rationalität, Irrationalität. Die Religionen stellen immer Herrschaftsideologie dar, vom Medizinmann bis zu den Bischöfen.
Könnte was dran sein :-)!
Was hat uns bloß so ruiniert? -> https://www.youtube.com/watch?v=yu5OlZ_7EB8
Mein "Credo" in wenigenSätzen:
Die Menschen schaffen sich ihre Götter selber. Die Götterbilder ändern sich dabei im Laufe der Geschichte von den Natur- über die Vielgott- bis zu den Eingottreligionen. Den Göttern attribuieren die Menschen je nach Stand der Entwicklung und Kultur unterschiedliche Machtfunktionen, Rollen, mehr oder weniger Rationalität, Irrationalität. Die Religionen stellen immer Herrschaftsideologie dar, vom Medizinmann bis zu den Bischöfen.
Damit fasst Du ausgezeichnet zusammen, was sich mir bei der Beschäftigung mit dem Thema im Laufe der Zeit aufdrängte.
Weniger präzise, aber doch vergnüglich, finde ich:
Wissenschaft ... eine Methode zur Überprüfung von Vermutungen. Also wenn ich zum Beispiel vermute, im Kühlschrank könne noch Bier sein, und ich gucke nach, dann betreibe ich schon eine Vorform von Wissenschaft.
Großer Unterschied zur Theologie: in der Theologie werden Vermutungen in der Regel nicht überprüft. Wenn ich zum Beispiel nur sage: "Im Kühlschrank ist Bier", bin ich Theologe.
Wenn ich nachgucke, bin ich Wissenschaftler.
Wenn ich nachgucke, und nichts finde, und trotzdem behaupte: "es ist Bier drin", dann bin ich Esoteriker.
(habe ich heute aufs smartphone als Video bekommen, das ich nicht hier hineinverlinken kann)
"Drewermann Ranke-Heinemann Zahrnt Lapide Sinn des Leidens"
https://www.youtube.com/watch?v=l_9TErhiLlc
"Wiener Vorlesungen: Wozu Religion? Antworten auf Grundfragen des Lebens mit Eugen Drewermann"
https://www.youtube.com/watch?v=OOzCdMa0s-k
Nicht immer braucht es eine der Religionsgemeinschaften, um sich an den Kopf zu fassen: Heil will "Unglückszahl" 13 vermeiden (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hubertus-heil-will-unglueckszahl-13-fuer-neues-sozialgesetzbuch-vermeiden-a-1247494.html)
Die Zahl 13 ruft bei einigen Menschen Unbehagen hervor. Daher soll das neue geplante Sozialgesetzbuch die Nummer 14 tragen. Sozialminister Heil will die vermeintliche Unglückszahl offenbar auslassen.
Klugschnacker
11.01.2019, 09:20
Nicht immer braucht es eine der Religionsgemeinschaften, um sich an den Kopf zu fassen: Heil will "Unglückszahl" 13 vermeiden (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hubertus-heil-will-unglueckszahl-13-fuer-neues-sozialgesetzbuch-vermeiden-a-1247494.html)
"In den USA wird auch heute noch vermieden, ein 13tes Stockwerk zu benennen. Stattdessen wird es beispielsweise mit „12A“ beziffert oder gleich mit 14. Ähnlich ist es in Flugzeugen oder auf Kreuzfahrtschiffen, wo es keine 13. Sitzreihe oder kein 13. Deck gibt.
Auch in Krankenhäusern und Hotels wird auf Zimmer mit der Nummer 13 verzichtet, im Formel-1-Motorsport auf die Wagennummer 13 (nicht aber auf den 13. Startplatz). In Wellington, der Hauptstadt Neuseelands, befinden sich staatliche Büros oft im 13. Stock, weil diese nicht an Geschäftsleute vermietbar sind; diese haben offenbar Bedenken, eine solche Adresse könnte geschäftsschädigend sein." (Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Zahlensymbolik#Moderner_Aberglaube))
In diesem Forum gibt es aus Sicherheitsgründen keinen User mit der Identnummer 666 (https://www.bibleserver.com/go.php?lang=de&bible=ELB&ref=Offb13%2C18).
In diesem Forum gibt es aus Sicherheitsgründen keinen User mit der Identnummer 666 (https://www.bibleserver.com/go.php?lang=de&bible=ELB&ref=Offb13%2C18).
Das ist ein guter und wichtiger erster Schritt! Allerdings sollte man sicherstellen, dass es auch keine User-IDs gibt, die in anderen gebräuchlichen Zahlensystemen dargestellt 666 ergeben. Glücklicherweise ist dies hexadezimal schon gewährleistet, aber oktal könnte der Antichrist noch seine Finger im Spiel haben. :Cheese:
im Formel-1-Motorsport auf die Wagennummer 13 (nicht aber auf den 13. Startplatz).
Mittlerweile wählen die Fahrer ihre Nummer selber und behalten sie die ganze Zeit, sie wechselt nicht mehr jährlich, bzw. sind nicht mehr auf das Auto bezogen.
Hamilton hat z.b. die 44 und Pastor Maldonado hat doch tatsächlich die 13 gewählt.
:Huhu:
schoppenhauer
11.01.2019, 15:55
46 !
Hier gabs irgendwann mal einen Link zu einem lustigen "Religiöse-Thesen-Generator". Hat den jemand zufällig parat?
Jörn hatte den Theologiegenerator (https://www.awq.de/theologiegenerator/) sowie damit erstellte Texte mal gepostet. Ich hoffe, Du verwendest den Generator nicht für eine Predigt. ;)
Trimichi
24.01.2019, 18:23
Leviathan liest dem Levitationstriebwerk die Leviten.
Jörn hatte den Theologiegenerator (https://www.awq.de/theologiegenerator/) sowie damit erstellte Texte mal gepostet. Ich hoffe, Du verwendest den Generator nicht für eine Predigt. ;)
Danke!:Blumen:
Trimichi
25.01.2019, 07:22
Panama-Stadt - Papst Franziskus verurteilt am Weltjugendtag "alle die Hass sähen und die Menschen spalten". Statt Mauern zu bauen ruft der Papst zum Brückenbau auf. Quelle: Radio B5 aktuell
Eine erweitere Version des Theo-Generators gibt es hier:
https://www.awq.de/theogen-2/
Panama-Stadt - Papst Franziskus verurteilt am Weltjugendtag "alle die Hass sähen und die Menschen spalten". Statt Mauern zu bauen ruft der Papst zum Brückenbau auf. Quelle: Radio B5 aktuell
Das muss aber ein ziemlich simpler Phrasen-Generator sein, hast Du mal den Link, bitte?
Ich finde, wenn die Phrasen zu einfältig sind, merkt man zu schnell, dass es nur von einem Algorithmus generiert wurde.
Trimichi
25.01.2019, 11:47
Das muss aber ein ziemlich simpler Phrasen-Generator sein, hast Du mal den Link, bitte?
Seine Heiligkeit Papst Franziskus
Palazzo Apostolico
00120 Città del Vaticano, Rom
Italien
Mail-Adressen: franziskus@vatican.va , info@vatican.va, postmaster@vatican.va , kontakt@vatican.va.
https://www.facebook.com/Papst.franziskus/
Schwarzfahrer
03.02.2019, 22:03
Habt ihr schon Eure Laufschuhe auf Religionskompatibilität geprüft? :Lachen2:
Proteste-gegen-Air-Max-270 (https://www.welt.de/kultur/article188197001/Proteste-gegen-Air-Max-270-Nike-und-das-Problem-mit-Allah.html)
Trimichi
05.02.2019, 08:44
Naja, Allah im Arabischen wird weitaus komplizierter kalligraphiert. Es handelt sich lediglich um eine Werbemasche, und der Schriftzug (die Glyphe) auf der Sohle erinnert doch sehr an Schwungübungen von Vorschulkindern zur Einübung der Feinmotorik von Schreibschrift ! :)
Aber auch aus katholischer Sicht ist der Air Max 270 "gotteslästerliches Blendwerk", ein sündhaft teurer Schuh, Ausgeburt von Luxus. ;)
Womöglich steckt Papst Franziskus dahinter? Da er ja konventionsübergreifend Brücken bauen will? Und was eignete sich besser zu diesem Zwecke als Sport?
Schönen Gottesdienstag allen, die den Schuh laufen in scha Allah!
"Katholische Kirche Papst räumt Missbrauch von Nonnen durch Priester und Bischöfe ein.
Bislang äußerte er sich nicht zu dem Tabuthema, nun hat Papst Franziskus den sexuellen Missbrauch von Nonnen und Ordensschwestern in der katholischen Kirche angesprochen: "Und ich glaube, es wird immer noch getan."
.......
Franziskus sprach dabei einen Fall einer Gemeinschaft aus der Vergangenheit an, in dem Frauen "wie Sklaven" behandelt worden seien. Es sei bis zur "sexuellen Sklaverei" durch Kleriker und den Gründer der Gemeinschaft gegangen. Der damalige Papst Benedikt XVI sei "sehr mutig" gewesen und habe diese Gemeinschaft nach starken Widerständen sofort nach seinem Amtsantritt aufgelöst. Auf welche Gemeinschaft er sich bezog, sagte der Papst bei der Pressekonferenz im Flugzeug nicht.
Die Misshandlung von Frauen sei ein generelles Problem, so Franziskus. "Die Frau ist zweiter Klasse", sagte Franziskus. Es ist ein kulturelles Problem. (...) Es gibt Länder, wo die Misshandlung von Frauen bis zum Frauenmord geht."
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/papst-franziskus-raeumt-missbrauch-von-nonnen-durch-priester-und-bischoefe-ein-a-1251743.html
Solange das Zölibat und der Ausschluss von Frauen vom Priesteramt bestehen bleiben, unterstützt die Kirche IMHO die Behandlung der Frauen als Menschen 2. Klasse selbst.
Das ist so, hilft nur Käuferinnenstreik, wenn die Katholikinnen Deutschlands mal ein Jahr kein Kirchensteuer zahlen, causa finita ....
m., passiert aber nicht, leider
Klugschnacker
05.02.2019, 23:11
"Die Frau ist zweiter Klasse", sagte Franziskus. "Es ist ein kulturelles Problem."
Es ist ein kulturelles Problem, natürlich. Insbesondere ist es aber ein Problem des Christentums, vor allem des Katholizismus. Berührt sind nicht nur das Frauenbild, sondern auch das generelle Verhältnis zur Sexualität.
Letztere ist im Christentum eine äußert argwöhnisch behandelte und, sofern sie lustvoll vollzogen wird, verachtete Angelegenheit. Jesus konnte keinesfalls durch die sexuelle Umarmung seiner Eltern in die Welt gekommen sein, das wäre viel zu niedrig und unrein. Lieber verstieg man sich zu der absurden Theorie, ein Geist habe Maria geschwängert, und zwar, wie Papst Ratzinger herausfand, durch das Ohr (kein Witz).
Ähnlich panisch wie auf den Liebesakt reagierten die Theologen über viele Jahrhunderte hinweg auf das vollkommen harmlose Monatsblut der Frauen. Und so weiter.
Diese Saat geht bis heute auf, und zwar in Form von sexuellen Verklemmungen bis hin zu Neurosen, in Form von Beschneidungen bei Kleinkindern (männlich) oder zehnjährigen Mädchen, denen man mit einer speziellen Kneifzange die komplette Klitoris abschneidet (wären die Mädchen noch jünger, würde die Klitoris nachwachsen, deshalb sind sie später dran als die Jungs), oder dem Jungfrauen-Wahn in allen drei abrahamitischen Religionen.
Ich begrüße die Worte von Papst Franziskus. Angesichts der Vorfälle auf die er sich bezieht, spricht er jedoch auf äußerst niedrigem intellektuellem Niveau. Er wirkt mit seinen Worten onkelhaft, als spräche er zu kleinen Kindern. Aber immerhin. Er räumt die Existenz von Vergehen ein, die als Tatsachen ohnehin bereits feststehen. Und dass die Frauen kulturell diskriminiert würden. Ach? Das wussten wir bisher nicht (zwinker). Aber es ist gut zu wissen, dass er es auch weiß.
Vom Papst erwarte ich mehr. Die Diskriminierung von Frauen sowie die Diffamierung der Sexualität sind keine Verirrungen einzelner Priester, Mönche oder Theologen, welche den wahren Glauben missverstanden hätten. Sondern sie befinden sich im Kern des christlichen Glaubens selbst.
Frauen- und Sexualfeindlichkeit findet man in so grundlegenden christlichen Mythen wie dem Garten Eden und der Vertreibung der Menschen aus dem Paradies. Die Frau, ohnehin erst nachträglich aufgrund Adams Langeweile aus seiner Rippe geschaffen, hat’s verbockt. Unter Schmerzen soll sie fortan gebären (1). Die Entdeckung beider Nacktheit ist ein Moment der Scham und Unwürdigkeit, und nicht der Freude. In diese Kerbe schlägt auch der Kult um die Jungfräulichkeit Marias, obwohl diese vier oder fünf Kinder gebar.
Die Auseinandersetzung mit diesem Frauen- und Menschenbild aus der Antike hat Papst Franziskus zu führen. Die bloße Feststellung, die Frau sei zweiter Klasse, genügt nicht. Sondern er muss weitergehen zu den Ursachen, die auf seinem religiösen Spielfeld liegen.
(1) Und zum Weibe sprach er [Gott]: Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären; und dein Verlangen soll nach deinem Manne sein, und er soll dein Herr sein. (1. Buch Moses 3 (https://bibeltext.com/l12/genesis/3.htm))
........
Lieber verstieg man sich zu der absurden Theorie, ein Geist habe Maria geschwängert, und zwar, wie Papst Ratzinger herausfand, durch das Ohr (kein Witz).
......
Schöne prägnante Darstellung des Frauenbildes der kath. Kirche.
Papst Ratzinger als Fundamentalist gab sicher als Quelle die Zeugungsdarstellung in der gotischen Würzbuger Marienkapelle aus dem 14. Jahrhundert an. Man sieht das Jesuskind von Gott auf einem Schlauch in das Ohr von Maria rutschen.
http://members.chello.at/pf/Fotos/Ohrenzeugung-003.jpg
schoppenhauer
06.02.2019, 07:24
Insbesondere ist es aber ein Problem des Christentums, vor allem des Katholizismus. Berührt sind nicht nur das Frauenbild, sondern auch das generelle Verhältnis zur Sexualität.
Ja, das war schon alles sehr schräg in der Zeit, als das Christentum entstand. Was da Henne und was Ei war, werden wir wohl nie erfahren. Egal. Wir können auf jeden Fall eine tolle Entwicklung beobachten in den letzten 50 Jahren. Ein kurzer Zeitraum im Vergleich zu den 5000 bis 6000 Jahren, in denen sich unsere zivilisierte Welt von heute herausgebildet hat.
Weit mehr Sorgen bereitet mir da die Rolle der Frau im Islam. Oder aber bei den orthodoxen Juden. Konnte letztere bei einem Langstreckenflug, große Gruppe war auf der Heimreise von einem Familienfest, ein wenig beobachten. Die Rolle der Frauen unter ihren Perücken haben auf mich auch einen ausgesprochen befremdlichen Eindruck gemacht. Im 3. Jahrtausend....
So - also relativ - gesehen, alles super in Europa!
Klugschnacker
06.02.2019, 08:32
So - also relativ - gesehen, alles super in Europa!
Ja, es hat sich einiges zum Guten hin entwickelt. Das ist erfreulich. Allerdings nicht in ganz Europa. Bereits in unserem Nachbarland Polen, das sehr katholisch ist, muss man einige Abstriche machen. Vom christlichen Afrika ganz zu schweigen.
Das Problem für die Religionen sitzt tief und ist sehr grundsätzlicher Art. Das Judentum, der Islam und das Christentum nehmen für sich in Anspruch, ihre Schriften seien das Wort Gottes. Falls sie das nicht sind, verlieren alle drei ihre Autorität. Denn diese beruht nicht auf Vernunft, sondern auf der behaupteten Urheberschaft ihrer Texte und Gebote.
Dass der Mann über die Frau herrsche – das stellen wir heute in Frage. Gleichzeitig rütteln wir damit unweigerlich an der Behauptung, die Bibel sei das Wort Gottes. Es geht also um die Fundamente christlichen Glaubens. Denn am Ende dieses Weges steht die Erkenntnis, dass wir nichts über die Götter wissen und wissen können.
J
.......
Dass der Mann über die Frau herrsche – das stellen wir heute in Frage. Gleichzeitig rütteln wir damit unweigerlich an der Behauptung, die Bibel sei das Wort Gottes. Es geht also um die Fundamente christlichen Glaubens. Denn am Ende dieses Weges steht die Erkenntnis, dass wir nichts über die Götter wissen und wissen können.
In Europa trug vor allem die massenhafte Frauenlohnarbeit und die proletarische Frauenbewegung (Clara Zetkin) wesentlich zur Gleichberechtigung und Emanzipation der Frauen bei, während das Bürgertum und ihre Ideologie der Frau bis in die 50ziger Jahre die Rolle der Hausfrau und Mutter zuwies. Entsprechend konsequent verankerten und realisierten die Diktaturen des Ostblocks die Gleichberechtigung der Geschlechter formal und juristisch sowie auch China (trotz des ehemaligen feudalbäuerlichen / adligen Hintergrundes).
Meiner persönlichen Ansicht nach liegen die Wurzeln des Patriarchats letztlich in der Jäger/Sammler Epoche und archaischen Urvorstellungen. Aus beiden, der "natürlichen" Arbeitsteilung und den Urvorstellungen ergaben sich die patriarchalen Herrschaftsideologien. Die Herrschaft der Männer über die Frauen begleitet die Menschheit fast die gesamte Zeit ihrer weiteren Geschichte.
Schwarzfahrer
06.02.2019, 09:48
Es ist ein kulturelles Problem, natürlich. Insbesondere ist es aber ein Problem des Christentums, vor allem des Katholizismus.
...
Berührt sind nicht nur das Frauenbild, sondern auch das generelle Verhältnis zur Sexualität. ...
Diese Saat geht bis heute auf, und zwar in Form von sexuellen Verklemmungen bis hin zu Neurosen, in Form von Beschneidungen bei Kleinkindern (männlich) oder zehnjährigen Mädchen, ...
Bei allem Respekt, Arne, aber die Beschneidung von Mädchen wirst Du wohl kaum ernsthaft der christlichen Religion zuschreiben wollen. Diese barbarische Tradition ist älter als die großen Religionen, und wird heute fast nur noch von einer Religionsgruppe ernsthaft praktiziert und gefordert - und das sind nicht die Christen. Ein Großteil Deiner Ausführungen mag so stimmen, aber das meiste, und speziell die Beschneidung, ist kaum "insbesondere" ein Problem des Christentums, zumindest nicht in unserer Zeit. Da muß ich Schopenhauer Recht geben:
Ja, das war schon alles sehr schräg in der Zeit, als das Christentum entstand. ... Wir können auf jeden Fall eine tolle Entwicklung beobachten in den letzten 50 Jahren.
Weit mehr Sorgen bereitet mir da die Rolle der Frau im Islam. Oder aber bei den orthodoxen Juden.
Die Tataschen im Umgang mit Frauen, an denen eine Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen festgemacht werden können, sind besonders im Islam, aber auch in vielen Sekten und bei orthodoxen Juden von ganz anderer Qualität, als die in den christlich geprägten Ländern Europas und Amerikas.
Bereits in unserem Nachbarland Polen, das sehr katholisch ist, muss man einige Abstriche machen. Vom christlichen Afrika ganz zu schweigen.
Wiederum sind die Probleme dieser beiden Gebiete höchst unterschiedlich im Ausmaß und Qualität. Was übrigens für mich ein Beleg ist, daß die Religionen nicht Ursache dieser Diskriminierung der Frauen sind, sondern diesem archaisch-patriarchalischem Trend, der je nach Kultur verschiedene Blüten trieb, nur den Rahmen, die Legitimation liefern. Und die afrikanischen Christen kommen aus einer ganz anderen "heidnischen", also nicht-christlichen Kultur, als die Polen, mit entsprechend anderen Voraussetzungen im Umgang mit Frauen, so daß dort auch das Christentum anders interpretiert wird.
Meiner persönlichen Ansicht nach liegen die Wurzeln des Patriarchats letztlich in archaischen Urvorstellungen der Menschen. Die Herrschaft der Männer über die Frauen begleitet die Menschheit fast die gesamte Zeit ihrer Geschichte.
Eben; das gibt es leider auch ohne die "großen" Religionen.
Klugschnacker
06.02.2019, 10:25
Bei allem Respekt, Arne, aber die Beschneidung von Mädchen wirst Du wohl kaum ernsthaft der christlichen Religion zuschreiben wollen.
Die Sexualfeindlichkeit tritt im Alten Testament deutlich hervor. Es ist die gemeinsame Grundlage von Judentum, Christentum und Islam. Mir ging es um diese geistigen Grundlagen, auch wenn im Christentum Europas keine Mädchen beschnitten werden. Stattdessen gibt es jedoch zahlreiche andere Mittel, um die Sexualität der Frauen zu kontrollieren, zum Beispiel die äußerst wirksame soziale Ächtung.
Recht hast Du meiner Meinung nach in dem Punkt, dass die Religionen nicht die eigentliche Quelle solcher Diskriminierungen sein mögen, sondern sie lediglich erfolgreich legitimiert und systematisiert haben. Wer für Frauenrechte eintrat, wandte sich – nun religiös aufgeladen – gegen den angeblichen Willen Gottes, also gegen die höchste nur denkbare Autorität.
Ich habe gerade einmal auf der Homepage der Erzdiozöse Freiburg nachgeschaut, wie speziell das Thema Homosexualität hier vor Ort so gesehen wird.
https://www.ebfr.de/html/content/homosexuellenpastoral.html
Die Liebe Gottes gilt allen Menschen – unabhängig von Alter, Geschlecht, Hautfarbe oder sexueller Orientierung.
...
Wir fördern, dass homosexuellen Menschen in unserer Kirche mit Toleranz, Achtung und Respekt begegnet wird, damit sie ihren Platz in unseren Gemeinden, Gruppen und Verbänden einnehmen können.
(Leider funktioniert der Download der Infoschreiben nicht)
https://www.frauenreferat-erzdioezese-freiburg.de/html/veranst/detail.html?&m=33674&vt=1&tid=2063155
Voll Energie, leicht, beschwingt und selbstbewusst durchs Leben gehen – schön wär´s! Die Realität sieht für lesbische Frauen in unserer Gesellschaft oft anders aus, kostet Energie und lässt manchmal „flügellahm“ sein. Wir machen uns in diesen Tagen auf die Suche nach Kraftquellen und gehen biografischen Erfahrungen nach, die uns in unterschiedlichen Lebenssituationen gestärkt haben und an denen wir wachsen konnten.
Ich finde, das hört sich nach einem recht offenen und toleranten Umgang an.
@Rälph
Dies gilt nur unter der Annahme, dass die betroffenen Personen völlig enthaltsam leben. Dann ist ihre Sünde nämlich vergleichbar mit der Erbsünde: Sozusagen eine stille Last, die jeder zu tragen hat, ohne dass er selbst etwas getan hätte.
Sobald aber der Pfad der völligen Keuschheit verlassen wird, endet auch das Wohlwollen der Kirche.
Die Erzdiözese Freiburg ist zu feige, um in ihren Texten klipp und klar zu sagen, was Sache ist. Man klopft sich lieber selber auf die Schultern, wie tolerant man sei -- ohne es tatsächlich zu sein. Man verfolgt dort bis aufs kleinste Detail die Linie des Vatikans.
Stephan Burger, der Erzbischof von Freiburg, gehört übrigens zu den ganz besonders verwirrten Predigern in Deutschland, und es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Freiburger Diözese dadurch modernisiert. Er gilt als selbst für katholische Verhältnisse konservativ, und das will etwas heißen.
Er lässt sich mit "Eure Exzellenz" ansprechen.
Klugschnacker
06.02.2019, 11:41
Ich finde, das hört sich nach einem recht offenen und toleranten Umgang an.
Die katholische Kirche zeigt sich vordergründig tolerant gegenüber gleichgeschlechtlich liebenden Menschen. Das bedeutet in Kurzform: Man darf homosexuell sein, diese Sexualität aber nicht leben. Homosexuelle Handlungen sind "in keinem Fall zu billigen".
Im Katechismus, den verbindlichen Lebensregeln der Katholiken, ist das eindeutig klargestellt (http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P8B.HTM#14H):
Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet..., hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind" (CDF, Erkl. „Persona humana" 8). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.
Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.
Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich - vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft -‚ durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern.
@Rälph
Dies gilt nur unter der Annahme, dass die betroffenen Personen völlig enthaltsam leben. Dann ist ihre Sünde nämlich vergleichbar mit der Erbsünde: Sozusagen eine stille Last, die jeder zu tragen hat, ohne dass er selbst etwas getan hätte.
Sobald aber der Pfad der völligen Keuschheit verlassen wird, endet auch das Wohlwollen der Kirche.
Die Erzdiözese Freiburg ist zu feige, um in ihren Texten klipp und klar zu sagen, was Sache ist. Man klopft sich lieber selber auf die Schultern, wie tolerant man sei -- ohne es tatsächlich zu sein. Man verfolgt dort bis aufs kleinste Detail die Linie des Vatikans.
Wer glaubt denn so was: Homosexuellen wird in den Gemeinden die Türe aufgehalten unter der Forderung nach Enthaltsamkeit? "Du darfst bei uns mitmachen, aber poppen ist ab sofort nicht mehr, klar!? Sonst kommst du nämlich in die Hölle!!!" Das ist doch lächerlich. Für wie naiv hälst du diese Leute?
Bin mir sicher, dass sich viele Geistliche einen Dreck um den Katechismus scheren. Aber du hast schon Recht: Möglicherweise sind sie zu feige, es mit dem Vatikan aufzunehmen, ja. Aber die berufliche Karriere wäre dann eben auch zu Ende.
Ich war vor einiger Zeit auf einer lustigen Jugendgruppen-Revival-Tour.
Als ich unseren ehemaligen Gruppenleiter, (er ist seit vielen Jahren Diakon und übernimmt zu 90% die Aufgaben des Pfarrers) mit umfangreichem Triathlon-Szene-Wissen ausgestattet, auf irgendeinen Unsinn aus dem Katechismus ansprach, meinte er:
"Der Katechismus interessiert mich nicht."
@Rälph
Schöne Geschichte.
Ich wette eine Million Euro in bar, dass der sympathische Diakon dennoch kein homosexuelles Paar verheiraten wird und sich der Diakon zu 100% an den Katechismus halten wird.
Kehren wir zum ursprünglichen Thema zurück. Dieses bestand aus dem Eingeständnis von Papst Franz zu Missbrauchsfällen bei Nonnen. Das "andere Thema" wurde ja bereits erschöpfend behandelt.
Klugschnacker
06.02.2019, 13:36
"Der Katechismus interessiert mich nicht."
Er interessiert die meisten Katholiken in Deutschland nicht, sofern ihnen daraus unangenehme Konsequenzen entstehen. Beispielsweise werden natürlich Verhütungsmittel eingesetzt, und Geschlechtsverkehr vor der Ehe ist für die meisten eine Selbstverständlichkeit. Auch das Recht zur Ehescheidung und Wiederheirat wird gerne wahrgenommen. Ich denke, dass die Mehrheit der deutschen Katholiken den Katechismus gar nicht kennt, ebensowenig wie das Alte und das Neue Testament.
Die Haltung Deines Freundes ist häufig anzutreffen. Sie lautet in Kurzform, dass der Glaube der Amtskirche schlecht, der eigene aber gut sei. Oft wird ein Kontrast zwischen der Theologie der Kirchen, und den eigentlichen Absichten Jesu hergestellt. Letztere kennen wir jedoch nicht, da so gut wie gar nichts von ihm zweifelsfrei überliefert wurde. Meistens handelt es sich daher um Wunschdenken.
Es besteht generell das Problem, dass das Christentum keinen moralischen Kompass hat. Du kannst mit ihm ebensogut homosexuelle Handlungen verteufeln oder im Sinne der Nächstenliebe gutheißen. Das gilt auch für alle anderen moralischen Fragen, von der Stellung der Frau bis zum Töten von Menschen. Es gibt daher auch nicht das "wahre" Christentum unabhängig vom Zeitgeist und persönlichen Präferenzen.
:Blumen:
Es gibt daher auch nicht das "wahre" Christentum unabhängig vom Zeitgeist und persönlichen Präferenzen.
:Blumen:
Eben. Aber hier wird oft so getan, als würde der Katechismus das wahre Christentum erklären und repräsentieren oder täusche ich mich?
Klugschnacker
06.02.2019, 18:27
Eben. Aber hier wird oft so getan, als würde der Katechismus das wahre Christentum erklären und repräsentieren oder täusche ich mich?
Für Katholiken ist der Katechismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Katechismus_der_Katholischen_Kirche#Geltungsbereic h) verbindlich. Er sei notwendig, um die Einheit des katholischen Glaubens zu wahren – sonst könne ja jeder glauben, was er will.
Ich weiß nicht genau, was Du Dir unter einem anderem Christentum vorstellst, das sich weniger um Amtskirche, Katechismus usw. kümmert. Folgendes ist den allermeisten Christen, die ich kenne, weitgehend oder vollständig unbekannt:
- Der katholische Katechismus
- Das Alte Testament
- Das Neue Testament
- Was Jesus gesagt hat
- Was Jesus getan hat
- Was Jesus zugeschrieben wird, er aber weder gesagt noch getan hat
- Wer Paulus und Augustinus sind
- Was Luther wollte
- Die 10 Gebote in ihrer vollständigen Form (https://de.wikipedia.org/wiki/Zehn_Gebote#Wortlaut)
Bekannt ist den meisten die vage Verbindung von Jesus <-> Nächstenliebe, wobei die näheren Umstände wieder unbekannt sind. Die Betonung von Jesus und Nächstenliebe ist ein neues Phänomen, das es im Katholizismus seit etwa 1960 gibt. Entsprechend steht weder in den 10 Geboten noch im Glaubensbekenntnis (https://de.wikipedia.org/wiki/Apostolisches_Glaubensbekenntnis#Wortlaut) etwas von Nächstenliebe oder Liebe.
That’s it. Was soll man sich da als "wahres Christentum" vorstellen? Hast Du eine Idee?
:Blumen:
Ich weiß nicht genau, was Du Dir unter einem anderem Christentum vorstellst, das sich weniger um Amtskirche, Katechismus usw. kümmert. Folgendes ist den allermeisten Christen, die ich kenne, weitgehend oder vollständig unbekannt:
- Der katholische Katechismus
- Das Alte Testament
- Das Neue Testament
- Was Jesus gesagt hat
- Was Jesus getan hat
- Was Jesus zugeschrieben wird, er aber weder gesagt noch getan hat
- Wer Paulus und Augustinus sind
- Was Luther wollte
- Die 10 Gebote in ihrer vollständigen Form (https://de.wikipedia.org/wiki/Zehn_Gebote#Wortlaut)
Bekannt ist den meisten die vage Verbindung von Jesus <-> Nächstenliebe, wobei die näheren Umstände wieder unbekannt sind. Die Betonung von Jesus und Nächstenliebe ist ein neues Phänomen, das es im Katholizismus seit etwa 1960 gibt. Entsprechend steht weder in den 10 Geboten noch im Glaubensbekenntnis (https://de.wikipedia.org/wiki/Apostolisches_Glaubensbekenntnis#Wortlaut) etwas von Nächstenliebe oder Liebe.
That’s it. Was soll man sich da als "wahres Christentum" vorstellen? Hast Du eine Idee?
:Blumen:
Das glaube ich dir sofort! (Who t.f. is Augustinus?:Lachanfall: )
Ich sehe das aber positiv. Die Präferenzen verschieben sich und Dinge werden nicht blind übernommen. Man könnte fast sagen, dass die Weigerung, den alten Kram zu übernehmen, einem Aufstand gleichkommt. Viele wenden der Kirche den Rücken zu und die, die bleiben, machen ihr eigenes Ding. Ist doch gut, besonders, wenn der Aspekt der Nächstenliebe in den Focus rücken sollte (was für mich allerdings durchaus fraglich ist, ob das global wirklich so stattfindet).
Das Christentum, das ich persönlich kenne ist aber eine friedliche und offene Gemeinschaft von Menschen, an der jeder ohne irgendwelche Vorbehalte teihaben darf.
Die dann aber auch - man verzeihe mir die Sprache zu später Stunde - irgendwie hohl und unspezifisch ist, da ist nichts mehr was man nicht woanders besser bekommt .....
m.
Klugschnacker
08.02.2019, 01:40
Ist doch gut, besonders, wenn der Aspekt der Nächstenliebe in den Focus rücken sollte ...
Die allermeisten Christen sind per Kindestaufe zum Christentum gekommen, also unfreiwillig und ohne eigene geistige Beteiligung. Viele davon schließen sich später humanistischen Idealen an, zum Beispiel den Menschenrechten, und halten diese für christliche Werte. Man akzeptiert oder unterstützt am Christentum das, was zu humanistischen Idealen passt und erklärt den Rest des christlichen Glaubens für nebensächlich, zum Beispiel die ewige Hölle.
Man könnte fast sagen, dass die Weigerung, den alten Kram zu übernehmen, einem Aufstand gleichkommt. Viele wenden der Kirche den Rücken zu und die, die bleiben, machen ihr eigenes Ding.
Am Schluss läuft es auf die Frage hinaus, ob Jesus für einen Gott oder einen Menschen gehalten wird. Oder mit anderen Worten: Ist er von den Toten auferstanden, ja oder nein? An dieser Frage kommt man nicht vorbei. Das sagte bereits Paulus (https://www.bibleserver.com/text/LUT/1.Korinther15,14): "Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich."
:Blumen:
Wenn man sich weigert, bestimmte Teile der Bibel oder ihrer Auslegungen zu glauben, stellt sich die Frage, ob nicht noch weitere Aussagen ebenfalls falsch sind. Warum glaubt man an Engel, nicht aber an den Teufel? Warum nicht an ewige Höllenstrafen, jedoch an ewiges Leben? Warum nicht an Wunder, wohl aber an die Allmacht Gottes?
Bezweifelt man einen einzigen Vers der Bibel (und damit seine göttliche Urheberschaft), steht automatisch den ganze Bibel auf dem Prüfstand. Wenn ein Vers falsch ist, können alle falsch sein.
Mit welchem Kriterium will man entscheiden, was richtig und glaub-würdig ist, und was nicht? Falls dieses Kriterium die Vernunft ist, führt das meiner Meinung nach früher oder später zum Atheismus.
:Blumen:
Das Christentum, das ich persönlich kenne ist aber eine friedliche und offene Gemeinschaft von Menschen, an der jeder ohne irgendwelche Vorbehalte teihaben darf.
Auch Moslems?
Die Frage mag klingen, als sei sie nicht ernst gemeint. Aber wenn eine Glaubensgemeinschaft sagt, es gäbe keine Vorbehalte, dann würde man doch vermuten, dass hier nicht die Haarfarbe gemeint ist, sondern der Glaube; dass also jeder ungeachtet seines Glaubens teilnehmen darf und nicht ungeachtet seiner Haarfarbe.
Oder ist es genau umgekehrt? Dass also jeder teilnehmen darf, egal welche Haarfarbe er hat, solange er nur dem vorgeschriebenen Glauben folgt?
Auf den Punkt gefragt: Welche Kriterien sind fest vorgeschrieben und wo nimmt man es nicht so genau? Wenn der Glaube frei ist: Ist es dann überhaupt eine Glaubensgemeinschaft? Und wenn lediglich die Haarfarbe variabel ist: Wäre das nicht etwas läppisch?
Zum Vergleich: Humanistische Vereine, politische Parteien, Sportvereine oder Freizeitgruppen nehmen ganz selbstverständlich alle Menschen auf (eventuell unter Beachtung einer gesetzlichen Altersgrenze). Das gilt auch für Fanclubs, Lesezirkel, Wandergruppen oder Schulen: Sie stehen jedem offen. Deswegen kann man mit Fug und Recht behaupten, dass in diesen Gruppen "jeder ohne irgendwelche Vorbehalte teilhaben darf".
Deine christliche Gemeinde scheint sich aber doch gerade darin von den oben genannten Gruppen zu unterscheiden, dass nicht jeder teilhaben darf, und dass es Vorbehalte (Bedingungen) gibt -- und es würde mich doch sehr wundern, wenn's die Haarfarbe wäre.
Ich würde vermuten, dass Deine christliche Gemeinde sich vielleicht sogar ausschließlich darüber definiert, wer teilhaben darf und welche Vorbehalte es gibt.
Was ist mit Menschen, die in dieser Gemeinde kirchlich heiraten, sich scheiden lassen und danach erneut heiraten? Sind diese Menschen zum Gottesdienst und speziell zur Eucharistie zugelassen? Gibt die Gemeinde ihren offiziellen Segen, in Form einer erneuten kirchlichen Heirat? Oder gibt es Vorbehalte?
Was ist mit Pfarrern dieser Gemeinde, die eine Frau heiraten? Kann der Pfarrer dann weiterhin ohne irgendwelche Vorbehalte teilhaben? Oder wird er rausgeschmissen? Falls er rausgeschmissen würde, scheint mir das ein eindeutiger Vorbehalt zu sein, oder ist das spitzfindig?
Nehmen wir an, der Pfarrer will keinen Ärger und verzichtet auf die Heirat. Aber er hat eine feste Freundin und steht dazu. Wird er rausgeschmissen?
Was ist mit Religionslehrern, die von dieser Kirchengemeine zum Unterricht bestimmt wurden, und die den Schülern mitteilen, dass sie die Geschichte von der jungfräulichen Maria für albern und erfunden halten? Behalten diese Lehrer ihre Anstellung? Oder gibt es Vorbehalte?
Schwarzfahrer
08.02.2019, 09:31
Zum Vergleich: Humanistische Vereine, politische Parteien, Sportvereine oder Freizeitgruppen nehmen ganz selbstverständlich alle Menschen auf (eventuell unter Beachtung einer gesetzlichen Altersgrenze). Das gilt auch für Fanclubs, Lesezirkel, Wandergruppen oder Schulen: Sie stehen jedem offen. Deswegen kann man mit Fug und Recht behaupten, dass in diesen Gruppen "jeder ohne irgendwelche Vorbehalte teilhaben darf".
Klingt im Prinzip toll - ist aber an der Realität vorbei. Jeder Verein, jede Partei sucht sich seine Mitglieder auch selbst aus, behält sich auch das Recht vor, unliebsame Mitglieder wieder auszustoßen, die sich nicht an ihre geschriebenen oder auch ungeschriebenen Regeln halten (wollen). Eklatanteste Beispiele sind aktuell z.B. Sportvereine, die AfD-Wähler oder Mitglieder aus ihren Reihen ausschließen wollen (wobei politische Meinung herzlich wenig mit Sport zu tun haben sollte), die SPD will Sarrazin ausschließen, und man erwartet zu Recht, daß die AfD ihre Rechtsausleger loswird. Und jeder hätte Verständnis, daß ein vollständig aus Nichtrauchern bestehender Verein keine Mitglieder mag, die in den Vereinsräumen ungehemmt rauchen. Von SchrebergartenVereinen und ihren Regeln ganz zu schweigen...
Jede soziale Gruppe, ob Verein, Religionsgruppe oder Partei mag offen sein für alle - aber der Vorbehalt, daß sich Teilnehmer an die Regeln der jeweiligen Gruppe zu halten haben, ist grundsätzlcih da. Ohne diese Abgrenzung gäbe es die spezifische Gruppe als solche gar nicht, sondern es wäre eine beliebige, identitätslose Gruppierung von Menschen. Über die Sinnhaftigkeit oder moralische Rechtfertigung der Regeln mag trefflich gestritten werden, aber Dein konstruierter Unterschied zu den Kirchen ist falsch - es gibt keinen.
Klugschnacker
08.02.2019, 11:35
Schwarzfahrer: Wäre nach Deinem Argument folgendes dasselbe:
• "Kein Zutritt für Minderjährige!"
• "Kein Zutritt für Juden!"
• "Kein Zutritt für Homosexuelle!"
• "Kein Zutritt für Servicepersonal!"
Mir scheint, dass man an diesem Beispiel erkennen kann, dass es entscheidend auf die Begründungen solcher Regeln ankommt. Damit möchte ich Dir natürlich nichts in den Mund legen, was Du nicht sagen wolltest; ich möchte lediglich meinen Punkt verdeutlichen.
Ich möchte die Angelegenheit kurz verallgemeinern. Welche Anforderungen sind an ein moralisches System und seine Regeln zu stellen? Dazu zwei Gedanken:
Wir sind grundsätzlich bereit, moralische Systeme durchzusetzen, notfalls mit Gewalt.
Daraus erwächst die Verpflichtung, moralische Systeme zu begründen. Es muss begründet werden, warum ein bestimmtes moralische System besser ist als ein konkurrierendes anderes moralische System.
Ein Beispiel für die Anwendung von Gewalt für die Durchsetzung eines moralischen Systems sind unsere Gesetze. Wer gegen sie verstößt, bekommt es mit der Staatsgewalt zu tun. Zum Beispiel in Form von Geld- oder Haftstrafen. Es geht also nicht unbedingt um körperliche Gewalt, sondern um die Ausübung von Macht.
Diese Gewalt- oder Machtausübung müssen wir rechtfertigen. Es muss bewiesen oder plausibel gemacht werden, warum ein moralische System besser ist als ein anderes. Im folgenden argumentiere ich dafür, dass das Christentum solche notwendigen Begründungen nicht hat.
Religiös begründete Moral beruft sich auf religiöses Wissen. Das ist stets geoffenbartes Wissen: Ein Engel erschien im Traum, ein Busch sprach, ein Gott reichte Steintafeln herab. Eine Offenbarung als Wissensquelle ist heutzutage für einen großen Teil unserer Gesellschaft kein überzeugendes Argument mehr. Seine Überzeugungskraft reicht nicht mehr aus, um eine so begründete Moral gegenüber Andersdenkenden durchzusetzen.
Deshalb demonstrieren heutzutage Schüler selbst an einer katholischen Schule gegen die Entlassung eines Lehrers (http://www.spiegel.de/karriere/borken-katholisches-gymnasium-schmeisst-homosexuellen-lehrer-raus-a-1230021.html), der seinen Lebenspartner heiraten will, während sie andere moralische Regeln durchaus akzeptieren. Es geht um die Begründung.
Das Fehlen von Begründungen für das christliche Moralsystem zerreisst die Kirche auch von innen. In praktisch allen moralischen Fragen ist sie in sich uneinig. Darf eine Frau ein geistliches Amt innehaben? Ist Scheidung und Wiederheirat okay? Gilt das Tötungsverbot immer oder gibt es Ausnahmen? Darf eine lesbische Frau Pfarrer (https://www.evangelisch.de/inhalte/74581/10-12-2012/lesbische-pfarrerin-gluecklich-als-regenbogenfamilie) werden? Ist elektrischer Strom eine Sünde? Kommt Hitler in den Himmel und Gandhi in die Hölle?
Zu all diesen Fragen (und vielen weiteren) gibt es im Christentum die unterschiedlichsten Lehrmeinungen, trotz teilweise zweitausend Jahren intensiven Nachdenkens über den Willen des Gottes, an den sie alle gemeinsam glauben, und der sich ihnen angeblich offenbart hat. Damit möchte ich ausdrücken, dass es zwar zahlreiche moralische Standpunkte im Christentum gibt, aber eben keine Begründungen für sie, mit denen sich entscheiden ließe, welcher moralische Standpunkt richtig ist.
Wichtig ist mir, zu betonen, dass ich niemanden persönlich verletzen oder kritisieren möchte.
:Blumen:
Jeder Verein, jede Partei sucht sich seine Mitglieder auch selbst aus, behält sich auch das Recht vor, unliebsame Mitglieder wieder auszustoßen, die sich nicht an ihre geschriebenen oder auch ungeschriebenen Regeln halten (wollen).
Einverstanden. Du schreibst, die Kirche sei wie alle anderen Gruppen, weil sie die Mitgliedschaft abhängig macht von bestimmten Dingen.
Genau das ist mein Punkt. Behauptet wurde, eine bestimmte Kirchengemeinde wäre a) offen für jeden, und b) auch noch vorbehaltlos. Aber nun sieht es so aus, als würde beides nicht zutreffen.
Warum ist das wichtig? Es ist wichtig, weil es uns zu den zentralen, nicht verhandelbaren Inhalten und Zielen dieser Gemeinschaft führt. Nur aus diesem Grund bringe ich es in die Debatte ein.
Wenn ein Religionslehrer (oder Professor) rausgeschmissen wird, weil er die Jungfräulichkeit von Maria bezweifelt, dann darf man annehmen, dass es sich um einen nicht verhandelbaren Inhalt handelt.
Anschließend könnte man untersuchen, ob dieser Inhalt in allen katholischen Gemeinden so geglaubt und gehandhabt wird. Es wird nämlich in der Debatte laufend behauptet, dass kein Mensch den offiziellen Quatsch der Amtskirche glauben würde, und dass die Kritik daran folglich substanzlos wäre. Wenn es aber kein Mensch glaubt, dann müssten sich eine Menge Gemeinden finden, in denen die Leugnung der Jungfrauengeburt keine Konsequenzen hat.
Aber man findet sie nicht.
Man findet auch keine geschiedenen und wiederverheirateten Ehepartner, die das offizielle Sakrament ihrer katholischen Gemeinde empfingen. Man findet keine katholischen Pfarrer, die eine Beziehung zu einer Frau eingingen und weiterhin Pfarrer blieben.
Man findet nicht einen einzigen Gläubigen, der getauft, konfirmiert oder verheiratet wurde, wenn er zuvor sagte: "Also Leute, vom Glaubensbekenntnis glaube ich nur die Hälfte".
Zwar mag es katholische Privatleute geben, die nicht an die Jungfräulichkeit glauben und die auch die Ehe von Priestern befürworten würden. Aber sie haben in der kath. Kirche keine Macht und sind gesellschaftlich in diesem Punkt nicht relevant. Und weil sie nicht relevant sind, können sie auch nicht die Kritik an den Amtskirchen abschwächen.
Wenn in 100% aller kath. Kirchengemeinden scharfe Sanktionen drohen, falls nicht an die Jungfräulichkeit geglaubt wird, dann ist die Kritik daran auch zu 100% berechtigt.
Wichtig ist mir, zu betonen, dass ich niemanden persönlich verletzen oder kritisieren möchte.
:Blumen:
Hi Klugschnacker, ich behaupte mal frei, das tust du auch nicht. Mich jedenfalls sicher eingeschlossen.
Das für mich nach wie vor eigentlich Befremdliche ist, dass du und dein Bruder letztendlich gar kein gutes Haar an Katholiken lasst oder irgendwas, das für jemanden positiv ist. Das wird dann in immer gleicher Art relativiert und negiert. Das sei dir aber unbenommen, wir haben das monatelang ausdiskutiert :Cheese: Dieses Rigorose schreckt mich ab, egal ob von Katholiken, Atheisten, Linken, Rechten usw. Es wirkt auf mich schwerlastig, gezwungen und nicht erstrebenswert. :Blumen:
dein Bruder letztendlich gar kein gutes Haar an Katholiken lasst
Ich persönlich kritisiere keine Katholiken, sondern den Katholizismus. Ich habe ungefähr 200 mal darauf hingewiesen.
Schwarzfahrer
08.02.2019, 12:47
Schwarzfahrer: Wäre nach Deinem Argument folgendes dasselbe:
• "Kein Zutritt für Minderjährige!"
• "Kein Zutritt für Juden!"
• "Kein Zutritt für Homosexuelle!"
• "Kein Zutritt für Servicepersonal!"
Mir scheint, dass man an diesem Beispiel erkennen kann, dass es entscheidend auf die Begründungen solcher Regeln ankommt. Damit möchte ich Dir natürlich nichts in den Mund legen, was Du nicht sagen wolltest; ich möchte lediglich meinen Punkt verdeutlichen.
Schon klar, ich bin nicht empfindlich :Blumen:. Natürlich kommt es auf die Begründung an - wobei diese seltenst objektiv ist, sondern aus der subjektiven Sicht der betroffenen Gruppe geschieht. Für Menschen, die von klein auf Haß auf Juden und Homosexuelle gelernt haben, sind die obigen Beispiele wohl vergleichbar. Für mich sind Nr. 1 und 4 u.U. begründbar, 2 und 3 nie. Allerdings ist "wir bedienen keine AfD-Mitglieder" und "wir bedienen keine Moslems" mit 2 und 3 gleichzustellen, finde ich, und genauso bedenklich - obwohl es heute sehr unterschiedlich bewertet wird.
Welche Anforderungen sind an ein moralisches System und seine Regeln zu stellen? Dazu zwei Gedanken:
Wir sind grundsätzlich bereit, moralische Systeme durchzusetzen, notfalls mit Gewalt.
Daraus erwächst die Verpflichtung, moralische Systeme zu begründen. Es muss begründet werden, warum ein bestimmtes moralische System besser ist als ein konkurrierendes anderes moralische System.
M.M.n. kommt aber die Begründung eines jeden moralischen Systems nie ganz aus dem System heraus; es sind selten komplett "objektive" Maßstäbe für Begründbarkeit, sondern primär Annahmen, die in diesem moralischen System als Axiome gesetzt sind. Daher ist es problematisch anzunehmen, daß man objektiv im Sinne einer allgemeinen Wahrheit sagen kann, daß ein bestimmtes moralische System besser ist als ein konkurrierendes anderes moralische System, da die Skala von besser oder schlechter im moralischen System des Betrachters verankert ist. Religionen setzen den Anker bei einem undefinierten höheren Wesen, um es über das menschliche Urteil zu stellen. Aber auch ohne Religion haben verschiedene Kulturen unterschiedliche moralische Prioritäten und Axiome, und jeder hält natürlich seine für höherwertig, und kann dies auch irgendwie begründen - und muß es auch, um einen moralischen Halt in einer Gruppe zu haben. Ich halte es für einen unwahrscheinlichen Traum, daß "die Menschheit" sich jemals auf einheitliche moralische Werte und Standards einigt - es ist schon viel erreicht, wenn die verschiedenen Systeme in sich zufrieden sind, ohne ihre Werte anderen außerhalb der Gruppe aufzwingen zu wollen, oder die Werteskalen anderer als minderwertig herabsetzen. Wenn ich einer Gruppe zugehören will, muß ich nun mal ihre Werte akzeptieren, (oder kann versuchen, Einfluß darauf zu nehmen über Argumente); wenn ich mit diesen Werten nicht zurechtkomme, dann verzichte ich auf die Teilnahme. Mir fehlt das Verständnis z.B., warum jemand als Geschiedener Wert auf die kirchlichen Sakramente von einer Kirche legt, die ihn ablehnt - er kann dann zu den Protestanten gehn. Wer mich nicht will, den will ich auch nicht. aber ich bin ja nicht marketingrelevant:Lachen2:
Schwarzfahrer
08.02.2019, 12:56
Genau das ist mein Punkt. Behauptet wurde, eine bestimmte Kirchengemeinde wäre a) offen für jeden, und b) auch noch vorbehaltlos. Aber nun sieht es so aus, als würde beides nicht zutreffen.
Natürlich, aber es trifft ebensowenig auf Deine Beispiele zu, das wollte ich nur herausstellen. (wobei die lokale Gemeinde sehr wohl die Offenheit haben kann, aber nicht von der Amtskirche gestützt wird darin).
Wenn ein Religionslehrer (oder Professor) rausgeschmissen wird, weil er die Jungfräulichkeit von Maria bezweifelt, dann darf man annehmen, dass es sich um einen nicht verhandelbaren Inhalt handelt.
Richtig; das passiert auch oft im politischen Bereich mit Professoren ähnlich (z.B.Jordan Peterson). Er muß das als Mitglied wissen, und kann sich entscheiden: ich schließe mich der Meinung an, oder wenn nicht, trete ich aus, oder versuche die amtliche Meinung zu beeinflussen, oder eben zu ignorieren, und mein Lebensumfeld meinen Vorstellungen entsprechend zu gestalten, in der Hoffnung, daß sich dadurch langfristig etwas ändert (letztere Haltung ist wohl auch eine der Mehrheitshaltungen in Diktaturen - höchst menschlich und pragmatisch).
Es wird nämlich in der Debatte laufend behauptet, dass kein Mensch den offiziellen Quatsch der Amtskirche glauben würde, und dass die Kritik daran folglich substanzlos wäre.
Ja, kaum einer glaubt es; die Kritik an den Christen ist dadurch substanzlos. Kritik an der Amtskirche natürlich nicht - die beiden sind für mich zwei paar Stiefel, wie auch eben die Sovjetbürger nicht gleich Zentralkommitee der KPDSU waren.
Wenn in 100% aller kath. Kirchengemeinden scharfe Sanktionen drohen, falls nicht an die Jungfräulichkeit geglaubt wird, dann ist die Kritik daran auch zu 100% berechtigt.
Richtig, aber es muß klar sein, daß die Sanktionen meist nicht durch die Kirchengemeindemitglieder, sondern durch die höheren Instanzen der Amtskirche drohen, und diese Unterscheidung ist für viele Christen sehr wichtig.
Klugschnacker
08.02.2019, 13:17
M.M.n. kommt aber die Begründung eines jeden moralischen Systems nie ganz aus dem System heraus; es sind selten komplett "objektive" Maßstäbe für Begründbarkeit, sondern primär Annahmen, die in diesem moralischen System als Axiome gesetzt sind. Daher ist es problematisch anzunehmen, daß man objektiv im Sinne einer allgemeinen Wahrheit sagen kann, daß ein bestimmtes moralische System besser ist als ein konkurrierendes anderes moralische System, da die Skala von besser oder schlechter im moralischen System des Betrachters verankert ist.
Nehmen wir mal versuchsweise die moralischen Maßstäbe, also moralische Bewertungen, welche aus dem christlichen Glauben selbst kommen. Also keine von außen angelegte Bewertungen moralischer Fragen, sondern die Maßstäbe des Christentums selbst.
Mein Argument lautet: Auch unter Anwendung der eigenen christlichen Maßstäbe lassen sich die moralischen Standpunkte des Christentums nicht rechtfertigen oder bewerten. Das sieht man daran, dass es im Christentum zu praktisch allen moralischen Fragen unterschiedliche, sich teilweise direkt widersprechende Standpunkte gibt, die sich allesamt auf denselben Gott berufen, der sich ihnen offenbart habe.
Ein moralisches System, mit dem man moralische Standpunkte ebenso wie deren Gegenteil begründen kann, ist kein moralisches System, sondern Willkür.
Beispiel: Bei Protestanten in Deutschland können Frauen Pfarrer werden, die in lesbischer Lebensgemeinschaft leben. Katholische Priester leben im Zölibat und halten die Ausübung von Homosexualität für "keinesfalls zu billigen". Beide begründen ihre Standpunkte mit dem geoffenbarten Willen Gottes.
Verstehst Du, was ich meine? :Blumen:
Richtig, aber es muß klar sein, daß die Sanktionen meist nicht durch die Kirchengemeindemitglieder, sondern durch die höheren Instanzen der Amtskirche drohen, und diese Unterscheidung ist für viele Christen sehr wichtig.
Du schreibst, dass es den Kirchenmitgliedern sehr wichtig wäre, mit den offiziellen Funktionären nicht in einen Topf geworfen zu werden.
Aber eben diese Behauptung steht auf dem Prüfstand. Wie wichtig ist es ihnen? Wie äußert es sich? Äußert es sich überhaupt?
Wenn es ihnen wichtig wäre, müsste es sich doch äußern? Wenn es die Mehrheit beträfe, würde sie sich irgendwann auch durchsetzen. Also warum setzen sie sich nicht durch?
Wenn sie sich nicht durchsetzen, sind sie gesellschaftlich nicht relevant. Aber die Kirchen erhalten ihre weit reichenden Privilegien nur deshalb, weil sie angeblich gesellschaftlich relevant seien.
Anders gesagt: Wenn die Amtskirchen überhaupt gar nicht die Mehrheit der Gläubigen vertreten, dann haben sie auch keinen Anspruch auf die Privilegien.
Religionen setzen den Anker bei einem undefinierten höheren Wesen, um es über das menschliche Urteil zu stellen.
Du schreibst, die Religionen würden ein bestimmtes Axiom verwenden, also eine Grundannahme, die als Basis für alle anderen Schlussfolgerungen dient.
Worin besteht das Axiom genau? Ist es das "undefinierte höhere Wesen"?
Es lohnt sich, hier genau hinzusehen. Ist es wirklich das "undefinierte höhere Wesen", oder ist es vielmehr nur die Erzählung davon? Ist es wirklich die Gottheit, oder ist es in Wahrheit die Behauptung eines Priesters?
Um den Unterschied zu illustrieren: Es ist ein Unterschied, ob ich ein Wunder untersuche (Brot hat sich tausendfach vermehrt), oder ob ich in Wahrheit nur die Erzählung davon untersuche. Habe ich die Brote oder habe ich nur ein Papier?
Was ich damit erreichen will: Ich stimme Dir zu, dass alle Moralsysteme auf bestimmten Grundannahmen basieren. Diese sind aber unterschiedlich belastbar und unterschiedlich plausibel. In manchen Fällen könnten sie auch widersprüchlich oder undefinierbar sein (das ist Arnes Punkt).
Für mich ist wichtig, dass ich mich nicht schulterzuckend damit zufrieden geben muss, wenn mir ein Axiom präsentiert wird, das angeblich nicht weiter hinterfragt werden kann. Ich kann durchaus verlangen, dass das Axiom plausibel und widerspruchsfrei ist. Die Axiome des Christentums sind weder plausibel noch widerspruchsfrei.
Ich bin gar nicht so sicher, ob es überhaupt Axiome sind oder ob nur der Anschein erweckt wird.
Klugschnacker
08.02.2019, 14:02
Richtig, aber es muß klar sein, daß die Sanktionen meist nicht durch die Kirchengemeindemitglieder, sondern durch die höheren Instanzen der Amtskirche drohen, und diese Unterscheidung ist für viele Christen sehr wichtig.
Ich weiß, was Du meinst. Wir stimmen in vielen grundsätzlichen Punkten miteinander überein. Dennoch möchte ich hier kurz einhaken.
Die Durchsetzung christlicher Moral erfolgt ganz wesentlich über die soziale Ächtung. Sie wird meist nicht von den höheren Instanzen der Amtskirche verübt, sondern von den gläubigen Menschen selbst. Ich gebe Dir recht, falls Du ausdrücken wolltest, das dieser soziale Druck heutzutage und in Deutschland nachgelassen hat.
:Blumen:
Schwarzfahrer
08.02.2019, 14:08
Mein Argument lautet: Auch unter Anwendung der eigenen christlichen Maßstäbe lassen sich die moralischen Standpunkte des Christentums nicht rechtfertigen oder bewerten. Das sieht man daran, dass es im Christentum zu praktisch allen moralischen Fragen unterschiedliche, sich teilweise direkt widersprechende Standpunkte gibt, die sich allesamt auf denselben Gott berufen, der sich ihnen offenbart habe.
...
Verstehst Du, was ich meine? :Blumen:
Ich glaube schon. Es ist aber keine spezielle Eigenschaft des Christentums. Diese Möglichkeit der unterschiedlichen Interpretation einer Basis, nenne es Religion oder Ideologie, ist allen Systemen inherent und wird eifrig genutzt, dank dem menschlichen Erfindungsreichtum, alles im eigenen Interesse, ggf. auch ins Gegenteil, umzuinterpretieren (Stichwort Dialektik).
Sowohl Windkraftbefürworter als auch Windkraftgegener berufen sich auf das Hehre Ziel Naturschutz; Impfgegner wie Impfbefürworter schlagen sich die Köpfe nur zum Schutz der Gesundheit der Menschen ein, Steuersenkungen und Steuererhöhungen werden gerne mit dem Ziel der Arbeitsplatzbeschaffung angepriesen, etc. Dein Stichwort "Willkür" läßt sich noch auf viele andere Systeme anwenden in diesem Sinne.
Klugschnacker
08.02.2019, 14:17
Ich glaube schon. Es ist aber keine spezielle Eigenschaft des Christentums. ... Dein Stichwort "Willkür" läßt sich noch auf viele andere Systeme anwenden in diesem Sinne.
Dein Argument lautet zusammengefasst, das Christentum kann seine moralischen Standpunkte nicht begründen, andere Ideologien oder Weltanschauungen jedoch auch nicht. Ungefähr korrekt?
:Blumen:
Schwarzfahrer
08.02.2019, 14:19
..Wenn sie sich nicht durchsetzen, sind sie gesellschaftlich nicht relevant. .
Doch, nur weil sie das System der Amtskirche nicht ändern, sind sie relevant, weil sie die gelebte Praxis in der Gesellschaft verändern, so wie mich Arne verstanden hat:
Ich weiß, was Du meinst. ...Die Durchsetzung christlicher Moral erfolgt ganz wesentlich über die soziale Ächtung. Sie wird meist nicht von den höheren Instanzen der Amtskirche verübt, sondern von den gläubigen Menschen selbst. Ich gebe Dir recht, falls Du ausdrücken wolltest, das dieser soziale Druck heutzutage und in Deutschland nachgelassen hat.
:Blumen:
Aber die Kirchen erhalten ihre weit reichenden Privilegien nur deshalb, weil sie angeblich gesellschaftlich relevant seien
Anders gesagt: Wenn die Amtskirchen überhaupt gar nicht die Mehrheit der Gläubigen vertreten, dann haben sie auch keinen Anspruch auf die Privilegien.
Volle Zustimmung, ohne Widerspruch. Nicht die Kirchen sind gesellschaftlich relevant (in D), sondern die Gläubigen. Das kann aber in anderen Ländern auch anders aussehen.
...Für mich ist wichtig, dass ich mich nicht schulterzuckend damit zufrieden geben muss, wenn mir ein Axiom präsentiert wird, das angeblich nicht weiter hinterfragt werden kann. Ich kann durchaus verlangen, dass das Axiom plausibel und widerspruchsfrei ist. Die Axiome des Christentums sind weder plausibel noch widerspruchsfrei.
Axiome werden per Definition innerhalb des Systems nicht hinterfragt oder begründet. Sobald ich das versuche, muß ich zwangsweise außerhalb des Systems sein, und bin damit in meiner Kritik und Wertung frei - aber nur innerhalb meines eigenen Systems, das auch auf Axiome baut, welche allerdings jemand aus einem anderen System auf Grund seiner Axiome ebenfalls hinterfragen und bezweifeln kann. Axiome von Moral- und Glaubenssystemen sind (anders als in der Mathematik) seltenst universell plausibel und widerspruchsfrei, egal ob es die der Christen, Kommunisten, Neoliberalen oder Öko-Aktivisten sind.
Nicht die Kirchen sind gesellschaftlich relevant (in D), sondern die Gläubigen.
Wie äußert sich das? So, dass ich es sehen und überprüfen kann?
Die Kirchen sind der größte Arbeitgeber in Deutschland (nach dem Staat). Sie sitzen in den Rundfunkräten und Ethik-Kommissionen der Regierung. Sie verfügen über Milliarden Euro. Sie haben Verträge mit allen Landesregierungen und der Bundesregierung. Sie bestimmen über TV- und Rundfunksendungen und legen deren Inhalte frei fest. Sie legen die Inhalte des konfessionellen Religionsunterrichts fest.
Nichts davon trifft auf den einzelnen Gläubigen zu -- auch nicht als Gemeinschaft. Wenn sie sich zusammenschlössen (was teilweise schon geschieht), haben diese Gruppen trotzdem keine der genannten Privilegien. Keine dieser Gruppen stellt auch nur einen einzigen Religionslehrer oder hat eine einzige Trauung vorgenommen.
Ich habe also erhebliche Zweifel an der Aussage, dass die Kirchen nicht relevant wären, wohl aber die einzelnen Gläubigen. Es muss ja nicht schwarz-weiß sein. Aber zu sagen, dass die Kirchen keinen Einfluss hätten, scheint mir schwer belegbar zu sein.
Keine andere Gruppe hat derart weit reichende Privilegien in Deutschland wie die zwei christlichen Amtskirchen.
Klugschnacker
08.02.2019, 15:29
Axiome werden per Definition innerhalb des Systems nicht hinterfragt oder begründet. Sobald ich das versuche, muß ich zwangsweise außerhalb des Systems sein...
Die Kirchen und mit ihnen das Christentum erheben einen universalen Wahrheitsanspruch, der sich auf unsere konkrete, erfahrbare Welt bezieht.
Die Theologen sprechen nicht von einem isolierten philosophischen System, innerhalb dessen bestimmte Glaubensannahmen (Axiome) Geltung hätten. Sondern es geht um unsere reale Welt.
Deshalb kann man christliche Behauptungen an der realen Welt messen, zumindest dort, wo das möglich ist. Stand die Sonne einen Tag lang still? Ist die Erde 6000 Jahre alt? Stammen sämtliche Arten von der Arche Noah ab? Entstand die Erde vor der Sonne? Teilte uns der Schöpfer des Universums tatsächlich seine Ansichten über Verhütungsmittel mit? Wann und wem?
Dies ist mein Argument: Wir haben es nicht mit Axiomen zu tun, sondern mit Tatsachenbehauptungen. Es steht uns frei, sie zu hinterfragen.
:Blumen:
Schwarzfahrer
08.02.2019, 15:37
Dein Argument lautet zusammengefasst, das Christentum kann seine moralischen Standpunkte nicht begründen, andere Ideologien oder Weltanschauungen jedoch auch nicht. Ungefähr korrekt?
:Blumen:
Genau. Eure Argumente sind nicht falsch, aber auch nicht exklusiv auf das Christentum zu beziehen. Moral ist nicht objektiv begründbar, glaube ich.
Dies ist mein Argument: Wir haben es nicht mit Axiomen zu tun, sondern mit Tatsachenbehauptungen. Es steht uns frei, sie zu hinterfragen
Natürlich. Aber alle Axiome sind erst mal Tatsachenbehauptungen, die nicht hinterfragt werden wollen. Kann man aber immer trotzdem tun. Genauso, wie ich die Gültigkeit von "alternativlosen" Aussagen wie menschgemachter Klimawandel, CO2 als alles überragendes Problem, der Wachstumszwang in der Ökonomie, Homöopathie u.v.a.m. hinterfragen kann. Das macht den selbständig denkenden Menschen doch aus.
Ich habe also erhebliche Zweifel an der Aussage, dass die Kirchen nicht relevant wären, wohl aber die einzelnen Gläubigen. Es muss ja nicht schwarz-weiß sein. Aber zu sagen, dass die Kirchen keinen Einfluss hätten, scheint mir schwer belegbar zu sein.
In Bezug darauf, wie Religion sich in der Gesellschaft manifestiert, wie es gelebt wird, ist für mich der Einfluß der Gläubigen, die es tatsächlich leben, wesentlich wichtiger als die Präsenz der Kirchen als Arbeitgeber und im Rundfunkrat. Entscheidend für mich sind Aktionen die aus den Gemeinden kommen (sei es Jugendgruppen, Nachbarschaftshilfe, Kulturveranstaltungen, etc.)m weil diese _Sachen die Menschen direkt wahrnhemen und mit Religion und Kirche identifizieren. Die Macht und Dogmatik der Amtskirche beschränkt sich auf innere Angelegenheiten, und etwas Propaganda - beides geht am "normalen Menschen" weitgehend vorbei. Höchstens in Ethik-Kommissionen mag etwas gesellschaftlicher Einfluß erreichbar sein, aber das Leben der Menschen beeinflußt sie m.M.n. marginal.
Sieht eine Erzieherin im Kindergarten bei einem Kind ein Pentakel als Schmuckanhänger und wie es in den Sandkasten um sich herum drei Kreise malt, dabei murmelnd:
„Auf das Hexenrecht wirst du bauen in wahrhaftiger Liebe und echtem Vertrauen" sowie "Zieh den Kreis dreimal aus und halte alles Böse raus."
grübelt sie, ob sie nicht eine Kinderpsychologin einschalten oder gar das Jugendamt zu einem Hausbesuch bitten soll.
Spricht das Kind mit einem Kreuz als Anhänger vor dem Mittagsschlaf so vor sich hin:
"Hab ich Unrecht heut getan,
sieh es lieber Gott nicht an.
Deine Gnad und Jesu Blut,
machen allen Schaden gut."
vervollständigt die Erzieherin: Amen.
......
Die Macht und Dogmatik der Amtskirche beschränkt sich auf innere Angelegenheiten, und etwas Propaganda - beides geht am "normalen Menschen" weitgehend vorbei.
.....
Sehe ich leider nicht so. Die meisten christlichen Menschen taufen ihre Kinder gleich nach der Geburt, weil die grossen Kirchen das von ihren Mitgliedern fordern. Auch bei religionsunterschiedlichen Ehen muss der nichtkatholische Teil z.B. unterschreiben, im Falle einer kirchlichen Heirat, dass die Kinder gleich nach der Geburt getauft und katholisch erzogen werden. Damit erwerben die meisten als "Geschäftsunfähige" schon die Kirchenmitgliedschaft, die man leider erst durch den aktiven Austritt nach Eintritt der Volljährigkeit beenden kann, und die Taufe bleibt ein Leben lang gültig für die Kirche.
Klugschnacker
08.02.2019, 16:21
Entscheidend für mich sind Aktionen die aus den Gemeinden kommen (sei es Jugendgruppen, Nachbarschaftshilfe, Kulturveranstaltungen, etc.)m weil diese _Sachen die Menschen direkt wahrnhemen und mit Religion und Kirche identifizieren.
Da kann ich mitgehen. Aus den Gemeinden kommen durchaus auch gute Dinge, die ich unterstützen kann. Allerdings auch einige, die ich ablehne, wie etwa das systematische Anlügen von Kindern; leider kann man auch den massenhaften sexuellen Missbrauch von kleinen Jungs nicht unerwähnt lassen, der sich auf Gemeindeebene abspielt. Dennoch halte ich es für richtig, auch die positiven Aspekte zu sehen und zu würdigen.
:Blumen:
Die Macht und Dogmatik der Amtskirche beschränkt sich auf innere Angelegenheiten, und etwas Propaganda - beides geht am "normalen Menschen" weitgehend vorbei.
In diesem Punkt erlebe ich die unterschiedlichsten Standpunkte. Mal ist das Christentum die Grundlage unserer Kultur, sogar der Kern unseres Grundgesetzes, mal spielt es praktisch keine gesellschaftliche Rolle außer in ein paar Kommissionen. Entsprechend wird die Rolle der Kirchen unterschiedlich wahrgenommen.
Immerhin haben die christlichen Kirchen die Macht, kleine Kinder, von der ersten Grundschulklasse an, zwei Stunden pro Woche im rechten Glauben zu unterweisen. Ich sehe darin durchaus eine relevante Ausübung gesellschaftlicher Macht.
ist für mich der Einfluß der Gläubigen, die es tatsächlich leben, wesentlich wichtiger als die Präsenz der Kirchen als Arbeitgeber und im Rundfunkrat. Entscheidend für mich sind Aktionen die aus den Gemeinden kommen (sei es Jugendgruppen, Nachbarschaftshilfe, Kulturveranstaltungen, etc.)m weil diese _Sachen die Menschen direkt wahrnhemen und mit Religion und Kirche identifizieren. Die Macht und Dogmatik der Amtskirche beschränkt sich auf innere Angelegenheiten, und etwas Propaganda - beides geht am "normalen Menschen" weitgehend vorbei. Höchstens in Ethik-Kommissionen mag etwas gesellschaftlicher Einfluß erreichbar sein, aber das Leben der Menschen beeinflußt sie m.M.n. marginal.
Es mag durchaus zutreffen, dass die Gläubigen harmlos und gutherzig sind*, und dass dies gesellschaftlich viel wirksamer ist als die Vorschriften der Kirchen, um die sich angeblich niemand kümmert.
Steckt darin aber nicht eine gewisse Scharlatanerie?
Die Masse der Gläubigen dient den Kirchen als Ausweis für ihre Relevanz, und nur deswegen erhalten sie ihre Privilegien. Wenn sich nun herausstellt, dass die Kirchen überhaupt keine Zustimmung unter den Gläubigen finden: Warum können dann die Kirchen diese Zustimmung trotzdem als Argument verwenden?
Wenn die vielen Gläubigen als Steigbügelhalter dienen für ein paar Kirchenfunktionäre, die überhaupt nicht das tun, was die Gläubigen für richtig halten: Warum lassen sich die Gläubigen dann als Steigbügelhalter benutzen?
Entweder stimmen die vielen Gläubigen den Kirchen zu und sind dadurch relevant und erhalten Privilegien. Oder wir stellen fest, dass die Kirchen ihre Gefolgschaft verloren haben, und dann müssen auch die Privilegien neu verteilt werden.
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*Die Gutherzigkeit der Gläubigen steht allerdings auch nicht zur Debatte, sondern, ob ihre Annahmen und Folgerungen korrekt sind.
Schwarzfahrer
08.02.2019, 18:46
Sehe ich leider nicht so. Die meisten christlichen Menschen taufen ihre Kinder gleich nach der Geburt, weil die grossen Kirchen das von ihren Mitgliedern fordern. Auch bei religionsunterschiedlichen Ehen muss der nichtkatholische Teil z.B. unterschreiben, im Falle einer kirchlichen Heirat, dass die Kinder gleich nach der Geburt getauft und katholisch erzogen werden.
Der Druck das Kind zu taufen oder kirchlich zu heiraten kommt m.M.n. vor allem aus dem jeweiligen familiären Umfeld mehr als von "der Kirche", und basiert meist eher auf Tradition (es war schon immer so) als auf Glauben. Außerhalb der Familie interessiert es meist keinen, ob man kirchlich geheiratet hat, oder die Kinder getauft hat - die gesellschaftlichen Konsequenzen, wenn man es nicht tut, sind vernachlässigbar.
Schwarzfahrer
08.02.2019, 18:52
In diesem Punkt erlebe ich die unterschiedlichsten Standpunkte. Mal ist das Christentum die Grundlage unserer Kultur, sogar der Kern unseres Grundgesetzes, mal spielt es praktisch keine gesellschaftliche Rolle außer in ein paar Kommissionen. Entsprechend wird die Rolle der Kirchen unterschiedlich wahrgenommen.
Das Christentum ist die Grundlage unserer Kultur, nicht die Amtskirche; die war höchstens ein wesentlicher politischer Akteur in unserer (länger vergangener) Geschichte, und hat natürlich zur Verankerung und Dominanz des Christentum in Westeuropa kräftig beigetragen. Aber die Kultur wurde schon immer durch das gelebte Christentum geprägt, nicht durch die Dogmen.
Immerhin haben die christlichen Kirchen die Macht, kleine Kinder, von der ersten Grundschulklasse an, zwei Stunden pro Woche im rechten Glauben zu unterweisen. Ich sehe darin durchaus eine relevante Ausübung gesellschaftlicher Macht.
Diese Macht übt der Staat aus, der entschieden hat, den Kirchen diesen Vorteil zu verschaffen, und es liegt in der Macht des Staates, jederzeit damit aufzuhören. Die Kirchen könnten dies aus eigener Macht nie durchsetzen, wenn der Staat sich weigern würde, dafür die die gesellschaftliche Macht der Kirchen zu gering.
Schwarzfahrer
08.02.2019, 18:58
Die Masse der Gläubigen dient den Kirchen als Ausweis für ihre Relevanz, und nur deswegen erhalten sie ihre Privilegien. Wenn sich nun herausstellt, dass die Kirchen überhaupt keine Zustimmung unter den Gläubigen finden: Warum können dann die Kirchen diese Zustimmung trotzdem als Argument verwenden?
Wenn die vielen Gläubigen als Steigbügelhalter dienen für ein paar Kirchenfunktionäre, die überhaupt nicht das tun, was die Gläubigen für richtig halten: Warum lassen sich die Gläubigen dann als Steigbügelhalter benutzen?
Entweder stimmen die vielen Gläubigen den Kirchen zu und sind dadurch relevant und erhalten Privilegien. Oder wir stellen fest, dass die Kirchen ihre Gefolgschaft verloren haben, und dann müssen auch die Privilegien neu verteilt werden.
Ersetze Kirchen durch Parteien und Gläubiger durch Wähler - und Du hast in diesem Text grundlegende, leider häufig höchst irrationale menschliche Verhaltensweisen beschrieben. :Lachen2: Die Realität, der Mensch als Masse, ist leider selten so gnadenlos logisch, wie Du, und die Kirchen und der Umgang damit kein Sonderfall, sondern der Normalfall.
Der Druck das Kind zu taufen oder kirchlich zu heiraten kommt m.M.n. vor allem aus dem jeweiligen familiären Umfeld mehr als von "der Kirche", und basiert meist eher auf Tradition (es war schon immer so) als auf Glauben. Außerhalb der Familie interessiert es meist keinen, ob man kirchlich geheiratet hat, oder die Kinder getauft hat - die gesellschaftlichen Konsequenzen, wenn man es nicht tut, sind vernachlässigbar.
Würde die Kirchen ab morgen z.B. alle Taufen ab 14 oder 18 fordern und durchführen, weil die Kirchenmitgliedschaft und das Bekenntnis zu Gott einer eigenen Entscheidung Heranwachsender / Volljähriger bedürfen sowie die kirchliche Lehrmeinung vertreten, dass ungetaufte verstorbene Kinder einen Platz im Paradies erhalten, würden sich das Taufalter und die familiäre Tradition in kurzer Zeit ändern, weil sich die kirchliche Tradition / Praxis ändert. Davon bin ich überzeugt.
Ich selber hätte gerne auf meine Taufe und die Kirchenmitgliedschaft verzichtet!
Für praktizierende Katholiken ist natürlich die kirchliche Heirat vor Gott als eines der Sakramente wichtig. Stimmt der konfessionslose Ehepartner z.B. einer Kindestaufe nicht zu, wäre die Ehe aus katholischer Sicht auch nicht gültig, weil damit ein Ehehindernis besteht. Meine Mutter z.B. musste damals noch zum Katholizismus konvertieren für die kirchliche Heirat, die für meinen Vater bedeutsam war. Die Konversion ist zum Glück heute nicht mehr notwendig.
Das Christentum ist die Grundlage unserer Kultur, nicht die Amtskirche; die war höchstens ein wesentlicher politischer Akteur in unserer (länger vergangener) Geschichte, und hat natürlich zur Verankerung und Dominanz des Christentum in Westeuropa kräftig beigetragen. Aber die Kultur wurde schon immer durch das gelebte Christentum geprägt, nicht durch die Dogmen.
.......
Es handelt sich um eine über die Jahrhunderte betrachtet vom Wesen her sehr blutige, furchtbare Geschichte und Kultur des praktizierten Christentums, nach innen Repression, Raub, Unterdrückung, geistig, kulturell, militärisch, nach aussen Eroberung, Missionierung, Raub und Mord. Es wurde in diesem Thread darüber in vielen Facetten geschrieben.
https://www.reformiert-solothurn.ch/_upload/1582.jpg
Zwingli, Reformator und Bürgermeister von Zürich. Gestützt auf sein Schwert und die Zwingli-Bibel. Gefallen in der Schlacht bei Kappel 1531.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c4/John_Calvin.jpg
Johannes Calvin, Reformator und Bürgermeister von Genf. 1509-1564.
Zwingli liess die Täufer verfolgen, vertreiben, foltern und ertränken. Unter Calvin wurden Andersgläubige verfolgt, gefoltert, hingerichtet, verbrannt. Luther gratulierte Calvin schriftlich zur Hinrichtung von Häretikern.
Das Christentum ist die Grundlage unserer Kultur
Die Zurückdrängung des Christentums ist Grundlage unserer aktuellen Kultur.
Wesentliche Merkmale unserer Kultur sind
- Gleichberechtigung von Mann und Frau
- Religions- und Bekenntnisfreiheit
- Abschaffung der Sippenhaft
- Begrenzung von vormals absolutistischer Macht
- Abschaffung von Tieropfern
- Rechtsstaatlichkeit
- Gewaltentrennung
- Abschaffung der Sklaverei
All dies widerspricht den biblischen Schriften und auch der gelebten kirchlichen Tradition.
https://www.awq.de/wp-content/uploads/2016/08/unsere_rechtsgrundlagen.jpg
Quelle: AWQ.de (https://www.awq.de/2018/03/wie-christlich-sind-die-christlichen-werte-wirklich/)
Die dann aber auch - man verzeihe mir die Sprache zu später Stunde - irgendwie hohl und unspezifisch ist, da ist nichts mehr was man nicht woanders besser bekommt .....
m.
Ich würde sagen, es ist tatsächlich eine Gemeinschaft um der Gemeinschaft willen. Ich habe es früher so wahrgenommen, dass es außer einem mehr oder weniger ausgeprägtem Glaube an etwas, kein wirkliches gemeinsames Thema gab. Trotzdem, oder gerade deshalb, waren wir so eine tolle Gruppe. Man musste nichts besonderes können, wissen oder erreichen wollen. Es wurde auch kein Glaube auf den Prüfstand gestellt. Wir teilten viel Zeit miteinander auf Lagern, Touren und in Gruppenstunden, weil wir uns mochten, weil jeder auf seine Weise toll war.
Ich habe meine Zweifel, ob man das so woanders besser bekommt.
Am Schluss läuft es auf die Frage hinaus, ob Jesus für einen Gott oder einen Menschen gehalten wird. Oder mit anderen Worten: Ist er von den Toten auferstanden, ja oder nein? An dieser Frage kommt man nicht vorbei. Das sagte bereits Paulus (https://www.bibleserver.com/text/LUT/1.Korinther15,14): "Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich."
:Blumen:
Sorry Paulus, das sehe ich ein bisschen anders.
Nur weil der Glaube an etwas möglicherweise keinen Einfluss auf die Zeit nach dem Ableben hat, ist er noch lange nicht vergeblich. Der Glaube entfaltet ja bereits eine, für viele Gläubigen positiv wahrgenommene, Auswirkung im Diesseits.
Ich würde sogar soweit gehen und sagen, es ist fast egal, ob die Story stimmt. Wenn jemand etwas Positives für sich und seine seine Mitmenschen daraus mitnehmen kann, dann passt das doch.
Auch Moslems?
Die Frage mag klingen, als sei sie nicht ernst gemeint. Aber wenn eine Glaubensgemeinschaft sagt, es gäbe keine Vorbehalte, dann würde man doch vermuten, dass hier nicht die Haarfarbe gemeint ist, sondern der Glaube; dass also jeder ungeachtet seines Glaubens teilnehmen darf und nicht ungeachtet seiner Haarfarbe.
Oder ist es genau umgekehrt? Dass also jeder teilnehmen darf, egal welche Haarfarbe er hat, solange er nur dem vorgeschriebenen Glauben folgt?
Auf den Punkt gefragt: Welche Kriterien sind fest vorgeschrieben und wo nimmt man es nicht so genau? Wenn der Glaube frei ist: Ist es dann überhaupt eine Glaubensgemeinschaft? Und wenn lediglich die Haarfarbe variabel ist: Wäre das nicht etwas läppisch?
Zum Vergleich: Humanistische Vereine, politische Parteien, Sportvereine oder Freizeitgruppen nehmen ganz selbstverständlich alle Menschen auf (eventuell unter Beachtung einer gesetzlichen Altersgrenze). Das gilt auch für Fanclubs, Lesezirkel, Wandergruppen oder Schulen: Sie stehen jedem offen. Deswegen kann man mit Fug und Recht behaupten, dass in diesen Gruppen "jeder ohne irgendwelche Vorbehalte teilhaben darf".
Deine christliche Gemeinde scheint sich aber doch gerade darin von den oben genannten Gruppen zu unterscheiden, dass nicht jeder teilhaben darf, und dass es Vorbehalte (Bedingungen) gibt -- und es würde mich doch sehr wundern, wenn's die Haarfarbe wäre.
Ich würde vermuten, dass Deine christliche Gemeinde sich vielleicht sogar ausschließlich darüber definiert, wer teilhaben darf und welche Vorbehalte es gibt.
Was ist mit Menschen, die in dieser Gemeinde kirchlich heiraten, sich scheiden lassen und danach erneut heiraten? Sind diese Menschen zum Gottesdienst und speziell zur Eucharistie zugelassen? Gibt die Gemeinde ihren offiziellen Segen, in Form einer erneuten kirchlichen Heirat? Oder gibt es Vorbehalte?
Was ist mit Pfarrern dieser Gemeinde, die eine Frau heiraten? Kann der Pfarrer dann weiterhin ohne irgendwelche Vorbehalte teilhaben? Oder wird er rausgeschmissen? Falls er rausgeschmissen würde, scheint mir das ein eindeutiger Vorbehalt zu sein, oder ist das spitzfindig?
Nehmen wir an, der Pfarrer will keinen Ärger und verzichtet auf die Heirat. Aber er hat eine feste Freundin und steht dazu. Wird er rausgeschmissen?
Was ist mit Religionslehrern, die von dieser Kirchengemeine zum Unterricht bestimmt wurden, und die den Schülern mitteilen, dass sie die Geschichte von der jungfräulichen Maria für albern und erfunden halten? Behalten diese Lehrer ihre Anstellung? Oder gibt es Vorbehalte?
Ich habe bewusst das Wort Vorbehalte und nicht (Vor)Bedingung benutzt.
Das bedeutet, dass es zunächst einmal keiner besonderen Anforderungen oder Eigenschaften bedarf. Das ist in anderen Gruppen durchaus so.
- Nimmt man einen Querschnittsgelähmten in ein Fußballteam?
- Einen Linken in einer rechte Partei auf?
- Kann ein kognitiv schwach begabter Mensch wirklich jede Schule besuchen?
...Man könnte die Liste endlos fortsetzen.
Es gäbe dort zumindest einmal beträchtliche Vorbehalte unter den Mitgliedern.
Ich habe die Kirche so erlebt, dass es zunächst keine Vorbehalte gegen andere Menschen gab. Das liegt daran, dass es nur ein sehr diffuses Grundthema (Gott) gibt, mit dem eigentlich keiner so wirklich etwas anfangen kann.
Dass man schlussendlich getauft sein/werden muss, um offiziell dabei zu sein, versteht sich von selbst.
Eigentlich habe ich aber gar keine große Lust, die kath. Kirche zu verteidigen. Ich sehe lediglich auch die positiven Seiten, die es für mich zweifelsfrei gibt.
Schwarzfahrer
09.02.2019, 08:37
Ich selber hätte gerne auf meine Taufe und die Kirchenmitgliedschaft verzichtet!
Ersteres ist schließlich nur etwas Wasser auf dem Kopf, hat man bei jedem Duschen. Und auf die Mitgliedschaft kannst Du doch jederzeit verzichten, ohne die geringsten Konsequenzen fürchten zu müssen (habe ich längst getan) - wo ist das Problem? Ich wäre auch gerne kein Pionier gewesen in Rumänien, und habe mich auch als Pionier nicht mit dem Kommunismus identifiziert, trotz der Teilnahme an all dem formalen Unsinn, was dazugehört hat. Austreten hätte dort z.B. den Verzicht auf eine Berufsbildung bedeutet (also keine Lehre oder Studium). Und ich glaube, ein Schüler, der heute nicht mit Greta die Schule schwänzt bekommt mehr Druck vom Umfeld, als wenn er sich aus dem Religionsunterricht ausklinkt. M.M.n. überschätzt Du die Bedeutung der Kirche im Alltag für die Mehrheit der Menschen. Aber die subjektive Wahrnehmung mag bei jedem unterschiedlich sein.
Es handelt sich um eine über die Jahrhunderte betrachtet vom Wesen her sehr blutige, furchtbare Geschichte und Kultur des praktizierten Christentums, nach innen Repression, Raub, Unterdrückung, geistig, kulturell, militärisch, nach aussen Eroberung, Missionierung, Raub und Mord. Es wurde in diesem Thread darüber in vielen Facetten geschrieben.
Stimmt alles, aber es ist eben nicht nur das; Arne hat schon erkannt, daß es mir darum geht, im heute praktizierten Christentum auch das positive für die Menschen zu sehen, nicht nur das Furchtbare, was in Bibel und Geschichtsbüchern steht. Was heute ist, ist nun mal relevanter für uns, als was irgendwann mal war. Übrigens wurde und wird im Namen des Christentums nicht mehr gegen die Menschlichkeit verbrochen, als im Namen vieler anderen Religionen und Ideologien - das sind alles nur Rechtfertigungsversuche für die schlimmsten Taten von Menschen, getrieben von Gier, Haß, Verblendung, Rechthaberei, Macht.
Schwarzfahrer
09.02.2019, 08:47
Die Zurückdrängung des Christentums ist Grundlage unserer aktuellen Kultur.
Warum so einseitig? Es ist eben beides Teil unserer Kultur, nicht voneinander zu trennen. Oder sind all die Werke der Europäischen Kunst und Architektur, die allein durch religiöse Inspiration und kirchliche Auftraggeber (sei es Kathedralen, Malerei, Musik) entstanden sind, nicht teil unser Kultur? Prägen biblische Geschichten und Bilder nicht immer wieder Literatur und Alltagsprache? Kultur ist mehr als nur die aktuell gültige moralische Norm, Kultur umfasst viel mehr, und das alles ist engstens mit über 1000 Jahren Christentum engstens verwoben, im Guten wie im Schlechten. Die Aufklärung hat diese Kultur natürlich in der letzten, vergleichsweise kurzen Zeit wesentlich umgestaltet - trotzdem sahen sich wohl die meisten Aufklärer ohne Frage als Christen. Und auch die vorchristliche germanische Kultur ist teil unserer Kultur, auch wenn heute keiner mehr Odin oder Thor anbetet. Ich halte es für sinnlos, Wurzeln der eigenen Kultur zu verleugnen, bloß weil Teile davon nicht mit der heutigen Moralvorstellung konform gehen. Akzeptieren wir eben, daß all das geformt hat, was es heute gibt - das heißt ja nicht, daß man alles auch gut finden muß.
Ansonsten schließe ich mich Rälph an:
Eigentlich habe ich aber gar keine große Lust, die kath. Kirche zu verteidigen. Ich sehe lediglich auch die positiven Seiten, die es für mich zweifelsfrei gibt.
Ich habe die Kirche so erlebt, dass es zunächst keine Vorbehalte gegen andere Menschen gab.
Es ist durchaus möglich, dass Du es so erlebt hast. Aber Dein eigenes Erleben muss nicht objektiv die Realität widerspiegeln.
Du erzählst von Pfadfinderlagern und Wandertouren, und das beschreibt eine besondere Situation. Erstens scheint es sich um eine Gruppe besonders junger Menschen zu handeln (Teenager?), und in diesem Alter stellt sich leicht eine Gemeinschaft ein. Viele Konflikte des Alltags und des Erwachsenenlebens stellen sich noch nicht.
Ich habe Dir solche Konflikte genannt: Ein Pfarrer hat eine Freundin, ein Ehepaar lässt sich scheiden und heiratet erneut. Du bist auf diese Konflikte nicht eingegangen. Den netten Pfarrer aus Deinem Pfadfinderlager hätte die Kirche rausgeschmissen, wenn er eine Freundin gehabt und dies zugegeben hätte. Die Eltern Deines besten Freundes hätten sie rausgeschmissen, wenn diese sich hätten scheiden lassen.
Nun kannst Du vermuten, dass der nette Pfarrer keine Freundin wollte, und dass auch bei den Eltern Deiner Freunde alles in Ordnung war. Aber wie realistisch ist das? Vielleicht haben sich alle etwas vorgespielt.
Ich mache Dir daraus keinen Vorwurf, da Du offenbar aus Deiner Teenager-Zeit erzählst. Aber jetzt, als Erwachsener, könntest Du durchaus etwas hinter die Fassade blicken und Dir überlegen, ob der heilige Schein wirklich so heilig war. Vielleicht hätte Dein netter Herr Pfarrer auch gerne eine Familie oder einen Sohn wie Dich gehabt, wer weiß? Aber die schiere Bösartigkeit einiger Leute hat das verhindert.
Ich sehe lediglich auch die positiven Seiten, die es für mich zweifelsfrei gibt.
Ja, es gibt sicherlich positive Seiten, und diese sollte man auch nennen. Deswegen ist es gut, wenn Du dies meiner starken Kritik gegenüber stellst, damit sich ein komplettes Bild ergibt.
Ich habe zwei Einwände gegen diese "positiven Seiten". Erstens scheint es sich dabei um Dinge zu handeln, die mit der kirchlichen Lehre entweder nichts zu tun haben, oder es sind Allgemeinplätze. Beispiel: Ein Ferienlager mit Kindern (hat mit dem Christentum nichts zu tun) oder das Sammeln für Bedürftige (ist ein gesellschaftlicher Allgemeinplatz).
Zweitens wird den ahnungslosen Kindern mit dem Lockmittel des Ferienlagers eine Weltsicht beigebracht, die objektiv und beweisbar falsch ist, und von der sie sich später als Erwachsene nur sehr schwer wieder lösen können.
Die Kirchen haben nach meiner Ansicht ein großes Talent, schöne Dinge (Ferienlager, Singen im Chor) zu missbrauchen für Zwecke, die höchst zweifelhaft sind.
Ich war selbst zweimal als Kind in einem Ferienlager und beide Male war es toll. Es waren keine kirchlichen Veranstaltungen.
Ich würde sogar soweit gehen und sagen, es ist fast egal, ob die Story stimmt. Wenn jemand etwas Positives für sich und seine seine Mitmenschen daraus mitnehmen kann, dann passt das doch.
Ja, wenn jemand etwas Positives daraus gewinnen kann: Was soll daran schlecht sein?
Aber dieses Argument unterschlägt die negativen Seiten. Man muss beide Seiten betrachten und gegeneinander aufwiegen. Auch die Nazis veranstalteten schöne Ferienlager für Kinder und schufen für die Erwachsenen ein großes Gemeinschaftsgefühl -- so sehr, dass man sich heute noch daran erinnert. Es gab Urlaubsreisen für alle ("Kraft durch Freude"), sicherlich ein positiver Aspekt. Aber wir würden es heute nicht tolerieren, wenn jemand sagen würde: "Wenn jemand etwas Positives für sich und seine seine Mitmenschen daraus mitnehmen kann, dann passt das doch".
Ich sage nicht, dass irgendwer ein Nazi sei. Sondern ich sage, dass die Betrachtung nur der positiven Aspekte, und nur betreffend des eigenen Vorteils, nicht zu einer wahrhaftigen Beurteilung einer Sache führt.
Übrigens hat auch der Glaube an den Nikolaus positive Aspekte (Kinder räumen einmal im Jahr ihr Kinderzimmer selbst auf), aber niemand würde vorschlagen, dass es daher klug wäre, an den Nikolaus zu glauben.
Ersteres ist schließlich nur etwas Wasser auf dem Kopf, hat man bei jedem Duschen. Und auf die Mitgliedschaft kannst Du doch jederzeit verzichten, ohne die geringsten Konsequenzen fürchten zu müssen (habe ich längst getan) - wo ist das Problem?
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Ich trat nach Volljährigkeit mit 18 aus dem Verein aus, noch in der Pfarrei, wo man mich taufte. Heute ginge das ab 14 Jahren.
Kinder, Grundrechte, Religionsfreiheit (https://www.ibka.org/de/artikel/miz94/kinder.html)
Warum so einseitig? Es ist eben beides Teil unserer Kultur, nicht voneinander zu trennen.
Du verwechselst vielleicht Kultur und Kulturgeschichte?
Natürlich ist die christliche Kultur ein Teil unserer kulturellen Geschichte; wer würde das bestreiten?
Aber die christlichen Werte (nachzulesen in der Bibel und im heute aktuellen Katechismus, verfasst im Jahr 2005) sind keinesfalls ein Teil unserer aktuellen Kultur. Das Anhören eines Bach-Konzerts mit christlichen Texten bedeutet nicht, dass wir heute diese Werte teilen würden. Sondern wir erfreuen uns an der Musik.
Interessant ist dabei gerade auch der geschichtliche Werdegang. Denn wie sind unsere aktuellen zivilisatorischen Werte entstanden? Sie entstanden mühsam durch das Zurückdrängen der christlichen Werte. Jeder Erfolg auf diesem Weg war eine Niederlage für die Kirchen. Mir ist keine Ausnahme bekannt.
Du kannst Bibel und Katechismus auf die eine Seite legen, und unser Grundgesetz oder die Menschrechte auf die andere Seite. Du wirst mühelos erkennen, dass die eine Seite ziemlich exakt das Gegenteil der anderen Seite verkündet.
Aber der Unterschied besteht nicht nur "juristisch", in Form von Rechten oder Pflichten. Sondern Bibel und Katechismus stehen für Auffassungen, die man heute als "barbarisch" einstufen würde. Sie sind nicht nur "alt" oder "unmodern", sondern barbarisch. Das unterscheidet sie z.B. von alten griechischen Texten.
Ich weiß, dass dies für gläubige Christen schwer zu schlucken ist, und das tut mir auch leid. Aber wer die Bibel wirklich mit eigenen Augen und von vorne liest, wird die Argumentation vermutlich nachvollziehen können.
Es ist nicht zutreffend, dass Kirchen und Gesellschaft gemeinsam in die Zukunft schritten. Sondern die Kirchen sind stehengeblieben. Angepasst haben sie sich dort, wo das Gesetz es erzwingt (etwa durch das Gewaltmonopol des Staates). In allen anderen Fragen besteht kein Unterschied zur Zeit vor der Aufklärung. Der Katechismus von 2005 ist quasi identisch mit dem Katechismus von vor ein paar hundert Jahren. Die Texte von Papst Benedikt unterscheiden sich nicht von den Texten seiner Vorgänger.
Um ein Beispiel zu nennen: Nirgendwo existiert ein kirchliches Dokument, welches sich von Hexen distanziert. Man ist lediglich untröstlich über deren Verfolgung. Dass es gar keine Hexen gibt, wurde nie verkündet. Papst Franziskus spricht in seinen Vorträgen andauernd über Satan, Dämonen und Geister. Dies ist keine vergangene Geschichte, sondern das ist aktuell. Ich würde aber doch vermuten, dass Dämonen und Geister nicht zu unserer Kultur gehören.
Übrigens, Papst Benedikt hat im Jahr 2000 eine Rede gehalten, in der er die Hexenverfolgung als notwendig ansah, um die Wahrheit zu schützen; lediglich die angewandten Methoden sah er als übertrieben an:
"dass auch Menschen der Kirche im Namen des Glaubens und der Moral in ihrem notwendigen Einsatz zum Schutz der Wahrheit mitunter auf Methoden zurückgegriffen haben, die dem Evangelium nicht entsprechen" - Joseph Ratzinger, 2000 (http://religion.orf.at/stories/2768112/)
Klugschnacker
09.02.2019, 10:24
Sorry Paulus, das sehe ich ein bisschen anders.
Nur weil der Glaube an etwas möglicherweise keinen Einfluss auf die Zeit nach dem Ableben hat, ist er noch lange nicht vergeblich. Der Glaube entfaltet ja bereits eine, für viele Gläubigen positiv wahrgenommene, Auswirkung im Diesseits.
Ich würde sogar soweit gehen und sagen, es ist fast egal, ob die Story stimmt. Wenn jemand etwas Positives für sich und seine seine Mitmenschen daraus mitnehmen kann, dann passt das doch.
Falls Jesus nicht auferstanden ist, wäre die Bibel nicht wahr. An Jesu Auferstehung hängen ja viele weitere Begebenheiten, von denen die Bibel detailliert berichtet. Sie alle wären gelogen, und mit ihnen wären die theologischen Ableitungen, die in den folgenden Jahrhunderten in den Klöstern und Universitäten erdacht wurden, unsinnig. Falls Jesus kein Gott war, sondern ein sterblicher Mensch, sind auch all seine Auskünfte über Gott, die er angeblich mitteilte, fraglich. Wenn er ein Mensch war, wusste er so viel über die Götter wie wir alle, nämlich gar nichts.
Die Frage, die Paulus andeutet, und die für uns Menschen des aufgeklärten Zeitalters im Raum steht, ist doch: Warum sollte man etwas glauben, das sich als unwahr erwiesen hat?
Du beantwortest diese Frage mit der Nützlichkeit des Glaubens, mit seinen positiven Auswirkungen auf die Glaubenden. Ich akzeptiere dieses Argument, jedoch muss man ihm die möglichen negativen Auswirkungen auf die Glaubenden gegenüber stellen. Denn Glaube hat ja nicht nur positive Auswirkungen, sondern auch ausgesprochen schlechte.
:Blumen:
Warum so einseitig? Es ist eben beides Teil unserer Kultur, nicht voneinander zu trennen. Oder sind all die Werke der Europäischen Kunst und Architektur, die allein durch religiöse Inspiration und kirchliche Auftraggeber (sei es Kathedralen, Malerei, Musik) entstanden sind, nicht teil unser Kultur?
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Gerade zur Malerei und zu Malern hatten die monotheistischen Religionen traditionell ein sehr gespaltenes Verhältnis. Es wechselten sich im Christentum Bilderverbot bis Bildersturm mit anderen Phasen ab. Nur weil die Kirchen religiöse Geschichten wie das jüngste Gericht, die Kreuzigung, die Geburt Jesu etc. dem des Lesens unkundigen Volk nahebringen wollten (als Herrschaftsideologie), beauftragte man Maler und Bildhauer mit bildlichen Darstellungen in mehr oder weniger engen künstlerischen Freiheitsgraden.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/97/Bern_muenster_hauptportal_tympanon.jpg/440px-Bern_muenster_hauptportal_tympanon.jpg
Das jüngste Gericht über dem Eingang des Münsters in Bern.
Freud deutete das Bildverbot Moses einerseits als Schutz vor magischem Missbrauch, andererseit als Fortschritt in der Religionsentwicklung der Menschheit: "Aber wenn man dieses Verbot annahm, mußte es eine tiefgreifende Wirkung ausüben. Denn es bedeutete eine Zurücksetzung der sinnlichen Wahrnehmung gegen eine abstrakt zu nennende Vorstellung, einen Triumph der Geistigkeit über die Sinnlichkeit, strenggenommen einen Triebverzicht mit seinen psychologisch notwendigen Folgen. […] Es war gewiß eine der wichtigsten Etappen auf dem Wege der Menschwerdung.“
der-mann-moses-und-die-monotheistische-religion-914/3 (http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-mann-moses-und-die-monotheistische-religion-914/3)
Solche Widersprüche zwischen Volksglaube, der Abbildungen von Gott, Engeln und Heiligen braucht, und strenger Lehre begleiteten IMHO das Christentum bis in die Neuzeit.
spanky2.0
09.02.2019, 11:52
Eigentlich habe ich aber gar keine große Lust, die kath. Kirche zu verteidigen. Ich sehe lediglich auch die positiven Seiten, die es für mich zweifelsfrei gibt.
Hi Rälph,
lass es lieber. Es wird nur zu einem weiteren 'gefundenen Fressen' für die beiden Herren, sich seitenweise darüber auszulassen. Nichts Neues, was man auf den vorherigen 1000 Seiten nicht schon hundertfach lesen konnte. Immer dieselbe Predigt, ähhm Leier. :Cheese:
Ich habe Dir solche Konflikte genannt: Ein Pfarrer hat eine Freundin, ein Ehepaar lässt sich scheiden und heiratet erneut. Du bist auf diese Konflikte nicht eingegangen. Den netten Pfarrer aus Deinem Pfadfinderlager hätte die Kirche rausgeschmissen, wenn er eine Freundin gehabt und dies zugegeben hätte. Die Eltern Deines besten Freundes hätten sie rausgeschmissen, wenn diese sich hätten scheiden lassen.
Nun kannst Du vermuten, dass der nette Pfarrer keine Freundin wollte, und dass auch bei den Eltern Deiner Freunde alles in Ordnung war. Aber wie realistisch ist das? Vielleicht haben sich alle etwas vorgespielt.
Ich mache Dir daraus keinen Vorwurf, da Du offenbar aus Deiner Teenager-Zeit erzählst. Aber jetzt, als Erwachsener, könntest Du durchaus etwas hinter die Fassade blicken und Dir überlegen, ob der heilige Schein wirklich so heilig war. Vielleicht hätte Dein netter Herr Pfarrer auch gerne eine Familie oder einen Sohn wie Dich gehabt, wer weiß? Aber die schiere Bösartigkeit einiger Leute hat das verhindert.
Tatsächlich haben sich meine Eltern genau zu dieser Zeit scheiden lassen und meine Mutter, nun alleinerziehend mit immerhin fünf Kindern, wurde nicht rausgeworfen und auch von der Gemeinde nicht im Stich gelassen. Ganz im Gegenteil sogar! Und das war vor 30 Jahren...
Der damalige Schein war nicht heilig, er war zum überwiegenden Teil ganz einfach menschlich. Klar, sehe ich Dinge heute mit anderen Augen. Wenn ich z.B. höre, dass unser damaliger Pfarrer selbst heute als alter Mann noch in einem kleinen Häuschen auf dem Land mit seiner "Haushälterin" zusammen lebt, dann tut mir das schon Leid für ihn, dass er (Mutmaßung) so ein Versteckspiel treiben musste und muss. Auf der anderen Seite hat er sich diesem Beruf ausgesucht und sicherlich auch nicht schlecht damit gelebt insgesamt.
Sicherlich wäre ihm aber beides gegönnt gewesen.
Schwarzfahrer
09.02.2019, 15:21
Du verwechselst vielleicht Kultur und Kulturgeschichte?
Keineswegs. Kultur beinhaltet alles was tradiert aus der Geschichte übertragen wurde. Wer das leugnet, dem fehlt m.M.n. ein wesentlicher Aspekt der Kultur: das Wissen um die Herkunft, um die Wurzeln, die die Identität und auch den Umgang mit der Gegenwart wesentlich mitbestimmen.
Es gibt aber auch Menschen, die hiervon offenbar keinerlei Vorstellung haben und denen auch das Bedürfnis danach abgeht, wie unsere vormalige Integrationsbeauftragte, die sowas wie deutsche Kultur gar nicht erkennen oder sich vorstellen konnte...:(
Aber die christlichen Werte (nachzulesen in der Bibel und im heute aktuellen Katechismus, verfasst im Jahr 2005) sind keinesfalls ein Teil unserer aktuellen Kultur.
Gut, hier kommt wieder der Unterschied zwischen unserer Sichtweise raus: für Dich sind christliche Werte allein im Katechismus "richtig" definiert und nur so Teil unserer Kultur (oder nicht) Für mich sind aktuell relevante christliche Werte primär durch das Agieren der Gläubigen in den Gemeinden definiert und gestalten unsere Kultur stetig mit; die Meinung und Dogmen der Amtskirche haben für mich (wie oben schon erwähnt) nur marginale gesellschaftliche Relevanz, weniger sogar als Parteiprograme.
Damit prügelst Du auf etwas ein, was ich nicht verteidige, weil ich es für irrelevant halte, und Du hältst das, was ich für wesentlich halte, für unwichtig. Beide haben wir unseren Punkt gemacht, näher kommen wir vermutlich nicht zueinander. :Blumen:
Tatsächlich haben sich meine Eltern genau zu dieser Zeit scheiden lassen und meine Mutter, nun alleinerziehend mit immerhin fünf Kindern, wurde nicht rausgeworfen und auch von der Gemeinde nicht im Stich gelassen.
Hallo Rälph, warum kann die Kirche nur "inoffiziell" gut sein, nicht jedoch offiziell?
Du schreibst, dass die Leute einfach menschlich waren und sich deswegen nicht mit offiziellen Vorschriften aufhielten. Hier bin ich völlig einverstanden. Aber warum können die Vorschriften nicht ebenso gut sein? Was hält die Kirche davon ab? Man hat fast den Eindruck, dass man die Vorschriften der Kirche ignorieren muss, um gut zu sein.
Ich sehe einen großen Unterschied zwischen dem guten Verhalten der Leute in Deiner Erzählung und den bösartigen Vorschriften der Kirchen. Um das zu verdeutlichen, skizziere ich hier mal die offiziellen Vorschriften, die im Falle einer Ehescheidung gelten (also auch für Deine Mutter):
Erneut zu heiraten (oder mit einem neuen Partner zusammenzuleben) ist eine Todsünde. Es ist dem Pfarrer untersagt, solche Leute zur Andacht/Eucharistie zuzulassen. Für aktive Kirchenmitglieder kommt es einer öffentlichen Ächtung gleich. Sie sind vom Sonntags-Gottesdienst ausgeschossen und bekommen auch beim nahenden Tod keine Sakramente gespendet. Sie sterben in Sünde.
Du schreibst, Deine Mutter hätte man nicht im Stich gelassen. Das ist gut. Aber ließ man sie auch erneut heiraten oder eine Partnerschaft eingehen? Das ist nämlich der springende Punkt.
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Findest Du nicht, dass man möglichst unterscheiden sollte zwischen "den Leuten" und den Funktionären mit ihren oft zweifelhaften Vorschriften? Mir scheint, dass Du diesen Unterschied einforderst, aber genau das ist auch mein Punkt. Ich kritisiere nicht die privaten Gläubigen, sondern die Vorschriften und die Funktionäre.
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Noch ein Wort zu Deinem Herrn Pfarrer. Dass er ein Versteckspiel mit seiner "Haushälterin" spielen muss, tut mir ehrlich leid. Andererseits hat er vermutlich Geschiedenen, Homosexuellen und einem Haufen anderer Leute mit seinen Lügengeschichten das Leben schwer gemacht. Aber nun gönnt er sich selbst ein feines Leben im Ruhezustand mit seiner Frau. Ist das nicht verlogen? Wenn er sich selbst nicht an seine Regeln halten will, dann sollte er es auch nicht von anderen verlangen.
Es gibt andere Priester, die ihre Berufung zugunsten ihrer Liebe aufgegeben haben. Hier sehe ich wenigstens eine gewisse Ehrlichkeit, vor der ich Achtung empfinde.
für Dich sind christliche Werte allein im Katechismus "richtig" definiert und nur so Teil unserer Kultur (oder nicht) Für mich sind aktuell relevante christliche Werte primär durch das Agieren der Gläubigen in den Gemeinden definiert
Deine Argumentation basiert darauf, dass es keine klare Definition des Christentums gibt. Zwar schreibst Du, die Definition ergäbe sich aus dem Handeln der Gläubigen. Aber aus diesem Handeln lässt sich alles mögliche ableiten (und dessen Gegenteil), sodass sich keinerlei Aussage oder Kritik formulieren lässt.
Das ist natürlich eine sehr einfache Methode, der Kritik aus dem Weg zu gehen.
Das Christentum hatte 2.000 Jahre lang Zeit, bis ins kleinste Detail zu definieren, was das Christentum ist. Das Ergebnis steht in den offiziellen kirchlichen Texten und Lexika. Du sagst nun, das würde alles nicht gelten.
Zwei Fragen an Dich:
- Warum soll ausgerechnet Deine Definition gelten?
- Wie bewertest Du jene Handlungen der Gläubigen, die ja angeblich das wahre Christentum definieren, wenn diese Handlungen den Worten von Jesus Christus widersprechen? Etwa das Armutsgebot von Jesus: "Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher das Himmelreich erlangt" - aus dem Gedächtnis zitiert. Oder das Keuschheitsgebot von Jesus aus der Bergpredigt, an das sich offensichtlich niemand hält? Würde das nicht bedeuten, dass "die Leute" besser wissen als Jesus Christus, was das Christentum ist? Man würde ja eigentlich vermuten, dass das Christentum etwas mit Christus zu tun hätte?
Schwarzfahrer
09.02.2019, 16:30
Deine Argumentation basiert darauf, dass es keine klare Definition des Christentums gibt.
ich meine nur, daß es keine für immer und über Jahrhunderte gültige Definition des Christentums geben kann, sondern sich diese aus der Art, wie es die Mehrheit der Gläubigen lebt, ergibt. Starre, unwandelbare Definitionen führen zu Dogmatismus, Fanatismus und Menschenfeindlichkeit; Amtskirchen mögen es versuchen, aber Gott sei dank haben sie in unserer Welt keinen wesentlichen Einfluß mehr - im Gegensatz zu z.B. islamistischen Predigern.
Zwar schreibst Du, die Definition ergäbe sich aus dem Handeln der Gläubigen. Aber aus diesem Handeln lässt sich alles mögliche ableiten (und dessen Gegenteil), sodass sich keinerlei Aussage oder Kritik formulieren lässt.
natürlich kann man Kritik formulieren - man muß nur die Zielgruppe unterscheiden, Gläubige sind nicht die Amtskirche, und Gläubige in Deutschland sind sicher anders als Gläubige in Zentralafrika oder Irland.
Das Christentum hatte 2.000 Jahre lang Zeit, bis ins kleinste Detail zu definieren, was das Christentum ist. Das Ergebnis steht in den offiziellen kirchlichen Texten und Lexika. Du sagst nun, das würde alles nicht gelten.
s. oben. Ich halte nur nichts von ewig gültigen Definitionen.
- Warum soll ausgerechnet Deine Definition gelten?
Meine Definition ist mein Verständnis. Ich erhebe keinen Anspruch auf universelle Gültigkeit, und andere mögen es anders sehen, aber es ist das, wie ich Religion, Kirche und Gläubige wahrnehme und erlebe.
- Wie bewertest Du jene Handlungen der Gläubigen, die ja angeblich das wahre Christentum definieren, wenn diese Handlungen den Worten von Jesus Christus widersprechen? ...Würde das nicht bedeuten, dass "die Leute" besser wissen als Jesus Christus, was das Christentum ist? Man würde ja eigentlich vermuten, dass das Christentum etwas mit Christus zu tun hätte?
Das bedeutet, daß das Christentum dieser Menschen das ist, wozu es sich in 2000 Jahren in diesem Land entwickelt hat, das ist, wie sie heute die Texte Christi (mag sein selektiv und gegenüber dem Original abgewandelt) interpretieren. Mir fehlt jegliches Verständnis für alle, die an Jahrhundertealten Dogmen egal welcher Kirche oder Religion festhalten, ohne eine der jeweiligen Zeit angemessene Entwicklung und Wandlung zuzulassen. Und meiner Meinung nach haben es Europas Christen weitgehend geschafft, sich von der Bevormundung einer dogmatischen Amtskirche zu emanzipieren, und deren Macht aus dem öffentlichen Raum weitgehend zu verdrängen - und das ist gut so.
Gut, dann sind wir uns ja eigentlich in vielen Punkten einig.
Du mahnst an, man solle die Zielgruppe der Kritik unterscheiden. Genau das tue ich. Ich beziehe mich nicht auf die einzelnen Gläubigen. Es ist mir einerlei, woran Oma Schmidt glaubt und wie sie das in ihrem Alltag umsetzt. Ich bin mir beinahe sicher, dass ich das schon mal angedeutet hätte.
Wir sind unterschiedlicher Auffassung darüber, welchen Einfluss die Amtskirchen in der Gesellschaft haben. Ich finde, man kann das an Zahlen ungefähr ablesen, um einen Anhaltspunkt zu haben. Dabei stelle ich fest, dass keine andere Gruppe derartige Privilegien, Verkündigungsmöglichkeiten, Zuschüsse oder Mitarbeiterzahlen hat -- außer der Staat selbst.
Beispielsweise würde man sich empören, wenn die CDU sich mehrere regelmäßige TV-Sendungen genehmigen würde. Dies nur als Beispiel dafür, wie ungewöhnlich privilegiert die Amtskirchen sind, und wie weit es über das hinaus geht, was man für "normal" hält. Egal welchen Maßstab Du anlegen möchtest: Anzahl der Mitarbeiter, Einnahmen, Vermögen, Grundbesitz -- egal was: Die Kirchen sind immer einsame Spitze.
Daraus zu schlussfolgern, dies wäre alles bedeutungslos, finde ich nicht plausibel.
In einem weiteren Punkt stimmen wir nicht überein. Zwar teile ich Deine Abneigung gegen alte Dogmen. Aber der Katechismus ist kein altes Dogma. Er stammt aus den 1990ern und aus dem Jahr 2005 (das sog. Kompendium). Die Autoren leben noch. Es ist nicht so, dass es Schriften aus dem Mittelalter wären.
Tatsächlich ist es die aktuellste Fassung des Christentums, die uns überhaupt vorliegt. Wenn ich nicht einmal die aktuellste Fassung in meiner Argumentation verwenden darf, dann stimmt da was nicht. Ich finde, Du müsstest mir schon zugestehen, mich auf irgendwelche schriftlichen Dokumente beziehen zu können.
Ein letzter Punkt: Deine Idee, man dürfe die alten Texte ruhig neu interpretieren und daraus ein jeweils aktuelles Christentum schaffen, finde ich interessant. Ich stimme zu, dass auf diese Weise ein Fortschritt möglich ist.
Aber das Christentum hat einen Wahrheitsanspruch. Es erhält seine Autorität dadurch, dass der Schöpfer der Welt ganz bestimmte Gebote persönlich erlassen hat. Man kann diesem Schöpfer der Welt nicht plötzlich andere Worte oder andere Bedeutungen in den Mund legen und weiterhin die gleiche Autorität beanspruchen. Die Motivation dafür mag nobel sein, aber dennoch wäre es blanke Scharlatanerie. Es gaukelt eine Autorität vor, die nicht (mehr) existiert.
Wenn sich die Worte der Bibel oder der Kirchen als antiquiert erweisen, sodass es notwendig wird, davon abzuweichen, dann sollte man das zugeben. Dann hören wir eben nicht mehr dem Papst zu, sondern jemand anderes, der bessere und modernere Ideen hat. Aber der Papst kann nicht einfach seine eigenen Worte als göttlich ausloben. Ebensowenig kann es "die Gesellschaft". Die Gesellschaft weiß nicht, "was Jesus wollte", und sie kann seine angeblichen Anordnungen nicht modernisieren. Wenn Jesus seine Worte modernisieren möchte, dann soll er erscheinen und es selbst erledigen.
.......
Und meiner Meinung nach haben es Europas Christen weitgehend geschafft, sich von der Bevormundung einer dogmatischen Amtskirche zu emanzipieren, und deren Macht aus dem öffentlichen Raum weitgehend zu verdrängen - und das ist gut so.
Diese Auffassung lässt sich nun wirklich bei ernsthafter Betrachtung der rechtlichen Stellung der Kirchen und ihrer Grösse in unserer Gesellschaft überhaupt nicht aufrechterhalten.
1.
Es handelt sich bei den Kirchen um den zweitgrössten Arbeitgeber neben dem öffentlichen Dienst, mit ca. 1,3 Millionen Beschäftigten, für die ein Sonderarbeitsrecht gilt (kein Streikrecht z.B., spezielle Loyalitätspflicht). Noch 2018 wurden Klagen wegen Diskriminierung von Beschäftigten vor dem EUGH entschieden.
https://www.arbeitsrechte.de/kirchliches-arbeitsrecht/
2.
Die beiden grossen Kirchen erhalten pro Jahr ca. 1/2 Milliarde vom Staat zur freien Verfügung per Gesetz. Als Begründung dient: Im 18./19. Jahrhundert enteignete der Staat Teile der Kirchenländereien. Die geforderte Einsetzung einer Expertenkommission Der Linke zu dieser Frage und zur Erarbeitung alternativen Lösungen wurden von der SPD / CDU abgelehnt.
3.
Die katholische Kirche ist in DE heute noch der grösste, private Grundstücksbesitzer.
Alles irrelevant Deiner Meinung nach. Ich halte es kurz, weil wir gerade das Thema des Sonderarbeitsrechtes hier schon ausführlichst diskutierten, die mich als Gewerkschafter von VERDI natürlich besonders interessiert angesichts der vielen Beschäftigten und Geringverdiener in diesen Bereichen.
Klugschnacker
09.02.2019, 17:40
Hi Rälph,
lass es lieber. Es wird nur zu einem weiteren 'gefundenen Fressen' für die beiden Herren, sich seitenweise darüber auszulassen. Nichts Neues, was man auf den vorherigen 1000 Seiten nicht schon hundertfach lesen konnte. Immer dieselbe Predigt, ähhm Leier. :Cheese:
Ich finde es schwierig, auf Dein Posting einzugehen. Ich habe Verständnis dafür, wenn es Dir, wie mir scheint, lieber wäre, religionskritische Debatten würden nicht geführt. Mir ist es auch nicht immer angenehm, auf andere Meinungen und Weltanschauungen zu treffen, zum Beispiel in aktuellen politischen Diskussionen.
Andere werden unsere Religions-Debatte vielleicht hilfreich finden, um eigene Überzeugungen zu prüfen und mit anderen auszutauschen.
Hatten aus Deiner Sicht die Befürworter des Katholizismus oder des Protestantismus zu wenig Raum, ihre Sicht darzustellen? Ich hatte bisher den Eindruck, dass niemandem hier eine Grenze gesetzt wurde, nehme aber in diesem Punkt gerne Deine Sichtweise entgegen. Auch wenn ich von Dir als einer der Herren mit der immer gleichen Leier bezeichnet werde, möchte ich trotzdem gerne dazu beitragen, dass Du Deine Sichtweise einbringen kannst.
Schreibe doch mal, was Du denkst, und ich verspreche Dir, dass ich dem nichts entgegnen werde. Vielleicht schließt sich Jörn diesem Angebot an, sodass Du vor beiden Herren und ihrer immer gleichen Leier sicher wärest.
Falls ich einen Wunsch äußern darf: Mich interessiert vor allem der Wahrheitsaspekt. Warum denkst Du, dass das Christentum wahr ist? Was überzeugt Dich davon, dass es einen Schöpfer des Weltalls gibt, der vor zweitausend Jahren uns Menschen unsere Sünden vergeben wollte, und zu diesem Zweck seinen Sohn, der gleichzeitig er selbst ist, ans Kreuz nageln und später wieder auferstehen ließ? Mir scheint, diese Geschichte betrifft einen wesentlichen Kern des christlichen Glaubens, deshalb frage ich danach. Weshalb hältst Du sie für glaub-würdig?
Falls Deine Gedanken eher in eine andere Richtung gehen, oder der Wahrheitsaspekt für Dich insgesamt nebensächlich ist, ignoriere meine Frage aus dem letzten Absatz und schreibe, was Dir persönlich wichtiger ist. Wie gesagt, ich werde nichts dazu sagen.
:Blumen:
Ich sehe einen großen Unterschied zwischen dem guten Verhalten der Leute in Deiner Erzählung und den bösartigen Vorschriften der Kirchen. Um das zu verdeutlichen, skizziere ich hier mal die offiziellen Vorschriften, die im Falle einer Ehescheidung gelten (also auch für Deine Mutter):
Erneut zu heiraten (oder mit einem neuen Partner zusammenzuleben) ist eine Todsünde. Es ist dem Pfarrer untersagt, solche Leute zur Andacht/Eucharistie zuzulassen. Für aktive Kirchenmitglieder kommt es einer öffentlichen Ächtung gleich. Sie sind vom Sonntags-Gottesdienst ausgeschossen und bekommen auch beim nahenden Tod keine Sakramente gespendet. Sie sterben in Sünde.
Du schreibst, Deine Mutter hätte man nicht im Stich gelassen. Das ist gut. Aber ließ man sie auch erneut heiraten oder eine Partnerschaft eingehen? Das ist nämlich der springende Punkt.
...
Noch ein Wort zu Deinem Herrn Pfarrer. Dass er ein Versteckspiel mit seiner "Haushälterin" spielen muss, tut mir ehrlich leid. Andererseits hat er vermutlich Geschiedenen, Homosexuellen und einem Haufen anderer Leute mit seinen Lügengeschichten das Leben schwer gemacht. Aber nun gönnt er sich selbst ein feines Leben im Ruhezustand mit seiner Frau. Ist das nicht verlogen? Wenn er sich selbst nicht an seine Regeln halten will, dann sollte er es auch nicht von anderen verlangen.
Es gibt andere Priester, die ihre Berufung zugunsten ihrer Liebe aufgegeben haben. Hier sehe ich wenigstens eine gewisse Ehrlichkeit, vor der ich Achtung empfinde.
Meine Mutter war zur damaligen Zeit und auch in den folgenden Jahren nicht mehr gebunden. Was geschehen wäre, wenn sie erneut geheiratet hätte? Ich habe ehrlich keine Ahnung. Ich bin kein Experte für Bösartigkeiten der Kirche, denn ich habe immer nur das andere Ende des Spektrums erlebt.
Vielleicht hätte man sie von der Kommunion, aus dem Gottestdienst, aus der Kirche und der Gemeinde ausgeschlossen. Vielleicht hätte man sie auch als Hexe verbrannt; der Kirche ist so einiges zuzutrauen, oder?
Vielleicht hätte aber auch genau der oben beschriebene Pfarrer, der sich selbst nicht an die Regeln halten will (Mutmaßung), überhaupt kein Problem damit gehabt? Vielleicht hätte er, wie er es immer tat, alle Menschen, inklusive meiner Mutter, zum Gottesdienst eingeladen.
---
Ich war neulich, seit vielen Jahren, mal wieder in einem Gottesdienst. Es ist schon ulkig, was da vor sich geht.
Nämlich gar nichts.
Es ist, so lange ich denken kann, immer gleich und es passiert immer nichts. Die Predigt des Pfarrers war noch das Beste, aber selbst die war öde. Ich kann jeden gut verstehen, der der Kirche fern bleibt*, denn es ist wirklich furchtbar langweilig.
*ich mach mal den Jöarne. Der sonntägliche Besuch des Gottesdienstes ist für jeden kath. Christen eine Pflicht. Nachzulesen im Katechismus (http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P7V.HTM):
Das Sonntagsgebot
2180 „Am Sonntag und an den anderen gebotenen Feiertagen sind die Gläubigen zur Teilnahme an der Meßfeier verpflichtet" ( [link] CIC, can. 1247). „Dem Gebot zur Teilnahme an der Meßfeier genügt, wer an einer Messe teilnimmt, wo immer sie in katholischem Ritus am Feiertag selbst oder am Vorabend gefeiert wird" ( [link] CIC, can. 1248, § 1).
2181 Die sonntägliche Eucharistie legt den Grund zum ganzen christlichen Leben und bestätigt es. Deshalb sind die Gläubigen verpflichtet, an den gebotenen Feiertagen an der Eucharistiefeier teilzunehmen, sofern sie nicht durch einen gewichtigen Grund (z. B. wegen Krankheit, Betreuung von Säuglingen) entschuldigt oder durch ihren Pfarrer dispensiert sind [Vgl. [link] CIC, can. 1245]. Wer diese Pflicht absichtlich versäumt, begeht eine schwere Sünde.
Na toll, jetzt komm ich in die Hölle...:( :Peitsche:
Hi Rälph,
lass es lieber. Es wird nur zu einem weiteren 'gefundenen Fressen' für die beiden Herren, sich seitenweise darüber auszulassen. Nichts Neues, was man auf den vorherigen 1000 Seiten nicht schon hundertfach lesen konnte. Immer dieselbe Predigt, ähhm Leier. :Cheese:
Danke für den Tipp, aber ist kein Problem! Ich trink mit dem Arne mal wieder n Koppelbierchen, dann vertragen wir uns wieder:Cheese: :Prost:
Vielleicht hätte aber auch genau der oben beschriebene Pfarrer, der sich selbst nicht an die Regeln halten will (Mutmaßung), überhaupt kein Problem damit gehabt? Vielleicht hätte er, wie er es immer tat, alle Menschen, inklusive meiner Mutter, zum Gottesdienst eingeladen.
Ja, vielleicht. Aber Du kannst ja mal bei Google nachforschen, ob es weltweit einen Fall gibt, bei dem "wiederverheirateten Geschiedenen" (https://www.google.com/search?client=safari&rls=en&q=wiederverheiratete+geschiedene+sakramente&ie=UTF-8&oe=UTF-8) einfach so die Sakramente gespendet wurden (ohne dass eine päpstliche Kommission aktiv wurde). Daran kannst Du abschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass Dein Pfarrer diese Regeln außer Kraft setzen konnte. Ich würde sagen, es ist vielleicht das Unwahrscheinlichste in der kath. Kirche überhaupt.
Zum Gottesdienst kann man jeden einladen, auch Pferde*. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt sind die Sakramente. Ich kann Dir versichern, dass Deine Mutter, die vermutlich viel in die Kirchengemeinde eingebracht hat, trotzdem die Sakramente nicht bekommen hätte, wenn sie eine neue Partnerschaft eingegangen wäre. Es scheint mir wichtig, auf die Schäbigkeit dieses Sachverhalts hinzuweisen. Ehrlich gesagt kann ich von Jesus (falls es ihn gab) nicht so niedrig denken, dass er das gewollt haben könnte.
Ich kann verstehen, wenn Du Dir hier ein Stückchen "heile Welt" bzw. gute Erinnerungen bewahren möchtest und lieber nicht an der Oberfläche kratzt. Allerdings wäre dies notwendig, um Deinen Argumenten eine gewisse Schärfe zu geben. Im Moment sagst Du ja nicht mehr, als dass dies alles keine Rolle für Dich gespielt hat. Ich respektiere das, aber es hat wenig Aussagekraft über die Kirche als gesellschaftliches Phänomen (also über den Einzelnen hinausgehend.)
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*Segnungen von Pferden, Kühen und Hunden sind in der Kirche üblich, dies ist keine Polemik. Papst Benedikt hat sogar Autos gesegnet.
Schwarzfahrer
09.02.2019, 19:48
Diese Auffassung lässt sich nun wirklich bei ernsthafter Betrachtung der rechtlichen Stellung der Kirchen und ihrer Grösse in unserer Gesellschaft überhaupt nicht aufrechterhalten.
Ich stimme zu, daß die Privilegien der Kirche nicht rational zu rechtfertigen sind. Aber bis auf die gelegentlichen medial bekannt gewordenen arbeitsrechtlchen Klagen kenne ich niemanden, der irgendeine Entscheidung in seinem Leben wegen des Einflusses der Kirche geändert hätte, oder gar Nachteile durch die Macht der Kirche erdulden mußte. Ungerechte Arbeitsverträge sind übrigens keine Spezialität der Kirche, das gibt es flächendeckend in allen Bereichen. Daß Religionsunterricht nicht in die Schule gehört, ist auch meine Meinung, aber dafür ist primär der Staat verantwortlich, da er die Macht hat, dies zu ändern. Aber mein Eindruck bleibt: trotz den ungerechtfertigten kirchlichen Privilegien in den von Dir genannten Bereichen , auf das Leben der Menschen ist ihre Wirkung weitgehend irrelevant.
Schwarzfahrer
09.02.2019, 20:06
Gut, dann sind wir uns ja eigentlich in vielen Punkten einig.
finde ich auch. :Blumen:
Wir sind unterschiedlicher Auffassung darüber, welchen Einfluss die Amtskirchen in der Gesellschaft haben.
Dazu s. mein Post eins höher. Es hängt sicher von den persönlichen Erfahrungen ab, wie hoch man den Einfluß einschätzt. Und ich bin selber extrem abgeneigt, mich durch irgendwelche Autoritäten irrational beeinflussen zu lassen (egal ob Kirche, Chef, Klimaschützer, Vorgesetzter Offizier, Homöopath oder Polit-Propaganda), und deshalb empfinde ich die "Macht" der Kirche auch weniger relevant.
...Daraus zu schlussfolgern, dies wäre alles bedeutungslos, finde ich nicht plausibel.
Vielleicht sollte ich präzisieren: die gesellschaftliche Wirkung empfinde ich überproportional gering im Vergleich zur finanziellen und formalen Macht der Kirche. Vielleicht merken sie es auch gerade, und satteln deshalb stark in ihrer Propaganda auf Themen um, die politisch "in" sind, ohne mit ihrer eigentlichen Mission wirklich etwas zu tun zu haben (Klimaschutz, Flüchtlingsrettung, …), um dadurch gesellschaftlich mehr wirken zu können.
Aber der Katechismus ist kein altes Dogma. Er stammt aus den 1990ern und aus dem Jahr 2005 (das sog. Kompendium). Die Autoren leben noch. Es ist nicht so, dass es Schriften aus dem Mittelalter wären.
Für mich ist das alles alter Wein in neuen Schläuchen. Die Kirche ist nicht in der Lage, sich in dem Tempo zu ändern, wie die gelebte Wirklichkeit ihrer Gläubigen. Und genau das Festhalten an den alten Dogmen ist eine Ursache ihrer tatsächlich geringen gesellschaftlichen Wirkkraft. Die Kirche unterliegt einer Illusion, daß sie definiert, was Christentum ist, und nicht die Praxis der Menschen. Das ist ebenso sinnlos, wie der Versuch, Sprache per zentrale Entscheidung zu gestalten und vorzuschreiben - die Sprache entwickelt sich stetig unlenkbar weiter. Oder der Versuch der SPD, zu bestimmen, was für die Wähler wichtig sein muß - der Niedergang der SPD ist nur schneller, als der der Kirchen - obwohl weiterhin viele Menschen an der Sozialdemokratie glauben.
Und zum Thema Wahrheitsanspruch: jede Religion hat diesen, sowohl die Transzendenten (Christentum, Islam, etc.) wie die ideologischen (Kommunismus, Neoliberalismus, Klimarettung, …) - was für mich in das zuvor diskutierte Komplex der Axiome gehört: einer logischen, rationalen Prüfung sind alle nicht gewachsen und wollen sich auch nicht stellen - da steht die christliche Kirche den anderen in nichts nach.
Wann durfte je ein berühmter Wissenschaftler im Bundestag eine Gastrede halten? Oder ein Friedensnobelpreisträger? Überhaupt nie.
Aber Papst Ratzinger wurde eingeladen. Warum?
Wie gering der Einfluss seiner Kirche auf die Gesellschaft auch sein mag (hier sind wir unterschiedlicher Meinung) — er ist jedenfalls höher als der Einfluss der Wissenschaft.
Als er zum Papst gewählt eine Reise durch Deutschland unternahm, war Deutschland im Ausnahmezustand. Autobahnen wurden komplett gesperrt, Lufträume abgeriegelt, ganze Wohnbezirke lahmgelegt. Das Fernsehen überschlug sich, jede kleineste Äußerung live zu übertragen. Politiker drängten sich im Sonntagsanzug vor die Kameras. Mehrere hunderttausend Menschen pilgerten zu seinen Gottesdiensten. Edmund Stoiber bekam vor laufender Kamera einen Heiligenschein.
Der BR sendete einen Tag und eine Nacht quasi nonstop, lediglich mit einer zweistündigen Unterbrechung. Also vom Abend bis zum nächsten Morgen.
Kein Sportler, kein Politiker, kein Wissenschaftler, kein Popstar, kein Astronaut vermag in Deutschland eine derartige Raserei auszulösen. Du kannst den Krebs besiegen, den Mars besiedeln oder das Internet erfinden — und Du wirst 30 Sekunden in der Tagesschau bekommen, danach wird Dein Name wieder vergessen. Weißt Du, wer das WWW erfunden hat? Wer hat die Pille entwickelt? Wer baute den ersten Mikrochip?
Angesichts der Anzahl der Götter und Religionen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Herr Ratzinger kein Scharlatan ist. Allein die Statistik spricht in erdrückender Weise gegen ihn. Ich hätte nichts gegen die Präsenz der Religionen in den Medien, wenn die Gegenposition in gleicher Weise vertreten wäre. Aber hat es auch nur eine einzige Minute Sendezeit für die Gegenposition gegeben? Gab es ein Streitgespräch mit einem Wissenschaftler, Historiker oder Atheisten? Fehlanzeige.
Man merkt das an diesem Thread. Die Gegenpositionen sind den Gläubigen und den „Mitläufern“ (die sich nur am Rande dafür interessieren) quasi unbekannt. Entsprechend fühlen sie sich vor den Kopf gestoßen und reagieren vor allem emotional, weil ihnen die sachlichen Argumente nicht geläufig sind. Dass diese Argumente (kontra Religion) eine jahrhundertealte Tradition haben, und entsprechend ausgefeilt und abgesichert sind, und teilweise von den klügsten Köpfen ihrer Generation stammen, haben sie nie gehört. Sigmund Freud war Atheist? Nie gehört. Goethe fand Jesus albern? Nie gehört. Einstein fand Religionen primitiv? Nie gehört.
Es mag durchaus sein, dass die Kirchen an Einfluss verloren haben, aber sie erzeugen eine Art „Grundstimmung“ und sorgen dafür, dass diese tabuisiert (also nicht hinterfragt) wird. Beispielsweise ist es geradezu abartig, die Existenz von Jesus öffentlich anzuzweifeln, obwohl er nur eine von tausenden Göttergeschichten ist, für die jeder historische Beweis fehlt. Die Kritiker kommen nicht öffentlich zu Wort.
Darin liegt ein großer Teil der Macht der Kirchen und Religionen. Weniger, was sie konkret verkünden, sondern dass außer ihnen keiner etwas über Religion sagen darf, jedenfalls nicht in der größeren Öffentlichkeit.
Schwarzfahrer
09.02.2019, 22:50
Wann durfte je ein berühmter Wissenschaftler im Bundestag eine Gastrede halten? ...Aber Papst Ratzinger wurde eingeladen. Warum?
Immerhin ist er auch Staatschef vom Vatikan - das ist ein normaler Grund für so eine Rede . Daß er Deutscher war, hat sicher auch gezählt. Und die katholische Kirche ist eine der größten weltweit agierenden Organisationen, dessen Oberhaupt allein wegen der Größe des "Unternehmens" ernst genommen wird. Sehe ich immer noch gelassener, als Reden von Terroristenchefs vor dem EU-Parlament oder der UNO.
Wie gering der Einfluss seiner Kirche auf die Gesellschaft auch sein mag (hier sind wir unterschiedlicher Meinung) — er ist jedenfalls höher als der Einfluss der Wissenschaft.
Ja, da bleiben wir unterschiedlicher Meinung.
Als er zum Papst gewählt eine Reise durch Deutschland unternahm, war Deutschland im Ausnahmezustand. …
Immerhin wurde ein Deutscher Papst - das ist fast so toll wie Fußball-Weltmeister sein :Lachen2: . Für mich war es aber eine etwas stärker ausgeprägte Version der medial gehypten Massenpsychose um Promis, wie es ständig vorkommt (Royal Wedding in England, Obama zu Besuch, Greta in Davos u.ä.). Und für die Gläubigen war es eben besonders, den Papst aus dem eigenen Volk zu haben - war bei den Polen zuvor nicht anders.
Angesichts der Anzahl der Götter und Religionen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Herr Ratzinger kein Scharlatan ist.
Ebenso wie alle anderen kompromißlosen Vertreter jeder Religion oder Ideologie. Mir fehlt einfach die Einsicht, was am Christentum und an der katholischen Kirche wirklich so viel schlimmer ist, daß es einen Kampf wie Du ihn zu führen scheinst, rechtfertigt. Mir machen andere Ideologien in unserer Zeit viel mehr Sorge, im Sinne daß sie bleibenden und ernsthaften Schaden anrichten, während die christlichen Kirchen einfach als Anachronismus weiterexistieren ohne einzusehen, daß ihre Zeit abgelaufen ist.
Allein die Statistik spricht in erdrückender Weise gegen ihn. Ich hätte nichts gegen die Präsenz der Religionen in den Medien, wenn die Gegenposition in gleicher Weise vertreten wäre. Aber hat es auch nur eine einzige Minute Sendezeit für die Gegenposition gegeben? Gab es ein Streitgespräch mit einem Wissenschaftler, Historiker oder Atheisten? Fehlanzeige.
Dies liegt meiner Ansicht nach nicht an der Macht der Kirche, oder an Tabuisierung, sondern einfach an der Tatsache, daß einzelne Religionen und Ideologien, da sie auf Axiomen basieren, nicht wirklich durch Diskussion und Argumenten angreifbar sind - es lohnt sich einfach nicht. Entweder man glaubt daran, oder man ignoriert es, da es für nicht gläubige einfach irrelevant ist. Das Bedürfnis, jemandem die Fehlerhaftigkeit seines speziellen Glaubens zu beweisen haben meistens Menschen, die ihrerseits ihren Glauben dem anderen Aufzwingen oder zumindest nahebringen wollen. Wem der Missionarische Eifer fehlt, der läßt die Gläubigen in ihrem Glauben, und geht seines Weges, solange die anderen dies ebenso handhaben.
Grundsätzliche Religionskritik ist für mich etwas anderes, da geht es nicht um die Richtigkeit von einzelnen Darstellungen, sondern darum, wie Religion und Ideologien den Menschen das unabhängige Denken abgewöhnen (oder ihm abnehmen, was viele sogar angenehm finden), und den Menschen zu Verhalten verleiten, das sich gegen andere Menschen richtet - das muß sich dann aber übergreifend gleichermaßen auf alle Religionen beziehen. Und ich finde es schade, wenn jemand die Religion, die die eigene Kultur maßgeblich mitbestimmt hat, so einseitig negativ und undifferenziert sieht.
Darin liegt ein großer Teil der Macht der Kirchen und Religionen. Weniger, was sie konkret verkünden, sondern dass außer ihnen keiner etwas über Religion sagen darf, jedenfalls nicht in der größeren Öffentlichkeit.
Ich habe noch nie erlebt, daß hierzulande jemand, der sich noch so negativ oder verächtlich über die christliche Religion geäußert hat, relevante Nachteile erfahren mußte. Das kenne ich nur in Verbindung mit dem Islam (s. die lächerliche Mohammed-Karikatur-Geschichte, oder Salman Rushdie, etc.). Solange kein Kritiker des Christentums Angst haben oder gar unter Personenschutz leben muß, finde ich solche Vorwürfe etwas absurd in einer Zeit, wo andere Religionen mit großer Aggressivität agieren.
Immerhin ist er auch Staatschef vom Vatikan - das ist ein normaler Grund für so eine Rede
Irrtum. Wenn er nicht gewählt ist, hat er kein Rederecht im Bundestag, schon gar nicht als "Staatschef".
Hat Frau Merkel ein Rederecht im Britischen Parlament? Oder Kardinal Marx?
Aber ich sehe schon. Du hast für alles eine Ausrede.
Wem der Missionarische Eifer fehlt, der läßt die Gläubigen in ihrem Glauben, und geht seines Weges, solange die anderen dies ebenso handhaben.
Wenn es jene Leute nicht gegeben hätte, die den Mut zum Widerspruch hatten, säßen wir heute noch im Mittelalter fest.
Und wir brauchen gar nicht bis ins Mittalter zu gehen. Frauen-Wahlrecht, Gleichberechtigung, Ehe für alle, Zusammenleben ohne Trauschein: All das basiert auf dem Mut, den Aberglauben der Mehrheit infrage zu stellen. Das hat der Gesellschaft nicht geschadet, sondern genützt.
Klugschnacker
09.02.2019, 23:41
Und ich finde es schade, wenn jemand die Religion, die die eigene Kultur maßgeblich mitbestimmt hat, so einseitig negativ und undifferenziert sieht.
Wen meinst Du damit konkret, dass er das Christentum undifferenziert sähe?
Und ich finde es schade, wenn jemand die Religion, die die eigene Kultur maßgeblich mitbestimmt hat, so einseitig negativ und undifferenziert sieht.
Das sind persönliche Anwürfe, und ich würde es begrüßen, wenn Du es unterlassen würdest.
Dass unsere aktuelle Kultur maßgeblich vom Christentum mitbestimmt würde, bestreitest Du mal, und behauptest es ein anderes mal.
Ich habe noch nie erlebt, daß hierzulande jemand, der sich noch so negativ oder verächtlich über die christliche Religion geäußert hat, relevante Nachteile erfahren mußte. Das kenne ich nur in Verbindung mit dem Islam (s. die lächerliche Mohammed-Karikatur-Geschichte, oder Salman Rushdie, etc.). Solange kein Kritiker des Christentums Angst haben oder gar unter Personenschutz leben muß, finde ich solche Vorwürfe etwas absurd in einer Zeit, wo andere Religionen mit großer Aggressivität agieren.
Es geht doch gar nicht darum, ob Kritiker im Knast landen. Die Nachteile, die sich konkret im Leben der Leute abspielen, sind ganz anderer Art und wurden von mir und anderen AUSFÜHRLICH dargestellt. Zuletzt in den letzten Postings betreffs der Frage, ob die Kirche sich in Partnerschaften/Ehen einmischt und diese ev. zu verhindern trachtet.
Die Debatte wäre einfacher, wenn Du Deine Äußerungen mit Fakten belegen würdest (und nicht nur mit Deiner persönlichen Meinung).
Dein öfters wiederholtes Argument der Relativierung (nicht so schlimm, interessiert mich nicht, anderswo ist es noch schlimmer) habe ich verstanden. Es trägt jedoch nicht so weit, jegliche Religionskritik zum Verstummen zu bringen.
liegt meiner Ansicht nach nicht an der Macht der Kirche, oder an Tabuisierung, sondern einfach an der Tatsache, daß einzelne Religionen und Ideologien, da sie auf Axiomen basieren, nicht wirklich durch Diskussion und Argumenten angreifbar sind - es lohnt sich einfach nicht.
Es lohnt sich nicht, Kritik an Religionen, Aberglauben oder Kirchenfürsten zu üben? Und das sei der Grund, warum es für diese Kritik keine Sendezeit gibt, wohl aber für die Religionen? Weil es sich nicht lohnt?
Aha.
Naja, das kann ich ja aufklären. Es gibt eine Menge kluger Leute, die gerne etwas Sendezeit hätten, um ihre Kritik vorzutragen. Teilweise schrieben diese Leute Bestseller -- unbeachtet vom Mainstream, gefeiert von der intellektuell interessierten Leserschaft. Von diesen Leuten habe ich noch nie gehört, dass es sich nicht lohnen würde. Vielleicht lass' sie das einfach selber entscheiden, ob es sich für sie lohnt?
LidlRacer
10.02.2019, 01:07
Irrtum. Wenn er nicht gewählt ist, hat er kein Rederecht im Bundestag, schon gar nicht als "Staatschef".
Ein Rederecht hat er nicht einfach so.
Aber er ist bei weitem nicht der Einzige, dem es ausnahmsweise gewährt wurde:
Reden ausländischer Gäste im Plenum des Deutschen Bundestages (https://www.bundestag.de/parlament/geschichte/gastredner)
Ansonsten stimme ich Dir weitestgehend zu.
Mein Punkt ist nicht, dass er unerlaubt in den Bundestag gekommen und einfach eine Rede gehalten hätte. Sondern meint Punkt ist, dass dazu besondere Vorkehrungen nötig sind, die selten vorgenommen werden. Für welche Gäste macht man sich also die Mühe, und wem lässt man diese Ehre zuteil werden? Von wem erhofft man sich eine erhellende Rede?
Etwa von einem Wissenschaftler? Von einem Friedensnobelpreisträger? Einem berühmten Philosophen?
Dies ist nur ein Datenpunkt unter vielen. Ich will dem also nicht zu viel Gewicht beimessen. Die religiöse CDU hat die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, als der Papst nun schon mal in Deutschland war; das ist für mich nachvollziehbar.
Nicht nachvollziehbar ist für mich, dass die Kritik, die es durchaus gibt, keinen öffentlichen Raum bekommt. Die Papst-Rede hätte ja auch ein Anlass sein können, Debatten zu führen. Aber das ist tabu.
Ein kurzes Beispiel: Es ist in Deutschland erlaubt und üblich, die Entstehung der Erde nach wissenschaftlichem Kenntnisstand darzustellen, etwa in TV-Dokumentationen. Aber es ist völlig tabu, hinzuzufügen: "Dies widerlegt die Darstellung der Bibel" oder "in diesem Punkt ist also die Bibel falsch". Man wird diese Worte niemals im TV hören. Warum nicht?
Der Grund ist, dass Religion nicht frontal widersprochen werden darf. Nur die Vertreter der Religionen dürfen sich zur Religion äußern, alle anderen müssen den Mund halten. Ein Wissenschaftler, der einen Bericht über die Entstehung der Erde drehen möchte, wird von einem Redakteur darauf hingewiesen: "Also Sie können hier nicht der Genesis widersprechen, das müssen wir irgendwie anders formulieren". Zur Erinnerung: Es geht darum, wie lang der Arm der Kirchen in unserer Gesellschaft immer noch ist.
Kardinal Marx wird in Interviews in letzter Zeit kritisch befragt aufgrund der Sex-Skandale. Das ist neu. Aber er kann sich völlig darauf verlassen, dass ihm niemand öffentlich nachweist, dass er im Grunde ein Hütchenspieler ist, der die Leute hinters Licht führt. Dabei ist es nicht schwierig, diesen Nachweis zu führen. Es gibt auch genügend Leute, die das gerne tun würden. Aber Kardinal Marx weiß, dass diese Leute keine Öffentlichkeit bekommen.
Ich kann verstehen, wenn Du Dir hier ein Stückchen "heile Welt" bzw. gute Erinnerungen bewahren möchtest und lieber nicht an der Oberfläche kratzt. Allerdings wäre dies notwendig, um Deinen Argumenten eine gewisse Schärfe zu geben. Im Moment sagst Du ja nicht mehr, als dass dies alles keine Rolle für Dich gespielt hat. Ich respektiere das, aber es hat wenig Aussagekraft über die Kirche als gesellschaftliches Phänomen (also über den Einzelnen hinausgehend.)
Manchmal lohnt es sich, die Perspekitve zu wechseln. Vielleicht bist du es ja, der an der Oberfläche kratzt? Eine Oberfläche, die sich nur mit Regeln, Ge- und Verboten, Dogmen und uralten Schriften beschäftigt. In die Tiefe einer Gemeinschaft wird man aber dadurch nicht vordringen können.
Welche scharfen Argumente erwartest du denn? Ich habe keine, ich habe lediglich ein paar positive, eigene Erfahrungen aus alten Zeiten. Nenne es von mir aus "heile Welt". Deine Kritik teile ich in vielen Punkten.
Schwarzfahrer
10.02.2019, 10:10
Das sind persönliche Anwürfe, und ich würde es begrüßen, wenn Du es unterlassen würdest.
Sorry, das ist mein persönlicher Eindruck aus der Art, wie Du durch unversöhnliches Beharren auf dem einzigen Punkt "Wahrheit" das Christentum als Ganzes zu verurteilen scheinst, den Papst als Scharlatan siehst und den Anteil des Christentums an unserer Kultur ablehnst. Ansonsten finde ich es einfach schade, und habe sonst keine Wertung über Dich ausgesprochen, also kein Grund, sich beleidigt zu fühlen.:Blumen:
Dass unsere aktuelle Kultur maßgeblich vom Christentum mitbestimmt würde, bestreitest Du mal, und behauptest es ein anderes mal.
Nein, dazu stehe ich - abgelehnt hast Du es:
Die Zurückdrängung des Christentums ist Grundlage unserer aktuellen Kultur.
Die Nachteile, die sich konkret im Leben der Leute abspielen, sind ganz anderer Art und wurden von mir und anderen AUSFÜHRLICH dargestellt.
Unbestritten, so ist es. Unsere Meinungen gehen nicht über die Fakten auseinander, sondern über ihre Bewertung und Gewichtung - und das ist nun mal Frage der persönlichen Meinung und Priorisierung.
Ich kann nochmal zusammenfassen, wie ich es sehe: mir fehlt die Denkweise eines Gläubigen vollkommen, ich kann dieses Bedürfnis nach Glaube nicht nachempfinden - aber ich weiß, daß es für viele Menschen essentiell ist. Religionen sind weder durch Verbote noch durch rationale Erziehung komplett zu beseitigen, dafür ist dieses Bedürfnis wohl zu tief in den Menschen drin. Dazu kommt, daß Glaube vielen Menschen zu einem "guten Leben" motiviert, und damit gut fürs soziale Miteinander sein kann.
Ich weiß auch, daß jeder Glaube auch zu Diskriminierung, Schikanen bis zu schlimmsten Verbrechen gegen Mitmenschen motivieren kann, wie jede Ideologie, was ein Hauptgrund ist, daß ich der Ansicht bin, daß keine Religion oder Ideologie eine staatliche Unterstützung welcher Art auch immer erhalten soll. Ich wäre für ein vollkommen laizistischen Staat, in dem die Kirchen ihre Existenz allein aus der Unterstützung ihrer Gläubigen beziehen (in meiner Heimat lebte der Pfarrer ausschließlich davon, was seine Gemeinde zusammengespendet hat - das ist mein Idealbild). Dann würde jede Kirche ganz schnell auf ein reales Maß zusammenschrumpfen, und ihre "Dogmen" auch an die Entwicklung der Menschen und der Gesellschaft anpassen müssen.
Bei uns hat die Kirche leider (dank der Unterstützung des Staates) keinen solchen Druck der Modernisierung -nichtsdestotrotz entwickeln sich die Menschen weiter. Darum sehe ich weniger Gefahr in der Macht der Kirchen, als Du. Ich mag mich irren, weil ich als extrem Ungläubiger in keiner Weise beeinträchtigt fühle - aber ich sehe auch z.B. im Religionsunterricht nicht die Indoktrination oder Lügen, sondern (wenn richtig gemacht) das Kennenlernen von wichtigen Grundlagen-elementen unserer Kultur.
Ein Wissenschaftler, der einen Bericht über die Entstehung der Erde drehen möchte, wird von einem Redakteur darauf hingewiesen: "Also Sie können hier nicht der Genesis widersprechen, das müssen wir irgendwie anders formulieren". Zur Erinnerung: Es geht darum, wie lang der Arm der Kirchen in unserer Gesellschaft immer noch ist.
Das klingt, als ob man öffentlich nur Weltbilder der Kreationisten ausprechen dürfte -das meinst Du wohl nicht wirklich? Sowas kenne ich nur aus den USA - schlimm genug. Ich glaube, wenn überhaupt, wird schon aus Respekt vor den Gläubigen vermieden, explizit zu sagen: was in der Bibel steht, ist gelogen und falsch. Wenn wir konsequent jede Unwahrheit in der Religion offen aussprechen würden, müßten wir z.B. auch Juden und Moslems sagen, es gibt keine "Unreinen" Tiere, ihr sollt essen was auf den Tisch kommt. Man kommt ihnen trotzdem entgegen, nicht weil sie Recht haben, sondern weil es Respekt vor ihrer Religion ist.
Ich gönne Dir Deinen Kampf gegen die Amtskirchen, halte aber weiterhin den Versuch, über "Wahrheiten" zu argumentieren, für ins Leere laufend, wenn es um Glaube geht. Wünsche noch ein entspanntes Wochenende.:Blumen:
Klugschnacker
10.02.2019, 11:21
Ich gönne Dir Deinen Kampf gegen die Amtskirchen, halte aber weiterhin den Versuch, über "Wahrheiten" zu argumentieren, für ins Leere laufend, wenn es um Glaube geht. Wünsche noch ein entspanntes Wochenende.:Blumen:
Ich wünsche Dir auch ein entspanntes Wochenende. :Blumen:
Allerdings halte ich das Bemühen um Wahrheit für sehr wesentlich. Glaube bedeutet ja nicht immer nur blinder, bedingungsloser Glaube, sondern Glaube bedeutet oft auch "etwas für wahr halten". Es geht daher auch im Glauben um Wahrheit und ein Interesse an Wahrheit. Das umfasst auch überprüfbare Wahrheit, also Fakten.
Wir halten heute manche Darstellungen der Bibel nicht mehr für Fakten, weil unser Wissen zugenommen hat. Ein aufgeklärter Mensch kann die Storys von der Arche Noah, dem Garten Eden oder der Himmelfahrt Marias nicht mehr anders sehen, denn als Metaphern und Sinnbilder. Das zeigt, dass das Wissen durchaus den Glaube beeinflusst. Täte es das nicht, handelte es sich um Aberglauben. Glaube setzt Glaubwürdigkeit voraus.
Jesus aus Nazareth hat sich geirrt. Das von ihm noch zu seinen Lebzeiten erwartete Gottesreich kam nicht. Na und, hat er sich halt geirrt – manches von dem, was er möglicherweise sagte und wollte, war trotzdem nachdenkenswert. Erst die Überkleisterung seiner Person mit Heiligem Geist, Hölle, Jungfrauengeburt und Wiederauferstehung macht eine Beschäftigung mit seinen Ansichten schwer. Was soll der Quatsch, er sei über Wasser spaziert?
Die Auseinandersetzung mit Jesus würde davon profitieren, wenn man sich mehr an die Wahrheit hielte. Insofern ist eine kritische Auseinandersetzung mit kirchlicher "Wahrheit" durchaus im Sinne spirituellen Lebens.
:Blumen:
Religionen sind weder durch Verbote noch durch rationale Erziehung komplett zu beseitigen, dafür ist dieses Bedürfnis wohl zu tief in den Menschen drin.
Gibt es dafür einen Beleg? Ist dieses Bedürfnis tatsächlich so "tief in den Menschen drin"?
Denn in allen mir bekannten Fällen geht zuerst ein Betrug voraus. Den Leuten wird von Kindesbeinen an und mit hohem Aufwand vorgegaukelt, es wäre eine magische Welt, und erst dadurch glauben sie daran.
Dazu kommt, daß Glaube vielen Menschen zu einem "guten Leben" motiviert, und damit gut fürs soziale Miteinander sein kann.
Der Glaube motiviert mit schlechte Gründen zu guten Taten, wo gute Gründe durchaus vorhanden wären. Man könnte den Leuten einfach gute Gründe nennen. Und, seltsamerweise, bei vielen "guten Taten" wird der Klerus am Ende ein Stück reicher, und die Gläubigen ein Stück ärmer.
Die Darstellung, der Glaube würde eine Gesellschaft zu guten Taten verleiten, ist ein reines Märchen. Bring mal Fakten! Die am wenigsten religiösen Gesellschaften des Westens sind gleichzeitig die friedlichsten und die freigiebigsten. Nämlich die skandinavischen Länder, wo Religion nur von einer kleinen Minderheit ausgeübt wird. Weitere Infos dazu findest Du mühelos bei Google.
Wenn Deine Behauptung zutreffen würde, dann wären Gesellschaften umso besser (mehr gute Taten), je religiöser sie wäre. Es ist aber völlig offensichtlich, dass dies nicht stimmt.
Je gläubiger eine Gesellschaft ist, desto gewalttätiger ist sie, und desto schlechter geht es den Leuten, vor allem auch den Bedürftigen. Je ärmer eine Gesellschaft ist, desto religiöser ist sie. (Quelle (https://whyevolutionistrue.wordpress.com/2012/05/13/the-correlation-between-religiosity-and-well-being-among-u-s-states/))
Religiosität ist kein Zeichen für die Güte einer Gesellschaft, sondern für die Rückständigkeit einer Gesellschaft. Religion tut nichts anderes, als bestimmte Meinungen als unantastbar auszurufen. Es stoppt den Prozess, die beste Lösung zu finden. Es zementiert den Irrtum.
halte aber weiterhin den Versuch, über "Wahrheiten" zu argumentieren, für ins Leere laufend, wenn es um Glaube geht.
Glaube ist Wahrheit. Die Leute glauben nur, was ihnen als Wahrheit verkauft wurde, oft unter Zuhilfenahme von Tricks. Es geht nicht darum, ob man die Farbe Blau schöner findet als die Farbe Grün. Das ist quasi "Glaubenssache". Aber beim christlichen Glauben geht es um Tatsachenbehauptungen, und entweder sind sie zutreffend oder nicht.
Wenn Du am Straßenrand ein paar zwielichtige Gestalten siehst, die einen ahnungslosen Touristen mit dem Hütchen-Spiel hereinlegen: Würdest Du dem Touristen einen Tipp geben oder einfach weitergehen? Ich würde ihm einen Tipp geben. Ich würde nicht auf die Idee kommen, ihm "seinen Glauben zu lassen". Ja, ich lasse ihm seinen Glauben, aber erst nachdem ich ihm den Tipp gegeben habe.
Der Tourist hält die ganze Szene des Hütchenspiels für wahr: Den Spieler, die umstehenden Passanten, die laufenden Gewinne der Passanten. Was er nicht ahnt ist, dass die Passanten ebenfalls zum Spieler gehören und die Gewinne nur vorgegaukelt sind. Die ganze Szene ist ein Inszenierung, um den Touristen davon zu überzeugen, er könne mühelos Geld erspielen. Selbst wenn er sein Geld verliert, wird er die Szene immer noch für wahrhaftig halten. Er ahnt nicht, dass alles nur Tricks waren.
Ich will den Leuten ihren Glauben nicht nehmen, das ist Privatsache. Ich will nur auf die Tricks aufmerksam machen. Mir geht es um die Hütchenspieler.
Deine ganze Argumentation richtet ihren Fokus auf den Touristen, also auf den einzelnen Gläubigen. Mir jedoch geht es um die Hütchenspieler, den Klerus. Mir geht es nicht um "Glauben", sondern um Tricks.
Wenn ich sage, dieser oder jener Priester sei vermutlich ein Scharlatan, dann meine ich damit nicht, dass er einen anderen Glauben hat. Sondern dann meine ich, dass er ein Trickbetrüger ist. Was er glaubt, ist mir einerlei.
Schwarzfahrer
10.02.2019, 16:55
Ich wünsche Dir auch ein entspanntes Wochenende. :Blumen:
Danke, konnte zumindest schöne windige 10 km laufen, bevor der Regen kam. :Lachen2:
Allerdings halte ich das Bemühen um Wahrheit für sehr wesentlich. Glaube bedeutet ja nicht immer nur blinder, bedingungsloser Glaube, sondern Glaube bedeutet oft auch "etwas für wahr halten". Es geht daher auch im Glauben um Wahrheit und ein Interesse an Wahrheit. Das umfasst auch überprüfbare Wahrheit, also Fakten.
Das Bemühen um die Wahrheit ist ein wesentlicher Antrieb des Menschen, und natürlich wichtig - aber nicht für alle, glaube ich. Religiöser Glaube ist , nach meiner Erfahrung mit gläubigen Menschen, sehr oft getrieben von einem Bedürfnis, keine Fragen stellen zu müssen, sondern einfach bedingungslos etwas zu glauben, und damit irgendwo dazuzugehören. Das scheint für diese Menschen weniger belastend zu sein, als selber die Wahrheit zu suchen, und selber verantwortlich zu sein für die Entscheidung, was man für wahr und richtig hält. Als Gläubiger gibt man die Verantwortung ab, und lebt entspannter, wenn man Ideen und Ziele nicht mehr hinterfragen muß. Ist nicht meins, aber es muß etwas dran sein, sonst würden nicht so viele Menschen sich irgendeinem Glauben verschreiben, auch ohne Indoktrination von Kindesbeinen an (damit ist es natürlich "leichter"). ich habe nicht den Eindruck, daß solchen Leuten die Wahrheit wichtig ist, sondern ihnen ist das Infragestellen, der Zweifel eine zu große Last, die sie vermeiden wollen. Durch diese Wahrnehmung habe ich relativ viel Verständnis für Gläubige, und reagiere nur allergisch wenn sie zu missionieren anfangen; solange sie es privat für sich behalten, und damit keinen Schaden anrichten, lasse ich es.
Schwarzfahrer
10.02.2019, 17:25
Gibt es dafür einen Beleg? Ist dieses Bedürfnis tatsächlich so "tief in den Menschen drin"?
Nein, das leite ich aus meinen Erfahrungen mit gläubigen Menschen ab und aus einigen kulturgeschichtlichen Werken zu Religion und Aberglaube über die Jahrhunderte, also meine persönliche Meinung. Sozial-psychologische Studien dazu habe ich noch nie gesucht, dafür ist mir das Thema nicht wichtig genug, wäre aber sicher interessant.
Denn in allen mir bekannten Fällen geht zuerst ein Betrug voraus. Den Leuten wird von Kindesbeinen an und mit hohem Aufwand vorgegaukelt, es wäre eine magische Welt, und erst dadurch glauben sie daran.
Das gibt's es auch in allen Ideologien - aber es erklärt nicht das Bedürfnis nach Religion all der Leute, die ohne wesentliche Indoktrination aufwachsen, und als Erwachsene zu Baghwan, Scientology, Zeugen Jehovas und weiß Gott noch wohin gehen, um ihren Seelenfrieden zu finden.
Der Glaube motiviert mit schlechte Gründen zu guten Taten, wo gute Gründe durchaus vorhanden wären. Man könnte den Leuten einfach gute Gründe nennen. Und, seltsamerweise, bei vielen "guten Taten" wird der Klerus am Ende ein Stück reicher, und die Gläubigen ein Stück ärmer.
die Leute, an die ich dachte, haben mit dem Klerus nichts am Hut; sie leben einfach gelebte Nächstenliebe aus einer tiefen inneren Überzeugung heraus, die sich durch ihren christlichen Glauben festigt, und Zweifel am Altruismus unterdrückt. Ansonsten finde ich die Hindu-Motivation für gutes Leben über die Wiedergeburt z.B. sehr nützlich, obwohl es ebenso gelogen ist.
Die Darstellung, der Glaube würde eine Gesellschaft zu guten Taten verleiten, ist ein reines Märchen.
habe ich nie behauptet - nur daß der Glaube einzelne Menschen dazu bringen kann, wenn alles richtig läuft, und diesen würde ich den Glauben nie nehmen wollen. Von all den verderblichen Möglichkeiten, Glaube zu lenken und wirken zu lassen, halte ich auch nichts (schrieb ich auch).
Die am wenigsten religiösen Gesellschaften des Westens sind gleichzeitig die friedlichsten und die freigiebigsten. Nämlich die skandinavischen Länder, wo Religion nur von einer kleinen Minderheit ausgeübt wird.
Mag sein. Aber immerhin sind die christlichen Länder Europas im Weltvergleich die friedlichsten und freiesten Gesellschaften. Ob diese Korrelation weniger Kausalität birgt, als Dein Beispiel, weiß ich nicht. Ich würde ja auch eine säkulare Welt vorziehen, aber da ich bezweifle, daß die Menschheit das hinbekommt, ist mir unsere Welt eines der kleineren Übel.
Wenn Deine Behauptung zutreffen würde, dann wären Gesellschaften umso besser (mehr gute Taten), je religiöser sie wäre. Es ist aber völlig offensichtlich, dass dies nicht stimmt.
Natürlich nicht, s.o. Und Religion ist nicht gleich Religion.
Je ärmer eine Gesellschaft ist, desto religiöser ist sie.
Hier ist mir unklar, was Ursache und was Wirkung ist (führt evtl. Armut zur Zuflucht in irreale Welten wie Religion, wenn man resigniert und auf Erlösung hofft? Oder führt Reigiosität zu Ineffizienz und Armut wegen mangelndem Antrieb, die Wahrheit zu suchen und selbständig zu denken?
Religiosität ist kein Zeichen für die Güte einer Gesellschaft, sondern für die Rückständigkeit einer Gesellschaft. Religion tut nichts anderes, als bestimmte Meinungen als unantastbar auszurufen. Es stoppt den Prozess, die beste Lösung zu finden. Es zementiert den Irrtum.
Stimmt alles. Aber das traurige ist, daß viele Menschen sich damit zu wohl fühlen, um sich "erlösen lassen zu wollen". Sie wechseln höchstens die Religion, und verkünden statt christlichen Dogmen den Untergang der Wélt durch Atomstrom oder Klimaerwärmung zur unantastbaren These, und erklären alle, die die Wahrheit dazwischen suchen, zum Ketzer. Die selbständig Denkenden werden immer eine Minderheit bleiben, da bin ich Pessimist.
Wenn Du am Straßenrand ein paar zwielichtige Gestalten siehst, die einen ahnungslosen Touristen mit dem Hütchen-Spiel hereinlegen: ...Deine ganze Argumentation richtet ihren Fokus auf den Touristen, also auf den einzelnen Gläubigen. Mir jedoch geht es um die Hütchenspieler, den Klerus.
Ja, das ist unsere Hauptdifferenz. Für mich ist gesellschaftlich das wichtiger, was der einzelne "Tourist" macht, weil es davon viel mehr gibt. Gegen die Hütchenspieler sollten einschränkende Gesetze gelten, so daß ihre Wirkung begrenzt bleibt auf die, die trotz aller Aufklärung einfach glauben wollen, daß sie doch gewinnen können. Ich wäre damit zufrieden. Aber es ist ein bißchen wie mit dem Klimawandel - viele in Deutschland glauben, die Welt retten zu müssen - ich würde schauen, daß wir auf unserem Fleckchen gute Lebensbedingungen hinbekommen, so gut es geht - die Ambition, die Welt zu retten, habe ich nicht mehr (liegt es am Alter...?)
Klugschnacker
10.02.2019, 18:26
Schwarzfahrer & Jörn: Eure Standpunkte sind nah beieinander. Die kleine Unterschiede sind jetzt deutlich geworden, finde ich.
Vielleicht sollten wir nochmals diskutieren, wie einerseits Religion und andererseits Kritik an Religion sich legitimieren. Warum es okay ist, religiös zu sein, warum es aber auch okay ist, Religionen zu kritisieren.
Vielleicht können wir auf einen Konsens in dieser Frage kommen und danach entspannter diskutieren.
:Blumen:
sehr kluge und spannende Zusammenführung, Danke.
Wobei ich auf Jörns Statement zu "warum es okay ist, religiös zu sein", sehr gespannt bin
m.
(Ich nehme an, die beide Punkte gehen zur Stellungsnahme an beide "Lager" :))
Warum es ok ist, religiös zu sein.
Es ist ok, religiös zu sein, weil es ok ist, zu denken und zu glauben, was man will.
Dies mag wie ein läppischer Allgemeinplatz klingen. Jedoch ist die Freiheit, sich eine beliebige Religion zu wählen und diese auch wieder zu verlassen, eine relativ junge Errungenschaft der Aufklärung; genauer gesagt die Rück-Eroberung eines selbstverständlichen Rechts der Antike. Bekämpft und missachtet wurde diese Freiheit von den monotheistischen Religionen.
So bedrohen die Zehn Gebote gleich an erster Stelle die Religionsfreiheit: "Du sollst keine anderen Götter neben mir haben", gefolgt von einer Schilderung der Gewalttaten, die jenen widerfahren werden, die sich nicht daran halten. Der weitaus größte Teil der Bibel widmet sich der Illustration dieses Gebots und seiner Konsequenzen.
Heute, nachdem wir das Zeitalter der Aufklärung durchlaufen haben, betrachten wir Religion als ein Freiheitsrecht. Aber der Bibel sind diese Freiheitsrechte völlig unbekannt. Die Bibel beschreibt den Menschen als rechtlos. Seine Religiosität ist eine Schuld, die er zu begleichen hat, und über die zu verhandeln ihm nicht zusteht.
Die Aufklärung hingehen beschreibt den Menschen als souveränen Akteur, der seine Entscheidungen frei fällt und ein Recht dazu hat. Es ist also keine inhaltliche Frage, sondern ein allgemeines Prinzip: Der freie Mensch kann eine Religion haben oder nackt im Eismeer baden. Entscheidend ist, dass er ebenso frei wieder herauskommt wie er hereinkam.
Deswegen würde ein Atheist, der den Gedanken der Aufklärung vertritt, logischerweise sagen: „Ja, es ist ok, religiös zu sein“. Aber mit dieser Freiheit verbindet er auch die Freiheit, diese Entscheidung wieder zu revidieren, ohne bedroht zu werden.
Die monotheistischen Religionen haben die Absicht, dem Menschen diese Freiheit zu nehmen oder deren Inanspruchnahme durch Drohungen zu verhindern. Auch das Verbreiten unwahrer Behauptungen oder das Errichten sozialer Zwänge oder das geschickte Ausnutzen psychologischer Schwächen beschneidet die Freiheit, eine souveräne Entscheidung zu treffen. (Wer mit der Hölle bedroht wird, fällt keine souveräne Entscheidung.) Wenn ich also für die Freiheit plädiere, Religionen frei ausüben zu dürfen, dann gilt das nicht für die Freiheit, anderen eben diese Freiheit mit allerlei Tricks wieder zu nehmen.
Das ist der Grund, warum ich das Recht des Einzelnen auf seine Religion (und seine Abkehr davon) achte und schätze. Aber jene, die dieses Recht missbrauchen und verfälschen, mit der Absicht, die Freiheit in ein Joch zu verwandeln und andere vor ihren Karren zu spannen, stoßen auf meine Kritik.
Freiheit ist ein sehr hohes Gut, das gegen die Religionen und vor allem gegen die Kirchen erfochten wurde. Freiheit ist jedoch kein Freibrief für Scharlatanerie.
Schwarzfahrer
11.02.2019, 18:45
Nun gut, dann bin ich wohl jetzt dran mit Warum es ok ist, religiös zu sein..
Danke für den ersten Absatz, den könnte ich glatt übernehmen.
Es ist ok, religiös zu sein, weil es ok ist, zu denken und zu glauben, was man will. …
ist die Freiheit, sich eine beliebige Religion zu wählen und diese auch wieder zu verlassen, ...die Rück-Eroberung eines selbstverständlichen Rechts der Antike.
Religion ist aber auch o.k. (oder besser: kann o.k. sein) weil es dem Bedürfnis vieler Menschen entgegenkommt, eine "endgültige" Instanz zu haben, der die Verantwortung für all das trägt, was uns in diesem Leben belastet und unerklärlich ist. Das können unverstandene Naturphänomene sein, Häufung von Unglück, Krankheit, oder einfach die Frage nach einem Sinn unseres Lebens. Nicht jeder hat die Kraft und Energie, eine eigene Antwort auf diese Fragen zu suchen, oder die Gelassenheit, sich abzufinden, daß es keine endgültige Antwort gibt. Ein Glaube, der nicht mehr hinterfragt werden muß, kann dann die Sicherheit geben, positiv dem Leben gegenüberzustehen. Und es gibt Religionen, bei denen dieser Glaube tatsächlich als Motivation und Antrieb für eine besonders menschenfreundliche, altruistische Haltung dienen kann.
Auch ist die Zugehörigkeit zu einer Religion für viele Menschen identitätsstiftend, d.h. das grundsätzlich soziale Wesen Mensch definiert dadurch breite soziale Gruppen, zu denen man durch seine Religion vorbehaltlos und ohne besonderen eigenen Beitrag dazugehört, in der man sich geborgen fühlt. Das kann natürlich auch pervertiert werden, besonders durch die monotheistischen Religionen mit ihrem Alleinherrschaftsanspruch, aber vom Grundsatz ist es ein an sich positiver Aspekt für mich.
Desweiteren kann Religion hilfreich sein, einer Gesellschaft einen moralischen Rahmen zu definieren (war wohl bei der Entstehung der meisten Religionen ein wesentlicher Aspekt, wenn auch oft pervertiert und durch Machtinteressen mißbraucht).
Bekämpft und missachtet wurde diese Freiheit von den monotheistischen Religionen.
Stimmt, und zwar ursprünglich von allen gleich. Wobei ich die unterschiedliche Entwicklung der drei Großen interessant finde, weil dadurch die Bewertung der aktuellen Ausprägung der jeweiligen Religion stark bestimmt wird: Alle drei bauen im Wesentlichen aufs Alte Testament, in dem Gott ein auserwähltes Volk in die neue Heimat führt, und sie alle andersgläubigen ausrotten läßt, damit sie dort siedeln können.
Die Juden als Volk haben sich davon im Laufe der Jahrtausende ziemlich entfernt, und pflegen seit langem eine Religion einer selbstbewußten, sich als elitär wahrnehmenden Minderheit ohne Missionsansprüche - der Rest der Welt kann ihnen gestohlen bleiben, was Religion angeht. Die Christen haben sich vom Feuer-und-Schwert Missionseifer zu einer Religion der Nächstenliebe hinbewegt (mache ich an der Praxis der Gläubigen, nicht an der Amtskirche fest), die die Agressivität weitgehend hinter sich ließ, und sogar immer weniger tut/tun kann, um auch nur die eigenen Glaubensgenossen zu schützen (Stichwort Christenverfolgung weltweit), geschweige denn andersgläubige zu bedrängen. Nur bei den Moslems ist noch sehr viel von der ursprünglichen Exklusivität des biblischen Monotheismus erhalten geblieben, mit einer breiten Unterstützung von Thesen wie: der Islam soll Weltreligion werden, Andersgläubige sind minderwertig, vom Glauben Abfallen verdient die Todesstrafe. Man kann nur hoffen, daß sich das in weiteren Jahrhunderten auch entschärft.
Die Aufklärung hingegen beschreibt den Menschen als souveränen Akteur, der seine Entscheidungen frei fällt und ein Recht dazu hat. Es ist also keine inhaltliche Frage, sondern ein allgemeines Prinzip: Der freie Mensch kann eine Religion haben oder nackt im Eismeer baden. Entscheidend ist, dass er ebenso frei wieder herauskommt wie er hereinkam.
Genau. Die Freiheit der Religion ist auch die Freiheit, diese zu wechseln oder ganz darauf zu verzichten. Das geht natürlich grundsätzlich gegen das Prinzip der meisten Religionen, besonders der monotheistischen, warum die Religionsfreiheit ein grundsätzlich etwas problematisches Konzept ist.
Darum würde ich noch formulieren: Religion ist o.k. wenn durch die Ausübung der Religion keine anderen Menschen (weder der eigenen, noch einer anderen Religion) zu Schaden kommen oder in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, wenn die Einhaltung religiöser Regeln nie über die Gesetze, oder auch über die Gebräuche der Umgebung gestellt werden, wenn also die konstruktive, positive soziale Interaktion nie durch religiöse Vorschriften eingeschränkt wird. D.h. ich finde Religion als eine Geisteshaltung, als eine Lebensphilosopie und seelische Unterstützung voll o.k., nicht aber als ein das Leben in alltäglichen Details und Handlungen bestimmender Zwang zur Abgrenzung von Andersgläubigen.
Gut. Ist es erlaubt, darauf nochmal zu antworten?
Der erste Absatz beschreibt die Nützlichkeit der Religion, nämlich durch Befriedigung von Bedürfnissen:
weil es dem Bedürfnis vieler Menschen entgegenkommt, [zahlreiche Beispiele]
Nun ist aber auch die Sklavenhaltung nützlich, nämlich für den Sklavenhalter. Diebstahl ist nützlich, nämlich für den Dieb. Ich halte das Argument der Nützlichkeit daher für nicht stichhaltig.
Eine minimale Erfordernis wäre, die Nützlichkeit für den Gläubigen zu beweisen. Eine lediglich behauptete Nützlichkeit reicht nicht aus.
Warum soll es für Oma Schmidt nützlicher sein, an einen Schöpfergott zu glauben als an die Evolution? Die Evolution ist zudem leichter zu verstehen als die Dreifaltigkeit, und insofern entfällt auch das Argument, dass religiöse Antworten für schlichte Gemüter eben leichter zu begreifen wären.
Ich würde behaupten, dass den Leuten das Bedürfnis nach einem Schöpfergott lediglich eingeredet wurde, und dass dieses Bedürfnis per se überhaupt nicht vorhanden ist. Ansonsten müsste man es den Leuten nicht so mühsam einreden, sondern sie kämen von selber drauf. Das ist aber nicht der Fall.
Religion ist o.k. wenn durch die Ausübung der Religion keine anderen Menschen (weder der eigenen, noch einer anderen Religion) zu Schaden kommen oder in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, wenn die Einhaltung religiöser Regeln nie über die Gesetze, oder auch über die Gebräuche der Umgebung gestellt werden, wenn also die konstruktive, positive soziale Interaktion nie durch religiöse Vorschriften eingeschränkt wird. D.h. ich finde Religion als eine Geisteshaltung, als eine Lebensphilosopie und seelische Unterstützung voll o.k., nicht aber als ein das Leben in alltäglichen Details und Handlungen bestimmender Zwang zur Abgrenzung von Andersgläubigen.
Du schreibst, Religion wäre ok, wenn folgende Bedingungen erfüllt seien:
- kein Schaden für sich selbst und andere
- keine Einschränkung der Freiheit
- keine Verletzung von Gesetzen oder Bräuchen
- keine Beeinträchtigung des sozialen Lebens
- keine Abgrenzung von Andersgläubigen.
Darf ich mich erkundigen, welche fantastische Religion diese Kriterien erfüllt?
Es klingt für mich so, als wolltest Du suggerieren, dass ausgerechnet das Christentum diese Kriterien erfüllt? Um diesen erstaunlichen Spagat hinzubekommen, müsstest Du die Fakten schon sehr dehnen. Ich hege den Verdacht, dass es Dir genau darauf ankommt. Denn praktisch alle Deine früheren Argumente waren Relativierungen: Ist nicht so wild, interessiert mich nicht, bin nicht betroffen, war früher schlimmer, ist im Islam noch schlimmer, und so weiter. Darauf folgen weitere Relativierungen:
- Kirchen harmlos (interessiert keinen)
- Klerus harmlos (hört keiner mehr zu)
- Katechismus harmlos (liest keiner)
- Bibel harmlos (veraltet).
In diesem Sinne reden wir auch aneinander vorbei. Meine Kritik hat ihren Ausgangspunkt darin, dass Deine Liste an Bedingungen (kein Schaden anrichten, ..., siehe oben) vom Christentum nicht erfüllt wird.
Ich behaupte nicht, dass dies die einzige Möglichkeit der Argumentation darstellt. Aber ich beschäftige mich sehr intensiv mit dem Christentum, und ich erkenne es in Deiner Argumentation nicht wieder.
Desweiteren kann Religion hilfreich sein, einer Gesellschaft einen moralischen Rahmen zu definieren
Einverstanden. Religion kann einen moralischen Rahmen definieren.
Aber ich gehe doch sehr davon aus, dass wir meine Moral als verbindlich für alle ausrufen?
Wie einigt sich eine Gesellschaft auf eine verbindliche Moral? Es werden ja wohl nicht plötzlich alle Leute einer Meinung sein, oder doch? Wie gelingt es also einer Kirche, die Moral festzulegen und als verbindlich zu erklären? Warum diese und keine andere? Warum muss sie verbindlich sein?
Dieser ach-so-gloreiche "moralische Rahmen" basiert in Wahrheit auf Betrug und Gewalt. Betrug deswegen, weil eine göttliche Urheberschaft vorgegaukelt wird, die nicht existiert. Gewalt deswegen, weil keine Moral von allen akzeptiert werden wird, schon gar nicht, wenn sie religiös begründet wird. Sie wird allenfalls durchgesetzt. Nichts hat mehr Widerspruch und Gewalt hervorgerufen als Religion. Und gegen nichts wurde mehr verstoßen als gegen religiöse "Moral" (vor allem von den Gläubigen selbst).
Echter gesellschaftlicher Konsens entsteht durch eine freie Debatte, durch Demokratie, durch möglichst große Freiräume und durch die Vorläufigkeit der Ergebnisse, die jederzeit (wenn auch oft mit Mühen und Geduld) verändert werden können.
Ich stimme vielleicht nicht mit der Moral oder Weltsicht der CDU/CSU überein, aber immerhin habe ich mit eigenen Augen die demokratische Abstimmung verfolgt, der eine enorm ausführliche Wahldebatte vorausging, und bei der ich mich beteiligen konnte. Nur deswegen akzeptiere ich die Ergebnisse, auch wenn sie nicht völlig meiner Meinung entsprechen. Hingegen: Die Moral des Papstes ist mir völlig schnuppe.
Daran kann man sehen: Der moralische Frieden einer Gesellschaft entsteht durch Teilhabe, und nicht durch Verkündigung.
Im Übrigen ist die Moral der Bibel und der kath. Kirche grauenvoll. Beispiele wurden im Thread ausführlich dargestellt.
Schwarzfahrer
11.02.2019, 23:06
Gut. Ist es erlaubt, darauf nochmal zu antworten?
Das mußt Du mit dem Hausherrn ausmachen :Lachen2: Lassen wir es drauf ankommen.
Der erste Absatz beschreibt die Nützlichkeit der Religion, nämlich durch Befriedigung von Bedürfnissen:...Eine minimale Erfordernis wäre, die Nützlichkeit für den Gläubigen zu beweisen. ...Warum soll es für Oma Schmidt nützlicher sein, an einen Schöpfergott zu glauben als an die Evolution? Die Evolution ist zudem leichter zu verstehen als die Dreifaltigkeit, und insofern entfällt auch das Argument, dass religiöse Antworten für schlichte Gemüter eben leichter zu begreifen wären.
Du hast offenbar keine solchen tiefgläubigen Menschen getroffen, wie ich. Die abstrakt-logische Evolution kann doch nie das gleiche bieten, wie ein allmächtiger, allwissender Herr, der alle Verantwortung auf sich nimmt, dem man Anteilnahme oder was auch immer zuschreiben (nenne es fantasieren) kann, den man um Beistand bittet, o.ä.. Mir hat so jemand mal explizit auf Fragen wie Deine gesagt, daß sie ohne die Vorstellung von einem Gott an der Welt verzweifeln müsste. Diese Vorstellung gab ihr den Trost und die seelische Sicherheit, mit dem Leben zurechtzukommen. Und ich kenne auch unreligös erzogene Leute, die mit 30 den Buddhismus entdeckt haben, und damit einen Sinn in ihrem Leben fanden, eine Lücke füllen konnten. Ich kann beides nicht nachvollziehen, aber ich akzeptiere es.
Ich würde behaupten, dass den Leuten das Bedürfnis nach einem Schöpfergott lediglich eingeredet wurde, und dass dieses Bedürfnis per se überhaupt nicht vorhanden ist. Ansonsten müsste man es den Leuten nicht so mühsam einreden, sondern sie kämen von selber drauf. Das ist aber nicht der Fall.
Ich traf in meinem Leben mehrere solche Leute, das gibt es also sehr wohl. Auch wurde nicht allen Baghwan-Anhängern von klein auf das gleiche eingeredet.
Darf ich mich erkundigen, welche fantastische Religion diese Kriterien erfüllt?
Nicht eine bestimmte Religion erfüllt dies, sondern Menschen, die ihre Religion auf diese Weise leben, wie ich so manche kennenlernen durfte.
Es klingt für mich so, als wolltest Du suggerieren, dass ausgerechnet das Christentum diese Kriterien erfüllt?
Nein, allerdings traue ich es heutigen europäischen Christen und manchen Buddhisten eher zu, zu einer solchen Einstellung zu kommen, als den meisten anderen mir bekannten Religionen (von den Antiken Griechen vielleicht abgesehen...).
Denn praktisch alle Deine früheren Argumente waren Relativierungen: Nun, wenn ich das Christentum nicht so in Bausch und Bogen verurteile, wie Du, liegt daran, daß ich darin primär nicht das biblisch-dogmatische, sondern die von einzelnen Menschen gelebte Möglichkeit, wie das von z.B. meiner Großtante gelebte Christentum sehe, und ansonsten immer gerne verschiedene Religionen vergleiche, da mich das Phänomen Religion als solches interessiert.
In diesem Sinne reden wir auch aneinander vorbei. Meine Kritik hat ihren Ausgangspunkt darin, dass Deine Liste an Bedingungen (kein Schaden anrichten, ..., siehe oben) vom Christentum nicht erfüllt wird.
Tja, nicht vom dogmatischen, von der Amtskirche vertretenen, aber sehr wohl von vielen einzelnen Christen (und anderen) in ihrem Alltag.
Ich behaupte nicht, dass dies die einzige Möglichkeit der Argumentation darstellt. Aber ich beschäftige mich sehr intensiv mit dem Christentum, und ich erkenne es in Deiner Argumentation nicht wieder.
Und ich beschäftigte mich öfter mit religiösen Menschen, und ich erkenne die positiven Beispiele unter ihnen in Deiner Argumentation nicht wieder :) . So unterschiedlich können Perspektiven und Erfahrungen sein.
Wie einigt sich eine Gesellschaft auf eine verbindliche Moral?
Religion war in der frühen Menschheitsgeschichte wesentlicher Träger und Vermittler von Moralvorstellungen, die eine Gesellschaft zusammenhielten. Diese Rolle ist kaum strittig, glaube ich.
Es werden ja wohl nicht plötzlich alle Leute einer Meinung sein, oder doch? Natürlich nicht; Religion konnte aber wirken, weil alle eher eine nicht ganz greifbare "höhere Autorität" akzeptieren, als die Vorgaben eines noch so mächtigen Menschen. Religion ist in diesem Sinne ein "Erziehungsvehikel", um die Menschliche Schwächen auszutricksen - zum Wohle der Allgemeinheit. Wenn dann die Religion sich nicht mit der Entwicklung der Gesellschaft modernisiert, wird es zum Anachronismus und rückständig.
Dieser ach-so-gloreiche "moralische Rahmen" basiert in Wahrheit auf Betrug und Gewalt.
Kann man so hart ausdrücken - aber das gilt dann ähnlich überspitzt auch für manche unserer Gesetze, bei denen auch "vernünftige" Argumente vorgeschoben werden, um Partikulärinteressen durchzusetzen oft zum Nachteil der Mehrheit. Gesetze werden auch "durchgesetzt", weil die Menschen nun mal nicht freiwillig auf ihren Vorteil verzichten.
Im Übrigen ist die Moral der Bibel und der kath. Kirche grauenvoll. Beispiele wurden im Thread ausführlich dargestellt.Stimmt, aber nicht die von vielen Christen, die etwas anderes aus der Bibel für sich ableiten.
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Religion war in der frühen Menschheitsgeschichte wesentlicher Träger und Vermittler von Moralvorstellungen, die eine Gesellschaft zusammenhielten. Diese Rolle ist kaum strittig, glaube ich.
Als eine wesentliche Funktion der indigenen, ethnischen Religionen (Naturreligionen) bezeichnen Ethnologen in der Regel die Abgrenzung des eigenen Stammes von anderen Stämmen und Gruppen sowie die Funktion der Identitätsstiftung. Praktisch jeder Stamm, jede Gruppe verfügt(e) über eigene Kulte, seine Geister, mit denen die Natur beseelt wird, und eigenen rituellen Körperschmuck. Es gab eine riesige Vielfalt. Diese im Alltag verankerten und auf die bessere Bewältigung des Diesseits ausgerichteten Formen gehörten habituell zur ethnischen Gruppe und man wollte diese nie auf andere, fremde Stämme weitergeben, die wiederum ihre eigenen Merkmale hatten.
Natürlich nicht; Religion konnte aber wirken, weil alle eher eine nicht ganz greifbare "höhere Autorität" akzeptieren, als die Vorgaben eines noch so mächtigen Menschen. Religion ist in diesem Sinne ein "Erziehungsvehikel", um die Menschliche Schwächen auszutricksen - zum Wohle der Allgemeinheit. Wenn dann die Religion sich nicht mit der Entwicklung der Gesellschaft modernisiert, wird es zum Anachronismus und rückständig.
Im Unterschied zu den indigenen Völkern formulierten die monotheistischen Religionen ein die Ethnien übergreifendes verschriftlichtes Weltbild. Diese Religion erfüllt dann auch nicht mehr die Funktion der Stammesabgrenzung und ethnischen Identitätsstiftung. Die ursprünglich indigenen Völker erhielten alle zwangsweise das gleiche Taufbekenntnis und lebten evtl. ihre identitätsstiftenden Riten, falls notwendig, lokal weiter. Offenbar eignete sich das frühe Christentum für ein Imperium wie Rom als Staatsreligion.
Mit der einzigen und höchsten Autorität (Gott) legitimierten sich später die Herrschaftsansprüche des Klerus (1. Stand, professionalisierte Religion) und des Adels (2. Stand) im Heiligen Römischen Reich gegenüber den Bauern (90 % der Bevölkerung im Mittelalter, 3. Stand), Handwerkern und Kaufleuten und den missionierten Völkern im Kolonialismus oder die Herrschaft des Klerus in den heutigen Gottesstaaten.
Damit teilte sich eigentlich das Christentum seit der Verkündung der Staatsreligion bis zum Beginn der Neuzeit auf in eine riesige Mehrheit von Getauften, die von einer kleinen Minderheit von Getauften unterdrückt, geknechtet, erniedrigt und ausgebeutet wurde. Und es stellt sich mir die ernsthafte Frage, was das kulturell Gemeinsame im alltäglichen Leben von den extrem früh sterbenden Bauern und Leibeigenen im Mittelalter und dem Adel und Klerus war, der vom Zehnten der Bauern, von Leibeigenen und Frondiensten lebte oder später von den versklavten Völkern. Für den Besuch der Gottesdienste am Sonntag fehlten den Bauern die Kirchen in der Nähe und die Zeit. Liebesehen gab es weder bei den Adligen noch bei den niederen Ständen. Ehen hingen davon ab, wie man damit am besten den Besitz vermehrte bzw. bei den Bauern überlebte.
Wie die Bauern und gemeinen Stände damals Religion auffassten, äusserte sich vielleicht am ehesten schriftlich in den Zielen der Bauernaufstände, die sich gegen den Klerus, die Klöster und den Burgadel (Zerstörung der Burgen) richteten, aber nicht gegen Christus/Gott. Dafür wurden sie von den Stellvertretern Gottes ermordet, ca. 70 000-100000, weil sie die weltliche Ordnung Gottes und die Obrigkeiten verändern wollten. Mit solchen Assoziationen im Hintergrund fällt es mir halt immer etwas schwer, "Religion als Erziehungsvehikel zum Wohle der Allgemeinheit" zu verstehen, auch wenn einzelne christliche Menschen wie Deine Grosstante seit jeher in allen Schichten bewundernswert karitativ tätig sind.
@schwarzfahrer
Es ist schwer darauf zu antworten, denn meinen Einwand der ständigen Relativierungen habe ich ja bereits vorgetragen, und es nützt ja nichts, wenn ich es laufend wiederhole.
- könnte sein..
- kenne einige Leute, die...
- meine Großtante hat...
- wäre in Zukunft denkbar...
- habe jemanden getroffen...
- mir hat jemand gesagt...
- die Leute meinen...
Zudem finde ich es schwierig, mit Anekdoten zu argumentieren, die nicht allen zur Prüfung offenstehen, beispielsweise Erzählungen über Deine Großtante oder über irgendwelche Leute, die Du getroffen hast.
Ich kann natürlich gerne haufenweise Anekdoten von irgendwelchen anderen Leuten erzählen, die genau das Gegenteil belegen. Aber diese Form der Debatte ist sehr mühsam.
Ich beschränke mich daher auf andere Bereiche, in der Hoffnung, dass es neue Aspekte beleuchtet.
-------
1. Aberglaube
Mir hat so jemand mal explizit auf Fragen wie Deine gesagt, daß sie ohne die Vorstellung von einem Gott an der Welt verzweifeln müsste. Diese Vorstellung gab ihr den Trost und die seelische Sicherheit, mit dem Leben zurechtzukommen.
Jemand kommt also mit dem Glauben besser im Leben zurecht. Tja, dann habe ich für diesen "jemand" schlechte Nachrichten, denn er hängt einem Aberglauben nach. Das ist sein gutes Recht. Und weiter?
Die Frage ist nicht, ob es legitim ist, abergläubisch zu sein. Sondern die Frage ist, ob es legitim ist, anderen Leuten einen Aberglauben einzureden, um davon zu profitieren. Auf der Anklagebank sitzt nicht dieser "jemand", sondern der betreffende Priester oder die Kirche.
Deine Anekdoten von "irgendjemand" oder Deiner Großtante treffen also nicht den Kern meiner Kritik, da ich, wie schon so oft wiederholt, keine Kritik an den Gläubigen übe, sondern an den Verkündern.
2. Perspektive
Ich erzähle Deine Geschichte mal aus der Perspektive des Verkünders. Ich verwende dazu exakt Deine Worte: "[Ich rede den Leuten ein,] dass sie ohne die Vorstellung von einem Gott an der Welt verzweifeln müssten. Diese Vorstellung gibt den Leuten den Trost und die seelische Sicherheit, mit dem Leben zurechtzukommen."
Oder aus der Perspektive des Nachbarn von Deinem "jemand": "[Da war heute so ein komischer Typ im Treppenhaus, der wollte den Leuten einreden,] dass sie ohne die Vorstellung von einem Gott an der Welt verzweifeln müssten. Diese Vorstellung sollte den Leuten den Trost und die seelische Sicherheit geben, mit dem Leben zurechtzukommen."
Eine letzte Variante, diesmal mit einem anderen Text: "Ich hab' heute wieder einen Haufen Versicherungen verkauft und gut daran verdient. Die Versicherungen bestehen aber nur aus Altpapier, und die Firma gibt's überhaupt nicht. Aber die Leute fühlen sich dadurch sicher und beschützt."
Man sieht daran, dass die Geschichte vom treuherzigen Gläubigen, der an seinem einfachen Götterglauben hängt, schnell Risse bekommt, wenn man die Geschichte aus der Perspektive der Wahrsager, Kartenleser oder Priester erzählt.
3. Fehlschluss
Außerdem unterliegt dieser Aberglaube einem Fehlschluss. Denn der wesentliche Teil dieses Aberglaubens besteht darin, dass man ohne ihn an der Welt verzweifeln müsse. Wenn aber der Aberglaube verschwindet, verschwindet ebenso die Verzweiflung, die er vergegaukelt hat.
Die Kunst der Priester ist, solche Fehlschlüsse unters Volk zu bringen und deren Aufdeckung mit lauter Brimborium zu verhindern.
Im Thread rief mal jemand aus voller Überzeugung: "Wenn Jesus gar nicht für unsere Sünden gestorben ist... dann.. dann... sind wir ja alle verloren!" -- Nein, sind wir nicht. Denn mit dem Aberglauben an die Errettung verschwindet auch der Aberglaube an die Verdammung.
4. Quark
ein allmächtiger, allwissender Herr, der alle Verantwortung auf sich nimmt, dem man Anteilnahme oder was auch immer zuschreiben kann, den man um Beistand bittet (...) an der Welt verzweifeln (...) Trost und die seelische Sicherheit
Dieses Suhlen in abergläubischem Quark beeindruckt mich nicht. Soll das ein Argument sein? Falls ja, wie ist es belegbar? Ein Argument ohne Beleg ist keins.
Sorry, ich halte dieses Wortgeklingel nur für den Versuch, irgendwie spirituell zu klingen, in der Hoffnung, dass niemand widerspricht. Diese Worte bedeuten nichts. Weder nimmt irgendein Gott eine Verantwortung auf sich (welche soll das sein? gegen wen verantwortet er sich?), noch nimmt er Anteil (woher willst Du das wissen und wie wirkt es sich aus?), noch leistet er Beistand in der Not oder gibt irgendwelche Sicherheiten (wenn er Sicherheit gibt, wieso braucht man dann Beistand in der Not?).
Ich muss Dir leider auch sagen, dass sich alle diese Behauptungen nicht aus der Bibel belegen lassen. Dass Gott an irgendwas Anteil nimmt und Beistand leistet oder Sicherheit bietet, ist katholisches Geschwurbel. Wer behauptet, Gott nähme Anteil, der behauptet, dass er wüsste, was Gott denkt. Es ist lupenreine Scharlatanerie.
Du sprichst von "Sicherheit, Beistand, Trost oder Anteilnahme". Gottes auserwähltes Volk wurde von den Nazis in Öfen verbrannt. Von "Sicherheit, Beistand, Trost oder Anteilnahme" war nichts zu bemerken. Tut mir leid, wenn ich derart drastische Beispiele nenne. Aber das sind die Tatsachen des Lebens. Man kann den Gläubigen durchaus zumuten, sich mit der Realität zu befassen.
Deswegen: Du sagst, die Gläubigen würden mit ihrem Glauben nicht an der Realität verzweifeln. Der Holocaust ist eine solche Realität. Macht der Götterglaube diese Realität also weniger verzweifelt? Etwa in dem Sinne: "Naja, für irgendwas wird's schon gut gewesen sein, lobet den Herrn"?
Wenn Gläubige heute und mit aktuellem Wissen von "Anteilnahme, Trost, Beistand und Sicherheit" reden, dann ist das erklärungsbedürftig. Es besteht der Verdacht eines verengten Weltbildes und einer gewissen Selbstgerechtigkeit.
5. Großtante
All die Geschichten von "irgendwelchen Leuten", Großtanten oder netten Nachbarn haben, abgesehen von der geringen Aussagekraft, einen entscheidenden Webfehler, auf den ich mich hier konzentrieren möchte.
Wer entscheidet eigentlich über den Glauben der Großtante?
Es kommt mir so vor, als würde eine Kommission über die Verteilung der afrikanischen Kolonien verhandeln. Am Tisch sitzen ein paar Priester, ein paar Gelehrte, ein paar Historiker, und so weiter, und verhandelt wird darüber, was gut für die Großtante wäre.
Aber wieso sitzt die Großtante nicht ebenfalls mit am Tisch? Und wieso gibt es überhaupt einen Tisch? Wer hat all die anderen Leute eingeladen?
Das Abwägen darüber, was für die "einfachen Leute" wohl am besten wäre, missachtet das Recht der Leute, selbst zu entscheiden. Zur Entscheidung gehören zuerst korrekte Informationen. Genau diese werden aber am Verhandlungstisch hin- und her geschoben. Was soll man der Tante sagen? Was würde ihr einleuchten? Die Evolution oder die Genesis? Zu welchem Ergebnis würde welches Märchen führen?
Ich vermute, dass Du Deine Großtante als nobles Beispiel genannt hast, und ich werde auch nur noble Dinge über Deine Tante sagen. Aber wurde die Tante wirklich nobel behandelt, als man sie anlog? Wäre es nicht nobel, der Tante die Wahrheit zu sagen? Sie könnte sich dann immer noch entscheiden, abergläubisch zu sein.
Es ist nämlich ein Unterschied, ob man abergläubisch ist, weil man es selber wollte, oder ob man abergläubisch ist, weil jemand anderes es wollte.
Alle Deine noblen Geschichten von noblen abergläubischen Leuten sind zuvorderst Geschichten von Leuten, die betrogen wurden. Sie wurden zweifach betrogen: Erstens gaukelte man ihnen falsche Informationen vor; und zweitens nahm man ihnen damit die Selbstbestimmheit. Selbstbestimmung ist jedoch ein Menschenrecht, jedenfalls sehe ich es so. Warum soll es das Recht eines Pfaffen sein, über andere Leute zu bestimmen? Er kann gefälligst über sich selbst bestimmen.
Ich kann redlicherweise auf diese Geschichten nicht anders reagieren, als sie zurückzuweisen. Ich schlage vor, den Leuten die Wahrheit zu sagen, damit sie selbst und frei entscheiden können. Erst dann bin ich bereit, darin etwas Nobles zu sehen. Ansonsten wäre es nur eine Glorifizierung von Betrug.
Schwarzfahrer
12.02.2019, 11:30
Als eine wesentliche Funktion der indigenen, ethnischen Religionen (Naturreligionen) bezeichnen Ethnologen in der Regel die Abgrenzung des eigenen Stammes von anderen Stämmen und Gruppen sowie die Funktion der Identitätsstiftung.
Genau, das ist der psychologische Effekt, den ich mit Zugehörigkeit zu /geborgenheit in einer Gruppe auch gemeint habe.
Im Unterschied zu den indigenen Völkern formulierten die monotheistischen Religionen ein die Ethnien übergreifendes verschriftlichtes Weltbild.
Das gilt für Christentum und Islam wie Du es beschreibst. Der alttestamentarische Gott der Juden war nur für sein auserwähltes Volk da, von Missionierung war da keine Spur.
Offenbar eignete sich das frühe Christentum für ein Imperium wie Rom als Staatsreligion.
In der Blütezeit von Rom galt bzgl. Religion eine recht gelassene Laisser-Faire Haltung, jedem wurde seine Religion gegönnt - und es funktionierte prächtig. Das Christentum kam erst als Staatsreligion in der Zeit des Niedergangs auf - vielleicht auch nur als Versuch, den Verfall aufzuhalten durch eine stärkere Zentralisierung.
(...)
Besten Dank für die interessanten Ausführungen!
.......
Das gilt für Christentum und Islam wie Du es beschreibst. Der alttestamentarische Gott der Juden war nur für sein auserwähltes Volk da, von Missionierung war da keine Spur.
.....
Nachdem was ich gelesen habe, stufen wohl Religionswissenschaftler die jüdische Lehre auch als universalistisch ein, in der konkreten Praxis hingegen als grosse Volksreligion, gebunden an das jüdische Volk und ohne Missionierung, wie Du schreibst.
"Jahwe ist nicht der Gott eines bestimmten Stammes, sondern der Gott der gesamten Menschheit."
https://de.wikipedia.org/wiki/Universalismus_(Religionswissenschaft), Israel (https://de.wikipedia.org/wiki/Universalismus_(Religionswissenschaft)#Israels_rel igi%C3%B6ser_Universalismus)
Da es mir aber um beide Aspekte ging, Lehre wie Praxis, gehörte die jüdische Religion da nicht rein.
"Jahwe ist nicht der Gott eines bestimmten Stammes, sondern der Gott der gesamten Menschheit."
Dieses Zitat entstammt einer jüdischen Illustrierten, nämlich der "Illustrierten Monatsschrift für das gesamte Judentum" aus dem Jahr 1917 (http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2606103). Mir scheint, dass man den Artikel bis zum Beweis des Gegenteils als "Schmarrn" bezeichnen darf. Leider wurden ein paar Sätze davon in Wikipedia aufgenommen.
Es ist ein schwärmerischer Aufsatz über die Großartigkeit des Judentums und des Monotheismus. Der Aufsatz begründet seine Thesen damit, dass deren Urheber sie gefühlt hätten. Hier ein paar Zitate:
"Ihre Größe [die der späteren Propheten, nach Moses] liegt vielmehr in der Entschiedenheit und Klarheit, mit der sie aus der religiös-ethischen Grundkonzeption des Mose intuitiv die letzten Schlüsse ziehen."
"Ihre Genialität ist also nicht logischer Natur, sondern ist eine Genialität des Fühlens."
"So enthüllt sich ihrem Herzen die seelische Verwandtschaft, die wesenhafte Gleichartigkeit der verschiedenen Völker, und sie erkennen in den Heiden ihre Brüder. "
"Der Begriff der Menschheit, der so entsteht, erschließt sich ihnen nicht als Folge eines logischen Raisonnements, nicht als Ergebnis folgerichtigen Denkens, sondern er ist der unmittelbare Ausdruck ihres menschheitlichen Fühlens, der Empfindung (...)."
Die Bibel beschreibt zwar die Entstehung des "jüdischen Volks", jedoch im Rückblick und mit der klaren Absicht einer Verklärung, nämlich der Verklärung als das treue Volk Jahwes, das schon immer monotheistisch geprägt gewesen wäre. Es geht hier um eine der Gründungs-Mythen, die viele Völker haben. Man denke an die Nibelungen-Sage.
Das "jüdische Volk" war nicht von Anfang an monotheistisch, und die Juden waren nicht von Anfang an das Volk Jahwes. Das Wort "Israel" bezeugt dies. "Isra-El" bedeutet so viel wie "Kämper für El", und El war eine Gottheit. Diese Gottheit war sogar verheiratet, und zwar mit Aschera. Es war also nicht monotheistisch.
In der Bibel gibt es sehr viele Stellen, die eine Konkurrenz zu Baal beschreiben, einer damals populären Gottheit.
Als sich dann später Jahwe und der Monotheismus durchsetzten, wurde "El" einfach als einer der vielen Namen von Jahwe vereinnahmt, und man sagte, naja, es wäre ja eigentlich schon immer Jahwe gewesen. Die Frau von El, Aschera, wurde in der Not zuerst mit Jahwe verheiratet und später ganz gestrichen. In der Bibel steht sie noch drin.
Richter 6, 25: "In jener Nacht sagte der HERR zu ihm: Nimm den Stier von den Rindern, die deinem Vater gehören, und zwar den siebenjährigen Prachtstier, reiß den Altar des Baal nieder, der deinem Vater gehört, und die Aschera daneben hau um!"
All dies beweist, dass eine Missionierung stattgefunden haben muss. Zwar nicht im dem Sinne, dass die Juden durch die Welt zogen und predigten. Aber doch in dem Sinne, dass es in den eigenen Reihen eine Missionierung gab, die zum Ziel hatte, die damals populären Vorstellungen zu ersetzen.
Ob Jahwe wirklich auch die anderen Völker liebte, kann jeder selbst nachlesen:
[Jahwe spricht zu Mose:] "Und ich [Jahwe] fange heute an, den Völkern überall unter dem Himmel Schrecken und Furcht vor dir ins Gesicht zu zeichnen. Wenn sie von dir nur hören, zittern sie. Sie winden sich vor Angst, wenn sie dich sehen."
[Moses zieht also wie geheißen in die Schlacht und berichtet das Ergebnis:] "Wir vollzogen an ihrer ganzen Bevölkerung den Bann, auch die Frauen samt Kindern und Alten; keinen ließen wir überleben." 5. Mose 2, 25,34
Danke für die Erläuterung des Zitates und der Infos zu den Ursprüngen des jüdischen Ein-Gott-Glaubens. Mir fiel auch die fragliche Quelle des Zitates von 1917 auf, machte mir aber leider die Mühe, die durchzulesen.
Schwarzfahrer
12.02.2019, 20:04
...Es ist ein schwärmerischer Aufsatz über die Großartigkeit des Judentums und des Monotheismus.
Ob die Chasaren (https://de.wikipedia.org/wiki/Chasaren#Hinwendung_zum_Judentum) im 9. Jahrhundert auch wegen solcher schwärmerischen Propaganda zum Judentum konvertierten? Ich glaube, das ist in der Geschichte ein einmaliges Ereignis, daß ein ganzes, wohlhabendes Land eine neue Religion, zumal von einem Volk ohne Land und ohne Macht, ohne äußeren Zwang einführt - bleibt mir für immer ein Rätsel.
Ja. Es kann sich dabei nur um ein Wunder handeln. Die Geschichte ist jedenfalls wahr.
konservative katholische Kernaussagen auf vier Seiten, das kommt nicht von den Rändern, das kommt aus dem Kern der hl. kath. Kirche, hier allerdings als Kampfschrift in einer Kontroverse, - vll. ganz interessant wenn einem nicht parat ist wie es da zugeht:
http://document.kathtube.com/47411.pdf
m.
Klugschnacker
16.02.2019, 09:52
konservative katholische Kernaussagen auf vier Seiten, das kommt nicht von den Rändern, das kommt aus dem Kern der hl. kath. Kirche, hier allerdings als Kampfschrift in einer Kontroverse, - vll. ganz interessant wenn einem nicht parat ist wie es da zugeht:
http://document.kathtube.com/47411.pdf
Darin steht:
Die Kirche ist kein von Menschen gegründeter Verein... sie ist göttlichen Ursprungs. ... Die Mahnung des Apostels gilt bis heute, dass verflucht sei, wer ein anderes Evangelium verkündet, "auch wenn wir selbst es wären oder ein Engel vom Himmel" (Gal 1,8).
Ich bin demnach verflucht. Du, lieber merz, bist auch verflucht. Die evangelisch glaubenden Menschen sind verflucht, weil sie ein anderes Evangelium verkünden. Alle Menschen der islamischen Welt sind verflucht, denn sie haben einen anderen Glauben. Alle Inder, die ihre hinduistischen Götter anbeten, sind verflucht. Alle Indianer und Naturvölker sind verflucht. Und das gälte bis heute.
Diese fanatische Ideologie bestärkt mich in der Überzeugung, dass es wichtig ist, für Toleranz, Menschenrechte und Vernunft zu streiten. Ich verstehe nicht, warum die gläubigen Katholiken der aufgeklärten Welt solche Hetzer nicht aus ihren Kirchen werfen.
Ich bin demnach verflucht......
.... Ich verstehe nicht, warum die gläubigen Katholiken der aufgeklärten Welt solche Hetzer nicht aus ihren Kirchen werfen.
Ich bin auch verflucht. Es stört mich aber nicht im geringsten, das es so ist. :Lachen2:
Wie wirkt sich der Fluch bei Dir aus ?
Ich denke, weil das Verflucht sein so unbedeutend ist, wird es auch in den allermeisten Fällen schweigend hingenommen. Ich würde fast wetten, das die meisten Menschen gar nichts wissen von ihrem Verfluchtsein.
Ich möchte es aber auch nicht weiter vertiefen, da hier im Thread, Welten aufeinander treffen und ich mehr als persönliche Beobachtungen und Erfahrungen, nicht beisteuern kann. :Blumen:
Ich würde gerne den "theologischen Kontext" dieses PDFs erläutern. Wer sich für Kirchenpolitik nicht interessiert (also alle), möge dieses Posting überspringen.
Der Text ist notwendigerweise lang, aber, nochmals: Wen es nicht interessiert, der möge es überspringen.
1. Wer wird angesprochen?
Der Autor sagt, viele "Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien" hätten ihn um eine Klarstellung gebeten, also quasi der Querschnitt der Kirche, quer durch alle Ränge. Der Absender der Botschaft sind also jene, die die Kirche darstellen. Aber wer ist dann der Adressat? An wen richtet sich die Botschaft? In der Auflistung der "Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien" fehlt ausgerechnet der Papst. Ist das nicht verblüffend?
Er sagt, diese Richtigstellung sei notwendig wegen der sich "ausbreitenden Verwirrung im Glauben". Aber wer verbreitet diese Verwirrung?
Außerdem: Warum wird hier das Wort "Verwirrung" verwendet? In der Kirchensprache ist Satan der große Verwirrer. Gemeint ist damit, dass er die Menschen mit schönen Worten auf eine falsche Fährte lockt.
Dieses Schreiben richtet sich gegen den Papst. Kardinal Müller gehört zu einer durchaus großen Gruppe von Bischöfen und Kardinälen, die dem Papst einen Abfall vom rechten Glauben vorwerfen und dies auch schlüssig begründen können.
2. Wer ist der Autor, Kardinal Müller?
Müller war bis vor kurzem Präfekt der Glaubenskongregation. Das ist jene Abteilung des Vatikans, die festlegt, was der rechte Glaube ist, und was nicht. Es ist die Nachfolge-Abteilung der "Heiligen Inquisition". Es ist zugleich das (theologisch gesehen) höchste Amt im Vatikan, noch vor dem Papst. Zwar muss der Papst die Beschlüsse der Abteilung unterschreiben, jedoch ist er dazu verpflichtet, wenn nicht sehr schwerwiegende Gründe dagegen sprechen.
Der Papst führt die Kirche. Aber was geglaubt wird, bestimmt diese Abteilung. Das bedeutet, dass Kardinal Müller als einer der höchsten Autoritäten gilt, um festzulegen, was der rechte Glaube ist. Sein Wort hat Gewicht.
Diese Position hielt unter Papst Johannes Paul II. ein Mann namens Joseph Ratzinger inne, der später selbst Papst wurde. Es gibt also eine sehr, sehr lange Kontinuität in diesem Amt und in seinen Verkündigungen. Seit Generationen wurde dieses Amt mit eiserner Hand geführt. Beispielsweise verloren durch Ratzinger jene Professoren ihr Amt, die andeuteten, dass die Jungfräulichkeit von Maria eventuell nicht wörtlich zu verstehen sei.
3. Der Konflikt
Vor einiger Zeit wurde Kardinal Müller von Papst Franziskus aus diesem Amt entlassen. Franziskus hat zudem angeregt, einige strenge Kirchenregeln etwas zu lockern.
Es stellt sich hier die Frage nach der Legitimation. Kann der Papst einfach das Kirchenrecht oder gar den Glauben ändern? Was ist, wenn er den Worten der Bibel widerspricht?
Franziskus hat in seiner Schrift "Amoris Laetitia" (über die Liebe in der Familie) eine Fußnote angefügt, in der er meinte, dass es in gut begründeten Einzelfällen dem örtlichen Priester gestattet sein sollte, nach seinem Dafürhalten auch "wiederverheiratete Geschiedene" zum Gottesdienst (zu den Sakramenten) zuzulassen. Dies ist ein sehr grober Bruch des Kirchenrechts.
Seitdem wurde Franziskus offiziell und öffentlich aufgefordert, diese Irrlehre zu widerrufen. Dazu gibt es ein amtliches Prozedere, vergleichbar mit einer Abmahnung. Aber Franziskus hat auf diese Vorgänge nicht reagiert.
Zudem hat Franziskus angedeutet, dass am Ende alle Menschen in den Himmel kommen werden (womöglich über den Umweg des Fegefeuers), sofern sie sich bemühen -- also auch Hindus oder sogar Atheisten, wenn sie sich bemühen, ein gutes Leben zu führen. Denn warum sollte jemand wie Gandhi in der ewigen (!) Hölle landen? Etwas Fegefeuer wird wohl ausreichen. Aber auch das ist ein klarer Verstoß gegen Lehren, die eindeutig in der Bibel überliefert wurden.
Kardinal Müller steht mit seiner Kritik nicht alleine, gerade in diesem Punkt. Papst Benedikt hat sich in praktisch allen seinen Reden während seines Deutschland-Besuchs "gegen den Relativismus" gewandt. Damit meinte er, dass man die Klarheit und die Härte des Glaubens nicht verwässern dürfe. Zu diesen Härten gehört es, dass am Ende eben nicht alle in den Himmel kommen. Und das müsse man den Leuten auch klipp und klar sagen, auch wenn das hart ist.
4. Was folgt aus all dem?
Papst Franziskus hat nach Ansicht vieler Katholiken seine Legitimation verloren und wird der Irrlehre geziehen. Das mag klingen wie eine wirre Verschwörungstheorie von einigen wenigen Spinnern. Aber das ist nicht der Fall. Unter den "aktiven Katholiken" (jenen, die sich überhaupt darum kümmern), dürfte es die Mehrheitsmeinung darstellen. Ein Blick auf kath.net belegt das. Dort tobt ein Sturm der Entrüstung.
Kardinal Müller zählt deswegen auf, was eine legitime Kirchenführung beachten muss, und warum sie nicht einfach tun kann, was sie möchte:
- Die Heirat von Geschiedenen bleibt daher auf ewig verboten, ebenso die Frauen-Ordination (Frauen als Priester).
- Es gibt eine ewige Hölle, in der keine Vergebung möglich ist. Eine Vergebung ist nicht möglich, wenn der rechte Glaube nicht angenommen wurde oder wenn gegen den Heiligen Geist gelästert wurde.
- Die Kirche darf sich nicht dem Zeitgeist oder aktuellen ethischen Strömungen beugen, sondern muss auf der Lehre bestehen, so wie sie in den Büchern und im Katechismus steht. Alles andere ist nicht legitim und führt die Anhänger schnurstracks in die Hölle. Dies bezieht sich auf Ehe, Eheleben, Sexualität, Homosexualität und andere Dinge, die heute allgemein anders bewertet werden als im Mittelalter.
- Es bleibt allein der Kirche gestattet und vorbehalten, den rechten Glauben festzulegen, und sie kann das nur im Einklang mit den Schriften tun. Weder dem Papst noch dem einzelnen Gläubigen steht dieses Recht zu. Diese unumstößliche Regel ist auch im Katechismus festgeschrieben.
Klugschnacker
16.02.2019, 18:39
Ich denke, weil das Verflucht sein so unbedeutend ist, wird es auch in den allermeisten Fällen schweigend hingenommen.
Wenn Dir in der zivilisierten Welt jemand an den Kopf wirft, Du und alle anderen seien verflucht, die nicht seiner Meinung sind, dann wirst Du ihn wahrscheinlich bitten, er möge sich etwas zusammenreißen.
Das ist doch im Jahr 2019 keine akzeptable Art, mit anderen Ansichten umzugehen.
:Blumen:
Ich bin auch verflucht. Es stört mich aber nicht im geringsten, das es so ist. :Lachen2:
Wie wirkt sich der Fluch bei Dir aus ?
Ich denke, weil das Verflucht sein so unbedeutend ist, wird es auch in den allermeisten Fällen schweigend hingenommen. Ich würde fast wetten, das die meisten Menschen gar nichts wissen von ihrem Verfluchtsein.
(...)
das ist gut,weil aufgeklärt, aber in einer katholischen Welt etwas anderes:
Deine Seele ist dem Heilsgeschehen verlustig gegangen (ich benutzte absichtlich etwas unmodernes Deutsch), - das bedeutet, daß Du am Ende der Welt (die Auferstehung der Toten aus dem Glaubensbekenntnis) nicht gerettet wirst, was nun die ewige Hölle/Verdamnis für Dich/Deine Seele, bedeutet. So ist das.
konkret in unserer Welt bedeutet es den Ausschluss aus der Gemeinde, mit allem was
sozial daraus folgt (eher: folgen würde, wenn alle es ernst nehmen würden)
m.
Wenn Dir in der zivilisierten Welt jemand an den Kopf wirft, Du und alle anderen seien verflucht, die nicht seiner Meinung sind, dann wirst Du ihn wahrscheinlich bitten, er möge sich etwas zusammenreißen.
Das ist doch im Jahr 2019 keine akzeptable Art, mit anderen Ansichten umzugehen.
:Blumen:
Ich kann mir die Situation nicht mal ein wenig, realistisch vorstellen. Aber wenn mir einer ernsthaft, mein Verfluchtsein diktiert, würde ich mich situationsbedingt entweder darüber belustigen oder es ignorieren.
Inwieweit es akzeptabel ist, anderer Leute Meinung anzuerkennen, ist ja gerade ein ganz heißes Thema. Ich habe gelernt, das es auf die Verhältnismäßigkeit ankommt.
Wenn Du es demnach inakzeptabel findest, das Dir jemand sagt, Du seist verflucht, fehlt es Dir vermutlich an Akzeptanz für seine Ansicht. ;)
das ist gut,weil aufgeklärt, aber in einer katholischen Welt etwas anderes:
Deine Seele ist dem Heilsgeschehen verlustig gegangen (ich benutzte absichtlich etwas unmodernes Deutsch), - das bedeutet, daß Du am Ende der Welt (die Auferstehung der Toten aus dem Glaubensbekenntnis) nicht gerettet wirst, was nun die ewige Hölle/Verdamnis für Dich/Deine Seele, bedeutet. So ist das.
konkret in unserer Welt bedeutet es den Ausschluss aus der Gemeinde, mit allem was
sozial daraus folgt (eher: folgen würde, wenn alle es ernst nehmen würden)
m.
Sicher, wenn man sich in Kreisen bewegt, in denen streng geglaubt wird, dann ist so eine Ansage nicht mehr egal. Der gewöhnliche Europäer kann sich solchen Gruppierungen aber entziehen und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit, keine Menschen treffen der ihn persönlich verflucht ( vielleicht die eigene Ehefrau ;) ).
Menschen die sich diesen Gruppen anschließen, denken in der Regel selbst so streng und akzeptieren wahrscheinlich auch das Verfluchtsein, wenn es denn so sein soll.
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phonofreund
17.02.2019, 18:09
Wenn ich diese Selbstdarsteller mit ihrer Profilneurose sehe, dann vergeht es mir echt.
Wenn ich diese Selbstdarsteller mit ihrer Profilneurose sehe, dann vergeht es mir echt.
Ja !
Aber solche Sonderlinge findet man überall. Kompressionssockenträger, Lederhosenbayern, Lack und Lederparaden, Fasching, Hochzeiten, Gerichte und so weiter.
Jedem das Seine.
Ja, jedem das Seine:
- Jemand betrachtet die Bilder und sieht seltsame Kleidung.
- Jemand anderes betrachtet die Bilder und sieht Betrug.
Jedem das Seine: Man kann in den Bildern sehen, was man möchte.
Falls man Betrug sieht, funktioniert der Spruch "Jedem das Seine" nicht mehr. Denn bei Betrug gibt es nicht nur "das Seine", also das, was man sich selbst antut. Sondern dann gibt es auch noch den Betrogenen. Also den, der nicht betrogen werden wollte, jedoch betrogen wurde.
"Jedem das Seine" betont die eigene Freiheit, aber es berücksichtigt nicht den Betrug von anderen.
Wenn einzelne Gläubige sich komisch kleiden würden, hätte ich nichts dagegen.
Du, Jörn, hast ja ausnahmslos Bilder mit dieser auffällig langen Schleppe eingestellt.
Für mich war es demnach eindeutig, das es um diese spezielle Kleidung geht.
Betrügereien erkenne ich anhand der Bilder nicht.
Die "Cappa Magna", so nennt man die lange Schleppe, besteht vollständig aus kostbarer Moiree-Seide (https://de.wikipedia.org/wiki/Moiré) und ist je nach Epoche zwischen 6 und 12 Meter lang.
Im Winter wird sie innen mit Hermelin-Pelz gefüttert. Hermelin galt allgemein als Pelz der Kaiser und Könige. Die weiße Farbe des Hermelins unterstrich die Reinheit und Ehrlichkeit der Bischöfe, sodass es für alle sichtbar wurde.
Ermöglicht wurden die kostbaren Gewänder durch die Freigiebigkeit der Bevölkerung.
https://img.oldthing.net/9985/32171817/0/n/Foto-Baeuerinnen-bei-der-Feldarbeit-Jaeger-1918-Privatfoto.jpg
https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-02/homosexualitaet-katholische-kirche-vatikan-frederic-martelZeit Online
10 Jahre lang klagte ein Chefarzt durch alle Instanzen (incl. EUGH) gegen das Erzbistum Köln und bekam jetzt Recht. Aufgrund des Urteils müssen künftig die kirchlichen Arbeitgeber ihre Sonderrechte bei der sog. Loyalitätspflicht zum Glück für die Arbeitnehmer endlich einschränken.
Bundesarbeitsgericht: Kündigung von katholischem Chefarzt nach Wiederheirat unwirksam
(http://www.spiegel.de/karriere/bundesarbeitsgericht-kuendigung-von-katholischem-arzt-unwirksam-a-1254150.html)
"Sein Fall betrifft die Sonderrechte der Kirche als Arbeitgeber von 1,4 Millionen Menschen in Deutschland: Seit zehn Jahren wehrt sich ein geschiedener katholischer Arzt gegen seine Kündigung. Nun hat er recht bekommen.
Ein Chefarzt eines katholischen Krankenhauses hat erfolgreich gegen seine Kündigung nach einer Scheidung und erneuten Heirat gekämpft. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied, der Mediziner sei von seinem kirchlichen Arbeitgeber gegenüber nicht katholischen Kollegen unzulässig benachteiligt worden. Dem Chefarzt am St. Vinzenz-Krankenhaus in Düsseldorf war 2009 gekündigt worden, weil ihm die Kirche einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß vorwarf. Er hatte nach der Scheidung von seiner ersten Frau ein zweites Mal standesamtlich geheiratet.
.......
Die Richter entschieden: Die Kündigung des Mannes könnte eine "verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen". In ihrer Entscheidung heißt es: Die Akzeptanz des von der katholischen Kirche befürworteten Eheverständnisses scheine für die Tätigkeit des Mediziners keine "wesentliche Anforderung der beruflichen Tätigkeit zu sein". Schließlich seinen ähnliche Stellen auch Ärzten anvertraut worden, "die nicht katholischer Konfession sind"
Hoffentlich findet damit diese Form der beruflichen Disziplinierung ein Ende.
phonofreund
20.02.2019, 15:51
10 Jahre lang klagte ein Chefarzt durch alle Instanzen (incl. EUGH) gegen ein katholisches Krankenhaus und bekam jetzt Recht. Aufgrund des Urteils müssen künftig die kirchlichen Arbeitgeber ihre Sonderrechte bei der sog. Loyalitätspflicht zum Glück für die Arbeitnehmer endlich einschränken.
Bundesarbeitsgericht: Kündigung von katholischem Chefarzt nach Wiederheirat unwirksam
(http://www.spiegel.de/karriere/bundesarbeitsgericht-kuendigung-von-katholischem-arzt-unwirksam-a-1254150.html)
"Sein Fall betrifft die Sonderrechte der Kirche als Arbeitgeber von 1,4 Millionen Menschen in Deutschland: Seit zehn Jahren wehrt sich ein geschiedener katholischer Arzt gegen seine Kündigung. Nun hat er recht bekommen.
Ein Chefarzt eines katholischen Krankenhauses hat erfolgreich gegen seine Kündigung nach einer Scheidung und erneuten Heirat gekämpft. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied, der Mediziner sei von seinem kirchlichen Arbeitgeber gegenüber nicht katholischen Kollegen unzulässig benachteiligt worden. Dem Chefarzt am St. Vinzenz-Krankenhaus in Düsseldorf war 2009 gekündigt worden, weil ihm die Kirche einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß vorwarf. Er hatte nach der Scheidung von seiner ersten Frau ein zweites Mal standesamtlich geheiratet.
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Die Richter entschieden: Die Kündigung des Mannes könnte eine "verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen". In ihrer Entscheidung heißt es: Die Akzeptanz des von der katholischen Kirche befürworteten Eheverständnisses scheine für die Tätigkeit des Mediziners keine "wesentliche Anforderung der beruflichen Tätigkeit zu sein". Schließlich seinen ähnliche Stellen auch Ärzten anvertraut worden, "die nicht katholischer Konfession sind"
Hoffentlich findet damit diese Form der beruflichen Disziplinierung ein Ende.
Die Amtskirche wird sich bestimmt noch andere Gemeinheiten einfallen lassen. Die haben noch Reserven....
Die Amtskirche wird sich bestimmt noch andere Gemeinheiten einfallen lassen. Die haben noch Reserven....
Das mag sein. Postitiv finde ich, dass ein staatliches Gericht, das Bundesarbeitsgericht, die aus religiösen Gründen motivierte Diskriminierung für rechtswidrig erklärt. Dass das für den Betroffenen 10 Jahre dauerte, zeigt, dass das nicht so einfach und selbstverständlich war.
Klugschnacker
20.02.2019, 19:29
10 Jahre lang klagte ein Chefarzt durch alle Instanzen (incl. EUGH) gegen das Erzbistum Köln und bekam jetzt Recht. Aufgrund des Urteils müssen künftig die kirchlichen Arbeitgeber ihre Sonderrechte bei der sog. Loyalitätspflicht zum Glück für die Arbeitnehmer endlich einschränken.
Ich finde das gut. Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, Altenheime etc. sollten meiner Meinung nach generell nicht als Orte religiöser Verkündigung anerkannt werden, denn sie dienen vorrangig anderen Zwecken. Eine Kirche ist ein Ort der Verkündigung, aber ein Operationssaal nicht.
Vielleicht wird mein Argument deutlicher, wenn wir uns für die Zukunft eine zunehmende Zahl muslimischer Einrichtungen in Deutschland vorstellen. Muslimische Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten und Altenheime in praktisch allen Städten und Gemeinden. Dort hätten wir dann ein Arbeitsverbot für Juden, Christen, Homosexuelle, Ungläubige – bei letzteren mit Ausnahme jener, die während des Ramadans arbeiten müssen – in dieser Zeit ist es den Muslimen verboten, zu arbeiten. Wollen wir das so?
Ich fände es daher besser, die Verkündigung auf die Kirchen, Moscheen und Synagogen zu beschränken. Dort gehört sie hin. Das sind ja keine prekären Einrichtungen, sondern meist wunderschöne Gebäude in den Herzen unserer Gemeinden. Ich denke, damit sollten die Religionsgemeinschaften gut leben können.
:Blumen:
Was für die Kirchen keine Rolle spielte:
- Die Belange der Patienten
- Die Qualität der Behandlungen
- Die Schaffung bestmöglicher Arbeitsbedingungen
- Die Qualifikation des betreffenden Mitarbeiters
- Das menschliche Bedürfnis nach Familie, Ehe und Gestaltung des Privatlebens (alle drei sind Menschenrechte, und deren Verweigerung ist sowohl illegal als auch barbarisch).
Sich in das Eheleben eines Mitarbeiters einzumischen (das in völlig üblichen Bahnen verlief), sind Methoden der Inquisition. Es ist Terror und Schnüffelei. Hier wird unbescholtenen Bürgern geschadet.
Ein Vorteil dieser bizarren Vorschriften ist indessen nirgends zu sehen. Es ist den Patienten nämlich erstens unbekannt und zweitens völlig egal, ob der Chefarzt der Klink verheiratet ist oder zur Beichte geht. Hierbei handelt es sich nicht um ein sachlich gerechtfertigtes Anliegen, sondern um reines Affentheater.
Warum in einem öffentlichen Krankenhaus überhaupt "katholisches Recht" angewendet werden kann, ist mir rätselhaft. Eine Klink ist keine Kirche.
Ich bin sowieso für die Abschaffung von "Kirchenrecht". Das öffentliche Recht sollte für alle ausreichen. Wie kann sich eine Religionsgemeinschaft derart herunterwirtschaften, dass es für sie unmöglich geworden ist, sich an geltendes Recht zu halten? Ich glaube nicht, dass das die Gläubigen wollen. Die Mainstream-Gläubigen wären mit dem öffentlichen Recht völlig zufrieden.
Missbrauchsgipfel in Rom (Karrikatur von Klaus Stuttmann) (https://www.tagesspiegel.de/images/teppich_ts/24024104/2-format140.jpg)
Klugschnacker
27.02.2019, 08:06
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Halal-Fleisch kein Bio-Label tragen kann.
Fleisch wird als "halal" bezeichnet, wenn es nach den islamischen Glaubensregeln erlaubt ist. Die meisten Menschen kennen das Verbot, Schweinefleisch zu essen; Schweinefleisch wäre demnach nicht halal. Der Islam schreibt jedoch auch strikte Regeln für die Schlachtung vor: Den Tieren wird ohne Betäubung die Kehle durchgeschnitten, sodass sie mit schlagendem Herzen bei vollem Bewusstsein verbluten.
Da sich das Bio-Label am Tierwohl orientiere, käme das Bio-Label für Halal-Fleisch nicht länger in Frage, so die Richter des EuGH.
Ich freue mich über dieses Urteil, da ich mich persönlich für das Wohl von Tieren engagiere. Ich gönne jedem seinen privaten Glauben an Götter, doch darf man nach meiner Überzeugung deswegen keine unnötigen und mutwilligen Grausamkeiten an Tieren verüben. Ich lehne das auch im nichtreligiösen Kontext ab, etwa bei der Massentierhaltung, bei spanischen Stierkämpfen oder der weltweiten Quälzucht von Schoßhündchen und so weiter.
Ich poste die Nachricht vom EuGH-Urteil in diesem Thread, weil mir die religiöse Motivation des Halal-Schlachtens entscheidend zu sein scheint. Im Unterschied zur monetären Motivation der Massentierhaltung, die ich an anderer Stelle kritisiert habe.
die gesamte Halal-Thematik ist ja evidenterweise recht interessant (ggf. gilt das auch für koscher?), weil man dabei nochmal über die Grenzziehung von Religion als Privatsache nachdenken kann.
m.
P.S.: Es geht hier wohl um konkret über das betäubungslose Schlachten und auch die Interpretationsfrage, ob das wirklich "geboten" ist - um mal in die blutigen Details zu gehen.
Ich freue mich über dieses Urteil, da ich mich persönlich für das Wohl von Tieren engagiere. Ich gönne jedem seinen privaten Glauben an Götter, doch darf man nach meiner Überzeugung deswegen keine unnötigen und mutwilligen Grausamkeiten an Tieren verüben. Ich lehne das auch im nichtreligiösen Kontext ab, etwa bei der Massentierhaltung, bei spanischen Stierkämpfen oder der weltweiten Quälzucht von Schoßhündchen und so weiter.
Spontan würde ich auch sagen: positiv! Ich frage mich aber bei weiterer Überlegung, ob es nicht doch sinnvoll wäre, eine Art "Bio-Halal" anzubieten. Ein gläubiger Moslem wird sich vermutlich im Zweifelsfall immer für Halal entscheiden, ungeachtet der Haltungsform. Wenn "Bio" und "Halal" sich prinzipiell ausschließen, dann fördert das mMn eher die schlechten Haltungsformen.
Rälph (seit 24 Jahren fleischlos (nur machnmal (geangelten) Thunfisch))
...............
Ich poste die Nachricht vom EuGH-Urteil in diesem Thread, weil mir die religiöse Motivation des Halal-Schlachtens entscheidend zu sein scheint. Im Unterschied zur monetären Motivation der Massentierhaltung, die ich an anderer Stelle kritisiert habe.
Nach Informationen des Tierschutzbundes soll in DE auch als Halal gekennzeichnetes Fleisch in den Handel gelangen, bei dem die Tiere mit vorhergehender elektrischer Betäubung mit anschliessendem Ausbluten geschlachtet werden. Das scheint der EUGH nicht berücksichtigt zu haben. (ich habe jetzt das Urteil nicht gelesen.)
""Halal“ bedeutet nicht zwangsläufig, dass dafür die Tiere betäubungslos geschlachtet wurden. Die Bezeichnung „halal“ ist kein geschützter Begriff und die Halal-Kennzeichnung ist eine freiwillige Kennzeichnung. Mit „halal“ gekennzeichnete Lebensmittel werden in erster Linie nach spezifischen Produktionsrichtlinien hergestellt.
Die Definition für „halal“ ist auch innerhalb der muslemischen Religionsgemeinschaften nicht einheitlich geklärt. Somit ist auch nicht transparent nachvollziehbar, wie genau „halal“-gekennzeichnete Fleischprodukte produziert wurden und ob das Tier vor der Schlachtung betäubt wurde. Viele Muslime akzeptieren bereits eine elektrische Betäubung vor der Entblutung nach dem jeweiligen aktuellen Stand wissenschaftlicher Forschung, was eine deutliche Verbesserung im Sinne des Tierschutzes darstellt.
Das heißt: Tierische Produkte, die eine „halal“ Kennzeichnung tragen, können von Tieren stammen, die vor der Entblutung sachgerecht betäubt wurden. Die Tiere werden dann in deutschen Schlachthöfen genauso betäubt, wie die Tiere in konventioneller Schlachtung. Nichtsdestotrotz ist es nicht verboten, importiertes Fleisch aus betäubungsloser Schlachtung hierzulande zu verkaufen."
https://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/landwirtschaft/schaechten/
https://www.huffingtonpost.de/2016/10/26/halal-schaechten-tiere_n_12655724.html
bei WDR 5 wird noch mit leichten Florett gefochten, für Leser dieses Threads: "unteres GA1", maximal :)
Podcast Link
https://wdrmedien-a.akamaihd.net/medp/podcast/weltweit/fsk0/187/1872704/wdr5dasphilosophischeradio_2019-03-08_grundlegendreligioninunserergesellschaft_wdr5.m p3
Teaser:
WDR 5 Das Philosophische Radio WDR 5 Das philosophische Radio | 08.03.2019 | 54:18 Min. Einerseits schwindet die Deutungshoheit religiöser Institutionen, zugleich erleben wir aber auch in vielerlei Hinsicht eine Rückkehr des Religiösen. Was bedeutet das für die Gesellschaft? Studiogast: Petra Bahr, Theologin; Moderation: Jürgen Wiebicke
Übersicht:
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-das-philosophische-radio/index.html
m.
Klugschnacker
13.03.2019, 08:50
Der ranghöchste Katholik Australiens, ehemals drittmächtigster Mann des Vatikans, George Pell, wurde gestern wegen sexuellem Missbrauchs an Kindern zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt.
"Davon muss er mindestens drei Jahre und acht Monate verbüßen", schreibt die FAZ (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/strafe-fuer-george-pell-kaltschnaeuzig-und-arrogant-16086204.html). "Der Richter Peter Kidd wies darauf hin, dass der 77 Jahre alte Kardinal, der an Herzproblemen leidet, das Gefängnis womöglich nicht mehr lebend verlassen wird."
FAZ: "Die Basis für die Richterentscheidung war der zweite Anklagepunkt, demzufolge George Pell dem Hauptbelastungszeugen damals nach der Sonntagsmesse in der Sakristei der Kathedrale von St. Patrick seinen Penis in den Mund gesteckt hatte."
Hintergründe über George Pell, der stets als besonders konservativer Moralist aufgetreten war, bringt die Süddeutsche Zeitung (https://www.sueddeutsche.de/panorama/australien-urteil-george-pell-kindesmissbrauch-1.4364455).
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Eine im vergangenen Herbst vorgestellte Studie, welche die deutschen Bischöfe in Auftrag gegeben hatten, beschäftigte sich mit der Zahl an Kindern, welche von katholischen Klerikern sexuell missbraucht worden sind. Die Durchsicht der Akten ergab mindestens 3677 Minderjährige, die von 1670 katholischen Klerikern in Deutschland während eines Zeitraums von 70 Jahren missbraucht waren. Das sind jedoch nur die aktenkundig gewordenen Fälle. Wie groß könnte die Zahl der nicht dokumentierten Fälle sein?
Die Universität Ulm hat nun versucht, mit einer repräsentativ angelegten Studie diese Zahl der insgesamt vorliegenden Missbrauchsfälle durch katholische Geistliche abzuschätzen. Die Wissenschaftler ermittelten eine um das Dreißigfache höheren Wert, also 114.000 Fälle. Dazu komme noch einmal die gleiche Zahl bei evangelischen Geistlichen.
Befragt wurden 2.500 repräsentative Personen. Für die Fragestellung sei das eine recht kleine Zahl. Das Ergebnis sei daher im Sinne einer Abschätzung zu verstehen. Statistisch ergäbe sich eine 95-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die tatsächliche Zahl zwischen 28.000 und 280.000 Betroffenen liegt. Weitere Details gibt es zum Beispiel in Der Welt (https://www.welt.de/politik/deutschland/article190130223/Studie-Universitaet-Ulm-Noch-viel-mehr-Missbrauchsopfer-durch-Priester-und-Pfarrer.html).
FAZ: "Die Basis für die Richterentscheidung war der zweite Anklagepunkt, demzufolge George Pell dem Hauptbelastungszeugen damals nach der Sonntagsmesse in der Sakristei ...
Puh!
... ergäbe sich eine 95-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die tatsächliche Zahl zwischen 28.000 und 280.000 Betroffenen liegt. Weitere Details gibt es zum Beispiel ...[/URL].
Sprachlos.
sybenwurz
13.03.2019, 20:13
Wie ich schon vor Jahrzehnten, allerdings ohne Wissen wie nah ich der Realität war und nur durch Gerüchte über das Verhältnis des Pfarrers mit ner (verheirateten) Dame aus der Pfarrei entstanden, sagte: Wennst sexuell schräg drauf bist, werde Priester!
Widerlich, absolut widerlich, diese Brüder.
Der ranghöchste Katholik Australiens, ehemals drittmächtigster Mann des Vatikans, George Pell, wurde gestern wegen sexuellem Missbrauchs an Kindern zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt.
..........
Die Solidarität und das Mitgefühl des emiritierten Präfekten der katholischen Glaubenskongretation (oberste Kommission für die Glaubensrichtlinien) Kardinal Müller gilt übrigens komplett dem verurteilten Täter, Kardinal Pell, und nicht den mutigen Opfern, welche sich trauten, Anzeige zu erstatten.
"Kardinal Müller hatte die Anschuldigungen als "geistesgestörte Lügen" bezeichnet.
Müller erklärte zu dem Urteil, niemand habe das Geschehen beobachtet, "wenn es keinen Beweis gibt, kann man jemanden nicht 50 Jahre wegsperren". Er könne sich auch nicht vorstellen, dass so etwas in einer Kathedrale nach einer Messe passieren könne, da zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch Menschen in der Kirche seien. Laut Müller zeige das Urteil, "wie das Rechtssystem in der öffentlichen Mainstreammeinung korrumpiert wird"."
https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/kardinal-muller-verurteilung-pells-ist-gegen-vernunft-und-recht
Dieser Kommentar erklärt, weshalb die Opfer bzw. deren Eltern keine Anzeige gegen "Schwarzröcke" erstatten. Traurig, dass auf dem Hintergrund der heutigen Erkenntnisse über Kinderschutz noch solche Kommentare auf katholisch.de publiziert werden! Man kann Eltern nur raten, ihre Kinder aus solchen Institutionen fernzuhalten.
Schwarzfahrer
20.03.2019, 21:19
Atheisten sollen sich nicht als SPD-Mitglieder outen? (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/atheisten-duerfen-keinen-arbeitskreis-in-der-spd-gruenden-16096047.html)
Hat jemand eine plausible Erklärung dafür?
Atheisten sollen sich nicht als SPD-Mitglieder outen? (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/atheisten-duerfen-keinen-arbeitskreis-in-der-spd-gruenden-16096047.html)
Hat jemand eine plausible Erklärung dafür?
"Das informelle Netzwerk, das als Sozis oder Sozialdemokraten auftritt, hat mehrere hundert Mitglieder. Es setzt sich für die Belange von Atheisten und Agnostikern ein – aber auch von kirchlich Gebundenen, die eine striktere Trennung von Kirche und Staat wollen."
Vielleicht geht dem Vorstand die inhaltliche Nähe zu der Linke zu weit, welche die staatliche Kirchenfinanzierung ändern möchte und ebenfalls eine strikte Trennung Kirche-Staat anstrebt.
Klugschnacker
22.03.2019, 02:28
Missbrauchsvorwürfe gegen 395 Kirchenvertreter in Illinois
"Im amerikanischen Bundesstaat Illinois sind fast 400 katholische Priester und Laien öffentlich mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert worden. Das Anwaltsbüro Jeff Anderson & Associates, das auf Klerusmissbrauch spezialisiert ist, veröffentlichte am Mittwoch (Ortszeit) in Chicago eine Liste mit 395 Namen. Die Verdächtigen arbeiten oder hätten im Erzbistum Chicago und fünf weiteren Diözesen gearbeitet. „Das Datenmaterial enthüllt das erschreckende Ausmaß, in dem Priester Kinder bis zum heutigen Tag sexuell missbrauchen“, heißt es in dem Report.
Im vergangenen Jahr hatte ein ähnlicher Report des Generalstaatsanwaltes des Bundesstaates Pennsylvania Hunderte Geistliche und Laien als mutmaßliche Pädophile gebrandmarkt." FAZ (https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/missbrauchs-vorwuerfe-gegen-395-kirchenvertreter-in-illinois-16100623.html)
Zur Einordnung: Illinois hat 12 Millionen Einwohner, also so viele wie Bayern. Die größte Religionsgruppe sind die Katholiken mit über 3 Millionen Mitgliedern. Illinois war der erste Bundesstaat, der Menschen, die wegen sexuell abweichendem Verhalten (z.B. Homosexualität) verurteilt wurden, das Wahlrecht aberkannte.
Illinois war der erste Bundesstaat, der Menschen, die wegen sexuell abweichendem Verhalten (z.B. Homosexualität) verurteilt wurden, das Wahlrecht aberkannte.
Ach Klugschnacker, Jahresangaben wären mal interessant ;) Oder hast du sie nicht, weil gestern Wikipedia kaputt war. :Cheese:
Klugschnacker
22.03.2019, 09:35
Ach Klugschnacker, Jahresangaben wären mal interessant ;) Oder hast du sie nicht, weil gestern Wikipedia kaputt war. :Cheese:
Ich habe den Beitrag heute geschrieben. Jahreszahlen sind gewiss interessant. Außer man argumentiert auf der Basis ewiger Wahrheiten.
Heute sind gleichgeschlechtliche homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen in ganz Nordamerika und in ganz Europa legal. in den gesamten USA, in Australien, den größten Teilen Europas und Südamerikas sind zudem gleichgeschlechtliche Ehen möglich.
Von der Situation in den Nationen ist jedoch die Haltung der Kirchen zu unterscheiden. Im Katholizismus wird gleichgeschlechtliche Sexualität auch heute noch weltweit diskriminiert. Die Betrachtung des Datums zeigt den langsamen Fortschritt in den Rechtsauffassungen der Staaten, nicht jedoch der katholischen Kirchen.
Falls ich dich nicht falsch verstanden habe, hast du folgendes angesprochen
(Wikipedia):
"Obwohl keinesfalls der erste Bundesstaat, der die männliche Homosexualität bestrafte, wurde Illinois 1827 der erste Bundesstaat, der für Personen, die wegen „Sodomie“ verurteilt waren, das Wahlrecht und das Recht, als Geschworene beim Gericht mitzuwirken, aberkannte."
In der Zeit war Sklaverei normal, "Deutschland" bzgl. Frauenwahlrecht nicht mal in gedanklicher Nähe. Vor 100 Jahren war in unserm Land Judenhass auch unter Eliten weit verbreitet.
Wenn man also sagt, so wie du:
Zur Einordnung: Illinois hat 12 Millionen Einwohner, also so viele wie Bayern. Die größte Religionsgruppe sind die Katholiken mit über 3 Millionen Mitgliedern. Illinois war der erste Bundesstaat, der Menschen, die wegen sexuell abweichendem Verhalten (z.B. Homosexualität) verurteilt wurden, das Wahlrecht aberkannte.
ist meiner Meinung eine Zeitangabe "zur Einordnung" notwendig.
Klugschnacker
22.03.2019, 15:50
Du sprichst von den Sodomie-Gesetzen. Sie stellen sexuelle Handlungen unter Strafe, "die nicht heterosexueller vaginaler oder oraler Geschlechtsverkehr sind".
Wikipedia: Sodomie ist ein religiöses, christliches Konstrukt für sündiges Sexualverhalten, das nicht der Fortpflanzung in der Ehe dient (nichtregenerativ). Der Begriff ist angelehnt an die biblische Sodom-Überlieferung.
Zentral ist hier der Begriff der Sünde. Dahinter steckt die Behauptung, der Schöpfer des Weltalls habe uns auf irgend eine Weise mitgeteilt, was er von menschlichen Sexualpraktiken hält.
Das war im Jahr 1829 genauso gelogen wie im Jahr 829 oder im Jahr 29. Deswegen hielt ich eine exakte zeitliche Einordnung für entbehrlich.
Christen nehmen für sich in Anspruch, Kenntnis von einer zeitlich übergeordneten gottgewollten Moral zu haben. Deshalb kann man deren Verfehlungen nicht mir dem jeweils herrschenden Zeitgeist entschuldigen.
...
Christen nehmen für sich in Anspruch, Kenntnis von einer zeitlich übergeordneten gottgewollten Moral zu haben. Deshalb kann man deren Verfehlungen nicht mir dem jeweils herrschenden Zeitgeist entschuldigen.
Naja, Klugschnacker, es ist wieder genau diese Null-Toleranz-Linie von deiner Seite und diese ständigen Verallgemeinerungen, wenn es dir in den Kram passt ("Christen nehmen für sich.."), die ich schon vor Monaten oder Jahren hier angeprangert habe und die eine weitere Diskussion aus meiner Sicht irgendwann völlig überflüssig gemacht haben. Insofern bleibst du dir treu und reagierst, wie ich es erwartet habe. :Blumen:
Ich klicke nur gelegentlich hier rein, um zu sehen, ob du die regelmäßig erscheinenden Mainstreampostings über die Verfehlungen der Katholiken auch alle erwischt und hier wiedergibst. Aber das tust du ganz gut.
Take it easy ;)
Null-Toleranz-Linie von deiner Seite
Die Null-Toleranz-Linie wird jedoch von den Kirchen gemalt. Die Kirchen behaupten mit "null Toleranz", dass sie über absolute und ewige Wahrheiten verfügen würden, und dass sie ihnen exklusiv mitgeteilt wurden (und werden), und zwar von Gott persönlich.
Das Gegenargument besteht darin, Dinge aufzuzeigen, bei denen sie sich geirrt haben. Etwa bei Sklaverei, Frauenrechten oder dem Hirngespinsten bezüglich Sexualität. Diese Beispiele sind nicht beliebig gewählt, sondern hinter diesen Beispielen stehen Gewalt, Leid und Verbrechen. Dadurch kann man sie nicht einfach vom Tisch wischen. Zudem hält die kath. Kirche an zweien dieser drei Irrtümer weiterhin fest und glorifiziert sie sogar als große Weisheiten*.
Die Debatte würde nicht stattfinden, wenn die Kirchen zugeben würden, dass sie und ihre Methoden fehlbar sind, und dass deswegen eine Prüfung auf Wahrheit stattfinden muss.
Der Kontrast erzwingt die Kritik: Die Kirchen predigen höchste Moral**, sind aber im wesentlichen beschäftigt mit Betrug, Missbrauch und Vertuschung. Dieser Vorwurf basiert zudem nicht auf nebulösen Offenbarungen oder Meinungen, sondern auf Fakten und Gerichtsakten.
Deine Relativierungsversuche ("Mainstreampostings", klingt seltsam ähnlich wie "Lügenpresse") sind deswegen für mich schwer verständlich. Was mich beeindrucken würde, wären Argumente, und eine einsichtige Darstellung, warum Du die Kirchen in ausgerechnet diesen Punkten verteidigst.
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*Die drei letzten Päpste (Johannes Paul II., Benedikt XIV, Franziskus) haben übereinstimmend bestätigt, dass die Geringstellung der Frauen in der kath. Kirche wohl begründet und endgültig sei. (https://katholisches.info/2018/05/30/frauenpriestertum-definitiv-unmoeglich/)
**Zudem ist die Moral, die sie predigen, primitiv und barbarisch. Ein Blick in die Bibel belegt das mühelos. Diese Anmerkung ist leider notwendig, weil der Ausdruck "höchste Moral" ansonsten verwechselt würde mit dem, was vernünftige Menschen als moralisch annehmen.
Atheisten sollen sich nicht als SPD-Mitglieder outen? (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/atheisten-duerfen-keinen-arbeitskreis-in-der-spd-gruenden-16096047.html)
Hat jemand eine plausible Erklärung dafür?
Antwort des Parteivorstands:
"Als SPD bekennen wir uns zum jüdisch-christlichen und humanistischen Erbe Europas und zur Toleranz in Fragen des Glaubens. Grundlage und Maßstab dafür ist unsere Verfassung.
Kernanliegen der 'Säkularen Sozis' ist die strikte Trennung von Kirche und Staat. Das ist eine legitime Position. Es ist allerdings nicht die Position der SPD, so wie es auch nicht die Position des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist."
Quelle: Humanistischer Pressedienst (https://hpd.de/artikel/kein-platz-fuer-saekulare-interessen-spd-16625)
Klugschnacker
23.03.2019, 19:39
Naja, Klugschnacker, es ist wieder genau diese Null-Toleranz-Linie von deiner Seite und diese ständigen Verallgemeinerungen, wenn es dir in den Kram passt
Das bekommst Du in den falschen Hals. Ich habe keine intolerante Haltung gläubigen Menschen gegenüber. Wie wohl die meisten hier, wenn nicht alle, lebe ich ganz normal zwischen nichtglaubenden und glaubenden Menschen der unterschiedlichsten Glaubensrichtungen.
Generell ist diese Toleranz ein wesentliches Merkmal des Atheismus, der im Unterschied zu den Religionen eben nicht für sich in Anspruch nimmt, im Besitz ewiger Wahrheiten zu sein. Es sind die monotheistischen Religionen, die sich auf allerhöchste Autorität berufen: Niemand geringerer als der Schöpfer des Universums hat sich ihnen angeblich mitgeteilt.
Von mir aus kann jeder glauben, was er will. Auch Deiner Haltung gegenüber bin ich tolerant, die ich persönlich zwischen Urknall-Quanten-Esoterik, globalen Verschwörungen und einem politisch rechtskatholischen Weltbild wahrnehme. Das ist Dein gutes Recht, welches ich respektiere.
Intolerant bin ich gelegentlich bei Tatsachenbehauptungen, die entweder wahr oder falsch sind. Um es mit einem Beispiel zu verdeutlichen: Du kannst gerne an Adam und Eva glauben, da bin ich tolerant und halte das für Deine private Angelegenheit. Intolerant bin ich gegenüber der Behauptung, Adam und Eva seien tatsächlich die ersten Menschen gewesen – weil es keine ersten Menschen gab. Den Autoren der Bibel war das nicht bekannt.
---
Dass sich die christliche Morallehre auf die Behauptung stützt, sie enthalte den Willen Gottes, der sich bestimmten Menschen geoffenbart habe, halte ich für eine zutreffende Aussage. Ich verstehe nicht, warum Du Dich darüber aufregst, während Du über die massenhafte Vergewaltigung von kleinen Buben durch Priester kein Wort verlierst. Falls Du anderer Meinung bist und christliche Gruppierungen kennst, deren Morallehre nicht angeblich vom Schöpfer des Weltalls kommt, lerne ich gerne von Dir: Welche sind das? Ich werde diese Differenzierung dann künftig gerne vornehmen, wenn Du darauf bestehst.
Das bekommst Du in den falschen Hals. Ich habe keine intolerante Haltung gläubigen Menschen gegenüber. ...
Diese Toleranz hört dann sehr schnell dann auf, wenn ich sage, dass ich Kirchensteuer zahle und dann mehr oder weniger direkt für Schandtaten der Kriche mitverantwortlich gemacht werde. Dann ist mein privater Glaube, den du mir gönnst, plötzlich gar nicht mehr so privat.
Die Null-Toleranz-Linie wird jedoch von den Kirchen gemalt. Die Kirchen behaupten mit "null Toleranz", dass sie über absolute und ewige Wahrheiten verfügen würden, und dass sie ihnen exklusiv mitgeteilt wurden (und werden), und zwar von Gott persönlich...
Du hast mit religiösen Extremisten gleich, dass du jedes Wort wortwörtlich auslegst. Diese Diskussion hatten wir wochenlang. Hier wie dort ist die Absicht dahinter klar.
Du hast mit religiösen Extremisten gleich, dass du jedes Wort wortwörtlich auslegst. Diese Diskussion hatten wir wochenlang. Hier wie dort ist die Absicht dahinter klar.
Der Pabst verbreitet qua Definition absolute Wahrheiten und du willst nun, dass man absolute Wahrheiten nicht wörtlich sondern im übertragenden Sinne auslegt.
Dafür brauchts viele Gehirnwindungen.
PaPst !
Hieß nicht irgendeiner davon PaBlo ? und deshalb kann auch Pabst oder Papst geschrieben werden ?
Hieß nicht irgendeiner davon PaBlo ? und deshalb kann auch Pabst oder Papst geschrieben werden ?
Pah ... http://www.en.kolobok.us/smiles/standart/don-t_mention.gif
Diese Toleranz hört dann sehr schnell dann auf, wenn ich sage, dass ich Kirchensteuer zahle und dann mehr oder weniger direkt für Schandtaten der Kriche mitverantwortlich gemacht werde. Dann ist mein privater Glaube, den du mir gönnst, plötzlich gar nicht mehr so privat.
Vielleicht liegt es ja daran, dass du mit deinen Beiträgen letztlich das System Kirche mitfinanzierst (inkl. aller Misbräuche) und dies aber nicht wahr haben willst? Steh doch einfach dazu, dass du die Verfehlungen der Kirche in Kauf nimmst. Das wäre wenigstens ehrlich
Klugschnacker
25.03.2019, 18:24
Diese Toleranz hört dann sehr schnell dann auf, wenn ich sage, dass ich Kirchensteuer zahle und dann mehr oder weniger direkt für Schandtaten der Kriche mitverantwortlich gemacht werde. Dann ist mein privater Glaube, den du mir gönnst, plötzlich gar nicht mehr so privat.
Aus meiner Sicht bist Du für beides mitverantwortlich: Was die katholische Kirche im Guten sowie um Schlechten tut. Welche der beiden Seiten überwiegt, ist Ansichtssache. Ich würde einige Dinge, die Du befürwortest, ablehnen, um umgekehrt.
Wichtig scheint mir jedoch folgendes: Man kann Deine Unterstützerschaft der Kirche tolerieren, und gleichzeitig die Kirchen ablehnen. Das machen wir ja auch auf dem politischen Parkett: Ich toleriere, dass Du eine andere Partei wählst als ich, lehne diese Partei aber selbst ab. Das ist kein Grund, beleidigt zu tun und sich diskriminiert zu fühlen.
Trimichi
26.03.2019, 08:59
Aus meiner Sicht bist Du für beides mitverantwortlich: Was die katholische Kirche im Guten sowie um Schlechten tut. Welche der beiden Seiten überwiegt, ist Ansichtssache. Ich würde einige Dinge, die Du befürwortest, ablehnen, um umgekehrt.
Was mich mal interessieren würde ist ob aus Deiner Sicht ein Kind einen Vater und eine Mutter braucht? Ich meine ja und das wäre für mich ein Punkt, wofür ich der Kirche eventuell auch Geld gäbe. Viel klarer ist das zum Beispiel bei mir beim Anzünden von Kerzen und dem Geld in den Opferstock tun. Wie im Rahmen einer Italienreise in Genua (1) z.B. dieses Jahr. Kerzen anzünden in einer Kirche ist mir wichtig. Daher habe ich die Kirche unterstützt. Finanziell. Mit einer Spende in den Opferstock. In guter Absicht. An Pädophilie dachte ich im Rahmen des Besuchs des Bauwerks in keiner Weise. Und mit verantwortlich sehe ich mich deswegen auch nicht. Nach Deiner Argumentation bin ich das aber oder etwa doch nicht? (2)
--
(1) link zur Kirche der hl. Jungfrau Maria in Genua:
https://de.wikipedia.org/wiki/Santa_Maria_Immacolata_(Genua)
(2) jetzt aber schnell raus hier und ab auf die Rolle einen Wolf kurbeln.
Aus meiner Sicht bist Du für beides mitverantwortlich: Was die katholische Kirche im Guten sowie um Schlechten tut. Welche der beiden Seiten überwiegt, ist Ansichtssache. Ich würde einige Dinge, die Du befürwortest, ablehnen, um umgekehrt.
Wichtig scheint mir jedoch folgendes: Man kann Deine Unterstützerschaft der Kirche tolerieren, und gleichzeitig die Kirchen ablehnen. Das machen wir ja auch auf dem politischen Parkett: Ich toleriere, dass Du eine andere Partei wählst als ich, lehne diese Partei aber selbst ab. Das ist kein Grund, beleidigt zu tun und sich diskriminiert zu fühlen.
Lieber Klugschnacker, ich bin weder beleidigt noch fühle ich mich diskriminiert. Ich bin höchst entspannt und tippe gelegentlich an meinem neuen, rattenscharfen Laptop ein paar Zeilen hier rein. :)
Kritik an der Kirche ist wichtig. Kritik ist generell wichtig! Ich bin der letzte, der sich dagegen sträubt. Meine Einstellung habe ich mehrfach erläutert: den Finger dorthin tun, wo Misstände sind, aber nicht das ganze Haus einreissen versuchen. Wo kommen wir hin, wenn wir überall so rigoros wären? Oder willst du beim Islam das nicht sein? In der deutschen Aussenpolitik oder sonstwo. Falls nur bei der katholischen Kirche (weil das hier das Thema ist?), dann warum? Aus persönlichem Interesse vielleicht?
Die Trennung privater/öffentlicher (konstitutioneller) Glaube schlägt schnell fehl. Deshalb mein Beispiel mit der Kirchensteuer. Wenn du den FC Bayern kritisierst, wirst du auch von einigen Mitgliedern Gegenwind bekommen.
Was mich mal interessieren würde ist ob aus Deiner Sicht ein Kind einen Vater und eine Mutter braucht? Ich meine ja und das wäre für mich ein Punkt, wofür ich der Kirche eventuell auch Geld gäbe.
Inwiefern stellt die Spende sicher, dass Kinder einen Vater und eine Mutter bekommen? Was wäre beispielsweise, wenn sich diese Spenden verzehnfachen würden? Was würde sich dadurch ändern? Ich verstehe den Zusammenhang nicht.
Handelt es sich um organisiertes Mobbing?
Der Pabst verbreitet qua Definition absolute Wahrheiten und du willst nun, dass man absolute Wahrheiten nicht wörtlich sondern im übertragenden Sinne auslegt.
Ich habe gelernt meinen Kopf nicht auszuschalten, wenn Oberhäupter, egal ob religiöse, politische der unternehmerische, etwas sagen wollen (Ausnahme: meine Frau :Cheese:). Blinder Gehorsam ist nicht mein Ding.
Verlangst du das von mir, um es dann gleich wieder kritisieren zu können?
Vielleicht liegt es ja daran, dass du mit deinen Beiträgen letztlich das System Kirche mitfinanzierst (inkl. aller Misbräuche) und dies aber nicht wahr haben willst? Steh doch einfach dazu, dass du die Verfehlungen der Kirche in Kauf nimmst. Das wäre wenigstens ehrlich
Es ist eine persönliche Abwägung, wie in 1000 anderen Bereichen des Lebens auch. Habe ich mehrfach geschrieben.
Falls du von juristischer Verantwortung sprichst, dann versuche mich zu verklagen.
Es ist eine persönliche Abwägung, wie in 1000 anderen Bereichen des Lebens auch. Habe ich mehrfach geschrieben.
Falls du von juristischer Verantwortung sprichst, dann versuche mich zu verklagen.
Nein, es ging mir um die moralische Mitverantwortung. Ehrlich gesagt macht mich deine Antwort sprachlos. Du wägst also ernsthaft Kindesmissbrauch mit anderen Dingen ab?? Was kann das sein, dass die Zerstörung eines Lebens aufwiegt? Bitte lies deine Antwort nochmal selbst. Mich macht sie fassungslos. Oder ist diese auch nicht wörtlich zu verstehen?
Wie im Rahmen einer Italienreise in Genua (1) z.B. dieses Jahr. Kerzen anzünden in einer Kirche ist mir wichtig. Daher habe ich die Kirche unterstützt. Finanziell. Mit einer Spende in den Opferstock. In guter Absicht. An Pädophilie dachte ich im Rahmen des Besuchs des Bauwerks in keiner Weise.
Wäre auch ziemlich schräg, wenn du dabei an so etwas denken würdest.:Lachen2:
Wobei: bei den regelmäßig in den Leitmedien erscheinenden Nachrichten könnte man meinen, das genau das erwünscht ist.
Nein, es ging mir um die moralische Mitverantwortung. Ehrlich gesagt macht mich deine Antwort sprachlos. Du wägst also ernsthaft Kindesmissbrauch mit anderen Dingen ab??
Wie hoch ist meine Mitverantwortung denn?
Wie hoch ist meine Mitverantwortung denn?
Können wir uns darauf einigen, erstmal zu antworten bevor jemand eine neue Frage stellt? Finde ich höflicher.
Können wir uns darauf einigen, erstmal zu antworten bevor jemand eine neue Frage stellt? Finde ich höflicher.
Lieber anlot, ich bin ein alter Mann und werde sehr schnell misstrauisch, wenn jemand an meine Moral appelliert.
https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2019/marketing/emma-braslavsky-interview-ich-werde-misstrauisch-wenn-jemand-an-meine-moral-appelliert
Ich habe gelernt meinen Kopf nicht auszuschalten, wenn Oberhäupter, egal ob religiöse, politische der unternehmerische, etwas sagen wollen (Ausnahme: meine Frau :Cheese:). Blinder Gehorsam ist nicht mein Ding.
Verlangst du das von mir, um es dann gleich wieder kritisieren zu können?
Du verdrehst es wie üblich komplett.
Nich ich verlange kompletten Gehorsam, der Pabst und die katholische Kirche verlangen es.
Es tut mir leid, ich kann nicht nachvollziehen wie du weiterhin eine Organisation verteidigst mit der du im Grunde komplett Null gemeinsam hast, nur weil man aus Tradition katholisch ist.
In meinen Augen schaltest du in dem Fall durchaus den Kopf aus, sonst müsstest du längst sagen aus dem Verein trete ich aus.
In meinen Augen schaltest du in dem Fall durchaus den Kopf aus, sonst müsstest du längst sagen aus dem Verein trete ich aus.
Ich habe eher den Eindruck, dass viele Kritiker bei dem Wort Kirche sofort an Kindesmissbrauch und Ausgrenzung von Schwulen denken. Auch ich wurde und werde dahingehend regelmäßig "befragt". Ist ja auch das Dauerthema in diesem Thread. Warum ist das wohl so?
Ich habe eher den Eindruck, dass viele Kritiker bei dem Wort Kirche sofort an Kindesmissbrauch und Ausgrenzung von Schwulen denken. Auch ich wurde und werde dahingehend regelmäßig "befragt". Ist ja auch das Dauerthema in diesem Thread. Warum ist das wohl so?
Jeder braucht sein Feindbild.
Die einen versuchen sich an Migranten, Schwulen, Moslems, Fleischessern, Männern, Politikern, Veganern, Dopern ...
Je nach aktueller Mode bekommt man dabei mehr oder weniger Gegenwind, was entsprechend persönlicher Disposition dann wiederum mehr oder weniger zusagt.
Gegen die Kirche läßt sich gerade recht ungestört und komfortabel hetzen.
Gegen Kinderschänder zur Not sowieso immer ...
Je nach aktueller Mode bekommt man dabei mehr oder weniger Gegenwind, was entsprechend persönlicher Disposition dann wiederum mehr oder weniger zusagt.
Gegen die Kirche läßt sich gerade recht ungestört und komfortabel hetzen.
Gegen Kinderschänder zur Not sowieso immer ...
"Kirchenkritik" ist längst völliger Mainstream. Keine Woche in der in den Leitmedien (und zeitverzögert auch hier) nicht berichtet wird. Dabei geht es meistens um das gleiche Thema. Solche Mechanismen und Strukturen interessieren mich. Ich rede oft mit meiner Frau darüber, die (wie ich bereits erwähnte) aus einem völlig kaputten Land stammt und mir daher in vielen Bereichen um Längen voraus ist.
Lieber anlot, ich bin ein alter Mann und werde sehr schnell misstrauisch, wenn jemand an meine Moral appelliert.
https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2019/marketing/emma-braslavsky-interview-ich-werde-misstrauisch-wenn-jemand-an-meine-moral-appelliert
Lieber keko,
ich glaube ich bin mit meinem Latein am Ende und ehrlich gesagt, wiedern mich Menschen wie Du an. Auf jede einfache Frage antwortest Du entweder mit einer Gegenfrage oder schickst irgendwelche Zeitungsartikel vor. Das mag für Dich sehr intellektuell wirken, ich finde es jedoch schlicht feige und armselig.
Zu einer anderen Zeit hättest Du uns wahrscheinlich ebenfalls erklärt, dass nicht alles schlecht ist und ja auch Autobahnen gebaut werden. Man müsse auch das Gute sehen.
Und meine Antwort wäre wieder die gleiche: NEIN, muss man nicht, wenn die Gräueltaten überwiegen. Im Gegenteil, es verbietet sich für jeden halbwegs mündigen und verantwortungsbewussten Bürger eine solche Institution (oder damals Partei) finanziell zu unterstützen!
Wer das nicht selbst erkennt und sich immer noch hinter "ach so schönen Gemeinschaftstreffen bei Kaffee und Kuchen" versteckt, der disqualifiziert sich selbst und offenbart seine fehlende Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen und Empathie zu empfinden.
Werde glücklich mit Deiner Art und Deiner Sichtweise.
ps: und ja, wenn es juristische Möglichkeiten gäbe, gegen Mitläufer vorzugehen, würde ich es tun.
Trimichi
26.03.2019, 13:12
Inwiefern stellt die Spende sicher, dass Kinder einen Vater und eine Mutter bekommen? Was wäre beispielsweise, wenn sich diese Spenden verzehnfachen würden? Was würde sich dadurch ändern? Ich verstehe den Zusammenhang nicht.
Handelt es sich um organisiertes Mobbing?
Nein. Es handelt sich nicht um Mobbing. Du denkst für wie gewöhnlich schärfer als ich und letztlich muss ich mir hier noch mehr Zeit lassen beim Eintippen. Meine Spende stellt sicher, dass die Kirche in Italien auch künftig Geld hat um Kerzen zu bezahlen. Zum dem war die Frage nach Mutter und Kind an Arne gerichtet. Nun antwortest Du...- ist für mich in Ordnung.
Hintergrund war der Versuch die, unsere, gemeinsame Schnittmenge zu vergrößern. Zum einen ist in der christlichen Adaption die Vorstellung von der unbefleckten Empfängnis Jesu weit verbreitet, weit mehr, sogar fester Bestandteil des Glaubens. Zum anderen kommen ja auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften zu Kindern.
Ist das dilettantisch gedacht? Weißt Du sicherlich besser. Denn so wie ich Dich hier kennengelernt habe zerpflückst Du meine Sätze und Worte notfalls in alle Vokale und Konsonanten.
An dieser Stelle möchte auch ich ein großes Dankeschön an Klugschnacker für die Toleranz und Meinungsfreiheit hier im Forum platzieren. Danke Dir.
"Kirchenkritik" ist längst völliger Mainstream. Keine Woche in der in den Leitmedien (und zeitverzögert auch hier) nicht berichtet wird. Dabei geht es meistens um das gleiche Thema. Solche Mechanismen und Strukturen interessieren mich.
Was genau meinst du damit ?
Die Richtung der öffentlichen Aufmerksamkeit/Erregung/Emotionen ?
Lieber keko,
ich glaube ich bin mit meinem Latein am Ende und ehrlich gesagt, wiedern mich Menschen wie Du an. Auf jede einfache Frage antwortest Du entweder mit einer Gegenfrage oder schickst irgendwelche Zeitungsartikel vor. Das mag für Dich sehr intellektuell wirken, ich finde es jedoch schlicht feige und armselig.
...
Lieber anlot,
ich beantworte keine Fragen im Umfeld zu Kindesmissbrauch. Allein die Antwort zu formulieren wäre schon zuviel. Irgendwann habe ich auch aufgehört zu meinem Verhältnis zu Schwulen zu schreiben. Einmal meinte jemand, ich sollte mich doch zu Pädophilen erklären. Das alles in diesem Thread, niemals im echten Leben. Daraus habe ich viel gezogen und mich bei den Beteiligten auch bedankt. :Blumen:
Ich habe eher den Eindruck, dass viele Kritiker bei dem Wort Kirche sofort an Kindesmissbrauch und Ausgrenzung von Schwulen denken. Auch ich wurde und werde dahingehend regelmäßig "befragt". Ist ja auch das Dauerthema in diesem Thread. Warum ist das wohl so?
Warum ist das wohl so, die Vertreter der Kirche können daran nicht schuld sein.
Meine Spende stellt sicher, dass die Kirche in Italien auch künftig Geld hat um Kerzen zu bezahlen.
Das verstehe ich. Mit Deiner Spende ist die reichste Kirche der Welt in der Lage, Kerzen aufzustellen. Dieser Zusammenhang ist klar.
Zuvor hattest Du geschrieben, es ginge Dir darum, dass Kinder mit Vater und Mutter aufwachsen, und ich hatte Dich gefragt, wo hier der Zusammenhang besteht.
Was genau meinst du damit ?
Die Richtung der öffentlichen Aufmerksamkeit/Erregung/Emotionen ?
Klar! Egal welches Thema, die Themen kommen ja nicht immer zufällig durch die Medien zu uns... oder eben nicht. Wie erwähnt habe ich in der "Flüchtlingskrise 2015" angefangen Bücher darüber zu lesen. Auch die verbreitete "Kirchenkritik" passt in das Bild. Es ist extrem spannend. :)
Denn so wie ich Dich hier kennengelernt habe zerpflückst Du meine Sätze und Worte notfalls in alle Vokale und Konsonanten.
Bitte unterlasse diese persönlichen Herabsetzungen und versuche, anhand von Argumenten zu debattieren.
Klar! Egal welches Thema, die Themen kommen ja nicht immer zufällig durch die Medien zu uns... oder eben nicht. Wie erwähnt habe ich in der "Flüchtlingskrise 2015" angefangen Bücher darüber zu lesen. Auch die verbreitete "Kirchenkritik" passt in das Bild. Es ist extrem spannend. :)
Wer hat Interesse an "Kirchenkritik" ? Und wo führt diese hin ?
Wer hat Interesse an "Kirchenkritik" ? Und wo führt diese hin ?
Unsere Leitmedien, deshalb schreiben sie doch ständig einseitig über die Kirchen.
Es führt dazu, dass einseitig gedacht wird. Ist doch genau hier im Forum nachzuverfolgen.
Hallo Jörn ... :Huhu:
Bitte unterlasse diese persönlichen Herabsetzungen und versuche, anhand von Argumenten zu debattieren.
Kleines Element der Außenwahrnehmung, von mir für dich :
Dies hier :
Das verstehe ich. Mit Deiner Spende ist die reichste Kirche der Welt in der Lage, Kerzen aufzustellen. Dieser Zusammenhang ist klar.
... empfinde ich ebenfalls als "persönlich herabsetzend" gegenüber dem Michel.
Ich lese da recht unversteckt genüßlichen Spott heraus.
Wenig Interesse, Michels Standpunkt nachzuvollziehen oder sich konstruktiv damit auseinander zu setzen.
Gut, ich will berücksichtigen, daß "Debattieren" wohl auch eine andere Zielsetzung hat. Da geht es wohl eher um Destruktion des Gegners
Grüße
Unsere Leitmedien, deshalb schreiben sie doch ständig einseitig über die Kirchen.
Es führt dazu, dass einseitig gedacht wird.
Gut, "die Leitmedien" werden in diesem Schema ja eher ein Instrument sein. Die Frage ist, wer hat Interesse und Macht, auf diesem Instrument die Kirchenkritik zu spielen, aus welchem Grund und mit welchem Ziel ?
Klar! Egal welches Thema, die Themen kommen ja nicht immer zufällig durch die Medien zu uns... oder eben nicht. Wie erwähnt habe ich in der "Flüchtlingskrise 2015" angefangen Bücher darüber zu lesen. Auch die verbreitete "Kirchenkritik" passt in das Bild. Es ist extrem spannend. :)
Kirchenkritik ist ja kein neues Phänomen und auch keine Mode. Sondern sie wurde seit der Antike formuliert und gut begründet.
Lediglich den Gläubigen ist dieser Umstand unbekannt, weil sie sich gegen Kritik abschirmen.
Viele aktuell scheinende Argumente gegen Götter, Religionen und Kirchen sind hunderte Jahre alt, manchmal sogar tausende von Jahren; etwa die Frage, ob Moral von Gott stammen kann oder ob das logisch ausgeschlossen ist. Dieses Rätsel und seine Argumente waren bei den alten Griechen jedem Kind bekannt.
Auch viele deutsche Gelehrte haben zur Formulierung dieser Kritik beigetragen, etwa Kant, Nietzsche, Feuerbach, Goethe, Schiller und weitere. Hinzu kommt fast die gesamte Naturwissenschaft.
Die Behauptung, dies sei lediglich eine neumodische Verschwörung bestimmter Medien, ist sachlich nicht haltbar.
Gut, ich will berücksichtigen, daß "Debattieren" wohl auch eine andere Zielsetzung hat. Da geht es wohl eher um Destruktion des Gegners
Bitte unterlasse diese persönlichen Unterstellungen und beteilige Dich mit Argumenten.
Bitte unterlasse diese persönlichen Unterstellungen
Bitte unterlasse es mir persönliche Unterstellungen zu unterstellen !
Beim von dir zitierten Satz :
Gut, ich will berücksichtigen, daß "Debattieren" wohl auch eine andere Zielsetzung hat. Da geht es wohl eher um Destruktion des Gegners... handelt es sich um eine allgemeine Einschätzung zum Wesen der Debatte !
und beteilige Dich mit Argumenten.
Mein Interesse mit dir zu debattieren ist äußerst gering ... :Blumen:
Flow, dann würde ich Dich bitten, meine Postings in Zukunft nicht weiter zu kommentieren, da es mir ausschließlich um eine durch Argumente gestützte Debatte geht. Am bloßen Hin und Her von persönlichen Anwürfen bin ich nicht interessiert. Ich sehe darin auch keinen Nutzen für den Thread.
Flow, dann würde ich Dich bitten, meine Postings in Zukunft nicht weiter zu kommentieren, da [...]
Gut.
Mit welcher Begründung auch immer, werde ich mich nun wieder in selektiver Ignoranz üben ... :Blumen:
Gut, "die Leitmedien" werden in diesem Schema ja eher ein Instrument sein. Die Frage ist, wer hat Interesse und Macht, auf diesem Instrument die Kirchenkritik zu spielen, aus welchem Grund und mit welchem Ziel ?
1. Aus ideologischen Gründen die Leitmedien selbst, die von einem völlig anderen Weltbild getrieben sind.
2. Die Eliten, die aus wirtschaftlichen Gründen an einem haltlosen und willfährigen Menschen Interesse haben.
1. Aus ideologischen Gründen die Leitmedien selbst, die von einem völlig anderen Weltbild getrieben sind.
2. Die Eliten, die aus wirtschaftlichen Gründen an einem haltlosen und willfährigen Menschen Interesse haben.
Willst du das noch etwas ausbreiten ?
Die (vermeintlichen) Hintergründe und Antriebe würden mich dabei erstmal noch mehr interessieren als die Strukturen und Mechanismen.
Grüße ... :Huhu:
Wäre das nicht im bereits bestehenden Politik-Thread besser aufgehoben?
Trimichi
26.03.2019, 15:05
Das verstehe ich. Mit Deiner Spende ist die reichste Kirche der Welt in der Lage, Kerzen aufzustellen. Dieser Zusammenhang ist klar.
Zuvor hattest Du geschrieben, es ginge Dir darum, dass Kinder mit Vater und Mutter aufwachsen, und ich hatte Dich gefragt, wo hier der Zusammenhang besteht.
Kannst Du halten wie Du willst, aus welchen Motiven ich das tue. Für mich ist es wichtig, dass ich ab und zu in eine Kirche gehe und dort Kerzen entflamme. Dann bezahle ich die Kerzen auch. So fühle ich mich nicht wie ein Dieb als zusätzliches Motiv.
Ich fragte Klugschnacker und nicht Dich, Jörn, ob ein Kind Vater und Mutter brauchen und fügte hinzu, dass ich das für richtig halte. Diese Frage war und ist an Klugschnacker gerichtet. Worum es mir geht hatte ich nun Dir gegenüber erläutert, allerdings würde mich seine Meinung interessieren. Freilich beinhaltet Meinungsfreiheit - nach meinen Verständnis - auch keine Meinung zu äußern. Damit habe ich kein Problem.
Triasven
26.03.2019, 15:15
Lieber keko,
ich glaube ich bin mit meinem Latein am Ende und ehrlich gesagt, wiedern mich Menschen wie Du an. Auf jede einfache Frage antwortest Du entweder mit einer Gegenfrage oder schickst irgendwelche Zeitungsartikel vor. Das mag für Dich sehr intellektuell wirken, ich finde es jedoch schlicht feige und armselig.
Zu einer anderen Zeit hättest Du uns wahrscheinlich ebenfalls erklärt, dass nicht alles schlecht ist und ja auch Autobahnen gebaut werden. Man müsse auch das Gute sehen.
Und meine Antwort wäre wieder die gleiche: NEIN, muss man nicht, wenn die Gräueltaten überwiegen. Im Gegenteil, es verbietet sich für jeden halbwegs mündigen und verantwortungsbewussten Bürger eine solche Institution (oder damals Partei) finanziell zu unterstützen!
Wer das nicht selbst erkennt und sich immer noch hinter "ach so schönen Gemeinschaftstreffen bei Kaffee und Kuchen" versteckt, der disqualifiziert sich selbst und offenbart seine fehlende Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen und Empathie zu empfinden.
Werde glücklich mit Deiner Art und Deiner Sichtweise.
ps: und ja, wenn es juristische Möglichkeiten gäbe, gegen Mitläufer vorzugehen, würde ich es tun.
Ich hab hier nicht alles gelesen, und „Gott behüte“ ich werde einen Teufel tun, dies zu machen, aber dieser Post strotzt nur so voll Polemik und „Totschlagargumenten aus der Nazizeit“ um dem eigenen Standpunkt einen unangreifbaren Heiligenschein zu verpassen, und den Gegenüber „fertigzumachen“
Was haben denn Pädophile mit „der Kirche“ zu tun? Kriminelle begehen Straftaten und gehören dafür bestraft. Ob das kriminelle Kirchenverteter sind, die sich an Kindern vergehen, kriminelle Autoraser, die Menschen totfahren oder kriminelle Flüchtlinge, die Frauen vergewaltigen. Es sind einzelne Menschen, die einzelne Straftaten begehen.
Genauso wie kriminelle Menschen aus kriminellen motiven Autobahnen bauten. Die Hausfrau,*die zur damaligen Zeit darauf nach Prora fuhr und sich über die Autobahn freute, mit kindermissbrauchenden Priestern gleichzustellen ist schon eine enorm anmaßende Hilfskrücke.
* keko wäre in diesem Fall noch nichtmal die Hausfrau, sondern der kleine Bengel auf der Rückbank. Und das letzte, was selbiger wollte/will sind kriminelle Handlungen gutzuheissen.
Was haben denn Pädophile mit „der Kirche“ zu tun? Kriminelle begehen Straftaten und gehören dafür bestraft. Ob das kriminelle Kirchenverteter sind, die sich an Kindern vergehen, kriminelle Autoraser, die Menschen totfahren oder kriminelle Flüchtlinge, die Frauen vergewaltigen. Es sind einzelne Menschen, die einzelne Straftaten begehen.
Deine Mahnung zu einer sachlichen Debatte unterstütze ich.
Jedoch kommen die Studien zu einem anderen Urteil bei der Frage, ob es sich um eine normale Häufigkeit von Straftaten handelt. Das betrifft konkret jene Studie, die von den Kirchen neulich mit großem Tamtam in die Öffentlichkeit gebracht wurde. Dort steht, dass es sich nicht um eine zufällige Verteilung von Straftätern handelt, wie sie überall vorkommt und zu erwarten wäre.
Sondern dort steht, dass es systemische Ursachen gibt, d.h. dass die Kirchenstrukturen und teilweise auch die Glaubensinhalte ein Grund dafür sind, dass es dort so viele Täter gibt und dafür, dass die Taten anschließend totgeschwiegen oder aktiv vertuscht werden. Hier besteht ein deutlicher Unterschied zur sonstigen Gesellschaft.
Dies wiederum ist der Grund dafür, warum die Kirchen dafür Verantwortung tragen. Übrigens nicht nur die Kirchen, sondern auch die Gemeindemitglieder, die in einer unglücklichen Symbiose mit den Kirchen Hand in Hand gehen, oft kritiklos als Ergebnis einer religiösen Raserei.
Zu ähnlichen Erkenntnissen kamen alle mir bekannten Untersuchungen, auch aus anderen Ländern.
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