Vollständige Version anzeigen : Da fasse ich mir echt an den Kopf…
So, liebe Gemeinde:Cheese:
Ich habe mich mittlerweile durch die ersten acht Bücher des altes Testaments geackert - die letzten allerding als Hörbuch so nebenher, weil mir die Zeit für diese Lektüre echt zu schade ist.
Fest steht, dass diese Geschichtchen einer komplett anderen Zeitrechnung entspringen. Einem halbwegs modern denkenden Menschen lehren sie einem so gut wie nichts - außer, wie man sich nicht verhalten sollte. Vereinzelte Gesetze würden einer modernen Ethik standhalten, aber das wars dann auch.
Die beschriebenen Völker lebten in einem recht primitiven Opferkult zusammen und mussten selbst über Dinge, über die wir heute schmunzeln, belehrt werden (etwa über das korrekte Verrichten der Notdurft im Lagerleben). Gott zeigt sich meist als übellauniger und eifersüchtiger Tyrann. Ansonsten geht es um Söhne zeugen, um endlose Erblinien und natürlich um Gesetze. (Gott ist an vielen Stellen wirklich sehr redselig!)
Ich bin trotzdem gespannt wie es weitergeht, aber aus diesen Geschichten eine Weltreligion zu begründen wirkt immer grotesker.
Danke für die Rückmeldung.
Im NT wird die Opfer-Tradition dann auf einen zentralen Akt konzentriert:
Das Kreuz symbolisiert das Menschenopfer. Gott opfert am Kreuz seinen Sohn. Christus als Opferlamm Gottes. Jutta Ranke-Heinemann hatte diese blutige Tradition immer in sehr drastischen Worten kritisiert, inbesondere dass dieser bei jedem Gottesdienst gehuldigt wird.
Schon als Kind bekam ich eigentlich nie eine mich zufriedenstellende Antwort darauf, weshalb Gott seinen Sohn nicht am Kreuz vor dem Tod rettete, was ja in seiner Macht stehen würde.
Klugschnacker
26.02.2020, 15:53
Och nöh, Arne... :-((
Meine letzte Frage an Dich war, welchen Kleriker aus der Mitte des Christentums Du für zitierfähig hältst?
Ich antwortete mit einem Zitat eines Kirchenmann.
Danke,
aber der von Dir zitierte Kirchenmann sollte ja Joseph Ratzinger ersetzten, dessen Ansichten Du sinngemäß als Provokation gegenüber Katholiken bezeichnet hast. Es ging in meiner Frage also durchaus um einen Kleriker, dessen Standpunkte Du als kennzeichnend für den Glauben einer heutigen Mehrheit hältst – im Gegensatz zum Deiner Meinung nach randständigen Ratzinger. Deswegen fragte ich nach einem Kleriker aus der christlichen Mitte.
Mein Eindruck ist, dass Du ohne große Mühen gar nicht in der Lage wärest, einen Kleriker zu benennen, der den christlichen Mainstream vertritt, weil Du Dich in dem Thema nicht auskennst. Deshalb hast Du Dir auf einer Zitate- und Grußkarten-Website etwas Griffiges von Luther rausgesucht, der Dir ansonsten ebenfalls unbekannt ist.
Klugschnacker
26.02.2020, 16:03
Jede Religion birgt einen Kern von Fundamentalismus in sich, weil es ja einen Wahrheitsanspruch hat, das haben Religionen mit Ideologien gemeinsam. […] Darum finde ich Religionskritik kurzsichtig und engstirnig, die sich auf die vergleichsweise harmlosen Vergehen der christlichen Kirchen folussiert, ohne die uns viel tiefer bedrohende Religions-Ideologie gleich zu behandeln.
Gut, Du findest Religionskritik angebracht, möchtest aber vermehrt den Islam in der Kritik sehen als das Christentum.
Könntest Du noch kurz ausführen, welche "vergleichsweise harmlosen Vergehen der christlichen Kirchen" Du meinst? Dann kann ich Dir präziser antworten.
:Blumen:
Klugschnacker
26.02.2020, 16:14
Schon als Kind bekam ich eigentlich nie eine mich zufriedenstellende Antwort darauf, weshalb Gott seinen Sohn nicht am Kreuz vor dem Tod rettete, was ja in seiner Macht stehen würde.
Ich würde noch früher ansetzen und fragen, wozu der Tod Jesu überhaupt nötig war?
Falls Gott die Sünden der Menschen vergeben wollte: Warum macht er das dann nicht einfach? Wozu braucht er zunächst die gewaltsame Opferung eines Unschuldigen?
Noch wichtiger wäre für mich, falls ich Christ wäre, folgende Frage: Lässt sich meine Schuld auf einen anderen Menschen übertragen, der sie übernimmt und stellvertretend für mich ausbadet, wodurch ich selbst frei von Schuld werde? Mit anderen Worten: Was wäre das für ein Richter, der sich damit zufrieden gibt, anstelle des Täters einen Unschuldigen einzusperren und den Täter freizusprechen? Denn nur mit einem solchen Richter macht die Kreuzigung des unschuldigen Jesus einen Sinn.
Mir scheint, das ist nach heutigen Maßstäben kein moralisch akzeptabler Vorgang.
Jörn argumentiert seinerseits, daß alle problematischen Ausprägungen der christlichen Kirche ihren Ursprung tief in der Religion als solches haben. Im sinne des political correctness wie es dem Islam gegenüber gehandhabt wird, müßte er bei Christen ebenso von der Unschuldsvermutung der Relgion gegenüber ausgehen, und nur die einzelnen Fehlentwicklungen geißeln.
Du schreibst, man solle beim Christentum von einer wohlwollen Unschuldsvermutung ausgehen und nur einzelne Fehlentwicklungen kritisieren.
Das klingt für mich so, als gäbe es einen wahren (oder guten) Kern, und gelegentlich würde fehlerhaft davon abgewichen. Es klingt so, als würde man einen guten Ursprung finden, wenn man die Verästelungen nur weit genug zurückverfolgen würde.
Aber wie weit möchtest Du die Verästelungen zurückverfolgen? Schon die ältesten Texte sind nichts anderes als Lügen. Es wären Legenden, wenn nicht auf deren Wahrheitsgehalt bestanden würde — von Gläubigen.
Es gibt keinen wahren und guten Kern. Vom ersten Buchstaben an sind die drei abrahamitischen Religionen gelogen.
Insofern ist Religionskritik, die nur hier und da an ein paar Verfehlungen herumkritisiert, prinzipiell auf dem falschen Dampfer. Wer behauptet, das Christentum hätte einen wahren Kern, der müsste das auch allen anderen Mysterien oder Legenden zugestehen. Aber dann wird es doch etwas unübersichtlich.
Meine Kritik trifft daher das Christentum ebenso wie den Islam.
Schwarzfahrer
26.02.2020, 16:29
Du scheinst nun zu fordern, die Untersuchung und/oder die Debatte zu unterlassen, oder sie auf dem Niveau von privaten Laien zu führen.
Das ist für mich eine Form von Fundamentalismus, wenn man den Begriff etwas dehnt. Fundamentalismus sucht Kritik zu verhindern. Damit kann ich nicht einverstanden sein.
Nein, ich fordere, weder, das Niveau abzusenken, noch berechtigte Kritik zu unterbinden. Den Vorwurf des Fundamentalismus von Dir an mich finde ich lustig.
Meine Erwartung, die Debatte über die Religions- und insbesondere Kirchen-kritik ohne Verachtung der Gläubigen oder des Glaubens an sich zu führen, kannst du in Deiner absoluten Sicht nicht nachvollziehen. Belassen wir es dabei, ich sage nichts mehr dazu.
Übrigens, ein Mediziner, der nicht in der Lage ist, auf die Sicht des Patienten einzugehen, hat seinen Beruf auch verfehlt, ebenso wie ein Jurist, der sich nicht bewußt ist, wie "normale Menschen" die Rechtsprechung wahrnehmen.
Nein, ich fordere, weder, das Niveau abzusenken, noch berechtigte Kritik zu unterbinden. Den Vorwurf des Fundamentalismus von Dir an mich finde ich lustig.
Meine Erwartung, die Debatte über die Religions- und insbesondere Kirchen-kritik ohne Verachtung der Gläubigen oder des Glaubens an sich zu führen, kannst du in Deiner absoluten Sicht nicht nachvollziehen. Belassen wir es dabei, ich sage nichts mehr dazu.
Übrigens, ein Mediziner, der nicht in der Lage ist, auf die Sicht des Patienten einzugehen, hat seinen Beruf auch verfehlt, ebenso wie ein Jurist, der sich nicht bewußt ist, wie "normale Menschen" die Rechtsprechung wahrnehmen.
Ich wollte nicht sagen, dass Du ein Fundamentalist bist. Ich sage, es wäre fundamentalistisch, Religionskritik unterbinden oder einschränken zu wollen.
Ich würde Dich bitten, meine Mühen zur Kenntnis zu nehmen, Glaube, Gläubige und Verkünder zu trennen. Mit keiner Silbe habe ich ausgedrückt, dass ich (wie Du schreibst) Gläubige verachten würde. Ganz im Gegenteil habe ich ausführlich erläutert, wie und warum ich diese Unterscheidung vornehme und für nötig halte. Ich finde, Du stellst meine Äußerungen recht verzerrt dar.
Du kritisierst meine "absolute Sicht". Meine Sicht ist, dass das Jesus-Grab entweder voll oder leer war. Die relative Sicht wäre, dass es "drauf ankommt" oder von der Sichtweise des Betrachters abhängt. Ich sage, es war voll oder leer.
Schwarzfahrer
26.02.2020, 16:40
Gut, Du findest Religionskritik angebracht, möchtest aber vermehrt den Islam in der Kritik sehen als das Christentum.
Könntest Du noch kurz ausführen, welche "vergleichsweise harmlosen Vergehen der christlichen Kirchen" Du meinst? Dann kann ich Dir präziser antworten.
:Blumen:
Ich möchte nicht vermehrt den Islam in der Kritik sehen, sondern Religionskritik auf alle monotheistischen Religionen gleichermaßen ausgedehnt sehen, weil das Problem nicht in buchstäblicher Bibelauslegung und deren Wahrheitsgehalt sondern im Kern des Dominanzanspruchs dieser Religionen liegt. Dann wird erst offensichtlich, daß die Probleme des Christentums in der aktuellen Zeit im Vergleich als relativ harmlos da stehen; wenn jemand wegen einer zweiten Heirat nicht mehr beim kirchlichen Arbeitgeber beschäftigt sein darf, ist es unsinnig, aber nicht besonders existentiell. Schließlich wußte man es vor Arbeitsantritt. Wenn eine Homo-ehe nicht in der Kirche abgesegnet wird - na und, wer legt schon darauf wert, von denen abgesegnet zu werden, die ihn verachten? Sogar dem Religionsunterricht an den Schulen (was für mich eines der Hauptprobleme noch ist) kann man meistens ausweichen, wenn es einem wichtig ist. Es sind viele Punkte, die verbesserungswürdig sind, aber keine, denen man in unserem Land ausweichen könnte, um die Kirche ins leere laufen zu lassen, finde ich. die Kirche kann heute niemanden zu etwas zwingen, was derjenige nicht freiwillig tut, und sie kann mir auch nichts verwehren, was mir wichtig ist. Und vor allem: jeder, dem es nicht passt, kann dem Verein den Rücken kehren.
als relativ harmlos da stehen; wenn jemand wegen einer zweiten Heirat nicht mehr beim kirchlichen Arbeitgeber beschäftigt sein darf, ist es unsinnig, aber nicht besonders existentiell. Schließlich wußte man es vor Arbeitsantritt. Wenn eine Homo-ehe nicht in der Kirche abgesegnet wird - na und
Weil Du ja gerade vom nötigen Einfühlungsvermögen bei Medizinern und Juristen für das Leid der einfachen Leute sprachst, zitiere ich Dich mal selbst.
Ich würde sagen, dass allein durch die christliche Lehre Leid entsteht. Wer den Leuten den ganzen Quatsch einredet, den das Christentum nunmal beinhaltet, der schädigt sie.
Wer glaubt, Jesus würde ihn erretten, der gibt zu, dass er sich als verdammt betrachtet. Ich finde das ungeheuerlich. Den Verkündern dieser Abartigkeiten sollte man das Handwerk legen. Es wird ja sogar schon Kindern eingetrichtert.
Schwarzfahrer
26.02.2020, 16:46
Ich würde Dich bitten, meine Mühen zur Kenntnis zu nehmen, Glaube, Gläubige und Verkünder zu trennen. Mit keiner Silbe habe ich ausgedrückt, dass ich (wie Du schreibst) Gläubige verachten würde. Ganz im Gegenteil habe ich ausführlich erläutert, wie und warum ich diese Unterscheidung vornehme und für nötig halte. Ich finde, Du stellst meine Äußerungen recht verzerrt dar.
Ich nehme die gute Absicht zur Kenntnis (Jörn hat sich stets bemüht :Cheese: ). Ich wollte nicht verzerren, habe aber Zitate, die für mich anders klingen. Kommunikation ist, was beim anderen ankommt. Ich wurde hier auch schon öfter falsch verstanden.
Du kritisierst meine "absolute Sicht". Meine Sicht ist, dass das Jesus-Grab entweder voll oder leer war. Die relative Sicht wäre, dass es "drauf ankommt" oder von der Sichtweise des Betrachters abhängt. Ich sage, es war voll oder leer.
Und ich finde, es kommt gar nicht darauf an (für den, der glaubt, und für den, der den Menschen ihren Glauben lassen will), weil sich damit die Betrachtung an etwas aufhängt, was m.M.n. für die Religion, für den Glauben irrelevant ist (auch wenn es buchstäbliche Bibelausleger gibt). Wesen und Wirkung von Religion wird man nicht durch zerpflücken von "heiligen" Schriften verändern.
Gut, das Grab und die Auferstehung sind also plötzlich nicht relevant. Erstaunlich.
Dabei steht bei Paulus, dass das ganze Christentum nichtig sei, wenn es keine Auferstehung gegeben hätte.
"Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich." Paulus, 1. Korinther 15,14
Was ist denn dann für das Christentum relevant, wenn nicht Christus?
Schwarzfahrer
26.02.2020, 16:56
Ich würde sagen, dass allein durch die christliche Lehre Leid entsteht. Wer den Leuten den ganzen Quatsch einredet, den das Christentum nunmal beinhaltet, der schädigt sie.
Kann man so sehen. Aber wiederum ist es nicht eines der großen Probleme unserer Zeit (außer wenn der Papst gegen Familienplanung wettert, wie der selige Pole, der damit schwer mit Schuld an der Überbevölkerung Afrikas ist - das hätte ich auch gerne unterbunden). Ansonsten entsteht bei uns durch die Kirche m.M.n. nicht mehr Leid, als durch das Einreden, daß Homöopathie hilft, Milch ungesund ist und die Welt in 10 Jahren untergeht, wenn wir nicht sofort aufhören Auto zu fahren, daß Sozialismus die Welt besser macht, daß Aktien eine sichere Geldanlage sind, u.v.a.m. Da hast Du viel zu tun, um allen das Handwerk zu legen, die den Leuten Unsinn mit Folgen einreden. Die Errettung durch Jesus hat zumindest keinen Einfluß auf das Leben hiernieden, und gibt einigen ein positives, optimistisches Lebensgefühl. (Das Thema das Leben sei ein Jammertal haben wir seit ein paar Jahrhunderten hinter uns, dachte ich, bis die Klimabewegung kam).
Schwarzfahrer
26.02.2020, 17:02
Was ist denn dann für das Christentum relevant, wenn nicht Christus?
Ich gebe auf. Ich vermute, Du glaubst fest, daß jeder, der einsieht daß Christus nicht körperlich auferstanden sein kann, sofort aus der Kirche austritt und aufhört zu beten. Beschäftige Dich erst mal mit dem Bedürfnis der Menschen nach Glauben (und ihrer Angst vor Wissen, Stichwort Baum der Erkenntnis), und überlege dann, was es bringt und wen es zu einem Sinneswandel bringen kann, einzelne Details 2000-jähriger Texte zu zerpflücken.
Ich steige jetzt aufs Rad, und bete zum Wettergott, daß er mir Rückenwind schicken möge.
Da hast Du viel zu tun, um allen das Handwerk zu legen, die den Leuten Unsinn mit Folgen einreden.
So sucht sich jeder das heraus, was ihm liegt. Manche engagieren sich für Tierschutz, andere für Religionskritik.
Religion unterscheidet sich von Deinen anderen Beispielen dadurch, dass sie bestimmte psychologische Eigenschaften der Menschen perfide zu nutzen weiß — zum Schaden der Opfer und stets zum finanziellen Nutzer der Täter.
Selbst Menschen, die sich irgendwann intellektuell vom Glauben zu lösen vermochten, haben oft lebenslang immer noch einen Rest Religiosität in sich, sei es ein schlechtes Gewissen oder sonstwas. Manche Gläubigen brauchen Jahrzehnte, um sich endlich loslösen zu können. Das ist bei einem Aktienschwindel anders: Dort ist das Geld irgendwann weg, und dann ist man schlauer.
Auch gelingt es keinem Aktienbetrüger, sich in Kindergärten oder Schulklassen einzuschmuggeln, um dort die Kinder mit Tricks auf den nachfolgenden Betrug vorzubereiten.
Die hier beispielhaft genannten Verflechtungen der Religionen mit der Gesellschaft und der Politik machen Religion besonders schwer zu bekämpfen. Deswegen ist es nach meiner Ansicht gerechtfertigt, ein besonderes Augenmerk auf die besondere Form dieser Masche zu werfen. Einen Aktienbetrüger kann man verklagen. Einen religiösen Scharlatan nicht.
Ich gebe auf. Ich vermute, Du glaubst fest, daß jeder, der einsieht daß Christus nicht körperlich auferstanden sein kann, sofort aus der Kirche austritt und aufhört zu beten.
Aber warum weichst Du aus? Es ist doch eine berechtigte Frage, zu der Du selbst hingeführt hast: Was, wenn nicht Christus, ist entscheidend für das Christentum? Das ist doch keine ungehörige Frage?
einzelne Details 2000-jähriger Texte zu zerpflücken.
Aber irgendwo in diesen Texten muss doch auch eine "entscheidende Sache" zu finden sein. Einverstanden, halten wir uns nicht mit Details auf. Aber was ist der Kern?
Ich finde außerdem, dass man durchaus nachfragen darf, wenn man plötzlich erfährt, dass Christus im Christentum gar nicht so wichtig ist.
Mich würde das Kriterium interessieren, mit dem Du wichtige von unwichtigen Details unterscheidest, und warum Du genau dieses Kriterium für richtig hältst.
Ich möchte nicht vermehrt den Islam in der Kritik sehen, sondern Religionskritik auf alle monotheistischen Religionen gleichermaßen ausgedehnt sehen, weil das Problem nicht in buchstäblicher Bibelauslegung und deren Wahrheitsgehalt sondern im Kern des Dominanzanspruchs dieser Religionen liegt. Dann wird erst offensichtlich, daß die Probleme des Christentums in der aktuellen Zeit im Vergleich als relativ harmlos da stehen; .......
Gut, Du nennst jetzt einige Konfliktthemen in DE, bei denen eben die kirchlichen Positionen keine demokratische Mehrheit mehr finden oder keine rechtliche wie z.B. beim heutigen BfG-Urteil zur Sterbehilfe, weil sich die Einstellungen bei uns änderten. In der Regel mussten solche Gesetze bzw. Mehrheiten in der Vergangenheit meistens gegen den Widerstand der Kirchen spez. der RKK erstritten werden. (wie z.B. die zivile gleichgeschlechtliche Ehe).
Weltweit kann man schon zu grösserer Besorgnis Anlass gebende Tendenzen erkennen:
1. Regionale Religionskriege, meistens wurzelnd in sozialen Problemen,
2. Religiöse Aufladung des Irakkrieges durch den Präsidenten Bush
3. Autoritäre Regierungen in Lateinamerika mit Unterstützung konservativer Evangelikaler
4. Wachsender Einfluss der christlichen und islamischen Hassprediger in Afrika auf die Politik und Regierungen mit bewaffneten Kämpfen
Als relativ wahlloses Beispiel 4 mehr zufällige Zeitungslinks für den politischen Einfluss der christlichen Religion aus dem Tagesspiegel, dem Deutschlandfunkt, der Tagespost, der FAZ.
zukunft-der-religion-das-christentum-steht-vor-einer-revolution (https://www.tagesspiegel.de/kultur/zukunft-der-religion-das-christentum-steht-vor-einer-revolution/19253464.html)
christliche-fundamentalisten-in-den-usa (https://www.deutschlandfunkkultur.de/christliche-fundamentalisten-in-den-usa-alles-soll-so.976.de.html?dram:article_id=360023)
Evangelikale auf dem Vormarsch. Sie sind kampagnenfähig, nehmen Regierungsposten ein und setzen Themen: Evangelikale in Lateinamerika. Der Einfluss der katholischen Kirche auf dem Kontinent nimmt hingegen ab. (https://www.die-tagespost.de/politik/aktuell/Evangelikale-auf-dem-Vormarsch;art315,195392)
radikale-evangelikale-in-afrika-predigen-hass-auf-schwule (https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/radikale-evangelikale-in-afrika-predigen-hass-auf-schwule-13108242.html)
Damit verweise ich jetzt mal nicht darauf, dass der Heilige Stuhl sogar ein Völkerrechtssubjekt darstellt und bei der UNO akkrediert ist.
Die Bischofskonferenz in Ruanda entschuldigte sich mittlerweile für die Mitschuld und Mitbeteiligung von katholischen Priestern und Geistlichen am Völkermord der Tutsis 1994.
Völkermord in Ruanda. Die Kirche gesteht ihre Mitschuld. An den Massakern an den Tutsi im Jahr 1994 waren auch viele Geistliche beteiligt. Das hat die Katholische Kirche nun eingestanden – und sich entschuldigt. (https://taz.de/Voelkermord-in-Ruanda/!5359142/)
Klugschnacker
26.02.2020, 19:09
Wenn eine Homo-ehe nicht in der Kirche abgesegnet wird - na und, wer legt schon darauf wert, von denen abgesegnet zu werden, die ihn verachten?
Die Ehe für alle ist ein gutes Beispiel für das, worum es mir hier geht. Du sagst, die Weigerung der Kirchen, gleichgeschlechtliche Menschen zu trauen wie andere auch, sei nicht relevant.
Meiner Meinung nach ist das sehr wohl relevant. Denn mit dieser Weigerung geht die Verbreitung eines bestimmten Menschenbildes, eine ideelle Einordnung einher, die sich nicht nur in der verwehrten Eheschließung, sondern in sehr vielen anderen Lebensbereichen zeigt. Die Trauung ist nur der sofort sichtbare Gipfel des Eisberges. Darunter verborgen, aber für die betroffenen Menschen jederzeit spürbar, ist die gesellschaftliche Herabsetzung gleichgeschlechtlicher Liebe auf breiter Front.
Das zeigt sich nicht zuletzt in hinterhältig-frommen Sprüchen wie: "Wir richten uns nicht gegen den Sünder, nur gegen die Sünde".
Betroffen davon sind Menschen, die am Gärtnerplatz in München oder hier in Freiburg meine Nachbarn und Freunde sind. Deren fortwährende Diskriminierung durch die Kirchen ist eine Unverschämtheit. Ich denke, ich habe jedes Recht und ausreichend Grund, mich dagegen einzusetzen.
Kritik und Zurückweisung verdient nicht nur diese religiöse Anmaßung gegenüber anderen Menschen, sondern insbesondere deren Begründung. Vom Schöpfer des Weltalls höchstpersönlich habe man die Botschaft erhalten! Man wähnt allerhöchste Autorität hinter den eigenen Dünkeln. Hakt man jedoch nach, stößt man auf nichts außer der heißen Luft von Augustinus bis Ratzinger.
Müssen wir uns so etwas wirklich gefallen lassen?
Klugschnacker
26.02.2020, 19:23
Wesen und Wirkung von Religion wird man nicht durch zerpflücken von "heiligen" Schriften verändern.
Warum nicht? Nenne mir eine wesentliche Stelle in der Bibel, und ich weise Dir nach, dass sie erfunden ist.
Über den Wahrheitsaspekt hinaus ist jedoch auch der moralische Gehalt äußerst fragwürdig. Das fängt schon beim (erfundenen) Abraham an, der seinen (erfundenen) Sohn Isaac ermorden will, weil ihm das von einer Wolke aus zugeflüstert wird. Später wird die weitgehend oder vollständig erfundene Geschichte vom Kreuzestod Jesu den Juden in die Schuhe geschoben, mit den allseits bekannten historischen Konsequenzen.
Mir scheint, dass beide Argumentationslinien (Wahrheit und Moral) durchaus geeignet sind, die Autorität der Kleriker ein wenig zu korrigieren.
Schwarzfahrer
26.02.2020, 20:01
Religion unterscheidet sich von Deinen anderen Beispielen dadurch, dass sie bestimmte psychologische Eigenschaften der Menschen perfide zu nutzen weiß — zum Schaden der Opfer und stets zum finanziellen Nutzer der Täter.
Selbst Menschen, die sich irgendwann intellektuell vom Glauben zu lösen vermochten, haben oft lebenslang immer noch einen Rest Religiosität in sich, sei es ein schlechtes Gewissen oder sonstwas. Manche Gläubigen brauchen Jahrzehnte, um sich endlich loslösen zu können.
Diesen Unterschied sehe ich nicht bei allen meinen Beispielen. Es geht sehr oft um Ausnutzung der menschlichen Neigung, Autoritäten zu glauben, Sicherheit im Glauben zu suchen. Wenn ihm ein Glauben durch Aufklärung genommen wird, sucht er sich einen anderen Glauben - ob der weniger Schaden anrichtet, ist kein Kriterium dabei. In der ehemaligen Sovjetunion haben die Menschen über Generationen am Kommunismus geglaubt, und nahmen dafür viel Leid auf sich und verübten jede Menge Übles. Sobald klar war, daß der Traum ausgeträumt ist, und es eine Illusion war, gingen sehr viele von ihnen plötzlich in die Kirche und wurden eifrige Christen - und verfolgen nun statt Kulaken eben Homosexuelle.
Ich finde, es ist wenig zielführend, eine spezielle Religion zu bekämpfen - die Leute suchen sich dann etwas anderes, wo sie die gleiche Neigung ausleben. Wenn, dann bringt es nur etwas, Ausformungen zu bekämpfen, die andere Menschen ernsthaft beeinträchtigen, um die Religion ins Private zurückzudrängen, und klarzustellen, daß die Religionsfreiheit immer allen anderen Menschen- und Verfassungsrechten untergeordnet sein muß.
Schwarzfahrer
26.02.2020, 20:11
Aber irgendwo in diesen Texten muss doch auch eine "entscheidende Sache" zu finden sein. Einverstanden, halten wir uns nicht mit Details auf. Aber was ist der Kern?
Es gibt m.M.n. nicht die "eine entscheidende Sache" oder Zitat in der Bibel. Und wenn Du 100 Christen befragst, bekommst Du sicher mindestens 30 verschiedene Antworten, die nicht unbedingt durch den Papst bestätigt werden. Für mein Verständnis aus dem, was ich von Christen gehört habe, ist ein Kern des Christentums der Glaube daran, daß jemand für "uns Christen", oder auch alle Menschen da ist, mit ihnen fühlt und irgendwie alle unsere Fehler vergibt, wobei die Figur des Christus als Vorbild für eine humanistische, anderen Menschen mit Liebe zugewandtes Leben wahrgenommen wird, der Leid auf sich nahm um "uns zu erlösen" (wobei ich mit letzterem nie etwas anfangen konnte, aber der Begriff scheint vielen etwas zu bedeuten).
Ich verstehe es als die Suche nach Halt für Menschen, die sich ihrer eigenen Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit ungern stellen, da ihnen die Verantwortung irgendwie abgenommen wird, oder zumindest erleichtert wird im Glauben, daß "Jesus für sie da ist" und ihnen verzeiht. Dazu kann man sicher auch passende Zitate in der Bibel finden, und was nicht dazu passt, wird in Predigten passend gemacht und uminterpretiert oder einfach ignoriert. Das hat nichts oder wenig mit dem Christentum-Bild zu tun, was Du aus Amtskirchlichen Dogmen-Schriften herausliest, aber es hat mehr mit dem tatsächlich heute gelebten Christentum zu tun (zumindest was ich kenne; in Afrika oder Südamerika mag es anders sein). .
Klugschnacker
26.02.2020, 20:12
Es geht sehr oft um Ausnutzung der menschlichen Neigung, Autoritäten zu glauben, Sicherheit im Glauben zu suchen. Wenn ihm ein Glauben durch Aufklärung genommen wird, sucht er sich einen anderen Glauben [...] Ich finde, es ist wenig zielführend, eine spezielle Religion zu bekämpfen - die Leute suchen sich dann etwas anderes, wo sie die gleiche Neigung ausleben.
Schwarzfahrer, es gibt jedoch zahlreiche Gegenbeispiele für Deine These. In Dänemark beispielsweise glaubt man mehrheitlich weder an den Kommunismus noch an den Heiligen Geist. Ich sehe dort auch keinen anderen Ersatz für eine vermeintliche spirituelle oder weltanschauliche Lücke. Die Leute dort scheinen ganz gut klar zu kommen.
Wer von uns vor die Wahl zwischen einem Leben in Russland, dem Iran oder Dänemark gestellt würde, müsste wohl nicht lange überlegen.
:Blumen:
Schwarzfahrer
26.02.2020, 20:19
Weltweit kann man schon zu grösserer Besorgnis Anlass gebende Tendenzen erkennen:...Als relativ wahlloses Beispiel 4 mehr zufällige Zeitungslinks für den politischen Einfluss der christlichen Religion
Jede Verstärkung von religiösen Tendenzen ist besorgniserregend, ob (Evangelikale, Islam oder Hinduismus), und man findet zu jeder Religion jede Menge Bedenkliches. In den letzten Jahrzehnten wurden aber im Namen keiner anderen Religion so viele Menschen ermordet und vertrieben wie im Namen des Islam (daß die meisten Opfer selbst Muslime sind, macht es nicht besser).
Ich denke, jeder kann sich aussuchen, auf welchem Gebiet er sich engagiert und wo er am meisten zu erreichen meint.
Trimichi
26.02.2020, 20:29
Glauben heißt ja, dass man gewisse Dinge nicht beweisen kann. Daher ist das Argument, das die Atheisten anführen von vornherein eine Totschlagkeule für alle die glauben. Zu glauben heißt, nicht zu wissen. Wenn man nicht weis, kann es auch keine Beweise geben. Deswegen glaubt ja einer. Weil über gewisse Dinge Unkenntnis herrscht.
Dazu Jesco Hans Heinrich Max Freiherr von Puttkamer _ leitete das Apollo-Prpgramm... https://de.wikipedia.org/wiki/Jesco_von_Puttkamer_(Raumfahrtingenieur)
"Wenn man verstanden hat, dass man es nicht verstehen kann, dann hat man es verstanden."
Schon klar, auch ein Depp.;)
Zudem wird Glauben innerhalb der Geisteswissenschaften als das sichere Wissen über die Sinnzusammenhänge in der Welt definiert. Alles Spinner, schon klar.
;) Kontrast: woran orientiert sich denn der Atheismus? Hier gibt es bestenfalls ein paar Einträge auf der unter Wissenschaftler selbst belächelten Wissensplattform Wikipedia. Und das zählt. Ganz klar. ;)
Religion ohne Wissenschaft ist blind, Wissenschaft ohne geistige Religion lahm (A. Einstein). Jo, auch der Einstein war blöd, weil er Religion als wichtig erachtet hat. Ein weiterer Depp also, klarer Fall. ;)
Tolerieren wir doch, dass Hunde vegane Kost erhalten, tolerieren wir doch einfach alles..., kein Sinn, keine Orientierung, Kali Yuga, ...., ähmm, Atheismus meinte ich. :Cheese:
Glauben heißt ja, dass man gewisse Dinge nicht beweisen kann.
Nein.
Glauben bedeutet, dass man etwas glaubt.
Ich kann viele Dinge nicht beweisen, deswegen glaube ich sie noch lange nicht.
Klugschnacker
26.02.2020, 20:41
Zudem wird Glauben innerhalb der Geisteswissenschaften als das sichere Wissen über die Sinnzusammenhänge in der Welt definiert. Alles Spinner, schon klar.
Wenn dem so wäre: Ja.
Wenn dieses Wissen um die Sinnzusammenhänge derart sicher ist, warum gibt es dann unterschiedliche, einander widersprechende Religionen?
:)
Ich finde, es ist wenig zielführend, eine spezielle Religion zu bekämpfen
Das mag sein. Einerseits sind viele Gegenargumente gegen eine bestimmte Religion allgemeiner Art und daher übertragbar.
Andererseits wird Dir so ziemlich jeder Gläubige darlegen, warum ausgerechnet seine Religion eine Ausnahme unter allen Religionen darstellt, und daher wahr ist. Gerade die drei großen Schriftreligionen sind hier besonders eifrig.
Man kommt also in diesem Teil* der Debatte nicht umhin, sich konkret mit den vorgebrachten Behauptungen einer konkreten Religion auseinander zu setzen.
*Jenem Teil, der nicht unabhängig von einer Religion ist, etwa die Frage, ob irgendein Gott ein Urquell einer allgemein gültigen Moral sein kann.
Jede Verstärkung von religiösen Tendenzen ist besorgniserregend, ob (Evangelikale, Islam oder Hinduismus), und man findet zu jeder Religion jede Menge Bedenkliches. In den letzten Jahrzehnten wurden aber im Namen keiner anderen Religion so viele Menschen ermordet und vertrieben wie im Namen des Islam (daß die meisten Opfer selbst Muslime sind, macht es nicht besser).
Ich denke, jeder kann sich aussuchen, auf welchem Gebiet er sich engagiert und wo er am meisten zu erreichen meint.
Logisch. Ich wollte überhaupt keinen Überblick erstellen, sondern mich eben auf das Christentum konzentrieren, weil Du da meines Erachtens mit der Aufzählung der paar Probleme in DE den politischen Einfluss dieser Religion weltweit verharmlost hast, von den vielen Verbrechen während ihrer langen Geschichte mal ganz abgesehen
Ich habe keine Opferzahlen zusammengezählt, möchte aber einfach daran erinnern, dass selbst nach USA-Studien allein der Irakkrieg mehr 1/2 Million Kriegstote forderte, die dadurch bedingten Nachfolgerkriege wie gegen den IS nicht einbezogen. Und er wurde von einem Land geführt, dass sich auf christliche Werte beruft insbesondere der damalige verantwortliche Präsident.
Der Völkermord in Ruanda 1994, wo fast 90 % Christen leben und nur 10 % Muslime, kostete 800000-1 Million Menschen das Leben.
Danach stimmt Deine These vermutlich nicht, dass bei innerislamischen Kriegen mehr Menschen starben.
Trimichi
26.02.2020, 20:52
Wenn dem so wäre: Ja.
Wenn dieses Wissen um die Sinnzusammenhänge derart sicher ist, warum gibt es dann unterschiedliche, einander widersprechende Religionen?
:)
Weil die Menschen in anderen Umwelten aufgewachsen sind. Sirbirer leben in anderen Umwelten als Äthiopier. Sie mögen unterschiedliche Götter oder Religionen haben, aber sie glauben. Ok, nicht alle, schon klar. Oder? Und falls ja, an was denn? An das Unbekannte. An das Unbekannte, dass auch Wissenschaftler nicht kennen. Ansonsten könnte man sämtlichen Wissenschaftsbetrieb einstellen.
Mach doch! Mach doch mal die Probe! Rechne doch mal sämtlichen Glauben raus! Eine Gegenrechnung. Mehr verlange ich nicht. Und was bleibt dann? 1+1 = 2. Was gibt es darüber hinaus noch zu entdecken? :)
Schwarzfahrer
26.02.2020, 21:03
Meiner Meinung nach ist das sehr wohl relevant. Denn mit dieser Weigerung geht die Verbreitung eines bestimmten Menschenbildes, eine ideelle Einordnung einher, die sich nicht nur in der verwehrten Eheschließung, sondern in sehr vielen anderen Lebensbereichen zeigt. Die Trauung ist nur der sofort sichtbare Gipfel des Eisberges. Darunter verborgen, aber für die betroffenen Menschen jederzeit spürbar, ist die gesellschaftliche Herabsetzung gleichgeschlechtlicher Liebe auf breiter Front.
Diese These unterstellt eine größere Wirkungsmacht und Autorität der Kirchen, als ich es sie je in diesem Land wahrgenommen habe. Ich kenne auch niemanden der sich in seiner Meinung auf die Haltung der Amtskirchen berufen würde (auch meine gläubigen Bekannten nicht). Aber es mag Menschen geben, die das tun.
Wenn ich staatlich durch Gesetze diskriminiert werde, ist das unbedingt zu ändern. Wenn mich eine Glaubensgemeinschaft diskriminiert, ist es für mich wie ein Verein - ich muß ihnen nicht beitreten, ich kann sie links liegen lassen. Und es ist ihr gutes Recht, mich nicht zu mögen - es kann auf Gegenseitigkeit beruhen.
Müssen wir uns so etwas wirklich gefallen lassen?
Ja, das gehört zur Meinungsfreiheit für mich, auch dumme Ansichten zu dulden, solange sie mir nicht aktiv Schaden zufügen (können).
Schwarzfahrer, es gibt jedoch zahlreiche Gegenbeispiele für Deine These. In Dänemark beispielsweise...
Dänemark kenne ich nicht. Überall wo ich bisher gelebt habe, und in allen Ländern, von denen ich etwas mehr gelesen habe, habe ich aber das sehen können: Menschen suchen nach Glauben; als in den 80-ern die christlichen Kirchen anfingen an Zuspruch zu verlieren, blühten verschiedene Sekten (Baghwan u.ä.) auf; auch die teilweise missionarische Ausprägung neuer Ernährungsformen, Esoterik, Homöopathie etc. dienen alle als Religionsersatz, um dieses Bedürfnis zu befriedigen. Es würde mich wundern, wenn die Dänen da eine so rationale Ausnahme wären.
Klugschnacker
26.02.2020, 21:10
Weil die Menschen in anderen Umwelten aufgewachsen sind. Sirbirer leben in anderen Umwelten als Äthiopier. Sie mögen unterschiedliche Götter oder Religionen haben, aber sie glauben. Ok, nicht alle, schon klar. Oder? Und falls ja, an was denn? An das Unbekannte. An das Unbekannte, dass auch Wissenschaftler nicht kennen.
Das wäre mir neu, dass die Menschen an das Unbekannte glaubten. Schließlich haben sie ihre Götter und Religionen selbst erfunden. Beispielsweise glauben die Christen, sie seien Ebenbilder des Schöpfers des Universums, und dessen Sohn sei ganz Mensch.
In der Theologie erfährt man zudem außerordentlich detailliert, wie es im Himmel zugeht, bis hin zu Auskünften darüber, welche Sprache die Engel sprechen: Henochisch. Hier weitere Infos sowie Tipps zur korrekten Aussprache (https://de.wikipedia.org/wiki/Henochische_Sprache#Beispiel_zur_Aussprache).
Richtig ist, dass Götter und Teufel in der Wissenschaft unbekannt sind.
Rechne doch mal sämtlichen Glauben raus! Eine Gegenrechnung. Mehr verlange ich nicht. Und was bleibt dann? 1+1 = 2. Was gibt es darüber hinaus noch zu entdecken?
Es fasziniert mich, wie sehr manche Leute von Aberglauben durchdrungen sind, sodass sie ehrlichen Gewissens annehmen, dass außerhalb dieses Aberglaubens nichts zu entdecken wäre.
Dabei leben wir in einer Zeit, die an aufregenden Entdeckungen keinen Mangel hat. :(
.......
Wenn ich staatlich durch Gesetze diskriminiert werde, ist das unbedingt zu ändern. Wenn mich eine Glaubensgemeinschaft diskriminiert, ist es für mich wie ein Verein - ich muß ihnen nicht beitreten, ich kann sie links liegen lassen. Und es ist ihr gutes Recht, mich nicht zu mögen - es kann auf Gegenseitigkeit beruhen.
.......
Du negierst einfach den politischen Einfluss der Kirchen in die grossen Parteien hinein. Die Kirchen woll(t)en über andere Gruppen bis die Mehrheit (Frauen) per staatliche Gesetze bestimmen, was sie in manchen Fragen für ein Leben führen sollen / müssen. Weshalb hatte Deutschland solange den § 175, weshalb stellten sich die Kirchen auch gegen die gleichgeschechtliche zivile Ehe? Weshalb sind deutsche Frauen so lange in die Niederlande zur Abtreibung gefahren? Weshalb gibt es keine Sterbehife wie in der Schweiz? Wären die Betroffenen nicht selber aktiv geworden, hätten wir heute noch Gesetze wie 1960 z.B. bei der Sexualgesetzgebung, bei der Scheidung, bei den Rechten für die Frauen usf.
Erfahrungsgemäss war es nie einfach, in DE eine Gesetzgebung gegen den Widerstand der Kanzel durchzubringen.
Klugschnacker
26.02.2020, 21:26
Überall wo ich bisher gelebt habe, und in allen Ländern, von denen ich etwas mehr gelesen habe, habe ich aber das sehen können: Menschen suchen nach Glauben...
Menschen werden in ihrem Elternhaus zum Glauben erzogen. Deshalb haben sie in den allermeisten Fällen denselben Glauben wie ihre Eltern. Eine aktive Auseinandersetzung oder Suche findet offenbar in aller Regel nicht statt.
Dem entspricht unser leicht gruseliges, amüsiertes Kopfschütteln, wenn wir hören, dass Rälph sich aktuell das Lesen der kompletten Bibel antut. Das ist in unserer Kultur sehr außergewöhnlich. Diese Tatsache widerspricht Deiner Darstellung, die Menschen würden allgemein nach Glauben suchen.
... als in den 80-ern die christlichen Kirchen anfingen an Zuspruch zu verlieren, blühten verschiedene Sekten (Baghwan u.ä.) auf; auch die teilweise missionarische Ausprägung neuer Ernährungsformen, Esoterik, Homöopathie etc. dienen alle als Religionsersatz, um dieses Bedürfnis zu befriedigen.
Das zu belegen dürfte Dir schwer fallen. :Blumen:
Schwarzfahrer
26.02.2020, 21:36
Ich wollte ...mich eben auf das Christentum konzentrieren, weil Du da meines Erachtens mit der Aufzählung der paar Probleme in DE den politischen Einfluss dieser Religion weltweit verharmlost hast, von den vielen Verbrechen während ihrer langen Geschichte mal ganz abgesehen.
Wie ich schrieb, geht es mir natürlich um das, was in meinem Lebensumfeld passiert, und was in unserer Zeit passiert. Die Zeit der Kreuzzüge und Inquisition ist lange vorbei. Das verharmlose ich nicht, es ist für die aktuelle Debatte irrelevant.
Danach stimmt Deine These vermutlich nicht, dass bei innerislamischen Kriegen mehr Menschen starben.
Das sehe ich anders, auch wenn ich auf die Schnelle die Seite nicht finde, wo seit über 20 Jahren die Opferzahlen aufaddiert werden. Aber immerhin ist bekannt, daß die so böse aktive christliche Religion die weltweit auch am meisten verfolgte Religion ist, und ich keine kein christliches Land, in dem täglich dutzende Menschen Anschlägen und/oder "gesetzlichen" Henkersurteilen zu Opfer fallen, wie in Afghanistand, Irak, Iran, Saudi-Arabien, Syrien, Libyen, Somalia, u.v.a.m..
Du negierst einfach den politischen Einfluss der Kirchen in die grossen Parteien hinein.
Negieren ist zu viel gesagt, ich sehe es nicht ganz so, zumindest nicht in der Bevölkerung. Wobei ich es für möglich halte, daß in der Bevölkerung ein wesentlicher Anteil von Menschen (und auch Abgeordneten) mit "altbackenen" christlichen Vorstellungen da ist, die auch ohne Anstiftung seitens der Kirchen diese Einstellung haben - und das wäre in einem demokratischen System leider auch auszuhalten. Oder müßten dann solche Stimmen auch "rückgängig gemacht werden"?
Die Kirchen woll(t)en über andere Gruppen bestimmen, was sie in manchen Fragen für ein Leben führen sollen / müssen.
Das wollen die unterschiedlichsten Gruppen, z.B. auch die Grünen, die DUH, FFF, u.v.a.m. Das ist Demokratie - Wettstreit verschiedener Konzepte. Wer die Mehrheit hat (oder die Mehrheit überzeugt), setzt sich durch - auch wenn es den anderen nicht gefällt.
.....
..... auch die teilweise missionarische Ausprägung neuer Ernährungsformen, Esoterik, Homöopathie etc. dienen alle als Religionsersatz, um dieses Bedürfnis zu befriedigen. Es würde mich wundern, wenn die Dänen da eine so rationale Ausnahme wären.
Die Nord- oder Südkurve mit ihren Fangesängen und Fahnen ersetzen heute das gemeinsame Kirchenlied und andere sakrale Kulte ;)
......
Das wollen die unterschiedlichsten Gruppen, z.B. auch die Grünen, die DUH, FFF, u.v.a.m. Das ist Demokratie - Wettstreit verschiedener Konzepte. Wer die Mehrheit hat (oder die Mehrheit überzeugt), setzt sich durch - auch wenn es den anderen nicht gefällt.
Die Kirchen stellen doch eine Körperschaft öffentlichen Rechtes dar zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben und keine politische Partei. Die RKK ist übrigens der grösste Immobilienbesitzer in DE und besitzt ca. 340 Milliarden Vermögen. Das reicht für beliebig viele Kampagnen. :Lachen2: Ausserdem haben die Parteien nur ca. 1, 2 Millionen Mitglieder, die Kirchen aber ca. 22 Millionen. Die Parteien darf man nun kritisch betrachten, bei Kirchen, welche auch ihren Einfluss ausüben, wäre es aus verschiedenen Gründen fehl am Platz, nach Deiner Auffassung. Auch Kirchen- und Religionskritik gehört halt zur Demokratie.
Du hast eingangs die Meinung vertreten, man könnte einfach austreten, wenn die Kirche etwas nicht gutheisst, und braucht deren Verhalten und Einstellung nicht weiter zu kritisieren. In vielen Fällen war das aber in der Vergangenheit genau notwendig, um die Gesetze zu ändern gegen den Widerstand der Kirchen.
Schwarzfahrer
26.02.2020, 21:45
Das zu belegen dürfte Dir schwer fallen. :Blumen:
Ja, keine Lust zu suchen. Google mal nach Religionsersatz und Ersatzreligion, da findest Du jede Menge dazu, wie und warum sich Menschen eine "Religion" suchen. Etwas hochgestochener auch die wissenschaftliche Betrachtung dazu bei der BPB (https://www.bpb.de/apuz/162383/religiositaet-und-sinnsuche?p=all).
Klugschnacker
26.02.2020, 22:36
Ja, keine Lust zu suchen. Google mal nach Religionsersatz und Ersatzreligion, da findest Du jede Menge dazu, wie und warum sich Menschen eine "Religion" suchen. Etwas hochgestochener auch die wissenschaftliche Betrachtung dazu bei der BPB (https://www.bpb.de/apuz/162383/religiositaet-und-sinnsuche?p=all).
Hab ich gelesen. Mir scheint nun, die Begriffe Religionsersatz oder Ersatzreligion leben vor allem von der sehr unscharfen Verwendung des Religionsbegriffs. Hier ist der wesentliche Absatz:
"Eine wichtige Reaktion [auf die Sinnfrage] ist die Suche nach Orientierung, Halt und Sinn nicht mehr nur in der umfassenden Weise der Offenbarungsreligionen, sondern in der Vielfältigkeit von Sinnangeboten.
Schon der Theologe Paul Tillich wies darauf hin, dass Religion als Sinnressource nichts zur Verfügung stellt, was nicht auch Ethik, Philosophie, politische Ideologien und sogar die Kunst zu bieten hätten.
In der modernen Gesellschaft lässt sich das um unendliche Möglichkeiten ergänzen: Der individuelle Sinnsucher entdeckt oder legt "Sinn" und "Orientierung" in den Pilateskurs ebenso wie in den Fußballverein, in esoterische Pseudo-Wissenschaft ebenso wie in fernöstliche Weisheitslehren."
Ich würde dem Autor übrigens widersprechen. Es wird behauptet, die Religionen böten Orientierung und Sinn. Das Christentum liefert jedoch keine Orientierung, was man leicht daran erkennen kann, dass es zu praktisch jeder moralischen oder gesellschaftlichen Frage innerhalb des Christentums unterschiedliche, wenngleich oft dogmatisch vertretene Meinungen gibt.
Sinn liefert es ehrlicherweise ebenfalls nicht oder nicht mehr. Der Erlösungsreligion sind die Menschen abhanden gekommen, die einsähen, wovon sie erlöst werden müssten.
Afghanistan, Irak, Iran, Saudi-Arabien, Syrien, Libyen, Somalia, u.v.a.m.
Ich stimme Dir zu, dass die Zustände in diesen Ländern verursacht durch Religion kritikwürdig sind.
Was ich nicht verstehe: Die Leute in diesen Ländern werden Dir zweifellos irgendwelche Gründe präsentieren, warum eine Kirchen-/Religionskritik zu unterbleiben hätte. Es wäre eine ähnliche Situation wie zwischen Dir und mir, nur mit getauschten Rollen: Du wärest plötzlich derjenige, der sich mühsam rechtfertigen müsste, warum Kritik immer erlaubt sein sollte; und die anderen werden Dir sagen, warum es zu unterbleiben hätte.
Meine Position ist hier klar: Kritik muss immer erlaubt sein, und die Adressaten müssen das aushalten. Deine Position ist mir nicht so klar. Denn bei Dir ist es mal erlaubt, und mal nicht.
Zwar sehe ich Deine Unterscheidung zwischen "tut keinem weh" und "Kopf abhacken", also zwischen "Christentum in Deutschland" und "Islam in Saudi-Arabien". Aber die Leute vor Ort werden auf diese Unterscheidung nicht viel geben, weder in Deutschland noch in Saudi-Arabien. Wo immer man Gläubige fragt, werden sie sich empören.
Die bei weitem strittigste Frage in diesem Thread ist nicht theologischer oder wissenschaftlicher Art. Sondern es geht immer wieder darum, ob Kritik überhaupt vorgebracht werden darf oder soll.
Umgekehrt macht es Sinn: Wenn es selbst in Deutschland dermaßen mühsam ist, die Kirchenfürsten zu kritisieren — wie soll es dann in autokratischen System möglich sein? Aus dieser Perspektive finde ich Forderungen, in Deutschland wäre Kritik nicht angebracht, nicht überzeugend.
Nobodyknows
27.02.2020, 06:20
....Darunter verborgen, aber für die betroffenen Menschen jederzeit spürbar, ist die gesellschaftliche Herabsetzung gleichgeschlechtlicher Liebe auf breiter Front.
...
Betroffen davon sind Menschen, die am Gärtnerplatz in München oder hier in Freiburg meine Nachbarn und Freunde sind. Deren fortwährende Diskriminierung durch die Kirchen ist eine Unverschämtheit. Ich denke, ich habe jedes Recht und ausreichend Grund, mich dagegen einzusetzen.
Kritik und Zurückweisung verdient nicht nur diese religiöse Anmaßung gegenüber anderen Menschen, sondern insbesondere deren Begründung...
Müssen wir uns so etwas wirklich gefallen lassen?
Also Du Arne, der überzeugte Atheist, belesen und mit Fachwissen, erfahren durch zahlreiche Diskussion an denen Du beteiligst warst, stets wissend was überzeugende und auch wissenschaftlich belastbare Argumente gegen die Kirchen sind und wie und wann sie zielführend angewendet werden, Du Arne, Du hast Freunde die sich in einer Kirche vor einem Mann in Frauenkleidern und im Namen des Heiligen Geistes das Ja-Wort geben wollen? :confused:
Warum erklärst Du deinen Freunden nicht welchem Irrglauben und welcher verächtlichen Institution sie auf den Leim gehen würden, wenn sie die kirchliche Trauung als ein besonderes Zeichen ihrer gegenseitigen Liebe betrachten?
Oder fehlt Dir gegenüber deinen Freunden etwa die Überzeugungskraft? ;)
In dem Fall laß dir von Jörn helfen. :Cheese:
Gruß
N. :Huhu:
PS: Größte deutsche Landeskirche führt Trauung für Homosexuelle ein (https://www.katholisch.de/artikel/21688-groesste-deutsche-landeskirche-fuehrt-trauung-fuer-homosexuelle-ein)
Klugschnacker
27.02.2020, 07:09
Du Arne, Du hast Freunde die sich in einer Kirche vor einem Mann in Frauenkleidern und im Namen des Heiligen Geistes das Ja-Wort geben wollen?
Ja, ich habe gleichgeschlechtlich liebende Freunde und Nachbarn. Darüber hinaus Menschen des öffentlichen Lebens, die einen Menschen des gleichen Geschlechts lieben, und mir etwas bedeuten.
Ob sie alle in der Kirche heiraten wollen? Das glaube ich nicht. Manche ja, die meisten eher nicht. Manche wollen überhaupt nicht heiraten. Das ist genau so wie bei heterosexuellen Paaren.
Was sie sich allesamt wünschen, ist ein gesellschaftliches Klima der Gleichstellung. Damit ist einerseits die rechtliche Gleichstellung gemeint, andererseits die emotionale Anerkennung. Es geht darum, ob man beispielsweise in einer Gesellschaft mit seinem Partner oder seiner Partnerin Hand in Hand spazieren gehen kann. Ob man seinen homosexuellen Partner zu einem beruflichen Termin mitbringen kann, wenn die heterosexuellen Paare das tun. Ob man sich "outen" muss, oder ob man ohne gesellschaftliche Stigmatisierung leben kann.
Die Kirche verhindert nicht nur die Trauung, sondern die gesellschaftliche Gleichstellung. Darum argumentiert sie nicht – wie der Staat – mit rechtlichen Begriffen, sondern mit Gut und Böse, also mit moralisch aufgeladenen und auf dieser Ebene diskreditierenden Begriffen.
Der Vorwurf, welchen ich den Kirchen mache, ist die scheinheilige Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas. Wie ich oben bereits schrieb, ist die Verweigerung der kirchlichen Trauung nur der leicht sichtbare Gipfel des Eisbergs. Sie ist nicht der Kern der Sache. Die Kirchen nutzen ihre Autorität und Machtmittel, um gleichgeschlechtlich liebende Menschen von einer rechtlichen, gesellschaftlichen und emotionalen Gleichstellung auszuschließen. Dagegen wende ich mich.
Ähnliche Auseinandersetzungen mit den christlichen Kirchen gab es, wie qbz bereits erwähnte, auch bei anderen gesellschaftlichen Fragen, etwa der sexuellen Selbstbestimmung der Frauen, Verhütung, vorehelichem Geschlechtsverkehr, Scheidung und Wiederheirat, ärztlich begleitetem Schwangerschaftsabbruch und aktuell Sterbehilfe.
Klugschnacker
27.02.2020, 07:41
PS: Größte deutsche Landeskirche führt Trauung für Homosexuelle ein (https://www.katholisch.de/artikel/21688-groesste-deutsche-landeskirche-fuehrt-trauung-fuer-homosexuelle-ein)
In Deinem Link geht es um eine bestimmte evangelische Landeskirche. In anderen Landeskirchen ist die Situation eine andere.
Grundsätzlich gilt in fast allen evangelischen Landeskirchen, dass der Pfarrer das letzte Wort darüber hat, ob er eine Trauung vornimmt oder nicht. Dieser Vorbehalt einer "Gewissensentscheidung" ist die typisch perfide Herabsetzung durch die Kirchen.
Ansonsten gibt es in den verschiedenen evangelischen Landeskirchen einen bunten Strauß an Regelungen, wie eine gleichgeschlechtliche Trauung möglich wäre:
vollständige Gleichstellung unter Gewissensvorbehalt
Trauung nach Entscheidung der jeweiligen Gemeinde möglich, inkl. Glockengeläut
Keine Trauung, aber Segnung im öffentlichen Gottesdienst, sofern die Gemeinde zustimmt
Segnung im öffentlichen Gottesdienst als "Akt der Seelsorge", aber keine Trauung, kein Glockengeläut
Nichtöffentliche Segnung der Partnerschaft, mit Glockengeläut
Ich erwähne dieses Durcheinander als Antwort an Schwarzfahrer, der argumentierte, die Kirche böte einfachen Menschen Orientierung. Ja, was denn nun? Sind homosexuelle Paare in der evangelischen Kirche anerkannt oder nicht?
:Lachen2:
Immer wieder gerne verweise ich auf den Disput bei Anne Will, in dem der Bischof Overbeck 2010 Rosa von Praunheim erklärt, weshalb praktizierende Homosexuelle in Sünde leben, weil das Gott so wolle, dass eben Mann und Frau Kinder zeugen. Toleranz und Akzeptanz anderer Lebensformen scheinen für den Bischof ein Fremdwort zu sein. Für homosexuelle Kirchenmitglieder, speziell vor dem Coming Out, entstehen durch solche von der Kanzel verbreiteten Lehren logischerweise grosse seelische Konflikte bis zu höheren Suicide-Risiken, weswegen auch eine öffentliche Kritik an solchem reaktionären (und unwissenschaftlichem) Gedankengut gesellschaftlich notwendig ist.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck im Diskurs mit Regisseur Rosa von Praunheim über Sexualmoral und Homosexualität in der katholischen Kirche in der Talkshow „Anne Will am 11.04.2010 in der ARD. Von Praunheim wirft der katholischen Kirche Doppelmoral und ein Nichteinhalten der eigenen Ansprüche vor, Overbeck bezeichnet Homosexualität als Sünde. (3,34 min lang) (https://www.youtube.com/watch?v=E3n-M-czMfo&t=)
Schwarzfahrer
27.02.2020, 09:01
Hab ich gelesen. Mir scheint nun, die Begriffe Religionsersatz oder Ersatzreligion leben vor allem von der sehr unscharfen Verwendung des Religionsbegriffs.
Das dürfte eine wesentliche Ursache unserer Meinungsverschiedenheit sein. Für mich ist eben das die für Menschen praktisch relevante, präzise Vorstellung und Bedeutung von Religion. Für Dich und Jörn offenbar "unscharf", da ihr Religion auf die kirchlichen Dogmen reduziert.
Der Erlösungsreligion sind die Menschen abhanden gekommen, die einsähen, wovon sie erlöst werden müssten.
Dafür bemüht sich die Klimabewegung den Menschen eine neue Erlösungsvision zu bieten, Erlösung von der Sünde der Klimaschädigung durch Rückabwicklung der Industrialisierung - aber das ist ein anderes Thema.
Schwarzfahrer
27.02.2020, 09:13
Meine Position ist hier klar: Kritik muss immer erlaubt sein, und die Adressaten müssen das aushalten. Deine Position ist mir nicht so klar. Denn bei Dir ist es mal erlaubt, und mal nicht.
Ich sagte nie, Kritik sein nicht erlaubt. Aber Kritik muß an die richtige Adresse gerichtet werden, und trotz Deiner guten Absicht treffen Deine Formulierungen regelmäßig die Falschen (es haben schon verschiedene Teilnehmer darauf hingewiesen, warum wohl kaum wirklich Gläubige hier mitdiskutieren). Und ich halte Kritik an kirchlichen Dogmen und deren Eingriff ins öffentliche und private Leben für richtig, die Verdammung von Religion als Konzept für falsch, da das ein Grundbedürfnis der Menschlichen Psyche leugnet.
Die bei weitem strittigste Frage in diesem Thread ist nicht theologischer oder wissenschaftlicher Art. Sondern es geht immer wieder darum, ob Kritik überhaupt vorgebracht werden darf oder soll.
Nein, für mich strittig ist, an wen Kritik gerichtet wird, und wie es ausgedrückt wird, ohne die Gegenseite herabzuwürdigen.
...nde ich Forderungen, in Deutschland wäre Kritik nicht angebracht, nicht überzeugend.
Ich fordere gar nichts, ich meine nur, daß Religionskritik an deutschen Kirchenfürsten berechtigt ist, aber die wirklich großen Probleme mit Religion übersieht, und sich auf m.M.n. gesamtgesellschaftlich wenig relevante Details konzentriert. Ich sehe nun mal in den christlichen Kirchen in Deutschland eine Institution, die praktisch marginalisiert ist, sich aber an den Träumen alter Größe sich berauscht - ähnlich wie die SPD. Ignorieren kann ihren Untergang mehr beschleunigen, als besondere Aufmerksamkeit.
Nobodyknows
27.02.2020, 09:17
Immer wieder gerne verweise ich auf den Disput bei Anne Will, in dem der Bischof Overbeck 2010 Rosa von Praunheim erklärt, weshalb praktizierende Homosexuelle in Sünde leben...
Zur Abrundung :Cheese: :
Schwule in der DDR: Von der Kirche beschützt, von der Stasi bespitzelt.
...
Micco ist in der DDR aufgewachsen. Die Hälfte seines Lebens, fast aufs Jahr genau, hat er in Leipzig verbracht. Sexualität kannte er lange nur im Geheimen, wagte erst im Schutzraum der Kirche sein Coming-out...
...
Die evangelische Kirche hatte damit großen Anteil an der schwul-lesbischen-Emanzipationsbewegung. "Sie bot uns einen geschützten Raum, in dem wir selbstbestimmt reden konnten. Und dazulernen"
(https://www.spiegel.de/geschichte/schwule-in-der-ddr-von-der-kirche-beschuetzt-von-der-stasi-bespitzelt-a-b0934443-538a-4e6d-b012-3e90b7e45569)
Gruß
N. :Huhu:
Schwarzfahrer
27.02.2020, 09:22
Ich erwähne dieses Durcheinander als Antwort an Schwarzfahrer, der argumentierte, die Kirche böte einfachen Menschen Orientierung. Ja, was denn nun? Sind homosexuelle Paare in der evangelischen Kirche anerkannt oder nicht?
:Lachen2:
Dieses Durcheinander kann man auch als ein Zeichen für Liberalisierung und Offenheit dieser Kirche sehen - sie geben dem Einzelnen Mitglieder die Freiheit, ihre Sicht der Welt zu leben, und auf ihre Art dem Zeitgeist zu folgen.
Ansonsten verstehe ich grundsätzlich nicht, warum ein Homosexueller unbedingt von der Kirche anerkannt werden will. Ist für mich so, wie wenn ein überzeugter Fahrradfahrer bemängelt, daß er mit seinem Hollandrad im Mantaclub nicht willkommen ist. Niemand wird jemals überall gleich willkommen sein, aber jeder hat hierzulande die Freiheit, sich sein Umfeld selbst zu suchen.
.......
Ansonsten verstehe ich grundsätzlich nicht, warum ein Homosexueller unbedingt von der Kirche anerkannt werden will.
.......
Du kennst vermutlich niemanden aus Deinem Bekanntenkreis, der homosexuell und Kirchenmitglied ist.
In meinem Freundes- / Bekanntenkreis kenne ich lesbische Paare, Frauen, (z.T. mal in Wohngemeinschaften zusammen gewohnt), welche die ganze Entwicklung im zivilen Bereich schon lange erwarteten und zunächst zivil heirateten, zum Teil später dann auch die evangelische Heirat per Segnung (immer noch eine Diskriminierung!) durchführten. Die eine lesbische Frau liest übrigens, obwohl evangelisch, begeistert Ratzingertexte und singt in einem Kirchenchor.
Genauso nahm ich leider, da schon im Seniorenalter, sowohl an nichtkirchlichen wie kirchlichen Beerdigungen von Freunden und Angehörigen teil.
Mir scheint einfach, dass auch für Menschen, welche fast nie in die Kirche gehen und mehr oder weniger ohne kirchlichen oder religiösen Bezug leben, es als passives Kirchenmitglied wenige sozial-gesellschaftliche, traditionelle Schnittpunkte, Rituale mit der Kirche gibt, nämlich: die Taufe der Kinder, die Firmung oder 1. Kommunion, die Heirat, die Beerdigung. Und das ganz unabhängig von jeder sexuellen Orientierung!
Mir persönlich wäre das auch fremd, als Nichtkirchenmitglied. Ich bin auch jedes Mal froh, wenn ein kirchlicher Trauergottesdienst vorbei ist (im Unterschied zu einer zivilen Gedenkzusammenkunft), akzeptiere es, wenn jemand auf solche Formen wert legt, und nehme aus Freundschaft und dem Wiedersehen von ehemals vertrauten Menschen an kirchlichen Heiraten oder Beerdigungen teil, käme aber nie auf die Idee, jemandem solche Rituale auszureden, weil jeder das Recht hat, für sich die passenden zu wählen. Und da ordnet man sich als Freund ein bzw. nimmt daran teil. (auch an einer muslimischen Hochzeitsfeier oder Beerdigung). Umgekehrt läuft es genauso.
Ansonsten verstehe ich grundsätzlich nicht, warum ein Homosexueller unbedingt von der Kirche anerkannt werden will. Ist für mich so, wie wenn ein überzeugter Fahrradfahrer bemängelt, daß er mit seinem Hollandrad im Mantaclub nicht willkommen ist. Niemand wird jemals überall gleich willkommen sein, aber jeder hat hierzulande die Freiheit, sich sein Umfeld selbst zu suchen.
Dann sollte die katholische Kirche vielleicht auch mal kommunizieren, dass sie auf einer Stufe mit einem Mantaclub steht und dass es komplett egal ist ob man bei ihr Mitglied ist oder nicht. Wenn es einem nicht passt, kann man ja woanders hin gehen und glücklich werden.
Oder hält sich die k. Kirche für die einzig wahre Vertretung Gottes auf Erden und sollte allen Menschen offen stehen (die da gerne mitmachen wollen)?
Klugschnacker
27.02.2020, 10:20
[Die Kirchen] geben dem Einzelnen Mitglieder die Freiheit, ihre Sicht der Welt zu leben, und auf ihre Art dem Zeitgeist zu folgen.
Ach so, ihre individuelle Sicht der Welt und Freiheit und Zeitgeist.
Ich dachte bisher, man beruft sich auf göttlichen Willen, der sich den Kirchen als Sachwalter Gottes exklusiv und deutlich offenbart habe.
Ansonsten verstehe ich grundsätzlich nicht, warum ein Homosexueller unbedingt von der Kirche anerkannt werden will.
Verstehst Du das wirklich nicht? Ich habe mich bemüht, das oben darzustellen. Es geht nicht allein um die Anerkennung durch den Klerus. Sondern um allgemeine gesellschaftliche Anerkennung und Gleichstellung. Die Kirchen und Gläubigen bestimmen das gesellschaftliche Klima mit. Institutionale homophobe Diskriminierung ist heute ein Privileg der Kirchen, vom äußersten rechten politischen Rand einmal abgesehen.
Dabei ist der christliche Klerus der größte Homosexuellentreff der Welt. Die damit verbundene Bigotterie und Unaufrichtigkeit ist kaum zu ertragen.
Klugschnacker
27.02.2020, 10:41
[Der Religionsbegriff] dürfte eine wesentliche Ursache unserer Meinungsverschiedenheit sein. Für mich ist eben das die für Menschen praktisch relevante, präzise Vorstellung und Bedeutung von Religion. Für Dich und Jörn offenbar "unscharf", da ihr Religion auf die kirchlichen Dogmen reduziert.
Ich verwende die Definition von Wikipedia:
Religion ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Weltanschauungen, deren Grundlage der jeweilige Glaube an bestimmte transzendente (überirdische, übernatürliche, übersinnliche) Kräfte ist.
Klimaschutz oder Vegetarismus sind daher keine Religionen, auch keine Ersatzreligionen, da kein Glaube an übernatürliche Kräfte vorhanden ist. Dasselbe gilt für den Kommunismus.
Worauf Du Dich beziehst sind möglicherweise die Privatreligionen der meisten gläubigen Menschen, die sich vage an das Christentum anlehnen. Sofern ein Jenseitsbezug vorhanden ist, würde ich diese Definition als Religion akzeptieren.
Damit wir nicht alle aneinander vorbeireden, finde ich es zweckmäßig, sich in dieser Debatte auf die offiziellen Standpunkte der verschiedenen christlichen Kirchen zu konzentrieren.
LidlRacer
27.02.2020, 11:26
Dafür bemüht sich die Klimabewegung den Menschen eine neue Erlösungsvision zu bieten, Erlösung von der Sünde der Klimaschädigung durch Rückabwicklung der Industrialisierung - aber das ist ein anderes Thema.
Das ist in jeder Hinsicht grober Unfug und ich denke, das bedarf keiner weiteren Erklärung.
Nobodyknows
27.02.2020, 11:33
Dann sollte die katholische Kirche vielleicht auch mal kommunizieren, dass sie auf einer Stufe mit einem Mantaclub steht und dass es komplett egal ist ob man bei ihr Mitglied ist oder nicht. Wenn es einem nicht passt, kann man ja woanders hin gehen und glücklich werden.
Also bei mir macht die katholische Kirche das genau so wie Du es forderst.
Sie hat mich noch nie kontaktiert und macht mir somit unmissverständlich klar, dass es ihr komplett egal ist ob ich bei ihr Mitglied bin oder nicht.
Auch andere große Vereine an denen man sich gut reiben könnte, da sie viel Einfluß in Deutschland haben, zum Beispiel der ADAC (https://lobbypedia.de/wiki/ADAC)(über 20 Millionen Mitglieder) und der Deutsche Fußball Bund (https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-vertuschte-hinweise-auf-korruption-1.2836609)(über 7 Millionen Mitglieder) lassen mich links liegen und ignorieren mich.
Das schenkt mir unbekümmerte Zeit, die ich mit für mich wichtigeren Dingen verbringen kann. :Blumen:
Das Leben kann so einfach sein. :Cheese:
Gruß
N. :Huhu:
]Warum erklärst Du deinen Freunden nicht welchem Irrglauben und welcher verächtlichen Institution sie auf den Leim gehen würden, wenn sie die kirchliche Trauung als ein besonderes Zeichen ihrer gegenseitigen Liebe betrachten?
Das ist das argumentative Niveau einer Schulhof-Prügelei und nicht das Niveau einer intellektuellen Debatte. Es ist überhaupt nicht relevant, wer welche Bekannte hat und was diese tun. Davon hängt argumentativ nichts ab.
Du bemühst die persönliche Ebene, weil Deine Postings nichts weiter sind als persönliche Anwürfe, die Du in fadenscheinige Argumente kleidest.
Nobodyknows
27.02.2020, 11:55
Das ist das argumentative Niveau einer Schulhof-Prügelei und nicht das Niveau einer intellektuellen Debatte. Es ist überhaupt nicht relevant, wer welche Bekannte hat und was diese tun. Davon hängt argumentativ nichts ab.
Du bemühst die persönliche Ebene, weil Deine Postings nichts weiter sind als persönliche Anwürfe, die Du in fadenscheinige Argumente kleidest.
Wie intellektuell die Debatte hier stellenweise geführt wird zeigt dein Posting #15997 in dem Du meine Meinungsäußerung als eine (strafbewehrte) Verleumdung bezeichnest. :cool:
Und auch Arnes Argumente "ad hominem" in seinem Posting #16002 (...Du Dich in dem Thema nicht auskennst...hast Du Dir...etwas Griffiges von Luther rausgesucht, der Dir ansonsten ebenfalls unbekannt ist) sind hochgradig intelektuell [nicht].
Kannst schlecht einstecken, oder?
Gruß
N. :Huhu:
Für mich ist eben das die für Menschen praktisch relevante, präzise Vorstellung und Bedeutung von Religion. Für Dich und Jörn offenbar "unscharf", da ihr Religion auf die kirchlichen Dogmen reduziert.
Du schreibst, Du und der Gläubige hätten eine präzise Vorstellung von Religion und ihrer Bedeutung. Die Kritiker würden sich unscharf auf Dogmen berufen und die Religion darauf reduzieren.
Nach meinem Verständnis ist es genau andersherum. Die meisten Gläubigen haben sehr wenig Wissen über ihre eigene Religion. Weder lesen sie die Bibel, noch kennen sie den Katechismus, noch schenken sie den Predigten ihrer Priester irgendeine Beachtung.
Entsprechend nebulös fällt die Antwort auf jede beliebige Frage aus, die man Gläubigen in einer Debatte stellt. Das war auch in diesem Thread zu beobachten. Vorhersagbar verstummt die Debatte genau dann, wenn es um den angeblichen Kern der christlichen Debatte geht: Sinn, Moral, Woher, Wohin.
Gläubige Christen sind am Inhalt ihrer Religion in aller Regel nicht interessiert. Insofern kann von einer "Präzision" überhaupt nicht die Rede sein. Ich bestreite, dass man überhaupt von "Interesse" sprechen könnte.
Religionskritiker hingegen verwenden meist erhebliche Mühe darauf, die Bibel zu lesen, Begleitliteratur zu studieren, sowie Argumente und Gegenargumente zu verstehen. Was soll das sein, wenn nicht "präzise"?
Noch zwei wesentliche Punkte:
Erstens, Du schreibst, dass der private Glaube relevant sei, und nicht die Dogmen. Ich verstehe, was Du meinst. Aber für was ist der private Glaube relevant? Solange es um die Durchsetzung irgendwelcher Dinge geht, ist der private Gläubige völlig machtlos, folglich also auch nicht relevant.
Zweitens, Du schreibst von "den Gläubigen" — was Du mir dauernd vorwirfst. Ich antworte dann, dass die privaten Gläubigen überhaupt nicht Gegenstand meiner Kritik sind. Dennoch fällst Du immer wieder darauf zurück.
Kannst schlecht einstecken, oder?
Ich halte Dich für einen Forentroll und benutze Deine Postings nur, um einen Anlass zu haben, meine Thesen zu verbreiten.
Aber Kritik muß an die richtige Adresse gerichtet werden
Dann sollte es ein Konsortium geben, das über die richtige Adresse entscheidet — wie im Iran.
ich halte (...) die Verdammung von Religion als Konzept für falsch, da das ein Grundbedürfnis der Menschlichen Psyche leugnet.
Es gibt kein Grundbedürfnis der menschlichen Psyche nach Religion.
Was soll das sein, "Religion als Konzept"? Entweder sind die Behauptungen der Bibel und der Kirchen zutreffend oder gelogen.
Ich könnte ja behaupten, ich sei der Sohn Gottes und sein Stellvertreter — natürlich nur konzeptionell. Würde Dich das beeindrucken?
ohne die Gegenseite herabzuwürdigen.
Erneut fällst Du auf die persönliche Ebene des privaten Gläubigen zurück. Du behauptest sogar, ich hätte die privaten Gläubigen herabgewürdigt. Wahr ist stattdessen, dass private Gläubige nicht von mir kritisiert werden, da sie für meine Kritik nicht relevant sind. Leider ignorierst Du meine zahlreichen Hinweise darauf und verdrehst meine Postings entsprechend.
Hallo Schwarzfahrer, die Antworten auf diese Fragen stehen noch aus, vielleicht hast Du gelegentlich Zeit dafür:
(...) eine berechtigte Frage, zu der Du selbst hingeführt hast: Was, wenn nicht Christus, ist entscheidend für das Christentum?
(...) irgendwo in diesen Texten muss doch auch eine "entscheidende Sache" zu finden sein. Einverstanden, halten wir uns nicht mit Details auf. Aber was ist der Kern?
Mich würde das Kriterium interessieren, mit dem Du wichtige von unwichtigen Details unterscheidest, und warum Du genau dieses Kriterium für richtig hältst.
Nobodyknows
27.02.2020, 13:06
Ich halte Dich für einen Forentroll und benutze Deine Postings nur, um einen Anlass zu haben, meine Thesen zu verbreiten.
Na dann wünsche ich Dir so viel Erfolg in der breiten Öffentlichkeit wie bisher.
Die Zahl der Kirchenaustritte nimmt ja bereits zu.
Noch ein paar Online-Petitionen, etwas Crowdfunding um Kampagnen wie "Aufnahme des Atheismus-Unterricht in den Lehrplan" (so wie damals in der UdSSR). "Dauerhafte Abschaltung aller Kirchenglocken" und "Verbot christlicher Symbole außerhalb von Privatwohnungen" auf den Weg zu bringen und die Welt wird ein besserer Ort sein.
Gruß
N. :Huhu:
Schwarzfahrer
27.02.2020, 13:24
Hallo Schwarzfahrer, die Antworten auf diese Fragen stehen noch aus, vielleicht hast Du gelegentlich Zeit dafür:
Habe ich m.M.n. bereits in Post 16020 (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1512769&postcount=16020)beantwortet. . Post 16037 (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1512800&postcount=16037)erläutert noch ein paar Details dazu. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. ich will hier auch keine Thesen verbreiten, habe nur meine persönliche Meinung gepostet.
Gut, das kann ich akzeptieren.
Ausgangspunkt war die Frage, ob das Christentum steht oder fällt mit der Existenz (dem Weiterleben) von Jesus. Du hast das verneint, weil es nicht der Kern sei.
Nun schreibst Du, (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1512769&postcount=16020) der Kern sei, dass "Jesus für sie da ist und ihnen verzeiht".
Das klingt für mich weiterhin so, als sei es entscheidend, dass Jesus existiert. Denn wer nicht existiert, kann nicht für die Menschen da sein und ihnen verzeihen.
Dadurch rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob die Jesus-Geschichten, die von seiner Existenz und seinem Weiterleben berichten, wahr sind oder nicht. Das wäre dann der Kern.
Weiterhin wäre zu untersuchen, ob dieser Glaube überhaupt übereinstimmt mit dem, was wir in der Bibel finden. Jenen Jesus, der für alle Menschen da ist, und der alle Fehler verzeiht, gibt es in der Bibel nämlich nicht, und die Bibel ist hier völlig unmissverständlich. Nur wenige Auserwählte werden von Jesus gerettet, und nur ganz bestimmte Fehler werden verziehen. Nicht alle Menschen, und nicht alle Fehler.
Jesus: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden." (Markus, 16,16)
Jesus: "wer aber den Heiligen Geist lästert, der hat keine Vergebung in Ewigkeit" (Markus 3,29)
Bitte beachte die Präzision meiner Kritik (weil Du sagtest, sie sei unscharf).
Wenn einfach alle Menschen gerettet und alle Fehler verziehen würden: Was sollte dann der ganze Zirkus? Warum sollte man sich dann bekehren oder taufen lassen? Warum sollte man beten? Wozu die Bibel lesen? Wozu Gutes tun? Wozu hätten die Jünger bei der Bergpredigt überhaupt zuhören sollen? — Das macht keinen Sinn.
Der Kern des Christentums ist die Lüge von Verdammnis und Erlösung. Nur wenn es Verdammnis gibt, braucht es überhaupt einen Erlöser oder eine Vergebung.
Die Verdammnis wiederum ergibt sich aus der Genesis, also dem 1. Buch Mose (https://www.bibleserver.com/LUT/1.Mose1). Es ist eins der dümmsten Bücher aller Zeiten, in dem jeder einzelne Buchstabe gelogen ist. Wer möchte, kann das leicht überprüfen.
Die Erlösung ist an Bedingungen geknüpft, die von der kath. Kirche erfunden, monopolisiert und bewirtschaftet werden.
.....
Für mein Verständnis aus dem, was ich von Christen gehört habe, ist ein Kern des Christentums der Glaube daran, daß jemand für "uns Christen", oder auch alle Menschen da ist, mit ihnen fühlt und irgendwie alle unsere Fehler vergibt, wobei die Figur des Christus als Vorbild für eine humanistische, anderen Menschen mit Liebe zugewandtes Leben wahrgenommen wird, der Leid auf sich nahm um "uns zu erlösen" (wobei ich mit letzterem nie etwas anfangen konnte, aber der Begriff scheint vielen etwas zu bedeuten).
Ich verstehe es als die Suche nach Halt für Menschen, die sich ihrer eigenen Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit ungern stellen, da ihnen die Verantwortung irgendwie abgenommen wird, oder zumindest erleichtert wird im Glauben, daß "Jesus für sie da ist" und ihnen verzeiht. Dazu kann man sicher auch passende Zitate in der Bibel finden, und was nicht dazu passt, wird in Predigten passend gemacht und uminterpretiert oder einfach ignoriert. Das hat nichts oder wenig mit dem Christentum-Bild zu tun, was Du aus Amtskirchlichen Dogmen-Schriften herausliest, aber es hat mehr mit dem tatsächlich heute gelebten Christentum zu tun (zumindest was ich kenne; in Afrika oder Südamerika mag es anders sein). .
Du fasst damit mehr oder weniger zentrale Teile der klassischen lutheranischen Auffassung zusammen. Jesus tritt als Mittler zwischen Gott und die Menschen statt der Priester wie in der RKK nach dem Grundsatz (Solus_Christus (https://de.wikipedia.org/wiki/Solus_Christus)) sowie hauptsächlich und primär gilt der Grundsatz Sola gratia (https://de.wikipedia.org/wiki/Sola_gratia). "Er drückt die Überzeugung aus, dass der Mensch allein dank der Gnade Gottes das Heil bzw. das ewige Leben erlangt. Er kann es sich nicht durch sein Handeln verdienen." (sog. Rechtfertigungslehre). Wem die Gnade geschenkt wird, erfährt der Mensch beim "Jüngsten Gericht". Calvin bzw. die Calvinisten unterscheiden sich davon etwas, indem sie eine sog. Prädestionation (Vorbestimmtheit) (https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4destination) predigen. Eigentlich alles sehr "dogmatisch" bzw. Lehrtreu. Wozu dann nur noch der Grundsatz: "sola fide (https://de.wikipedia.org/wiki/Sola_fide)" gehört: "Das „sola fide“ bezeichnet das Vertrauen des Menschen in die göttliche Gnade."
Schwarzfahrer
27.02.2020, 14:19
Nun schreibst Du, (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1512769&postcount=16020) der Kern sei, dass "Jesus für sie da ist und ihnen verzeiht".
Das klingt für mich weiterhin so, als sei es entscheidend, dass Jesus existiert. Denn wer nicht existiert, kann nicht für die Menschen da sein und ihnen verzeihen.
Dadurch rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob die Jesus-Geschichten, die von seiner Existenz und seinem Weiterleben berichten, wahr sind oder nicht. Das wäre dann der Kern.
Kann man von außen so sehen. Für den Gläubigen ist es aber egal, ob wahr oder nicht. Es kann udn will keiner überprüfen, ob Jesus im Jenseits oder am Tag des Jüngsten Gerichts da sein wird - wichtig ist, daß die Leute dies glauben, und sich dadurch geborgen und sicher in ihrem Leben, in ihren Entscheidugen fühlen. Diese Menschen reden täglich mit Jesus und sind sicher, daß er sie hört. (Andere sprechen mit ihren verstorbenen Verwandten - die interessiert es auch nicht, daß der Verstorbene natürlich nichts hört). Dafür ist es auch irrelevant, ob und wie Jesus lebte oder starb; seine Existenz wird einfach axiomatisch angenommen.
Nur wenige Auserwählte werden von Jesus gerettet, und nur ganz bestimmte Fehler werden verziehen. Nicht alle Menschen, und nicht alle Fehler.
Ich schäte das ist denen egal, es glaubt doch jeder Gläubige, daß er zu den Auserwählten gehört, und bemüht sich, sich so zu verhalten, daß dies auch so bleibt (daraus ergibt sich ein gewisser moralischer Leitfaden für religiöse Menschen). Und versucht im schlimmeren Fall andere zu missionieren, um denen auch diese Erlösung zuteil werden zu lassen. Und natürlich gibt es die Fehlentwicklungen, wo die Angst zum Leitmotiv wird - das ist dann natürlich kein Glaube, der glücklich macht und die von mir beschriebene Stütze leistet. Denen, die nicht glauben, ist egal, ob sie verdammt sind. - So sind doch fast alle glücklich.
Der Kern des Christentums ist die Lüge von der angeblichen Verdammnis. Nur wenn es Verdammnis gibt, braucht es überhaupt einen Erlöser oder eine Vergebung.
Kann man so sehen - ich finde es nicht so zentral, habe es zumindest nicht so negativ von anderen wahrgenommen. Aber das Prinzip des schlechten Gewissens als moralisches Lenkungsinstrument ist uralt, und immer wiedere bewährt, in der aktuellen Version heißt es z.B. Flugscham :).
Für den Gläubigen ist es aber egal, ob wahr oder nicht. Es kann udn will keiner überprüfen, ob Jesus im Jenseits oder am Tag des Jüngsten Gerichts da sein wird - wichtig ist, daß die Leute dies glauben, und sich dadurch geborgen und sicher in ihrem Leben, in ihren Entscheidugen fühlen.
Ist das nicht ein Widerspruch? Einerseits sagst Du, es wäre den Leuten wichtig, zu glauben, dass Jesus da sein wird. Andererseits sagst Du, es sei ihnen egal ob es wahr wäre oder nicht.
Ich würde den Widerspruch folgendermaßen lösen:
Es ist den Leuten keineswegs einerlei. Sondern sie sind so sehr davon überzeugt (also das Gegenteil von "einerlei"), dass es wahr ist, und sie wurden von dieser Idee so sehr abhängig gemacht, dass allein der Gedanke an eine Überprüfung abwegig erscheint.
Hinzu kommt, dass jeglicher Zweifel vom Christentum bestraft wird. Auch das führt dazu, dass die Leute sich eine absolute Gewissheit einreden. Die lauten Töne von der absoluten Gewissheit sollen die leisen Töne des Zweifels überbrüllen.
Es ist eher so, dass die Leute bereit sind, alle Widersprüche zu ignorieren, so sehr, dass sie die Widersprüche überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen brauchen. Es ist also nur scheinbar egal — in Wahrheit ist es zentral wichtig.
Es ist ihnen so zentral wichtig, dass nichts daran rühren darf. Und hier liegt das Geschäftsmodell für den Betrug der Kirchen. Die Kirchen können sich in dieser Konstellation sicher sein, dass die Betrogenen den Betrug noch verteidigen werden. Zu viel hängt davon ab. Es ist ein sich-selbst-erhaltendes System.
Da ich zur älteren Generation gehöre, interessiert mich das Thema Sterbehilfe durchaus und ich bin persönlich ein Befürworter der Schweizer Gesetze diesbezüglich. Dass jetzt das Bundesverfassungsgericht dem Parlament aufgibt, eine ähnliche Regelung zu schaffen und das bisherige Verbot kippt, finde ich sehr positiv. Nun hoffe ich, dass auch die Gesetzgebung das Urteil zügig und korrekt umsetzt, ohne neue Hindernisse einzubauen, und nicht dem Widerstand der Kirchen nachgibt.
Dieser Artikel erläutert das Urteil:
"Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat das Verbot der „geschäftsmäßigen Sterbehilfe“ für nichtig erklärt, wie das Gericht auf seiner Internetseite mitteilt. Das bisherige Verbot verletze den Einzelnen im Recht auf selbstbestimmtes Sterben, urteilten die Richter am Mittwoch, geklagt hatten Schwerkranke, Sterbehelfer und Ärzte. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und dabei auch auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Damit hat das Bundesverfassungsgericht den Strafrechtsparagrafen 217, der seit Dezember 2015 „geschäftsmäßige Sterbehilfe“ verbietet, gekippt.
Die bemerkenswerte Klarheit des Verfassungsgericht: Alle Menschen dürfen selbstbestimmt sterben."
Sterbehilfe: Ein sehr gutes Urteil (https://www.nachdenkseiten.de/?p=58861)
Gegen dieses Urteil mobilisieren schon die Kirchen und sie werden alle Anstrengungen unternehmen, damit das Parlament es nicht im Geiste des Urteils umsetzt bis hin zur offen erklärten Einflussnahme auf die Gerichte.
"Jüsten: Wir sehen in dem Urteil eine Umwertung der Werte. Bisher war eigentlich immer das oberste Ziel der Schutz des Lebens, und das war auch vom Bundesverfassungsgericht immer wieder bestätigt worden. Jetzt haben wir zum ersten Mal ein Urteil vorliegen, bei dem der Schutz des Lebens nicht mehr oberste Priorität hat, sondern das individuelle Entscheidungsrecht auf Selbsttötung. Das ist der eigentliche Paradigmenwechsel und aus meiner Sicht das eigentliche Problem an diesem Urteil.
.............
Ein weiterer Punkt ist, dass man mit den Gerichten reden muss. Ich finde es schon ziemlich erschreckend, dass das Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle von der Tradition abgewichen ist und damit einen Paradigmenwechsel einführt. Das scheint mir das viel größere Problem zu sein. Denn der Gesetzgeber hatte eigentlich in der letzten Legislaturperiode einen ganz guten Ansatz gefunden. Und der Gesetzgeber ist ja eigentlich das Spiegelbild der Gesellschaft. Von daher sehe ich das Hauptproblem an einer anderen Stelle."
https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2020-02/deutschland-praelat-juesten-sterbehilfe-urteil-karlsruhe-kritik.html
Ein guter Tag.
Ich finde nicht, dass der Mann vom Vatikan den Sachverhalt korrekt wiedergibt. Er sagt, die christliche Sichtweise bestünde darin, Leben zu schützen. Wahr ist stattdessen, dass der Wille Gottes geschützt werden soll.
Ich darf hier an einen sehr berühmten Todesfall erinnern, der im Zentrum christlichen Glaubens steht. Hier handelt es sich a) um den Willen Gottes, und b) eine absichtlich herbeigeführte Selbsttötung mit Hilfe Dritter.
Ich finde auch nicht, dass das Gericht das Leben an zweite Stelle stellt oder herabstuft.
Nach meiner Meinung können alle Beteiligten mit dem neuen Urteil gut leben. Nicht zufrieden sind ja offenbar nur jene, die überhaupt nicht beteiligt sind, etwa Götter oder ihre selbst ernannten Stellvertreter.
Ich habe im Prinzip nichts dagegen einzuwenden, wenn auch der Wille Gottes vor Gericht beachtet wird, vorausgesetzt, er erscheint pünktlich zum Gerichtstermin und äußert sich klar und verständlich.
Trimichi
28.02.2020, 12:46
Interessant auch diese Frau mit Migrationshintergrund, die vor dem BVG geklagt hatte, insofern, dass sie, die sie ihr Kopftuch nicht im Gerichtssaal tragen dürfe, nicht Recht bekommen hat. Das hohe Gericht urteilte mit ja und nein. Ja, das Kopftuchverbot schränke die Reigionsfreiheit ein (und damit das GG), auf der anderen Seite ist das Kopftuchverbot durch das Neutralitätsgesetz legitimiert. Wer hier lebe, solle sich neutral verhalten und keine Position gegen oder für eine Religion beziehen durch religiöse Symbole, so heute früh im Radio sinngemäß.
Würden wir hier in der Diskussion Atheismus durch Neutralität substituieren, so wäre ich zufrieden. Atheismus bezieht eine Gegenposition zum Theismus. A-Theismus. Gegen den Theismus? Man könnte auch sagen, dass Atheismus und Theismus auf einem eindimensionalen Kontinuum zwei entgegengesetzte Pole bilden. Damit gebe ich auch den user keko# wieder, der ja immer wieder argumentiert hat hier, dass niemand gezwungen wird z.B. in die Kirche zu gehen bzw. jede und jeder jederzeit aus der Kirche austreten könne. Niemand wird zudem gezwungen sich zu einer Religion zu bekennen.
Zudem wird hier im Thread Atheismus von denen, die hier die "Lufthoheit" oder Deutungshoheit haben unter dem Deckmantel der Wissenschaft propagiert. Dieses macht auf mich den Eindruck, als dass Wissenschaft und Glauben sich wechselseitig ausschließen müssen. N.:Huhu: hat zig Gegenbeispiele gebracht wie auch ich zwei berühmte Beispiel mit Zitaten von Jesco von Puttkamer (Apollo-Raumfahrtprogramm) und Albert Einstein (den jede und jeder kennen dürfte) belegen.
Wissenschaft und Atheismus sind zwei paar Stiefel. Atheismus ist religiös, indem er, der Atheismus gegen die Religion ist und damit auf Religion bezogen ist, indem er gegen eine Religion ausgerichtet ist. Wissenschaft und Neutralität gehen eher Hand in Hand als Wissenschaft und Atheismus, imho.
Wie gesagt, ein interessantes Urteil eher mainstreamaäßig kommentiert durch die taz:
https://taz.de/Kopftuch-Urteil-des-Verfassungsgerichts/!5667752/ und Tagesspiegel.
https://www.tagesspiegel.de/politik/kopftuch-urteil-aus-karlsruhe-die-politik-soll-das-letzte-wort-haben-nicht-ein-gericht/25591320.html
Egal ob Atheismus oder Neutralität, ein guter Tag, dito, denn die Klage und der damit verbundene religiöse Eifer der Frau mit Kopftuch zu Gericht gehen zu müssen wurde in oberster Instanz abgeschmettert.
.......
Atheismus ist religiös, indem er, der Atheismus gegen die Religion ist und damit auf Religion bezogen ist, indem er gegen eine Religion ausgerichtet ist.
.....
Schau mal in den umfangreichen Wikipedia Artikel zum "Atheismus". Keine der dort angeführten vielen Arten von Atheismus erhalten das Adjektiv bzw. Substantiv, religiös oder eine Religion zu sein. Zu wissenschaftlichen Methode gehört es, sich auf gemeinsame Definitionen zu verständigen, damit man weiss, worüber man diskutiert. Erfindet jeder seine eigene, wird es meines Erachtens mit der sprachlichen Verständigung sehr schwer.
Stellt man z.B. H. Meier als tief religiösen Menschen einem Saal von 1000 Menschen vor und lässt die Menschen seine mutmasssliche Religion ratend auf einen Zettel schreiben, niemand von den Tausend Menschen würde "Atheismus" hinschreiben.
"Atheismus (von altgriechisch ἄθεος átheos, deutsch ‚ohne Gott‘) bezeichnet die Abwesenheit oder Ablehnung des Glaubens an Gott oder Götter. Im Gegensatz dazu bezeichnet Theismus (griechisch θεός/ϑεός theós, deutsch ‚Gott‘) den Glauben an Götter, wobei der Monotheismus den Glauben an einen Gott und der Polytheismus den Glauben an mehrere Götter bezeichnet. Zum Atheismus im weiteren Sinne zählen einige auch den Agnostizismus (agnostischer Atheismus), nach dem die Existenz von Gott oder Göttern ungeklärt oder nicht klärbar ist. Im engeren Sinne bezeichnet er die Überzeugung, dass es Gottheiten nicht gibt. "
https://de.wikipedia.org/wiki/Atheismus
,
Und ein Arzt, der in seinem Handeln auf Krankheiten bezogen ist, ist ebenfalls eine Krankheit.
Interessant auch diese Frau mit Migrationshintergrund, die vor dem BVG geklagt hatte, insofern, dass sie, die sie ihr Kopftuch nicht im Gerichtssaal tragen dürfe, nicht Recht bekommen hat. Das hohe Gericht urteilte mit ja und nein. Ja, das Kopftuchverbot schränke die Reigionsfreiheit ein (und damit das GG), auf der anderen Seite ist das Kopftuchverbot durch das Neutralitätsgesetz legitimiert. Wer hier lebe, solle sich neutral verhalten und keine Position gegen oder für eine Religion beziehen durch religiöse Symbole, so heute früh im Radio sinngemäß.
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Das ist ziemlicher Unfug, was das Radio gesagt haben soll ...
Das Neutralitätsgebot des BfG bezieht sich in dem Fall allein auf Rechtsreferendare, wenn sie öffentlich Justiz oder Staat repräsentieren!
"Die Bundesverfassungsrichter wiesen die Klage nun mit Verweis auf die Pflicht zurück, dass Rechtsreferendare sich im Rahmen ihrer Ausbildung in weltanschaulich-religiöser Hinsicht neutral zu verhalten hätten. Grundsätzlich können sie während ihrer Ausbildung ein Kopftuch tragen, nicht aber dann, wenn sie öffentlich Justiz und Staat repräsentieren. Diese Regelung stelle zwar einen Eingriff in die Glaubensfreiheit und weitere Grundrechte der Klägerin dar, erklärte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe. Dieser sei aber gerechtfertigt.
Die Richter haben richtig entschieden – auch wenn ein Kopftuchverbot in den allermeisten Fällen unsinnig ist. Mit gutem Grund hatte das Bundesverfassungsgericht schon 2015 festgestellt, dass ein pauschales Verbot von Kopftüchern aufgrund der Religionsfreiheit auch nicht gelten dürfe. Warum auch sollte etwa eine Arzthelferin oder eine Sachbearbeiterin im Einwohnermeldeamt nicht ein Kopftuch tragen dürfen, selbst wenn es ein Zeichen ihres Glaubens ist? Es sagt nichts darüber aus, wie sie ihre Arbeit erledigt, ob sie kompetent oder inkompetent ist. Es spielt auch keine Rolle, ob Kollegen oder Kunden das Kopftuch als Zeichen von Unterdrückung und mangelnder Emanzipation werten: Die Meinungs- und Glaubensfreiheit ist auch in der Arbeitswelt ein hohes Gut. Ob eine Arbeitnehmerin CDU, SPD oder FDP wählt oder ob sie Veganerin ist oder Fleisch isst, ist ebenso unerheblich wie ihre Religion. Ganz zu schweigen von einem positiven gesellschaftlichen Effekt: Wenn auch Ärztinnen und Verkäuferinnen, Sachbearbeiterinnen und Lehrerinnen ein Kopftuch tragen, ist dies ein Ausweis dafür, dass sie dazugehören. Gerade nach Anschlägen wie in Hanau wird deutlich, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund nicht weiter als "die Fremden" gelten.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-02/bundesverfassungsgericht-kopftuchverbot-richter-robe-oeffentlicher-dienst-urteil
Nobodyknows
28.02.2020, 13:38
Und ein Arzt, der in seinem Handeln auf Krankheiten bezogen ist, ist ebenfalls eine Krankheit.
Ein Gesunder der in seinem Handeln auf Krankheiten bezogen ist, ist gesund.
Ein Erkrankter, der in seinem Handeln auf (andere) Krankheiten bezogen ist, ist ebenfalls krank.
So wird wird ein Schuh draus. :Cheese:
Nochmals Paul Eßer: "Ein Atheist ist jemand, der die Religion ernst nimmt."
Gruß
N. :Huhu:
Zitaten von Jesco von Puttkamer (Apollo-Raumfahrtprogramm) und Albert Einstein
Diese Zitate wurden (und werden) von religiösen Eiferern in Umlauf gebracht und mal diesem, mal jenem Wissenschaftler untergeschoben. Mal muss Einstein dafür herhalten, mal Heisenberg, mal Paul Davis.
Einstein hat diese Versuche bereits zu Lebzeiten abgeschmettert:
Einstein: "The word God is for me nothing more than the expression and product of human weaknesses, the Bible a collection of honorable, but still primitive legends which are nevertheless pretty childish.
No interpretation no matter how subtle can (for me) change this.
(...) For me the Jewish religion like all other religions is an incarnation of the most childish superstitions."
Und:
Einstein: “It was, of course, a lie what you read about my religious convictions, a lie which is being systematically repeated. I do not believe in a personal God and I have never denied this but expressed it clearly.”
Im religiösen Kontext werden Lügen nicht sanktioniert (anders als z.B. in der Wissenschaft), daher trifft man recht häufig auf falsche Zitate. Betrug ist vermutlich nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Trimichi
28.02.2020, 14:06
Mir gings darum anzustoßen, dass Neutralität besser zu Wissenschaft passt als Atheismus, weil Neutralität in der Wissenschaft verortet ist, nicht so Atheismus.
Wer wissenschaftlich arbeiten will, muss neutral forschen. Ob der Forscher Moslem, Jude, Christ, Hindu, Atheist usw. ist, ist dessen Privatsache und wird von der Wissenschaft nicht sanktioniert.
Atheismus ist religiös, indem er, der Atheismus gegen die Religion ist und damit auf Religion bezogen ist, indem er gegen eine Religion ausgerichtet ist.
Nach etwas Nachdenken ist es tatsächlich ein interessanter Gedanke. Wie verhalten sich Atheismus und Religion zueinander?
Die Existenz von Göttern (Theismus) ist unabhängig von der Existenz und Ausformung einer Religion. Es könnte Götter geben, von denen wir nichts wissen. Hier würden sogar Christen zustimmen, denn im Jahr 5.000 v.Chr. wusste man nichts von Jahwe und seinem unehelichen Sohn.
Der feine Martin Luther hielt den Papst für ein "Geschwür" und den "Antichristen", daher darf gefolgert werden, dass er etwas gegen eine bestimmte Form von Religion einzuwenden hatte, ohne selbst ein Atheist zu sein. Man erkennt den Unterschied.
Mein eigener Atheismus entspricht eher dem von Luther.
Gegen den Papst zu demonstrieren kann, abhängig vom Thema, durchaus sinnvoll sein. Gegen einen Gott zu demonstrieren wäre jedoch selbst nach religiösen Maßstäben dämlich. Kritik richtet sich sinnvollerweise gegen Dinge, die vorhanden sind, und die man durch diese Kritik ändern kann. Religionskritik macht also nicht zwingend eine Aussage zum Theismus/Atheismus, sondern kritisiert eine bestimme Religion. Daher der Name.
Mir gings darum anzustoßen, dass Neutralität besser zu Wissenschaft passt als Atheismus, weil Neutralität in der Wissenschaft verortet ist, nicht so Atheismus.
Auf den ersten Blick möchte man zustimmen: Wissenschaft soll neutral sein.
Nun haben wir es aber mit Religion zu tun, und bei Religion wartet die nächste Schummelei gleich um die nächste Ecke. Sehr bald wird daraus nämlich die Forderung, Wissenschaft solle sich generell aus dem Thema raushalten und keine Bewertungen abgeben. Das war jedoch mit "Neutralität" überhaupt nicht gemeint.
Neutralität bedeutet in der Wissenschaft, dass man alle Hypothesen und Daten nach den gleichen fairen Maßstäben gewichtet. Es bedeutet nicht, dass man sich enthält.
Neutralität hindert die Wissenschaft keineswegs daran, zu konkreten Behauptungen auch konkrete Ergebnisse vorzulegen. Stumm ist die Wissenschaft dann, wenn keine konkrete Behauptung oder keine konkreten Daten vorliegen.
Religionen schwanken zwischen diesen beiden Positionen hin und her: Gegenüber den Gläubigen wird ein klar definierter Gott behauptet, den man allerdings ebenso klar widerlegen kann. Gegenüber Skeptikern wird deswegen jede klare Definition über Bord geworfen, weil man hofft, auf diese Weise einer Widerlegung zu entgehen. Gott ist also mal "der leibhaftige, lebendige Gott", und mal "unergründlich", je nach Publikum.
Auch hoffen die religiösen Verkünder, dass eine Abwesenheit von Beweisen automatisch bedeutet, dass keine Bewertung erfolgt. Hierzu kopiere ich mal einen Text aus einem PDF, zu der Frage, wie man mit nicht vorhandenen Indizien sinnvollerweise umgehen sollte:
Angenommen, ich vermisse meinen Autoschlüssel. Ich vermute, dass er sich nicht im Haus befindet. Ich suche aber trotzdem die üblichen Stellen ab, wo er liegen könnte. Dann drehe ich noch alle Jacken- und Hosentaschen um. Er liegt auch nicht unter den Papierstapeln auf dem Schreibtisch. Ich schaue in sämtliche Schubladen, dann unter alle Sofas, Stühle und Schränke. Ich rücke die Schränke nach vorne. Vielleicht hat die Katze den Schlüssel weggetragen, und auch die weniger zugänglichen Stellen werden abgesucht. Auch absurde Plätze wie das Innere des Kühlschranks werden nicht ausgelassen. Dann erweitere ich meine natürlichen Sinne und durchleuchte die Wände mit Ultraschall und Röntgen, schließlich könnte der Schlüssel auch durch einen wahnsinnig unwahrscheinlichen Zufall dorthin verschwunden sein. Dann kommen noch alle Nachbarn vorbei, und alle suchen 2000 Jahre lang. Aber alle Mühe ist vergeblich, der Autoschlüssel bleibt unauffindbar.
An dieser Stelle würde jeder sagen: „Der Autoschlüssel ist nicht im Haus.” Der Theist müsste aber in letzter Konsequenz sagen: „Ich habe den Schlüssel nicht gefunden. Aber Abwesenheit von Evidenz ist nicht gleich Evidenz von Abwesenheit. Deshalb bleibe ich bei meiner Position, dass der Schlüssel im Haus ist.”
Diese Diskussion findet so ähnlich auch auch bei den Themen „Geister”, „UFOs”, „Bigfoot”, „Alternativmedizin”, usw. statt. Wenn die 100ste Studie wieder keine Wirksamkeit von z. B. Homöopathie feststellt, dann dauert es nicht lange bis zum Argument:
»Diese Studien mögen keine Wirksamkeit belegt haben. Aber das heißt ja nicht, dass Homöopathie generell unwirksam ist. Weitere Forschung ist notwendig.«
Offenheit für alternative Erklärungen heißt nicht nur, bereit zu sein, seine Meinung zu ändern. Es heißt vor allem, die eigene Meinung der Nachweislage anzupassen, egal ob diese den bisherigen Ansichten widerspricht oder sie auch bestätigt. Wer eine überwältigende Mehrheit von aussagekräftigen Nullergebnissen ignoriert, der ist gerade nicht offen, sondern ein Opfer von selektiver Wahrnehmung und blindem Wunschdenken.
(Quelle: Michael Hohner)
Trimichi
28.02.2020, 15:46
Die Frage, ob Gott existiert ist nicht bewiesen bzw. endgültig entschieden. Oder um mit Arne zu argumentieren wissen wir, dass wir bis zum Urknall die Schöpfung bis 0,000000000...01 Sekunden zurückverfolgen können. Bleibt noch dieser Rest. Wir wissen nicht was da war (und vllt. immer noch wirkt). Unvorstellbar viel Energie? Wo kam diese her? Warum hat sie sich manifestiert? Fragen über Fragen, auf die die Wissenschaft keine Antwort kennt, wohl aber die Religion? Der Atheismus schließt Gott aus, obschon er nicht weis, was warum und wie passiert ist. Neutralität würde für den Atheisten zumindest bedeuten, dass er die Hypothese eines Weltschöpfers oder Demiurgen nicht kategorisch leugnete, sondern zuließe, dass es diesen geben kann. Dann wäre der Atheist zugleich ein seriöser Wissenschaftler, weil in der Neutralität verhaftet nicht voreingenommen von seinem eigenen Dogma.
Korrekt so? :Blumen: Oder schon wieder falsch? :Lachen2:
Du behauptest jedoch, dass dieser Gott die 0.00...001 Sekunden überlebt hat und bis heute existiert. Insofern sind diese 0.000.. Sekunden irrelevant, weil wir einfach in der Gegenwart suchen können.
In der Gegenwart ist er aber nicht zu finden, nichtmal von Christen.
Der Atheismus schließt Gott aus, obschon er nicht weis, was warum und wie passiert ist.
Das stimmt so nicht. Du suggerierst, als wüssten wir überhaupt nichts, wenn wir bei Sekunde 0.000000000000000000000.1 erstmal anhalten müssen.
Wahr ist hingegen, dass wir auf der Reise zu dieser winzigen Zeitlücke sehr viel darüber gelernt haben, wie diese Lücke beschaffen sein muss. Es ähnelt einem Puzzle-Spiel, bei nur noch ein Teilchen fehlt: Man kennt die Umrisse bereits.
Der liebende Gott, der unsere Gedanken liest und über unsere Sünden Buch führt, passt nicht in diesen Umriss.
Nur zur Erinnerung: Christen behaupten, Gott würde sich vor allem an Fett erfreuen. Es ist also sinnlos, im Urknall danach zu suchen, denn da gab es noch kein Fett.
Moses: (https://www.bibleserver.com/LUT/3.Mose) "Alles Fett ist für den HERRN."
3Mo 4,35 Aber all sein Fett soll er abtrennen, wie man das Fett vom Schaf des Dankopfers abtrennt, und soll es auf dem Altar in Rauch aufgehen lassen als Feueropfer für den HERRN. So soll der Priester die Sühnung für ihn vollziehen für die Sünde, die er getan hat, und ihm wird vergeben.
3Mo 4,31 All sein Fett aber soll er abtrennen, wie man das Fett des Dankopfers abtrennt, und soll es in Rauch aufgehen lassen auf dem Altar zum lieblichen Geruch für den HERRN. So soll der Priester die Sühnung für ihn vollziehen, und ihm wird vergeben.
3Mo 3,14 Und er soll davon sein Opfer darbringen, ein Feueropfer für den HERRN, nämlich das Fett, das die Eingeweide bedeckt, und alles Fett an den Eingeweiden,
3Mo 17,6 Und der Priester soll das Blut an den Altar des HERRN sprengen vor dem Eingang der Stiftshütte und das Fett in Rauch aufgehen lassen zum lieblichen Geruch für den HERRN.
3Mo 7,30 Er soll es aber mit eigener Hand herzubringen zum Feueropfer für den HERRN; nämlich das Fett soll er bringen samt der Brust, um sie als ein Schwingopfer zu schwingen vor dem HERRN.
4Mo 18,17 Aber die Erstgeburt eines Rindes, eines Schafes oder einer Ziege sollst du nicht auslösen; denn sie sind heilig. Ihr Blut sollst du an den Altar sprengen und ihr Fett sollst du in Rauch aufgehen lassen als Feueropfer für den HERRN zum lieblichen Geruch.
3Mo 3,16 Und der Priester soll es in Rauch aufgehen lassen auf dem Altar als Feueropferspeise zum lieblichen Geruch. Alles Fett ist für den HERRN.
Jdt 16,16 Denn viel zu gering sind alle Opfer, als dass sie dir wohlgefielen, und viel zu wenig ist alles Fett, als dass es ein Brandopfer sein könnte für dich. Wer aber den Herrn fürchtet, ist groß allezeit.
Trimichi
28.02.2020, 16:21
Du behauptest jedoch, dass dieser Gott die 0.00...001 Sekunden überlebt hat und bis heute existiert. Insofern sind diese 0.000.. Sekunden irrelevant, weil wir einfach in der Gegenwart suchen können.
In der Gegenwart ist er aber nicht zu finden, nichtmal von Christen.
Damals wussten wir auch nicht, dass die Jupitermonde existieren. Allerdings wurde das Fernrohr erfunden. Später wussten wir nichts von Bakterien. Allerdings wurde das Mikroskop erfunden. Heute erfinden wir also keine Messinstrumente mehr, weil unsere Messinstrumente schon alles erfassen können? Daraus schließen wir, dass das, was wir nicht messen können, auch nicht existieren kann? Und selbst wenn wir wieder neue Messinstrumente erfinden würden, so würde, dass behaupte ich ganz sicher, doch wieder etwas durch die Maschen des wissenschaftlichen Netzes hindurch kommen, so eng wir sie auch knüpften (z.B. wegen des Beobachtereffekts).
Die Frage nach dem, was vor den 0,000000...0001 Sekunden nach dem Urknall war beantwortest du wie? Indem Du ausschließt, dass da nichts gewesen sein kann (Dogma des Atheismus)?
Damals wussten wir auch nicht, dass die Jupitermonde existieren. Allerdings wurde das Fernrohr erfunden. Später wussten wir nichts von Bakterien. Allerdings wurde das Mikroskop erfunden. Heute erfinden wir also keine Messinstrumente mehr, weil unsere Messinstrumente schon alles erfassen können? Daraus schließen wir, dass das, was wir nicht messen können, auch nicht existieren kann? Und selbst wenn wir wieder neue Messinstrumente erfinden würden, so würde, dass behaupte ich ganz sicher, doch wieder etwas durch die Maschen des Netzes hindurchkommen, so eng wir sie auch knüpften (z.B. wegen des Beobachtereffekts).
Demzufolge wäre es Scharlatanerie, exakte Einzelheiten zu behaupten, obwohl man gar nicht die Mittel hat, um die Sache untersuchen zu können.
Das ist genau mein Vorwurf an religiöse Verkünder. Denn sie haben kein besseres Teleskop als alle anderen. Sie behaupten trotzdem, ein Wissen zu haben, welches sie nicht haben können.
Weiterhin halten sie an Behauptungen fest, die längst widerlegt sind, weil wir die Mittel dazu längst haben.
Bei näherer Betrachtung stellen sich die Behauptungen als wenig göttlich heraus, etwa Doofheiten wie diese:
Jesus: "Ich aber sage euch: Wer da hat, dem wird gegeben werden; von dem aber, der nichts hat, wird auch das genommen werden, was er hat." (Lukas 19,26)
Dein Argument gehört zu den Standards der Apologetik und nennt sich "Gott der Lücken" (God of the gaps). Man wird immer eine Lücke finden, in die man Gott noch hineinzwängen und verstecken kann, egal wie weit unser Wissen fortschreitet. Man kann es ja einfach behaupten.
Trimichi
28.02.2020, 16:49
Das stimmt so nicht. Du suggerierst, als wüssten wir überhaupt nichts, wenn wir bei Sekunde 0.000000000000000000000.1 erstmal anhalten müssen.
Wahr ist hingegen, dass wir auf der Reise zu dieser winzigen Zeitlücke sehr viel darüber gelernt haben, wie diese Lücke beschaffen sein muss. Es ähnelt einem Puzzle-Spiel, bei nur noch ein Teilchen fehlt: Man kennt die Umrisse bereits.
Der liebende Gott, der unsere Gedanken liest und über unsere Sünden Buch führt, passt nicht in diesen Umriss.
Nur zur Erinnerung: Christen behaupten, Gott würde sich vor allem an Fett erfreuen. Es ist also sinnlos, im Urknall danach zu suchen, denn da gab es noch kein Fett.
Moses: (https://www.bibleserver.com/LUT/3.Mose) "Alles Fett ist für den HERRN."
3Mo 4,35 Aber all sein Fett soll er abtrennen, wie man das Fett vom Schaf des Dankopfers abtrennt, und soll es auf dem Altar in Rauch aufgehen lassen als Feueropfer für den HERRN. So soll der Priester die Sühnung für ihn vollziehen für die Sünde, die er getan hat, und ihm wird vergeben.
3Mo 4,31 All sein Fett aber soll er abtrennen, wie man das Fett des Dankopfers abtrennt, und soll es in Rauch aufgehen lassen auf dem Altar zum lieblichen Geruch für den HERRN. So soll der Priester die Sühnung für ihn vollziehen, und ihm wird vergeben.
3Mo 3,14 Und er soll davon sein Opfer darbringen, ein Feueropfer für den HERRN, nämlich das Fett, das die Eingeweide bedeckt, und alles Fett an den Eingeweiden,
3Mo 17,6 Und der Priester soll das Blut an den Altar des HERRN sprengen vor dem Eingang der Stiftshütte und das Fett in Rauch aufgehen lassen zum lieblichen Geruch für den HERRN.
3Mo 7,30 Er soll es aber mit eigener Hand herzubringen zum Feueropfer für den HERRN; nämlich das Fett soll er bringen samt der Brust, um sie als ein Schwingopfer zu schwingen vor dem HERRN.
4Mo 18,17 Aber die Erstgeburt eines Rindes, eines Schafes oder einer Ziege sollst du nicht auslösen; denn sie sind heilig. Ihr Blut sollst du an den Altar sprengen und ihr Fett sollst du in Rauch aufgehen lassen als Feueropfer für den HERRN zum lieblichen Geruch.
3Mo 3,16 Und der Priester soll es in Rauch aufgehen lassen auf dem Altar als Feueropferspeise zum lieblichen Geruch. Alles Fett ist für den HERRN.
Jdt 16,16 Denn viel zu gering sind alle Opfer, als dass sie dir wohlgefielen, und viel zu wenig ist alles Fett, als dass es ein Brandopfer sein könnte für dich. Wer aber den Herrn fürchtet, ist groß allezeit.
Du weichst aus. Ob die Lücke winzig ist - wer will das beurteilen in Anbetracht solch immenser Energien, Raum- und Zeitkrümmungen (Gravitation)?
Wir wissen nicht was die erste Verursachung ist. Ursache, Wirkung. Kausalität. Wissenschaft. Gäbe es keine Ursache, gäbe es keine Wirkung. Wir würden nicht existieren. Da wir aber existieren, muss es eine Ursache geben. Den Urknall.
Ich frage Dich, warum es den Urknall gegeben hat. Ich frage nicht, ob wir in 100 Jahren noch 0,0000000000000000.....000000001 Sekunden näher an den Urknall herangekommen sind und dann evtl. mehr wissen. Solange du eine Antwort schuldig bleibst, bleiben Vermutungen, denn Du kannst auch nicht ausschließen, in Unkenntnis der Antwort, wer oder was (nicht) zu Werke war und erhebst somit Deine Annahme des "Nichtzuwerkeseins" zum Dogma. Damit bist Du genauso gläubig wie der Religiöse nur eben in Deinem Nichtglauben. Du erhebst ungesicherte Erkenntnisse über andere Erkenntnisse ohne Begründung. Du musst glauben, ansonsten würdest Du wissen, wie es damals war mit dem Urknall. Und auch warum. Auf diese, letztere Frage hat noch niemand eine Antwort gefunden. Daher sind Aussagen, die vorgeben wie was war damals bzw. ausschließen wie es nicht gewesen sein kann dogmatisch. Aristoteles spricht in diesem Zusammenhang vom unbewegten Beweger. Übrigens war Einstein näher an Aristoteles mit seiner Theorie als an Galileo und Newton. Bei der Operationalisierung seiner Theorien.
Zum "Lückenfüller", ja, stimmt! Fettleibigkeit ist ja auch eine "Todsünde". Maßlosigkeit oder so. Nein! Es ist Völlerei. Wissen wir auch als Triathleten. Da gewinnen nicht die, die voll dick oder total fett sind! Wenn das mal kein Beweis ist für die Richtigkeit der göttlichen Eingebung des Mose! ;)
Wir wissen nicht
Warum behauptest Du dann dieses Wissen? Die Existenz Gottes ist ja Deine Behauptung, nicht meine.
Du erhebst ungesicherte Erkenntnisse über andere Erkenntnisse ohne Begründung an den Glauben.
Genau das trifft nicht zu. Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind gesichert — nicht an der vordersten Frontlinie, aber in dem Fundament darunter. Deswegen hat es Jahrhunderte gedauert, um dieses Fundament zu bauen. Religionen haben sich mit dieser Absicherung nicht aufgehalten. Deswegen stürzt es wie ein Kartenhaus zusammen, sobald man näher hinschaut.
Aristoteles...
...ist mit seiner Argumentation vom "unbewegten Beweger" längst widerlegt, weil sie in sich widersprüchlich ist und daher verworfen werden muss.
Christen im Speziellen glauben außerdem daran, dass ihr Gott die Gesetzmäßigkeiten und die Logik außer Kraft setzen kann (Wunder). Folglich ist eine logische Argumentation anhand von Gesetzmäßigkeiten von vornherein unbrauchbar.
Vorhin hast Du mit einer Epoche argumentiert, zu der man weder Fernrohr noch Mikroskop hatte, und erläutert, dass dadurch gar keine sichere Erkenntnis möglich war. Nun kramst Du Aristoteles aus der Kiste, der von all dem nichts wusste. Was denn nun?
Die Frage, ob Gott existiert ist nicht bewiesen bzw. endgültig entschieden. Oder um mit Arne zu argumentieren wissen wir, dass wir bis zum Urknall die Schöpfung bis 0,000000000...01 Sekunden zurückverfolgen können. Bleibt noch dieser Rest. Wir wissen nicht was da war (und vllt. immer noch wirkt). Unvorstellbar viel Energie? Wo kam diese her? Warum hat sie sich manifestiert? Fragen über Fragen, auf die die Wissenschaft keine Antwort kennt, wohl aber die Religion? Der Atheismus schließt Gott aus, obschon er nicht weis, was warum und wie passiert ist. Neutralität würde für den Atheisten zumindest bedeuten, dass er die Hypothese eines Weltschöpfers oder Demiurgen nicht kategorisch leugnete, sondern zuließe, dass es diesen geben kann. Dann wäre der Atheist zugleich ein seriöser Wissenschaftler, weil in der Neutralität verhaftet nicht voreingenommen von seinem eigenen Dogma.
Korrekt so? :Blumen: Oder schon wieder falsch? :Lachen2:
Für mich als Atheisten geht es um wissenschaftliche Modelle und Theorien, welche die Daten erklären, die im Zusammenhang mit dem Urknall stehen. Da vertraue ich den Physikern bzw. den Spezialisten dafür und nicht den Priestern. Soll ich statt dessen jetzt die Bibel, ein 2000 Jahre altes Buch studieren und mich darauf verlassen? Oder versuchen, die Reife eines Buddhas zu erlangen? Oder eine Koranschule besuchen? Oder Vishu und Saraswati fragen? Oder wie der Mystiker Meister Eckkhardt meditieren? Du schreibst ja, die Religion wüsste darauf eine Antwort. Welche Religion und welche Antwort gilt von den Religionen? Die Wissenschaft hat den immensen Vorteil, dass es Methoden gibt, wie man an offenen Fragen arbeitet, widersprüchliche Daten klärt und die Probleme löst. Für die Religionen gibt es keine solche Verfahren. Jeder kann entscheiden, woran er glaubt.
Mit dieser Auffassung schliesse ich neue Erkenntnisse über ein göttliches Wesen oder göttliche Wesen nicht von vorneherein aus, sollte die Wissenschaft damit ihre Daten besser verstehen können wie heute. Bis jetzt waren solche Annahmen aber offenbar nicht geeignet oder notwendig. Im Gegenteil, sie erwiesen sich in der Vergangenheit als hinderlich.
Es grüsst Dich mit einem OM ....
"OM beziehungsweise AUM ist der Urklang des Universums, der reine, unangeschlagene Klang (pranava). Aus ihm ist alles in dieser Welt hervorgegangen und dieser heilige Urklang schwingt in allem weiter."
Nobodyknows
29.02.2020, 16:35
...
Es grüsst Dich mit einem OM ....
"OM beziehungsweise AUM ist der Urklang des Universums, der reine, unangeschlagene Klang (pranava). Aus ihm ist alles in dieser Welt hervorgegangen und dieser heilige Urklang schwingt in allem weiter."
http://www.thealmightyguru.com/Wiki/images/thumb/f/f6/Carl_Sagan_-_Quote_-_Star_Stuff.jpg/498px-Carl_Sagan_-_Quote_-_Star_Stuff.jpg
Von daher ist es doch wurscht wer was wie glaubt.
Om Shanti Shanti Shanti
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/0a/Aum_Om_black.svg/200px-Aum_Om_black.svg.png
N. :Huhu:
Trimichi
29.02.2020, 19:55
Auch von mir ein OM an qbz, habe mich wirklich sehr, sehr gefreut über Deinen Gruß, vielen lieben herzlichen Dank!!!, sowie auch an N.:Huhu:
Hier die extended Version eines Mantras OM MANI PADME HUM, welches man am Annapura-Trail auf jeder Lodge hört.
https://www.youtube.com/watch?v=8UOcXiBGGb8
Zum Wohle aller Lebewesen. :Blumen:
P.S.: @Nobody: bitte formuliere wieder ein Schlusswort. Oder wir lassen das Mantra in der Endlosschleife laufen... ? Wäre schade eigentlich um den Thread. Oder wie D. Nuhr vllt. sagen würde, zuviel Frieden ist auf Dauer langweilig..., was auch die Frauen noch erkennen werden..., hat er gesagt. Im Fernsehen. Egal - OM MANI PADME HUM :)
OM MANI PADME HUM
Nobodyknows
01.03.2020, 07:37
...P.S.: @Nobody: bitte formuliere wieder ein Schlusswort. Oder wir lassen das Mantra in der Endlosschleife laufen? ...OM MANI PADME HUM :)
Namasté.
Ein perfektes Schlußwort ist das "OM" ॐ von qbz.
Meiner Meinung nach ist dann spätestens mit dem erfolgten Hinweis, dass wir alle aus Sternenstaub sind (https://www.ardmediathek.de/swr/player/Y3JpZDovL3N3ci5kZS8xODI5OTYwMA/wir-sind-sternenstaub) tatsächlich alles gesagt.
Aber ich finde das Schlußwort sollte in diesem Thread denjenigen zustehen, die hier am längsten, intensivsten und am leidenschaftlichsten (also Leiden schaffend) diskutieren.
Ich vermute allerdings, dass die Schlußworte dann momentan(!) noch "Ja, aber..." oder "Trotzdem!" lauten. ;)
Aber ich bin und bleibe Optimist.
Gruß
N. :Huhu:
Klugschnacker
01.03.2020, 11:02
Meiner Meinung nach ist dann spätestens mit dem erfolgten Hinweis, dass wir alle aus Sternenstaub sind (https://www.ardmediathek.de/swr/player/Y3JpZDovL3N3ci5kZS8xODI5OTYwMA/wir-sind-sternenstaub) tatsächlich alles gesagt.
Verstehe ich nicht. Was genau ist gesagt mit dem Hinweis auf einen physikalischen Prozess, der aus Wasserstoff und Helium die schwereren Elemente des Periodensystems bis zum Eisen erzeugte?
Wir hatten diesen Prozess hier bereits diskutiert*, ebenso wie die primordiale Nukleosynthese. Ein Zusammenhang mit dem Christentum hat sich nach meinem Verständnis dabei nicht gezeigt.
*insbesondere den Triple-Alpha-Process (https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Alpha-Prozess) bei der Entstehung von Kohlenstoff, der Anlass zu theologischen Spekulationen gegeben hat.
Klugschnacker
01.03.2020, 11:33
Die Frage, ob Gott existiert ist nicht bewiesen bzw. endgültig entschieden.
Du mühst Dich hier meiner Meinung nach mit dem faktischen Wahrheitsbegriff ab, der sich jedoch auf einen Schöpfergott, vor allem aber auf die Gottesvorstellung des Christentums, nicht anwenden lässt.
Der christliche Gott in seinen verschiedenen, sich seit der Antike mehrfach gewandelten Ausprägungen, ist eine Idee. Ebenso ist das von diesem Gottesbild abgeleitete Evangelium eine Idee. Es ist eine Fiktion, ein inneres, ethisches Leitbild.
Man kann darüber diskutieren, ob es ein gutes Leitbild für die heutige Gesellschaft darstellt, oder ob eine Weiterentwicklung erforderlich wäre. Das Leitbild hat jedoch seine Bedeutung oder seinen Wert unabhängig davon, ob die vorgestellten Urheber (Götter, Engel) real existieren.
Ich erinnere mich aus meiner Jugend an die Blutsbruderschaft zwischen Winnetou und Old Shatterhand. Für mich als junger Mensch enthielt diese Geschichte wichtige Gedanken zu Freundschaft, Loyalität, Selbstlosigkeit und Respekt vor anderen Völkern. Diese Bedeutung ist unabhängig von der Frage, ob die beiden Figuren tatsächlich gelebt haben und die erzählte Geschichte sich real zugetragen hat. Es geht um die Idee. In ihr steckt ein Wert für alle, denen die Geschichte etwas sagt.
Wenn ich nun die Existenz von Old Shatterhand als Tatsache missverstehe, verstricke ich mich früher oder später in allerlei Unsinn und mache die Geschichte kaputt. Denn auf der faktischen Ebene ist sie vor allem eins: unwahr.
Als Erwachsene finden wir das Beispiel der beiden Erzählfiguren von Karl May vielleicht unangemessen. Das ist mir bewusst. Doch es verdeutlicht in meinen Augen einen wesentlichen Aspekt, nämlich die Vermischung von Fiktionen und Fakten.
Götter und Teufel existieren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Doch die Religionen existieren, oder speziell für das Christentum: Das Evangelium existiert als ethisches Leitbild. Warum diskutierst Du nicht dieses Leitbild, und gibst frei zu, dass wir über Götter ehrlicherweise nichts wissen und nichts wissen können? Dann bist Du die Last los, die behauptete Existenz des christlichen Gottes beweisen zu müssen – ein ohnehin verlorener Posten. Werbe einfach für den Wert christlicher Vorstellungen, sofern Du von ihnen überzeugt bist.
:Blumen:
Dasselbe tun wir doch auch mit zentralen Fiktionen unserer Gesellschaft, wie beispielsweise der Gleichheit aller Menschen und den sich daraus ableitenden Menschenrechten. Wir werben für diese Werte und verteidigen sie, ohne uns auf die Autorität eines Gottes zu berufen. Anstelle dieser Autorität setzen wir Argumente.
Das wäre an Deiner Stelle meine Linie in der Diskussion: Für den Wert und den Nutzen biblischer Ethik zu werben, ohne mich dabei auf Götter zu berufen.
Die Frage, ob Gott existiert ist nicht bewiesen bzw. endgültig entschieden.
Nehmen wir an, es wäre entschieden. Nehmen wir an, Gott wäre existent und nachgewiesen.
Was bringt Dir das? Nichts.
Die Frage, was der "Grund für alles" ist, bliebe durch die Existenz von Gott unbeantwortet. Es verschöbe sich lediglich um einen Schritt nach hinten. Was ist die Ursache für Gott? Das ganze Argument mit "Gott als Urgrund" ist wertlos. Das ist nicht gerade eine neue Erkenntnis.
Die Frage, was gut/böse, richtig/falsch wäre, bliebe weiterhin unbeantwortet. Die Antwort darauf kann nicht "Gott" sein, denn auch hier verschiebt sich die Frage lediglich um einen Schritt nach hinten. Nach welchen Maßstäben richtet sich Gott? Wenn er sich an irgendwelchen Maßstäben ausrichtet, dann wäre er nur ein Mittelsmann und daher überflüssig. Wenn er die Maßstäbe hingegen logisch ableitet, dann könnten wir sie ebenfalls ohne Gott ableiten, und wäre er erneut überflüssig. Wenn er sie einfach diktatorisch festlegt, ohne sie herzuleiten, dann wäre Moral lediglich ein anderes Wort für Unterwerfung. Auf dieses prinzipielle Dilemma hat bereits Platon in seinem Euthyphron-Dialog (https://de.wikipedia.org/wiki/Euthyphron-Dilemma) hingewiesen. Das "moralische Argument" taugt nichts.
Der Glaube an Gott bzw. die Behauptung seiner Existenz beantwortet nichts. Es bringt keine Erkenntnis und kann auch gar keine Erkenntnis erbringen.
Das ist einer der Gründe, warum die Bibel keinerlei Informationen dafür liefert, was a) der Urgrund von allem ist, und b) woraus der Ankerpunkt für unsere Moral besteht. Die beiden genannten Zwickmühlen löst die Bibel also nicht, sondern schüchtert die Leser lediglich ein, diese Fragen zu stellen. Das ist ein wichtiger Punkt: Die Bibel sagt mit keiner Silbe, dass Gott der Urgrund ist. Sie sagt auch mit keiner Silbe, dass Gott der Ursprung der Moral ist. Sie sagt noch nicht einmal, dass Gott ein moralisches Wesen ist. An vielen Stellen brüstet sie sich mit dem Gegenteil.
Wenn es für Dich wichtig ist, dass es einen Gott gibt, dann könnte ich Dir das in der Debatte ruhig zugestehen, ohne dass ich irgendeinen meiner Kritikpunkte verlöre. Die Bibel wäre trotzdem gelogen und der Klerus bestünde trotzdem aus Scharlatanen. Um diesen Beweis zu führen, brauche ich keinen Gott.
Trimichi
01.03.2020, 16:43
Mir geht es doch nur um die Möglichkeit. Dankeschön an Jörn, dass Du mir meinen Glauben zugestehst. Ich gestehe Dir auch zu, dass Du nicht glaubst. Habe ich auch kein Problem damit.
Weil wir keine Antworten auf bestimmte Fragen kennen können wir nur glauben. Nehmen wir den Jenseitsbezug, der hier schon desöfteren in die Diskussion eingebracht wurde. Die Atheisten meinen, nach dem Tod ist das Leben vorbei. Ok, der Körper ist tot. Die Christen glauben an das Fegefeuer und der Buddhist nennt eine Metapher und beschreibt eine gefüllte Tasse Tee, welche zerbricht. Das Gefäß ist kaputt, nicht so die Flüssigkeit, die eine andere Form annimmt. Was denn nun? An was glauben die Atheisten? Licht aus, finito?
Ich weigere mich zu glauben, dass das Universum blind, dumm und nicht zielgerichtet ist. Nehmen wir nun als Beispiel ganz Diesseitiges. Ich möchte von den Atheisten wissen, ob es Karma gibt, insofern, eine Antwort auf die Frage, warum ein Mensch behindert geboren wird und ein anderer nicht und Olympiasieger wird. Ich möchte auch wissen, warum einer Frau mit 40 Jahren die Brust amputiert wird und einer anderen Frau nicht, die auch nicht an Brustkrebs stirbt, sondern nochmalig Mutter wird.
Wo ist hier die Gerechtigkeit? Es gibt keine, nach irdischen Maßstäben. Und bitte nicht mit Menschenrechten kommen. Es gibt kein Recht auf ein besseres Leben. Was nützen die Menschenrechte einem Plastikpfandflaschensammler im stinkigen Hafenwasser von Manila, der sich fragt, warum einer anderer, dessen Eltern Millionäre sind, am Starnberger See in einem Neoprenanzug schwimmt? Deswegen ist die Frage nach Karma kein Glaube, sondern eine Frage philosophischer Erkenntnisfähigkeit. Und die sagt mir auch, dass das Universum eben nicht blind, oder dumm und nicht nicht zielgerichtet ist. Sonst gäbe es auch keine Unterschiede und auch kein Leid. Also warum gibt es Leid? Diese Frage hast Du, Arne, auch gestellt.
Buddhisten nennen die vier edlen Wahrheiten. Nur, wer hat sich das alles ausgedacht? Bestimmt kein Mensch? Ach so, ich vergaß, ein Wasserstoffatom, oder lassen wir es ein Elektron sein, wurde auf unendliche Geschwindigkeit beschleunigt. Plötzlich war eine Unmenge Energie da. Toll!
Ich will nur andeuten, dass die Wissenschaft und / oder der Atheismus keine Antworten auf Sinnfragen liefern. Nicht so Philosophie oder Religion.
Nobodyknows
01.03.2020, 16:54
Verstehe ich nicht. Was genau ist gesagt mit dem Hinweis auf einen physikalischen Prozess, der aus Wasserstoff und Helium die schwereren Elemente des Periodensystems bis zum Eisen erzeugte?
Wie von mir erwartet. :Lachen2:
Ein Schlußwort der Sorte "Ja, aber...". :bussi:
Erkennst Du denn nicht, wenn man die Diskussion vor diesem Hintergrund führt, den Irrsinn der Diskussion? :confused:
Da sagt ein Klümpchen Sternenstaub zum anderen Klümpchen Sternenstaub: "Du, das was Du da so glaubst und so wie Du es tust ist übrigens totaaal falsch. Du bist ein manipuliertes und von Gesellschaft, Kirche und Elternhaus fehlgeleitetes Klümpchen Sternstaub. Paß auf! SO sieht die Wahrheit aus! Ich erkläre es Dir jetzt....".
Gruß
N. :Huhu:
Klugschnacker
01.03.2020, 17:21
Nobodyknows, warum beantwortest Du nicht einfach auf sachliche Weise meine Frage? Warum ist "alles gesagt", wenn man die Entstehung bestimmter Elemente im Inneren von Sternen erwähnt?
Klugschnacker
01.03.2020, 17:28
... Ich möchte von den Atheisten wissen, […] warum ein Mensch behindert geboren wird und ein anderer nicht und Olympiasieger wird. Ich möchte auch wissen, warum einer Frau mit 40 Jahren die Brust amputiert wird und einer anderen Frau nicht, die auch nicht an Brustkrebs stirbt, sondern nochmalig Mutter wird.
[…] Also warum gibt es Leid? Diese Frage hast Du, Arne, auch gestellt.
Das ist aus naturwissenschaftlicher Sicht doch ganz einfach zu beantworten.
Ein unlösbares Problem ergibt sich doch erst aus der Annahme eines nicht steigerbar guten Gottes, der allmächtig ist. Oder verstehe ich Dich gerade falsch?
:Blumen:
Trimichi
01.03.2020, 18:10
Das ist aus naturwissenschaftlicher Sicht doch ganz einfach zu beantworten.
Ein unlösbares Problem ergibt sich doch erst aus der Annahme eines nicht steigerbar guten Gottes, der allmächtig ist. Oder verstehe ich Dich gerade falsch?
:Blumen:
Echt. Also das Kind im Rollstuhl darf nicht mit dem Schicksal hadern? Man sagt: Pech gehabt, schlechte Gene. Und warum Du so bist, und nicht wie oder mit Paul, Uwe und Karl Fußball spielen kannst , na-ja. Pech gehabt - man kann sich seine Eltern eben nicht aussuchen. Ist das die naturwissenschaftliche Antwort?
Aus naturwissenschaftlicher Sicht lässt sich das Problem der Behinderung auch ganz einfach lösen und das Kind im Rollstuhl hätte keine Existenzberechtigung mehr. Nur mal so eingeworfen. Um auch auf diesem Wege zu zeigen, dass die Naturwissenschaft nicht allmächtig ist.
Denn:
klar ist der liebe Gott allmächtig, wer denn sonst??? Aber, ich sehe schon die nächste Frage. Warum lässt er dann Leid zu?
Deswegen nochmalig meine Frage an die Atheisten, warum ein Kind behindert geboren wird und ein anderes nicht und ob das gerecht ist auch gerne in Kombination mit der Tatsache, dass auch der Plastikflaschenmüllsammler im Hafenwasser von Manila viel lieber Triathlon im sauberen Wasser des Starnberger See betreiben würde. Was sagst Du der Frau, der die Brust abgenommen wird und die bald sterben wird, während eine Station weiter auf der Entbindungsstation eine gleichaltrige Frau ihr Neugeborenes in den Arm nimmt?
Nobodyknows
01.03.2020, 18:19
Nobodyknows, warum beantwortest Du nicht einfach auf sachliche Weise meine Frage? Warum ist "alles gesagt", wenn man die Entstehung bestimmter Elemente im Inneren von Sternen erwähnt?
„Weisheit ist nicht mitteilbar. Weisheit, welche ein Weiser mitzuteilen versucht, klingt immer wie Narrheit..."
(Aus dem Buch "Siddhartha" von Hermann Hesse (https://de.wikipedia.org/wiki/Siddhartha_(Hermann_Hesse)))
Gruß
N. :Huhu:
Klugschnacker
01.03.2020, 18:54
Echt. Also das Kind im Rollstuhl darf nicht mit dem Schicksal hadern? Man sagt: Pech gehabt, schlechte Gene. Und warum Du so bist, und nicht wie oder mit Paul, Uwe und Karl Fußball spielen kannst , na-ja. Pech gehabt - man kann sich seine Eltern eben nicht aussuchen. Ist das die naturwissenschaftliche Antwort?
Was wäre denn Deine Antwort als Christ? "Gott wollte Deine Behinderung"?
Aus naturwissenschaftlicher Sicht lässt sich das Problem der Behinderung auch ganz einfach lösen und das Kind im Rollstuhl hätte keine Existenzberechtigung mehr. Nur mal so eingeworfen. Um auch auf diesem Wege zu zeigen, dass die Naturwissenschaft nicht allmächtig ist.
Wer ein Recht auf Existenz hat – diese Frage wird nicht von den Naturwissenschaften beantwortet, da Rechte nicht ihr Gegenstand sind. Über das Lebensrecht und dessen Verwirkung kannst Du jedoch viel in der Bibel lesen.
klar ist der liebe Gott allmächtig, wer denn sonst??? Aber, ich sehe schon die nächste Frage. Warum lässt er dann Leid zu?
Ja, diese Frage liegt doch auf der Hand, findest Du nicht? Man darf doch erwarten, dass das Bild, welche eine Religion von der Welt entwirft, sich mit der Welt deckt, die wir um uns herum vorfinden. Eine Welt, die von einem nicht steigerbar guten Gott erschaffen worden wäre, würde eben ganz anders aussehen, als unsere real vorhandene Welt. Findest Du nicht?
Deswegen nochmalig meine Frage an die Atheisten, warum ein Kind behindert geboren wird und ein anderes nicht und ob das gerecht ist
Ein Mensch entwickelt sich über viele Entwicklungsschritte aus den Genen seiner Eltern. Dabei können leider Fehler auftreten. Mit Gerechtigkeit und ähnlichen moralischen Begriffen wie Gut und Böse hat das nichts zu tun.
Ein Beispiel wäre das Erbmolekül, in dem der Bauplan des Menschen gespeichert ist. Es ist ein ungeheuer langes und komplexes Molekül, das aus zehntausenden Bausteinen besteht. Unglücklicherweise wird dieses Gen wie jedes andere Gewebe von radioaktiver Strahlung getroffen. Durch diesen Beschuss ergeben sich Fehler im Genom, die mit zunehmendem Alter der Eltern zahlreicher werden.
Das ist sehr bedauerlich.
Allerdings entstehen durch denselben Prozess immer wieder Varianten von Lebewesen, die genetisch geringfügig von ihren Eltern abweichen. So kann sich eine Art an sich ändernde Umweltbedingungen anpassen. Wäre jedes Kind stets eine fehlerfreie Kopie aus den Genen der Eltern, gäbe es keine Evolution (vereinfachte Darstellung).
Trimichi
01.03.2020, 19:19
Was wäre denn Deine Antwort als Christ? "Gott wollte Deine Behinderung"?
Ich bin kein Christ. Ich hatte schon gesagt, dass ich flexibel bin was Religion anbelangt. Woher kommt die Unterstellung immer wieder an meine Person ich wäre Christ? Als Christ würde ich sagen, dass alles gut wird. Das klappt, da ich mit (teilweise sehr schwer) Behinderten gearbeitet habe. Mein Version von wegen Karma und die glaubhafte Versicherung an totsterbenskranke, behinderte Kinder tat denen gut.
Daher nochmalig: was sagst Du denen? Pech gehabt? A-Karte gezogen? Dein Leben war sowieso sinnlos? Stirb' einfach? Ist doch sowieso egal?
Wer ein Recht auf Existenz hat – diese Frage wird nicht von den Naturwissenschaften beantwortet, da Rechte nicht ihr Gegenstand sind. Über das Lebensrecht und dessen Verwirkung kannst Du jedoch viel in der Bibel lesen.
Nein. Das mache ich mit Computersimulationen und Beobachtungen. Zum einen regelt sich jede Überpopulation automatisch. Da wir überbevölkert sind, und sehen wie das die Natur macht, regeln wir nach. Behinderte haben in so einer Welt keinen Platz. Es überleben die, die gesund und stark sind. Reine Naturwissenschaft.
Ja, diese Frage liegt doch auf der Hand, findest Du nicht? Man darf doch erwarten, dass das Bild, welche eine Religion von der Welt entwirft, sich mit der Welt deckt, die wir um uns herum vorfinden. Eine Welt, die von einem nicht steigerbar guten Gott erschaffen worden wäre, würde eben ganz anders aussehen, als unsere real vorhandene Welt. Findest Du nicht?
Ein Mensch entwickelt sich über viele Entwicklungsschritte aus den Genen seiner Eltern. Dabei können leider Fehler auftreten. Mit Gerechtigkeit und ähnlichen moralischen Begriffen wie Gut und Böse hat das nichts zu tun.
Ein Beispiel wäre das Erbmolekül, in dem der Bauplan des Menschen gespeichert ist. Es ist ein ungeheuer langes und komplexes Molekül, das aus zehntausenden Bausteinen besteht. Unglücklicherweise wird dieses Gen wie jedes andere Gewebe von radioaktiver Strahlung getroffen. Durch diesen Beschuss ergeben sich Fehler im Genom, die mit zunehmendem Alter der Eltern zahlreicher werden.
Das ist sehr bedauerlich.
Allerdings entstehen durch denselben Prozess immer wieder Varianten von Lebewesen, die genetisch geringfügig von ihren Eltern abweichen. So kann sich eine Art an sich ändernde Umweltbedingungen anpassen. Wäre jedes Kind stets eine fehlerfreie Kopie aus den Genen der Eltern, gäbe es keine Evolution (vereinfachte Darstellung).
Also doch alles Zufall. Das Universum ist blind und dumm und nicht zielgerichtet. Es gibt keinen Sinn. Ein Elektron wurde auf unendliche Geschwindigkeit beschleunigt. Bumm! 42!
Warum gibt es Leben in fehlerreichen Erbanlagen und warum gibt es Menschen, die diese Fehler nicht haben? Ist nicht ungerecht? Auch nicht für diejenigen, die es betrifft?
Und wozu überhaupt Evolution? Warum entwickeln wir uns nicht wieder zurück zu Fischen? Könnten wir auch prima leben? Evolution impliziert Richtung, Richtung leitet sich aus dem alt-deutschen Wort Sinn ab.
Also ist die Evolution Schuld? Bist halt behindert, sagt man zu dem Kind. Dumm gelaufen für Dich, könnte man auch sagen. Toller Trost für das Kind, dass im Rolli hockt und in wenigen Monaten sterben wird. Schau' mal so einem Wesen in die Augen und sage sowas dann: das behinderte 12 jährige Kind verreckt elendiglich wegen Glasknochenkrankheit in seinen Exkrementen sitzend (Windeln) in seinem Rolli in ein paar Monaten. Worin findet es wohl mehr Trost: in der Beschreibung seiner Selbst als Gendefekt und/oder Kopierfehler oder in der Versicherung, dass alles schon seinen Sinn hat?
Klugschnacker
01.03.2020, 19:39
Also ist die Evolution Schuld? Bist halt behindert, sagt man zu dem Kind. Dumm gelaufen für Dich, könnte man auch sagen. Toller Trost für das Kind, dass im Rolli hockt und in wenigen Monaten sterben wird. Schau' mal so einem Wesen in die Augen und sage sowas dann: das behinderte 12 jährige Kind verreckt elendiglich wegen Glasknochenkrankheit in seinen Exkrementen sitzend (Windeln) in seinem Rolli in ein paar Monaten. Worin findet es wohl mehr Trost: in der Beschreibung seiner Selbst als Gendefekt oder Kopierfehler und/oder in der Versicherung, dass alles schon seinen Sinn hat?
Welche Welt ist
a) wünschenswert
b) wahr?
Das sind zwei paar Schuhe. Eine gerechte Welt, so wünschenswert sie auch sein mag, braucht deswegen nicht wahr zu sein. Du wirbst für religiöse Weltbilder, weil sie wünschenswert seien; ich bestreite sie, weil ich sie für unwahr halte. Wir können uns leichter verständigen, wenn wir uns entweder über Wünsche oder über Wahrheiten unterhalten.
Niemand braucht meine Ansicht zu teilen, doch für mich wäre es leichter zu ertragen, aufgrund von Naturgesetzen leiden zu müssen, als durch den Beschluss eines anderen Wesens, dem ich nichts getan habe. Gerade die Frage, warum ausgerechnet ich schwer zu leiden hätte, fast allen anderen dies aber erspart bliebe, wäre ein großes Problem.
Klugschnacker
01.03.2020, 19:59
Zum einen regelt sich jede Überpopulation automatisch. Da wir überbevölkert sind, und sehen wie das die Natur macht, regeln wir nach. Behinderte haben in so einer Welt keinen Platz. Es überleben die, die gesund und stark sind. Reine Naturwissenschaft.
Nein, das ist keine Naturwissenschaft.
Du vermischst hier die Ursachen für eine Behinderung, die rein naturgesetzlicher Art sind, mit dem gesellschaftlichen oder zwischenmenschlichen Umgang mit behinderten Menschen.
:Blumen:
LidlRacer
01.03.2020, 21:03
Die Atheisten meinen, nach dem Tod ist das Leben vorbei.
Du meinst also, es sei nicht vorbei. Folglich glaubst Du wohl an eine unsterbliche Seele o.ä.
Sofern Du gleichzeitig von der Richtigkeit unserer Erkenntnisse über die Evolution überzeugt bist, frage ich mich, wie man das zusammenbringt. Da es keine scharfe Trennlinie zwischen Mensch und Tier gibt, drängen sich mir folgende Fragen auf:
Haben auch alle Tiere so eine Seele?
Auch Einzeller?
Schon immer oder seit wann?
Wo kommt sie her?
......
Weil wir keine Antworten auf bestimmte Fragen kennen können wir nur glauben. Nehmen wir den Jenseitsbezug, der hier schon desöfteren in die Diskussion eingebracht wurde. Die Atheisten meinen, nach dem Tod ist das Leben vorbei. Ok, der Körper ist tot. Die Christen glauben an das Fegefeuer und der Buddhist nennt eine Metapher und beschreibt eine gefüllte Tasse Tee, welche zerbricht. Das Gefäß ist kaputt, nicht so die Flüssigkeit, die eine andere Form annimmt. Was denn nun? An was glauben die Atheisten? Licht aus, finito?
Sicher, wie bei allen Lebewesen. Nach dem Tod lebt kein Lebewesen mehr, ausser in der Erinnerung anderer, seinen Werken beim Menschen oder in seinen Nachkommen bzw. in seiner Art. (Die Katholiken glauben übrigens an die Einheit von körperlicher, leiblicher und seelischer Auferstehung beim jüngsten Gericht)
Ich weigere mich zu glauben, dass das Universum blind, dumm und nicht zielgerichtet ist. Nehmen wir nun als Beispiel ganz Diesseitiges. Ich möchte von den Atheisten wissen, ob es Karma gibt, insofern, eine Antwort auf die Frage, warum ein Mensch behindert geboren wird und ein anderer nicht und Olympiasieger wird. Ich möchte auch wissen, warum einer Frau mit 40 Jahren die Brust amputiert wird und einer anderen Frau nicht, die auch nicht an Brustkrebs stirbt, sondern nochmalig Mutter wird.
Ein Teil der Behinderungen entstehen durch Mutationen (https://de.wikipedia.org/wiki/Mutation#H%C3%A4ufigkeit_von_Mutationen), ein Teil durch Schädigungen im Embryonalstadium, ein Teil während der Geburt, ein Teil in der frühen Entwicklung oder später durch Unfälle oder Erkrankungen usf. Man kann doch diese nicht mit einer Vorherbestimmtheit erklären, die ausserhalb der tatsächlichen Lebensprozesse in einer bestimmten Umwelt liegen. Sind Behinderungen zu zahlreich, würde die Art aussterben. Biologe und Medizin können eigentlich heute die meisten Behinderungen erklären, wo früher die Menschen manche noch auf Geister zurückführten. (z.B. bei Epilepsie spricht entweder ein guter oder böser Geiste aus dem Menschen).
Wo ist hier die Gerechtigkeit? Es gibt keine, nach irdischen Maßstäben. Und bitte nicht mit Menschenrechten kommen. Es gibt kein Recht auf ein besseres Leben. Was nützen die Menschenrechte einem Plastikpfandflaschensammler im stinkigen Hafenwasser von Manila, der sich fragt, warum einer anderer, dessen Eltern Millionäre sind, am Starnberger See in einem Neoprenanzug schwimmt? Deswegen ist die Frage nach Karma kein Glaube, sondern eine Frage philosophischer Erkenntnisfähigkeit. Und die sagt mir auch, dass das Universum eben nicht blind, oder dumm und nicht nicht zielgerichtet ist. Sonst gäbe es auch keine Unterschiede und auch kein Leid. Also warum gibt es Leid? Diese Frage hast Du, Arne, auch gestellt.
......
Ich verstehe diesen Absatz leider nicht, weil Du einerseits feststellst, es gäbe keine irdische Gerechtigkeit und andererseit das Universum als zielgerichtet beschreibst, wozu das Leid und die Ungerechtigkeit gehören würden. Weshalb? Und was ist das Ziel der Zielgerichtetheit?
Trimichi
01.03.2020, 23:42
Und was ist das Ziel der Zielgerichtetheit?
Die Komplexität der Organisation von Organismen nimmt zu. Einzeller, Vielzeller, Fische, Reptilien, Säugetiere, Affen und nun der Mensch. Das Abstraktionsniveau steigt. Allein schon die Tatsache, dass kompliziert zusammengesetzter Sternenstaub über sich selbst nachdenken kann erstaunt mich. Aus Staub können Menschen werden, hätte das irgendwer zum Zeitpunkt der Existenz bloßer Wasserstoffatome im Universum vorhersagen können, falls damals ein menschliches Bewusstsein existiert hätte? Einfach nur erstaunlich.
Wissenszuwachs vollzieht sich jedoch wie wir wissen seit Tom Kuhn nicht quantitativ, sondern in qualitativen Sprüngen. Was ist das Ziel? Würde ich umformulieren in: was ist das nächste Ziel? Da würde ich sagen evolutionärer Quantensprung bzw. evolutionärer Quantensprung in Form von kollektivem Bewusstsseinsschub.
Buddha sagt: alle Lebenwesen wollen Leid vermeiden und glücklich sein. Vllt. gibt es auch wieder Krieg? Und neue Waffen erzeugen einen technologischen Fortschritt?
Ich kleines Lichtlein werde darauf heute bestimmt keine Antwort mehr finden. Gute Nacht. :Schlafen:
P.S: Übrigens, Aristoteles legt viel Wert auf die Fähigkeit des Staunens in Sachen Menschlichkeit. Wer nicht mehr staunen kann so wie Kinder, um den ist es schlecht bestellt (oder so ähnlich).
Ebenfalls erstaunlich: Hochentwickelte Lebewesen sind immer auch Leberwesen.
Trimichi
02.03.2020, 07:58
Ebenfalls erstaunlich: Hochentwickelte Lebewesen sind immer auch Leberwesen.
Ist das eine Anspielung auf das neue Buch von Dieter Nuhr? Ich habe es gelesen, dort verlangt der Geist nach Alkohol. Das schreibt der Dieter N.:Huhu: immer wieder. Also wird die Hypothese aufgestellt bzw. spekuliert was wäre, wenn wir mit der Leber denken würden. Leider hält das Buch nicht wirklich was es verspricht. Zugegeben, lachen musste ich öfters. Aber ein Ratgeber, naja, nur wenn man die Moral über Bord wirft. Beispiel dicke Menschen, hierzu schreibt der Komiker: sei dick, sei dünn, mach' was Du willst. Klaro, das bringt man schon kleinen Kindern bei sich in der Schule mit Süßigkeiten vollzustopfen zu dürfen nach Belieben und zu machen was mal möchte ;) Sind ja heutzutage allesamt keine normalen Kinder mehr, sondern Wunderkinder und werden Künstler (...). Für diese Botschaft hätte man aber keine 250 Seiten gebraucht. Witziges Werk, ja, aber letztlich wenig konstruktiv, daher habe ich es nach 200 Seiten weglegen müssen und nur noch den letzten Satz auf der letzten Seite gelesen. :o
Zu den Wunderkindern, sagt Mutti 1 zu Mutti 2: mein Kind kann Flöte spielen. (Mutti 1 denkt daran, wie begabt ihr Kind ist. Ein Wunderkind eben). Darauf Mutti 2 zu Mutti 1: aber mein Kind spielt schon jingle bells auf den Piano seit der zweiten Klasse! (Mutti 2 denkt nun daran wie begabt ihr Kind ist. Ihr Kind ist das beste Kind, das (!) einzige Wunderkind). Fazit: die Tatsache, dass heutzutage alle Kinder Wunderkinder sind reflektiert die spirituelle Lücke, die der Atheismus erzeugt hat. Das müsste man eigentlich vertiefen. Vllt mag das Dieter Nuhr machen in einem weiteren Werk, Überschrift: was deinem Kind gut tut! ...
Klugschnacker
02.03.2020, 08:14
Allein schon die Tatsache, dass kompliziert zusammengesetzter Sternenstaub über sich selbst nachdenken kann erstaunt mich. Aus Staub können Menschen werden, hätte das irgendwer zum Zeitpunkt der Existenz bloßer Wasserstoffatome im Universum vorhersagen können, falls damals ein menschliches Bewusstsein existiert hätte? Einfach nur erstaunlich.
Das ist naturwissenschaftlich nicht richtig. Richtig ist, dass der Wasserstoff und die Naturgesetze komplexe Strukturen entwickeln würden; das wäre vorhersagbar gewesen. Der Verlauf der biologischen Evolution ist jedoch nicht vorhersagbar.
Denn beim Beschuss eines Genoms durch radioaktive Strahlung (Mutation) ist echter Zufall im Spiel. Der Zerfall radioaktiver Elemente ist ein quantenphysikalischer Prozess, der nach allem was wir heute gut abgesichert wissen, tatsächlich zufällig ist.
:Blumen:
Die Komplexität der Organisation von Organismen nimmt zu. Einzeller, Vielzeller, Fische, Reptilien, Säugetiere, Affen und nun der Mensch. Das Abstraktionsniveau steigt. Allein schon die Tatsache, dass kompliziert zusammengesetzter Sternenstaub über sich selbst nachdenken kann erstaunt mich. Aus Staub können Menschen werden, hätte das irgendwer zum Zeitpunkt der Existenz bloßer Wasserstoffatome im Universum vorhersagen können, falls damals ein menschliches Bewusstsein existiert hätte? Einfach nur erstaunlich.
Wissenszuwachs vollzieht sich jedoch wie wir wissen seit Tom Kuhn nicht quantitativ, sondern in qualitativen Sprüngen. Was ist das Ziel? Würde ich umformulieren in: was ist das nächste Ziel? Da würde ich sagen evolutionärer Quantensprung bzw. evolutionärer Quantensprung in Form von kollektivem Bewusstsseinsschub.
Buddha sagt: alle Lebenwesen wollen Leid vermeiden und glücklich sein. Vllt. gibt es auch wieder Krieg? Und neue Waffen erzeugen einen technologischen Fortschritt?
Ich kleines Lichtlein werde darauf heute bestimmt keine Antwort mehr finden. Gute Nacht. :Schlafen:
P.S: Übrigens, Aristoteles legt viel Wert auf die Fähigkeit des Staunens in Sachen Menschlichkeit. Wer nicht mehr staunen kann so wie Kinder, um den ist es schlecht bestellt (oder so ähnlich).
Meines Erachtens hängen die Weltbilder mit der Entwicklung unserer Denkweise zusammen, und diese wiederum wird beeinflusst vom Stand der gesellschaftlichen Entwicklung der Produktivkräfte. Zur Zeit der "Mechanik" stand z.B. der ganzheitliche Blick auf (selbstreferenzielle) komplexe Systeme als aus Technologie und Naturwissenschaften übernommenene Modelle zur Erklärung von Vorgängen noch nicht zur Verfügung. Auch von einem "Quantensprung" wie bei Dir hätte vor 1920 niemand gesprochen.
Meines Erachtens hebt aber die gedachte, abstrahierte Tendenz zu Komplexität und zur emergenten Selbstorganisation (https://de.wikipedia.org/wiki/Emergenz) die Gesetze von Mutation und Zufall nicht auf: "Emergenz ist in Systemen das Auftreten von Merkmalen auf höheren Organisationsebenen, die nicht aufgrund bekannter Komponenten niedrigerer Ebenen hätten vorhergesagt werden können."
Ausserdem wurde bekanntlich durch Fremdeinwirkung auf der Erde mit einem Meteoriteneinschlag schon mal (fast) alles Leben auf einmal vernichtet und es besteht heute leider auch die Möglichkeit der weitgehenden Selbstvernichtung der Menschheit.
Ich weigere mich zu glauben, dass das Universum blind, dumm und nicht zielgerichtet ist.
Wenn Du Dich einfach weigerst, kann man nur mit den Schultern zucken.
Falls Du in Deiner Weigerung dennoch die zugekniffenen Augen einen Spalt breit öffnest, dann betrachte die Ausbreitung des Corona-Virus. Das Virus ist genau was Du bestreitest: "blind, dumm und nicht zielgerichtet". Es versteht nicht, was es tut, und es kümmert sich nicht, wen es befällt. Es ist ein Stück toter Materie.
Wer sich ansteckt, hat völlig zufällig eine Türklinke angefasst oder saß zufällig am Nachbartisch bei einer Karnevalssitzung (so geschehen in Heinsberg). Jeder kann das in diesen Tagen live mitverfolgen. Es hat nichts mit "Karma" oder der "Ursünde" oder dem "Ziel des Weltalls" zu tun. Solches zu behaupten ist offensichtlich unsinnig.
Es gehört zu den Erfahrungen der religionskritischen Debatte, dass manche Leute verblüffenderweise nicht bereit sind, diese Dinge zur Kenntnis zu nehmen, obwohl sie sich direkt vor unseren Augen abspielen.
Diesen Unsinn zu glauben ist natürlich Deine Privatsache. Du hast jedoch angedeutet, dass Du Deine Weisheiten auch an schwerstbehinderte Kinder weitergibst, (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1513445&postcount=16100) und ich kann nur hoffen, dass diese Passage Deines Postings missverständlich geschrieben war.
Trimichi
02.03.2020, 20:33
Wenn Du Dich einfach weigerst, kann man nur mit den Schultern zucken.
Falls Du in Deiner Weigerung dennoch die zugekniffenen Augen einen Spalt breit öffnest, dann betrachte die Ausbreitung des Corona-Virus. Das Virus ist (Zitat von Dir) "blind, dumm und nicht zielgerichtet". Es versteht nicht, was es tut, und es kümmert sich nicht, wen es befällt. Es ist ein Stück toter Materie.
Wer sich ansteckt, hat völlig zufällig eine Türklinke angefasst oder saß zufällig am Nachbartisch bei einer Karnevalssitzung (so geschehen in Heinsberg). Jeder kann das in diesen Tagen live mitverfolgen. Es hat nichts mit "Karma" oder der "Ursünde" oder dem "Ziel des Weltalls" zu tun. Solches zu behaupten ist offensichtlich unsinnig.
Es gehört zu den Erfahrungen der religionskritischen Debatte, dass manche Leute verblüffenderweise nicht bereit sind, diese Dinge zur Kenntnis zu nehmen, obwohl sie sich direkt vor unseren Augen abspielen.
Diesen Unsinn zu glauben ist natürlich Deine Privatsache. Du hast jedoch angedeutet, dass Du Deine Weisheiten auch an schwerstbehinderte Kinder weitergibst, (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1513445&postcount=16100) und ich kann nur hoffen, dass diese Passage Deines Postings missverständlich geschrieben war.
Was haben Reis, Nudeln und Kartoffeln gemeinsam? Bzw. was sind die Unterschiede? Je nachdem worauf Du abzielst wird bzw. kann alles Mögliche daraus werden. Da ich nicht Rhetorik, sondern Psychologie studiert habe, durchschaue ich Deine "Taschenspielertricks" durch die Kenntnis der ps. Mechanismen, die dahinter stecken. Bitte nimm' es mir nicht krumm, dass ich nun, nach zig Seiten, diese Deine Tricks entlarven muss. Ohne die entsprechenden Forscher zu nennen (bzw. at qbz: es sind Festinger, Leon; sowie Heider, Fritz; mainly) komme ich kurz zum Punkt, weil ich mir wegen des Corona-Viruses noch ein Weinchen einschenke, da ja Alkohol desinfiziert. Glaubt nicht JENS-KLEVE! Er lügt, wenn er sagt, dass Alkohol nicht hilft. ;) Was wollte ich schreiben?
1. Du wechselst die Vergleichsdimension.
2. Du springst in der Verhältnismäßigkeit.
Beides zusammengenommen und kombiniert, ja, da hast Du Recht, ergibt in der Anwendung Unsinn:Blumen:, den zu glauben selbstverständlich gerne und jederzeit auch Deine Privatsache ist.
Trimichi
03.03.2020, 07:32
Falls Du in Deiner Weigerung dennoch die zugekniffenen Augen einen Spalt breit öffnest, dann betrachte die Ausbreitung des Corona-Virus. Das Virus ist genau was Du bestreitest: "blind, dumm und nicht zielgerichtet". Es versteht nicht, was es tut, und es kümmert sich nicht, wen es befällt. Es ist ein Stück toter Materie.
Du hast also in den letzten Wochen wie gewohnt in den letzten Monaten Dauerthema in den Medien viele Berichte über Hongkong gehört und gesehen? War da nicht was so von wegen, dass die Menschen in Hongkong ihre Freiheit verteidigt haben? Großdemonstrationen? Für Menschenrechte? Und Demokratie? Und nun? Schau' Dich mal in Hongkong um...
Trimichi
07.03.2020, 08:28
Denn beim Beschuss eines Genoms durch radioaktive Strahlung (Mutation) ist echter Zufall im Spiel. Der Zerfall radioaktiver Elemente ist ein quantenphysikalischer Prozess, der nach allem was wir heute gut abgesichert wissen, tatsächlich zufällig ist.
:Blumen:
Das heißt, dass der Zufall für Quantensprünge in der Evolution gesorgt hat? Und nicht etwa die Notwendigkeit? Selektion spielt keine Rolle, nur Mutation? Und wie ist das mit dem Pfeil der Zeit? Warum entwickeln sich bestimmte Arten nicht wieder in die umgekehrte Richtung? Was ist und wie erklärt sich "intelligent design?"
Intelligent bzw. Intelligenz kommt von Lateinischen "intus" und "legere", einsehen, hineinlegen, auch als Intellekt übersetzt oder die philosophische Fähigkeit zur Einsicht bzw. Einsicht allgemein. Philosophische Erkenntnisfähigkeit triff es ganz gut. Was ist Philosophie? Philosophie gibt den Naturwissenschaften Richtung. Gerne hier der Schwenk auf Lawrence Kohlberg und die sieben Stufen der moralischen Entwicklung sowie auf den Terminus +1 Argument.
Gestern hat Prof. Dr. Harald Lesch im TV gesagt, dass sich Einstein wegen der Gravitationswellen nicht geirrt hat, die ja bekanntlich nachgewiesen wurden circa 100 Jahre nach deren Vorhersage durch Herrn Einstein. Darauf hin erwähnt er den Begriff Raumzeit. Und fügte an, dass "wir nie wissen werden, wie es zu den Eigenschaften von Raum und Zeit kam." So Prof. Lesch. Wir können es nicht verstehen und damit nie erklären, natürlich "werden wir weiterforschen", so Lesch. Deswegen müssen wir glauben, weil wir es nicht verstehen können.
Wer hat sich das alles ausgedacht? Gott? Wer ist verantwortlich fürs "intelligent design"? Niemand? Alle? Alle zusammen als kollektiver Organismus (Pantheismus). Ist also der liebe Gott überall? Allmächtig, allwissend, allgegenwärtig? Fragen über Fragen auf die die modernen Naturwissenschaften keine Antwort finden können. Blumiges Beispiel: wie könnten neue Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Dimensionen Raum und Zeit zu moralischem Fortschritt führen? Lieber Klugschnaker, weil wir wissen, dass parallele Elektronenpaare des s p q r 4 - Orbitals des Elements Lawrentium mit gegenläufigem Spin rotieren (Pauli-Prinzip), also wegen dieser Erkenntnis gehe ich zu meinem Nachbarn, leihe denen meine Bohrmaschine, die ich vorher, vor der Entdeckung des gegenläufigen Spins der Elektronenpaare durch Herrn Pauli also, nicht hätte verleihen wollen? :Blumen:
Und: wie sieht es eigentlich mit der Lesechallenge in Sachen Jürgen Habermas aus? Liest eigentlich wer die neuen Bände "Wissen und Glauben" bzw. "Vernünftige Freiheit" ?
Klugschnacker
07.03.2020, 09:06
Bevor ich einzeln auf Deine Fragen eingehe, eines vorab. Man darf nicht in folgende Falle tappen: "Wenn die Wissenschaft etwas nicht erklären kann, dann ist die Religion die Erklärung."
Das sehen wir im Fall der Astrologie sofort ein. Wenn die Wissenschaft nicht in die Zukunft sehen kann, folgt daraus nicht, dass Horoskope einen Blick in die Zukunft gewähren können. Es können auch beide Methoden scheitern.
Der rhetorische Trick, der in theologischen Debatten immer wieder auftaucht, ist in der Rhetorik uralt und heißt "falsche Dichotomie": Es wird so getan, als gäbe es genau zwei Möglichkeiten: Entweder A ist wahr, oder B ist wahr. Entweder kann die Wissenschaft alles erklären, oder die Religion. Das ist falsch, denn es können auch beide Möglichkeiten falsch sein, und eine Dritte ist wahr.
Falls Du ein Argument für die Wahrheit des christlichen Glaubens erhalten möchtest, bringt es Dir also nichts, den Wahrheitsgehalt der Wissenschaft anzugreifen. Selbst wenn sich zeigen sollte, dass die gesamte Wissenschaft kompletter Humbug ist, bringt Dich das nicht weiter in der Behauptung, die christliche Religion sei wahr.
Deren Wahrheitsgehalt muss separat belegt oder plausibel gemacht werden.
Zu Deine anderen Fragen komme ich später. :Blumen:
Klugschnacker
07.03.2020, 09:22
Das heißt, dass der Zufall für Quantensprünge in der Evolution gesorgt hat? Und nicht etwa die Notwendigkeit? Selektion spielt keine Rolle, nur Mutation?
Mutation und Selektion: Beides ist gleich wichtig. Mutation bedeutet, dass nicht alle Nachkommen gleich sind, sondern es werden fortwährend Varianten erzeugt. Die Kinder unterscheiden sich geringfügig von den Eltern.
Aus diesem Pool von Varianten setzen sich diejenigen durch, die einen größeren Fortpflanzungserfolg haben. Das ist die Selektion.
Es funktioniert also mit Zufall und Notwendigkeit. Zufällige Mutationen müssen sich in der Welt bewähren oder werden aussortiert. Falsch ist die in theologischen Debatten oft vorgebrachte Sichtweise, allein der Zufall solle die Entwicklung der Arten vorantreiben. Das ist natürlich falsch.
Die Evolution kennt keine Quantensprünge. Die gibt es nur auf der Ebene des DNA-Strangs: Ein Gen wird durch ein anderes ersetzt. Es ist aber nicht so, dass eine blinde Art plötzlich Augen hat. Das sind ganz allmähliche Entwicklungen in winzigen Schritten. (Du weißt das natürlich; ich sage es hier nur vorsorglich, falls sich eine kreationistische Debatte anschließt).
Und wie ist das mit dem Pfeil der Zeit? Warum entwickeln sich bestimmte Arten nicht wieder in die umgekehrte Richtung?
Es entwickeln sich durchaus Arten in die umgekehrte Richtung. Mit anderen Worten: Bereits entwickelte Fähigkeiten gehen wieder verloren. Es gibt Lurche, die sich an das Leben in stockdunklen Höhlen angepasst und keine Augen mehr haben. Rochen haben ihre Schwimmblasen verloren, weil sie lange auf dem Meeresgrund lebten. Nun müssen sie durch’s Wasser fliegen. Die vormals entwickelte Schwimmblase ist weg.
Das ist aber nur scheinbar eine umgekehrte Richtung. Tatsächlich geht es stets um verbesserten Fortpflanzungserfolg in sich ändernden Umweltbedingungen.
:Blumen:
Klugschnacker
07.03.2020, 09:31
Gestern hat Prof. Dr. Harald Lesch im TV gesagt, dass sich Einstein wegen der Gravitationswellen nicht geirrt hat, die ja bekanntlich nachgewiesen wurden circa 100 Jahre nach deren Vorhersage durch Herrn Einstein. Darauf hin erwähnt er den Begriff Raumzeit. Und fügte an, dass "wir nie wissen werden, wie es zu den Eigenschaften von Raum und Zeit kam." So Prof. Lesch. Wir können es nicht verstehen und damit nie erklären, natürlich "werden wir weiterforschen", so Lesch. Deswegen müssen wir glauben, weil wir es nicht verstehen können.
Warum soll ich etwas glauben, nur weil ich keine Gewissheit habe? Ich kann auch sagen, ich weiß es nicht.
War mein Ururururgroßvater ein treuer Ehemann? Ich werde es nie genau wissen. Soll ich deswegen mich auf den Glauben versteifen, er sei treu gewesen? Ich ziehe es vor zu sagen, ich weiß es nicht, bis ich etwas belastbares in der Hand habe.
Im Gegensatz zu Leschs Meinung, der ein sehr eifriger Jesuit ist, halte ich es durchaus für möglich, dass wir die Ursachen der Naturgesetze erforschen können. Falls wir es jedoch nicht können, folgt daraus keinerlei Argument für das christliche Gottesbild ("falsche Dichotomie").
:Blumen:
Jesuitisch vielleicht, aber kein Jesuit :cool:
m.
Damit ich auch was sinnvolles gesagt habe: vielleicht geht es dem einen oder anderen auch so: jedesmal wenn ich sehe, dass der Deckel so ein bisschen angehoben wird von dieser Wunderkiste Natur komme ich als Laie nicht aus dem Staunen raus, wie wunderbar und raffiniert das alles ist und wie unwahrscheinlich - dann packe ich das wieder weg, denke fest an The Blind Watchmaker und dieser tolle Moment ist nur noch Erinnerung. Von daher kann ich intelligent design emotional nachvollziehen.
so Ende mit dem Wort zum Samstag, aufs Rad und los
m.
Klugschnacker
07.03.2020, 09:50
Blumiges Beispiel: wie könnten neue Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Dimensionen Raum und Zeit zu moralischem Fortschritt führen?
Was wäre denn aus Deiner Sicht moralischer Fortschritt? Angenommen, wir hätten zwei moralische Systeme A und B. Wie entscheidest Du, welches von beiden fortgeschrittener sei?
:Blumen:
Trimichi
07.03.2020, 10:07
Was wäre denn aus Deiner Sicht moralischer Fortschritt? Angenommen, wir hätten zwei moralische Systeme A und B. Wie entscheidest Du, welches von beiden fortgeschrittener sei?
:Blumen:
Zur falschen Dichotomie, ja, sie ist falsch. Weil Hempel-Oppenheim-Schema, d.h. Wenn-Dann-Relation. Ein Fall von Digitalisierung oder simpler, deduktiver Logik? 0 = w, 1 = f ? Ein Ereignis kann war oder falsch sein. Ein Fenster kann offen oder geschlossen sein. Aristotelische Aussagenlogik. Und Schrödingers Katze? Auch alles eine Frage von Kausalität? Die Wissenschaft kann nicht einmal zuverlässig Klimamodelle berechnen, maßt sich aber an noch viel komplexere Wirkmodelle "berechnen" zu wollen? Es ist sogar noch viel schlimmer um die Wissenschaft bestellt als es aussieht! Wenn man zwei Super-KI-Computer miteinander kommunizieren lässt entsteht ein für Menschen nicht mehr nachvollziehbarer Nonsence. Dürfte Dir als jemand, der an KI interessiert ist, bekannt sein als Phänomen. Dieses impliziert, dass selbst komplizierteste Logik, die mathematische Basis aller Naturwissenschaften, aus sich heraus keine Antwort auf moralische Fragen liefern kann. Selbst die größte Rechenleistung kann nur das herausfinden, was vorher programmiert wurde. Programmieren sich Computer selbst wechselseitig entsteht Nonsence.
Ein "Wenn" muss immer hinreichend sein, damit ein Dann eintreten kann. Binäre Logik. Nicht so die Eigenschaft der Notwendigkeit, die kein Garant dafür ist, dass etwas eintritt oder so und so ist. Ein Mann am Strand baut eine Sandburg. Sand ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Prämisse für den Bau einer Sandburg. Der Satz "Wenn Sand, dann!" ... - kann nicht aufgelöst werden. Nun haben wir aber Sand. Was tun? Bitte programmiere die Computer.
Laß' es mich so formulieren: die Wissenschaft kennt die Wahrheit teilweise, nicht aber vollständig. Die Religion hingegen behauptet die Wahrheit zu kennen. System A (Religion) zieht das System B (Wissenschaft) in Richtung Fortschritt (mit dem +1 Argument), so dass die Wissenschaft weitere Wahrheiten erkennen kann. :Blumen:
Trimichi
07.03.2020, 10:47
Was wäre denn aus Deiner Sicht moralischer Fortschritt? Angenommen, wir hätten zwei moralische Systeme A und B. Wie entscheidest Du, welches von beiden fortgeschrittener sei?
:Blumen:
Kohlbergs Stufen der Moralentwicklung graphisch veranschaulicht. So würde ich moralischen Fortschritt skalieren.
Jetzt käme es darauf an, wo welches System verortet ist.
Klugschnacker
07.03.2020, 10:52
Wenn man zwei Super-KI-Computer miteinander kommunizieren lässt entsteht ein für Menschen nicht mehr nachvollziehbarer Nonsence. Dürfte Dir als jemand, der an KI interessiert ist, bekannt sein als Phänomen. Dieses impliziert, dass selbst komplizierteste Logik, die mathematische Basis aller Naturwissenschaften, aus sich heraus keine Antwort auf moralische Fragen liefern kann.
Wollen wir es etwas konkreter gestalten? Mein Vorschlag wäre: Du formulierst eine konkrete moralische Frage, und wir schauen dann, ob die Wissenschaft einen Beitrag zu ihrer Beantwortung liefern kann.
Oder eine Religion. Hier sollten wir ebenfalls konkret werden und uns spaßeshalber auf den Hinduismus festlegen. Das ist ja zweifellos eine Religion. Oder lautet Dein Argument, nur das Christentum könne moralische Fragen klären, alle anderen Religionen jedoch nicht?
Klugschnacker
07.03.2020, 10:53
Kohlbergs Stufen der Moralentwicklung graphisch veranschaulicht. So würde ich moralischen Fortschritt skalieren.
Verstehe ich nicht. Was unterscheidet die Moral einer höheren Stufe von der einer darunter liegenden Stufe?
Trimichi
07.03.2020, 12:28
Verstehe ich nicht. Was unterscheidet die Moral einer höheren Stufe von der einer darunter liegenden Stufe?
Vorab lieben Dank für die interessanten inspirierenden Antworten zu einigen anderen Punkten. :) Will ich in Ruhe lese, wirken lassen und reflektieren bzw. will auch ich aufs Rad, antworte später,:Blumen:
Meinst Du das (Zitierte) ernst? Es gibt keine Moral? Kann sein. Denn: wir wissen es ja nicht. Sie ist unsichtbar, nicht messbar? Die wissenschaftliche Forschung zeigt jedoch eine Antwort. An Hand wissenschaftlicher Daten (vgl. dritter Absatz mit entsprechendem link), Ist dieses von Dir also als ein Aufruf zur Anarchie zu verstehen? Kann ich mir bei Dir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Du die Gesetze abschaffen wolltest. Hm. Oder willst Du die Leibeigenschaft wieder einführen? Glaube ich auch nicht. Hm. Oder sollen Kinder die Welt regieren? Hm. Letzteres vermutlich wenn überhaupt. Denn eine Protagonistin aus Skandinavien hat sich bis in die Schaltzentrale der Macht vorgekämpft. Ein anderes, großes Kind, sitzt im ovalen Büro. ;) Du, ich verstehe Dich nicht, warum Du das + 1 Argument nicht verstehen willst. Faulheit? Schraubst Du an Deinem TT rum? :Lachen2:
Du bist doch Wissenschaftler. Hier aktuellere Forschungsergebnisse Ecke Uni Konstanz zum Moral Jugdement Test (MCT) zusammengefasst als erster Ein- oder Überblick in die diesbezügliche Forschung gedacht: http://www.uni-konstanz.de/ag-moral/mut/mjt-references.htm#Ishida_2006 . Konzeptionell baut Kohlbergs Theorie übrigens auf Jean Piagets Entwicklungsmodell der kognitiven Entwicklung auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Piaget .
Klugschnacker
07.03.2020, 13:05
Meinst Du das (Zitierte) ernst? Es gibt keine Moral?
Das habe ich nicht gesagt und nicht gemeint.
Du sprachst vom moralischen Fortschritt. Ich wollte daher wissen, was mit diesem Fortschritt gemeint ist? Woran erkennst Du, ob ein moralischer Fortschritt stattgefunden hat?
:Blumen:
Trimichi
07.03.2020, 17:06
Das habe ich nicht gesagt und nicht gemeint.
Du sprachst vom moralischen Fortschritt. Ich wollte daher wissen, was mit diesem Fortschritt gemeint ist? Woran erkennst Du, ob ein moralischer Fortschritt stattgefunden hat?
:Blumen:
Habe ich auch nicht wirklich behauptet. :Cheese:
Ich? Indem ich IST / SOLL - Vergleiche durchführe. Deswegen ist ja ein Studium der Psychologie (findet raus wie etwas ist) in Kombination mit der Philosophie (sagt, wie etwas sein soll) eine sinnvolle Sache. Wollen wir über philosophische Dinge diskutieren? Von mir aus gerne.
Welche Argumente führst Du an, das dieser Dawkins, der Forscher, Philosoph und/oder Naturwissenschaftler, na derjenige, den Du hier zitiert hattest und dafür gescholten wurdest auch richtig liegt? Was ich mir dazu gemerkt habe fasse ich kurz: moralisch ist, was sich verbreitet. Vielleicht möchtest Du dieses erläutern? :Blumen: Denn das verstehe ich nicht. Weil demnach hätte die Kartoffel bessere Überlebenschacen und damit Verbreitungsschancen als wir Menschen. Behauptet zumindest Stanislav Lem in einem seiner Bücher. Weil sie besser angepasst ist. So der Autor.
In aller Kürze: konkrete moralische Frage bestimmen, dann bekommen wir das schon ausdifferenziert (mit dem Fortschritt und dem ganzen Rest)
m.,
für Liebhaber von leicht merklichen Kalendersprüchen: Die Wahrheit ist konkret. :Blumen:
Trimichi
28.03.2020, 06:57
Bewegende und weise Worte von Papst Franziskus gestern in der ARD Tagesschau um 20:00 Uhr.
Hier auch als Podcast: https://www.tagesschau.de/inland/corona-papst-107.html
phonofreund
28.03.2020, 07:35
Bewegende und weise Worte von Papst Franziskus gestern in der ARD Tagesschau um 20:00 Uhr.
Hier auch als Podcast: https://www.tagesschau.de/inland/corona-papst-107.html
Hilft aber auch nicht unbedingt.....
...hab es hier (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1527038&postcount=5552) schon einmal empfohlen, tue es aber, weil mMn passend, hier auch noch einmal.
Michael Schmidt-Salomon hat ein mMn lesenswertes Buch für alle Menschen geschrieben und selbiges Endet mit diesem "Glaubensbekenntnis (https://www.giordano-bruno-stiftung.de/inhalt/das-humanistische-glaubensbekenntnis)".
Herr Dawkins ist doch mWn "nur" Naturwisasenschaftler (https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Dawkins). Von seinem Standpunkt in "das egoistische Gen" ist es logisch, dass nur unsere Gene alles bestimmen. Denn nur Ihre weitere Verbreitung ergibt irgendeinen "Sinn" im Universum.
Zum Begriff "Sinn" hat dann wieder obiger Philosoph M. Schmidt-Salomon etwas in "Hoffnung Mensch" geschrieben, was dann zusammen zu einer potentiellen Erklärung des "Seins der Menschen" und der Stellung der Menschen im Universum werden kann.
Grundsätzlich empfehle ich, vor allem allen Gottesgläubigen hier, beide Bücher einmal in Ruhe und mit Wohlwollen zu lesen. :Blumen:
Aber damit bin ich aus ethisch-humanistischen Gründen hier auch schon wieder raus... :Huhu:
Estebban
22.04.2020, 17:05
...hab es hier (https://www.triathlon-szene.de/forum/showpost.php?p=1527038&postcount=5552) schon einmal empfohlen, tue es aber, weil mMn passend, hier auch noch einmal.
Michael Schmidt-Salomon hat ein mMn lesenswertes Buch für alle Menschen geschrieben und selbiges Endet mit diesem "Glaubensbekenntnis (https://www.giordano-bruno-stiftung.de/inhalt/das-humanistische-glaubensbekenntnis)".
Herr Dawkins ist doch mWn "nur" Naturwisasenschaftler (https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Dawkins). Von seinem Standpunkt in "das egoistische Gen" ist es logisch, dass nur unsere Gene alles bestimmen. Denn nur Ihre weitere Verbreitung ergibt irgendeinen "Sinn" im Universum.
Zum Begriff "Sinn" hat dann wieder obiger Philosoph M. Schmidt-Salomon etwas in "Hoffnung Mensch" geschrieben, was dann zusammen zu einer potentiellen Erklärung des "Seins der Menschen" und der Stellung der Menschen im Universum werden kann.
Grundsätzlich empfehle ich, vor allem allen Gottesgläubigen hier, beide Bücher einmal in Ruhe und mit Wohlwollen zu lesen. :Blumen:
Aber damit bin ich aus ethisch-humanistischen Gründen hier auch schon wieder raus... :Huhu:
Für sich genommen finde ich das Gaubensbekenntnis schon ganz gut geschrieben und ich kann alledem recht viel abgewinnen.
Aber warum muss man es Glaubensbekenntnis nennen, warum müssen klare Refernzen zum christilichen Glaubensbekenntnis gemacht werden?
"Ich glaube an den Menschen
Der die Hoffnung der Erde ist
Nicht in alle Ewigkeit
Doch für Jahrmillionen"
Damit sticht es für mich persönlich genau in die Richtung, die mich bei Religionen stört. Und zwar, dass man das einzig wahre ist, nichts ausser meiner Wahrheit / meinem Gott ist richtig. Rein wissenschaftlich mag das alles "Käse" sein, was in der Bibel steht. Aber wenn es Leuten halt gibt, wenn sie damit glücklich sind und friedlich danach leben wollen: Levve un levve losse.
Sie sollen mich bzw den Staat damit nur in Ruhe lassen (Stichwort Feiertage, Tanzverbot an Karfreitag, Ausnahmen beim Arbeitsrecht etc).
Klugschnacker
22.04.2020, 17:22
Aber wenn es Leuten halt gibt, wenn sie damit glücklich sind und friedlich danach leben wollen: Levve un levve losse.
Das sehen die Religionen selbst aber anders.
Zum einen sind sie untereinander unverträglich und bereits bei kleinen Differenzen zu offener Gewalt bereit. Lies mal im Neuen Testament, was von der am nächsten verwandten Religion, dem Judentum, zu halten sei. Oder schau Dir die jüngere Geschichte an, wo Katholiken mit Protestanten im Clinch liegen. Bis heute bekommen sie kein gemeinsames Abendmahl hin.
Zum anderen muss man meiner Meinung nach berücksichtigen, was religiöse Dogmen jenen Menschen antun, die ihnen nicht passen. Da hast Du die ganze Palette von Stigmatisierung und Ausgrenzung bis hin zu teilweise sadistischer Gewalt beieinander.
Klugschnacker
22.04.2020, 17:23
Apostolisches Glaubensbekenntnis
Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige katholische (christliche/allgemeine) Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.
Klugschnacker
22.04.2020, 17:34
Herr Dawkins ist doch mWn "nur" Naturwisasenschaftler (https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Dawkins). Von seinem Standpunkt in "das egoistische Gen" ist es logisch, dass nur unsere Gene alles bestimmen. Denn nur Ihre weitere Verbreitung ergibt irgendeinen "Sinn" im Universum.
Ich verstehe womöglich, was Du meinst. Dennoch möchte ich gerne präzisieren. Denn ganz so sagt Dawkins das nach meinem Verständnis nicht.
Er spricht der Weitergabe von Erbinformationen an die nächste Generation keinen Sinn zu. Es passiert einfach, unabhängig von der Frage nach einem Sinn. Wo Erbinformationen es in die nächste Generation schaffen, geht die Geschichte eben weiter. In allen anderen Fällen geht sie nicht weiter. Ein Sinn ist damit nicht verbunden.
:Blumen:
Ich verstehe womöglich, was Du meinst. Dennoch möchte ich gerne präzisieren. ... Ein Sinn ist damit nicht verbunden.
:Blumen:
So auch Ok für mich... :Cheese:
:Danke:
phonofreund
30.04.2020, 17:16
Apostolisches Glaubensbekenntnis
Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige katholische (christliche/allgemeine) Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.
Zombieapokalypse? Haben wir nicht schon genug Streß?:Huhu:
Zombieapolaypse? Haben wir nicht schon genug Streß?:Huhu:
Die besetzen sofort die Intensivstationen, geht in Corona Zeiten garnicht...:Lachanfall:
Trimichi
11.05.2020, 11:16
[Moderation: Entfernt, Spam.]
So still hier -
Unernst: die Hl. Corona hilft nicht gegen das Virus:
https://www.dw.com/de/plötzlich-berühmt-hilft-die-schutzpatronin-corona-gegen-die-pandemie/a-53428059
m.
Klugschnacker
06.06.2020, 00:10
Hallo allerseits!
Ich habe mir die Mühe gemacht und einige Bücher über Jesus gelesen. Wer war er und was wollte er? Nachfolgende gebe ich eine kurze Zusammenfassung dessen, was mir wichtig erschien. Unten findet Ihr die Bücher.
Das Nachfolgende ist im Großen und Ganzen der theologische Mainstream der heutigen „Neutestamentler“. Das sind jene Theologen, deren Forschungsgebiet das Neue Testament ist. Ich habe meinerseits keinerlei Kühnheiten hinzugefügt oder etwas zugespitzt. Einzelne Quellen habe ich aufgrund besserer Lesbarkeit im Text keine genannt, kann sie aber jederzeit gerne nachreichen.
Wer war Jesus?
Wir wissen es nicht. Er hat keinerlei Schriften hinterlassen. Auch seine Jünger hinterließen keine Schriften. Die vier Evangelisten der Bibel namens Markus, Matthäus, Lukas und Johannes sind unbekannte Personen. Sie hießen anders, ihre Namen wurden erfunden. Sie haben Jesus nicht gekannt. Es existiert selbst in der Bibel keine Biografie von Jesus (wie wuchs er auf, wer waren seine Lehrer?), sondern er betritt als erwachsener Mann die Bühne. Bereits wenige Monate später wird er von den Römern nach einer Randale im Tempel hingerichtet.
Historische Quellen, die seine Existenz belegen, gibt es nicht. Ein antiker Historiker erwähnt immerhin den Tod eines Mannes, den er für den Bruder Jesu hielt. Jesus selbst wird nirgendwo eindeutig erwähnt.
Da wir über Jesus nichts genaues wissen (können), gibt das Nachfolgende wieder, was am wahrscheinlichsten anzunehmen ist.
Woran glaubte Jesus?
Jesus war Jude. Er wollte auch nichts anderes sein. Alle seine Jünger waren Juden. Jesus richtete seine Worte an Juden und sprach nur ausnahmsweise und widerwillig mit Nichtjuden. Er wollte Nichtjuden, die er laut Bibel zusammenfassend als Heiden bezeichnete, nicht bekehren. Er schärfte seinen Jüngern ein, sich von den Städten der Nichtjuden fernzuhalten.
Hielt Jesus sich für einen Gott?
Nein. Jesus war als Jude streng monotheistischen Glaubens. Das bedeutet, es gab aus seiner Sicht nur einen einzigen Gott. Die Vergöttlichung weiterer Wesen wie seiner selbst, Maria oder dem Heiligen Geist wäre ihm als schlimme Gotteslästerung erschienen. In der Bibel findet sich kein Wort zur Trinitätslehre (Gott, Sohn und Geist). Diese Vorstellung wurde erst vierhundert Jahre nach Jesus hinzugefügt und zum Dogma erhoben. Jesus wusste davon nichts. Er selbst kommt in seinem Gebet, dem Vaterunser, als Gott nicht vor.
Wollte Jesus den jüdischen Glauben reformieren?
Nein. Er hielt das jüdische Gesetz für verbindlich. Er verschärfte es hier und da, indem er zum Beispiel angeblich bereits einen lüsternen Blick zum geistigen Ehebruch erklärte. Die jüdische Gebote, mit denen er in seiner Umgebung aufwuchs, richteten sich auf das Einhalten religiöser Rituale und Verhaltensweisen. Jesus fügte diesen Geboten laut Bibel rein gedankliche Vergehen hinzu. An manchen Stellen lockerte er jedoch das strenge Befolgen jüdischer Verhaltensrichtlinien ein wenig auf („der Sabbat ist für den Menschen gemacht, und nicht der Mensch für den Sabbat“). Ehebrecherinnen würden, wenn es nach ihm ginge, nicht mehr konsequent gesteinigt.
Verbreitete Jesus eine fortschrittliche Ethik?
Teilweise ja. Vor allem in seiner Botschaft der bedingungslosen Vergebung. Laut Jesus vergibt Gott den Menschen ihre Sünden, wenn sie bereuen. Und zwar einfach so, ohne ein vorausgehendes Sühneopfer. Das war ein Unterschied zum Alten Testament und zu den Religionen, die im dortigen Kulturkreis üblich waren. Ich komme später auf diesen Punkt zurück, da er von nachfolgenden Theologen in sein Gegenteil verkehrt wurde: Plötzlich braucht Gott angeblich das Sühneopfer des gekreuzigten Sohnes. Es ist das Gegenteil dessen, was Jesus für richtig hielt.
Teilweise nein. Jesus führt eine rein schwarzweiße Denkweise ein. Jude oder Heide. Gut oder Böse. Schafe oder Böcke. Ewiges Paradies oder ewige Verdammnis. Reisse Dir das Auge aus und hacke Dir die Hand ab, welche Dich verführt. Das ist fanatisch und ein Zeichen von Extremismus. Jesus fällt damit an etlichen Stellen hinter differenzierte Betrachtungen von Schuld, die es damals durchaus gab, zurück. Dasselbe gilt für seinen Höllenglauben, den es im Alten Testament noch nicht gab. Er konterkariert auf merkwürdige Art seine eigentlich sympathische Lehre vom liebenden Gott.
Insgesamt ergibt sich daraus ein gemischtes Bild. Häufig wird von Theologen daran erinnert, dass seine Ethik eine Endzeit-Ethik gewesen sei: Er war sich des nahen Weltendes gewiss. Das macht verständlich, warum er allen Juden riet, keinerlei Vorsorge für ihr weiteres Leben zu treffen. Es bedeutet aber auch: Für uns heutige Menschen, die wir zweitausend Jahre nach seinem Gottesreich-Irrtum immer noch auf der Erde leben, hatte er ehrlicherweise keine Botschaft. Seine Endzeit-Ethik ist in einem verantwortungsvollen Dasein heutiger Menschen nicht machbar.
Wollte Jesus ein Christentum gründen?
Nein. Jesus war Jude und wollte nichts anderes sein. Nichtjuden betrachtete er als Heiden, auch dann, wenn sie durchaus religiös waren. Ein nichtjüdischer Glaube war für ihn dasselbe wir gar kein Glaube. Das Christentum hätte er aus voller Überzeugung abgelehnt.
Die ersten Christen, die Urchristen, mussten sich von den Juden inhaltlich abgrenzen. Für die Juden war die Vorstellung, ein Mensch sei ein Gott, eine schlimme Gotteslästerung, die mit dem Tod bestraft wurde. Für die ersten Christen jedoch war zunächst mit dem Problem umzugehen, dass ihr vermeintlicher Messias hingerichtet wurde, und dass sein angekündigtes Gottesreich partout nicht kommen wollte, ganz gleich wie lange man darauf wartete. So erhoben sie Jesus zu einem Gott, der keineswegs tot sei, sondern im Himmel herrsche. Das nahmen wiederum die Juden übel. Diese sich hochschaukelnde Auseinandersetzung führte dazu, dass das Neue Testament ohne Übertreibung zu den bedeutendsten antijüdischen Hetzschriften der Geschichte gezählt werden kann. Die ursprünglichen Absichten und Überzeugungen des Juden Jesus wurden dadurch an vielen Stellen in ihr Gegenteil verkehrt.
Jesus sah sich selbst als jüdischer Rabbi. Das ist nicht nur das Ergebnis der neutestamentlichen Forschung, sondern war seit eh und je die Sichtweise der Juden selbst. Seine Vergöttlichung wurde von den Gläubigen und den Kirchen schrittweise vorangetrieben. Man kann diese einzelnen Schritte der literarischen Gottwerdung an vielen Stellen nachvollziehen. Beispielsweise ist Jesus im frühesten Evangelium noch keineswegs allwissend. In den später geschriebenen Evangelien entwickelt er sich mehr und mehr zu einer Gottheit. Die größten Schritte machte jedoch die katholische Kirche durch ihre Auslegungen und Dogmen. Mit dem Zimmermann aus Nazareth hat das aber nichts mehr zu tun.
Wollte Jesus eine neue Kirche gründen?
Nein. Er hielt Nichtjuden für Heiden.
Gab es noch andere Propheten außer Jesus?
Ja, sehr viele. In Palästina brodelte es, alle Jahre kamen Messiasse, Propheten und Königspretendenten daher. Beeinflusst waren sie überwiegend von den Römern, vom Hellenismus, von persischen Religionen und von zahllosen weiteren Strömungen der dortigen Nomadenvölker. Hier eine kurze, unvollständige Auswahl:
Johannes der Täufer: Konservativ. Kritisierte den Lebensstil der Eliten. Von den Römern getötet.
Jesus von Nazareth: Vorwiegend als Exorzist und Wunderheiler tätig. Von den Römern getötet.
Tehudas, 44 n.Chr.: Rief eine Gemeine zum Jordan, dessen Wasser er spalten wollte. Von den Römern getötet.
„Ägypter“, 60 n.Chr., der sich ebenso nannte. Wollte die Mauern Jerusalems durch seine Worte einstürzen lassen. Von den Römern getötet.
Jesus, Sohn des Ananias. Will Jerusalem und den Tempel durch Gedanken einstürzen lassen. Von den Römern verhaftet. Wird aber freigelassen, da er für wahnsinnig gehalten wird.
Simon ben Gioria sowie Menahem und Johannes von Gischala, 70 n.Chr., Propheten. Die beiden letzteren wurden von den Römern getötet.
Geht das Gebot der Nächstenliebe auf Jesus zurück?
Nein. Aus Sicht der neutestamentlichen Forschung wird Jesus eher in den Kontext des Judentums gestellt, denn als Gründer oder Verkünder einer neuen Ethik. Mit anderen Worten: Jesus verkündete die Ethik des Judentums. Diese Ethik war unter den Rabbinern seiner Zeit der Gegenstand einer lebendigen Diskussion. Das Liebesgebot findet man in Form von Vorläufern und Parallelen in den damaligen jüdischen und hellenistischen Texten. Jesus war hier eine Stimme in einem vielstimmigen Chor, aber nicht ein Solist, der abweichend von bereits vorhandenen Lehren etwas Neues über das Liebesgebot verkündet hätte.
Wie gesagt, die frühen Christen wollten sich von den Juden abgrenzen. Daher tauchen die Juden in der Bibel als raffgierig, unversöhnlich und gnadenlos auf. Jesus wird literarisch als Gegenpol inszeniert, der bescheiden, versöhnlich und barmherzig war. Sein Liebesgebot wirkt erst vor diesem verzerrtem Hintergrund neu und bedeutend. Tatsächlich war das Liebesgebot im Judentum bereits vorhanden. Jesus ist in seiner Verkündigung nicht über die Grenzen des Judentums hinausgegangen. Das von Jesus ausgesprochene Liebesgebot steht nicht in Opposition zum damaligen Judentum, sondern ist eines seiner Bestandteile.
Gibt die Bibel die Absichten und Ziele Jesu korrekt wieder?
Nein. Die Bibel verkündet einen historisch neuen Glauben, der sich aus anderen religiösen Strömungen über Jahrhunderte in strikter Abgrenzung zum Judentum entwickelte. Jesus war überzeugter Jude. Nichtjuden betrachtete er als Heiden.
Gibt die katholische oder evangelische Kirche die Absichten und Ziele Jesu korrekt wieder?
Nein. Das Christentum geht vor allem auf Paulus zurück. Paulus hat Jesus nicht gekannt und hatte am historischen Jesus kein Interesse. Sondern er erfand in Anlehnung an den Mithras-Kult, der in seiner Heimat lebendig war, eine mythologische (nichtreale) Christus-Figur. Es gelang ihm, diese Legende gegen den Widerstand der Urchristen, die Jesus teilweise noch gekannt hatten, durchzusetzen. Jesus wurde durch Paulus zu einer erdachten Figur, welche sich theologisch über Jahrhunderte immer weiter weg entwickelte vom tatsächlichen Jesus. Oft bis ins genaue Gegenteil.
Zentrale Dogmen und Glaubenssätze der christlichen Kirchen stellen heute das genaue Gegenteil dessen dar, was Jesus vermutlich wollte und wofür er sich einsetzte. Dafür einige Beispiele.
Die christlichen Kirchen fühlen sich beauftragt und legitimiert, andere Menschen zu missionieren. Jesus sagte das Gegenteil. Er wies seine Jünger an, nicht zu den Ungläubigen zu gehen. Ihnen selbst als Wunderheiler zu helfen, hielt er für Zeitverschwendung.
Die christlichen Kirchen fühlen sich als Vertreter Gottes auf Erden. Jesus hielt alle Nichtjuden für Heiden.
Die Kirchen haben umfangreiche Rituale entwickelt, um die Vergebung Gottes zu erwirken, bis hin zum Ablasshandel. Jesus sagte, Gott wird die Sünden vergeben, einfach so.
Vom notwendigen Sühnetod eines unschuldigen Menschen am Kreuz, damit Gott die Sünden vergeben könne, hielt er daher nichts.
Im letzten Punkt wird deutlich, wie sehr sich die Gottesvorstellung, welche Jesus hatte, von der der Christen unterscheidet. Der Gott, an den Jesus glaubte, brauchte kein notwendiges Opfer und auch keine anderen äußerlichen Beweise für die Vergebung von Sünden. Wenn man an Jesus, der im religiösen Sinne voll und ganz ins Judentum gehört, etwas originell und besonders finden will, ist es doch dieser Punkt der bedingungslosen Sündenvergebung durch Gott.
Diese religiöse Überzeugung Jesu wird von den Kirchen ins Gegenteil verkehrt, weil diese eine Erklärung brauchen, weshalb der Messias hingerichtet wurde. Jesu eigener tragischer Tod wird von den Kirchen missbraucht für eine theologische Lehre, der er nicht zugestimmt hätte.
Wie wird mit dieser paradoxen Situation umgegangen?
Der obige knappe Abriss ist der Mainstream der neutestamentlichen theologischen Forschung. Er ist unvollständig und ungenau, aber er trifft wohl einen Kern, dem viele Neutestamentler zustimmen werden. Direkt ausgesprochen wird das aber nur selten. Meistens wird argumentiert, dass es auf den historischen Jesus gar nicht ankomme, sondern auf die Idee des Jesus als Menschensohn, an den Glauben an den Christus.
—-
Wer den Kirchen skeptisch gegenübersteht und mit Teufeln, Engeln und heiligen Geistern nicht viel anfangen kann, aber in Jesus aus Nazareth eine sympathische, bereichernde oder verehrungswürdige historische Person sieht, kann sich ein paar Bücher über ihn durchlesen. Hier meine kleine Leseliste.
Theissen: Der historische Jesus. Für Fortgeschrittene.
Augstein: Jesus Menschensohn. Nur noch im Antiquariat erhältlich. Sprachlich umständlich und zäh.
Kubitza: Der Jesuswahn. Sachlicher, als der Titel vermuten lässt. Lesetipp.
thunderlips
06.06.2020, 06:50
Hallo allerseits!
Theissen: Der historische Jesus. Für Fortgeschrittene.
Augstein: Jesus Menschensohn. Nur noch im Antiquariat erhältlich. Sprachlich umständlich und zäh.
Kubitza: Der Jesuswahn. Sachlicher, als der Titel vermuten lässt. Lesetipp.
Theissen ist ok, der Rest so naja. M.E. - und in der Theologie anerkannter - essentieller Bestandteil der Jesusforschung ist z.B. folgender Titel:
Berger, K. (2004) - Jesus.
Ansonsten "interessante" und persönliche Darstellung, die ohne direkte Zitierung oder Paraphrase von Quellen natürlich jeder wissenschaftlicher Grundlage entbehrt.
Nobodyknows
06.06.2020, 07:01
Hallo allerseits!
Ich habe mir die Mühe gemacht und einige Bücher über Jesus gelesen...
Es bedeutet aber auch: Für uns heutige Menschen, die wir zweitausend Jahre nach seinem Gottesreich-Irrtum immer noch auf der Erde leben, hatte er ehrlicherweise keine Botschaft...
Spontane Gedanken meinerseits nach dem Lesen von Arnes Kommentar:
Bestätigungsfehler (engl. confirmation bias) (https://de.wikipedia.org/wiki/Best%C3%A4tigungsfehler)
Ein Fleißsternchen für Arne
Wie sinnvoll ist es sich mit Dingen zu beschäftigen, die einem nicht zusagen?
(Stelle mir vor, wie ich einige Bücher über uninteressante Kaninchenzucht lese)
Auch wenn Jesus keine Botschaft hat / hätte, so ist es doch gut, dass es an Jesus glaubende Menschen gibt die formulieren, was sie als die Botschaft von Jesus verstehen:
US-Bischöfin Mariann Edgar Budde: Ihre Diözese folge Jesus und dem "Weg der Liebe", ..."Wir distanzieren uns von der aufhetzenden Sprache dieses Präsidenten." (https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/donald-trump-bibel-machtdemonstration-st-johns-kirche-washington)
Om Shanti Om
N. :Huhu:
PS: Und jetzt viel Spaß beim weiteren abarbeiten an den Religionen.
Trimichi
06.06.2020, 07:15
[Moderation: Spam]
.........
[B]Verbreitete Jesus eine fortschrittliche Ethik?
Teilweise ja. Vor allem in seiner Botschaft der bedingungslosen Vergebung. Laut Jesus vergibt Gott den Menschen ihre Sünden, wenn sie bereuen. Und zwar einfach so, ohne ein vorausgehendes Sühneopfer. Das war ein Unterschied zum Alten Testament und zu den Religionen, die im dortigen Kulturkreis üblich waren. Ich komme später auf diesen Punkt zurück, da er von nachfolgenden Theologen in sein Gegenteil verkehrt wurde: Plötzlich braucht Gott angeblich das Sühneopfer des gekreuzigten Sohnes. Es ist das Gegenteil dessen, was Jesus für richtig hielt.
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Im letzten Punkt wird deutlich, wie sehr sich die Gottesvorstellung, welche Jesus hatte, von der der Christen unterscheidet. Der Gott, an den Jesus glaubte, brauchte kein notwendiges Opfer und auch keine anderen äußerlichen Beweise für die Vergebung von Sünden. Wenn man an Jesus, der im religiösen Sinne voll und ganz ins Judentum gehört, etwas originell und besonders finden will, ist es doch dieser Punkt der bedingungslosen Sündenvergebung durch Gott.
......
Danke für die Zusammenfassung Deiner Lektüre! Vor allem die Erwartung eines nahen Weltendes scheint mir besonders charakteristisch für die Juden (Urchristen), welche sich auf einen Jesus bezogen.
Ethik:
Calvin lehrte meiner Ansicht nach, dass es ausschliesslich von der Gnade Gottes abhängt, wem Gott vergibt und wer ins Himmelreich kommt und wer nicht. Wer zu den Auserwählten gehört und wer nicht, ist schon vor der Geburt durch Gott selbst entschieden und festgelegt. (Prädestinations- und Gnadenlehre Calvins).
Klugschnacker
06.06.2020, 08:21
Ansonsten "interessante" und persönliche Darstellung, die ohne direkte Zitierung oder Paraphrase von Quellen natürlich jeder wissenschaftlicher Grundlage entbehrt.
Die Zitate hatte ich anfangs noch drin, habe sie aber entfernt. Ohnehin wird hier niemand im Theissen oder Kuibtza Zitate prüfen. Mein Beitrag ist nicht als wissenschaftlicher Diskurs gemeint. Wenn sich an einem einzelnen Punkt eine Debatte entwickelt, reiche ich die Zitate aber sehr gerne nach.
Warum schreibst Du "interessant" in Anführungsstrichen? Ich kann nicht einschätzen, was Du damit meinst. Für mich klingt es, was meintest Du das Gegenteil. Ist dem so?
Wenn Du Theissen gelesen hast und gut findest, würde mich Deine Sicht auf die historische Jesusforschung interessieren.
:Blumen:
Klugschnacker
06.06.2020, 08:41
Hallo N.,
der Confirmation-Bias trifft vor allem auf Personen zu, die fest an etwas glauben. In der historischen Jesusforschung versucht man, sich vom Glauben etwas zu lösen und Quellen über Jesus sachlich auszuwerten. Die oben skizzierten Ergebnisse der Jesusforschung sind insofern bemerkenswert, als dass sie sich rein theologisch ergeben. Sie sind keine Erkenntnisse der Historiker, sondern der Theologen. Es werden theologische Quellen ausgewertet, zum Beispiel die Bibel.
Auch wenn Jesus keine Botschaft hat / hätte, so ist es doch gut, dass es an Jesus glaubende Menschen gibt die formulieren, was sie als die Botschaft von Jesus verstehen:
US-Bischöfin Mariann Edgar Budde: Ihre Diözese folge Jesus und dem "Weg der Liebe", ..."Wir distanzieren uns von der aufhetzenden Sprache dieses Präsidenten." (https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/donald-trump-bibel-machtdemonstration-st-johns-kirche-washington)
Ich habe nichts dagegen, wenn eine US-Bischöfin ausdrückt, wie sie die Botschaft Jesu versteht. Dieses Recht zur freien Auslegung seiner Botschaft haben dann aber auch andere, die sie ganz anders interpretieren als die Bischöfin.
Das ist ja das Dilemma: Jesus kann man alles und nichts in den Mund legen. Hier wird er für die Rechte der Schwarzen in Anspruch genommen. Andere haben die Rechte der Juden mithilfe seiner Autorität beschnitten. Die einen führen ihn als ersten Frauenrechtler der Geschichte an, andere beschneiden die Rechte der Frauen mit Bezug auf Jesus. Was denn nun?
Die Versuchung ist groß, Jesus für die jeweils eigenen persönlichen Standpunkte zu gebrauchen. Aktuell fühlen sich die Menschen humanistischen Idealen nahe, also war Jesus der erste Humanist. Aber war er das wirklich?
Ich finde es interessant, der Frage nachzugehen, wer Jesus wirklich war und was er wollte.
Klugschnacker
06.06.2020, 13:06
Danke für die Zusammenfassung Deiner Lektüre! Vor allem die Erwartung eines nahen Weltendes scheint mir besonders charakteristisch für die Juden (Urchristen), welche sich auf einen Jesus bezogen.
Ethik:
Calvin lehrte meiner Ansicht nach, dass es ausschliesslich von der Gnade Gottes abhängt, wem Gott vergibt und wer ins Himmelreich kommt und wer nicht. Wer zu den Auserwählten gehört und wer nicht, ist schon vor der Geburt durch Gott selbst entschieden und festgelegt. (Prädestinations- und Gnadenlehre Calvins).
Damit reiht auch Calvin sich in die lange Reihe von Theologen ein, die sich fälschlicherweise und irrtümlich auf Jesus berufen. Das ist bei ihm besonders tragisch, da er beabsichtigte, die christliche Lehre wieder auf den eigentlichen Ursprung zurückzuführen.
Nur: Was ist dieser Ursprung? Was wollte Jesus? Clavin wusste es nicht und konnte es auch gar nicht wissen, denn dazu fehlten ihm die wissenschaftlichen Möglichkeiten. Anstelle wirkliche Kenntnis über den Willen Jesu oder gar Gottes zu haben, gab er dieses Wissen einfach nur vor. Anstelle einer echten Reformation drehte er nur eine weitere Runde im theologischen Irrgarten. Mit weitreichenden Konsequenzen für seine Mitmenschen.
Man kann diese schlimmen Folgen gut an einem konkreten Beispiel demonstrieren, nämlich der Trinitätslehre (Dreieinigkeit von Gott, Sohn und Geist). Jesus wusste nichts von der Trinität. Er hielt sich selbst weder für einen Gott, noch ahnte er etwas von der 200 Jahre nach seinem Tod stattfindenden Erfindung eines Heiligen Geistes. Beides wäre ihm als schlimme Gotteslästerung erschienen, da das Judentum, an das er glaubte, strikt monotheistisch war und ist.
Dennoch wurde die Dreieinigkeit vierhundert Jahre nach dem Tode Jesu von den Christen zu einem Dogma erhoben, das auch vom Staat durchgesetzt wurde. Zur Zeit der Reformation gab es jedoch mal wieder Zweifel an der Trinität, von der schließlich kein Wort in der Bibel steht. Einer der bekanntesten Vertreter dieser Strömungen hieß Michael Servet. Calvin ließ ihn 1553 in Genf verbrennen.
Ein Dogma, das den Überzeugungen Jesu diametral entgegenstand, wird gleichwohl mit brutaler Gewalt durchgesetzt. Auch von denen, die sich ehrlich in der treuen Nachfolge Jesu wähnen. Im Namen Jesu, der den Frieden und die Vergebung predigte, werden Menschen verbrannt, für einen Dreifaltigkeitsglauben, der Jesus völlig fremd war.
Noch grotesker wird es bei Martin Luther. Jesus war überzeugter und engagierter Jude, Luther war überzeugter und engagierter Judenhasser. Jesus richtete seine Botschaft an die Armen und predigte den Frieden, Luther sprach sich für das Niedermetzeln zehntausender geknechteter Bauern aus. Und so weiter. Es ist zum Haare raufen.
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Wenn man Jesus als das sieht, was er aller Wahrscheinlichkeit nach war (nach Ansicht der meisten Neutestamentler), sieht man einen charismatischen, teilweise aufrührerischen, politisch ungeschickten, warmherzigen, teilweise auch fanatischen jüdischen Rabbi vor sich. Der historische Jesus war kein Gott und sah sich selbst nicht als göttliches Wesen.
Seine persönlichen Ansichten zu allen möglichen Themen (Frieden, Frauen, Liebe, Hölle, Paradies, Sünde, Gerechtigkeit) sind für uns heutige Menschen vielleicht historisch interessant, haben aber kein größeres Gewicht als die Ansichten von Johannes dem Täufer oder einem anderen jüdischen Rabbi aus der Antike. Deren Welt ist nicht unsere Welt.
Die historisch und theologisch falsche Vergöttlichung Jesu führt meines Erachtens dazu, dass man seine (Jesu) Ansichten verabsolutiert: Was er sagte oder tat, gälte als Verhaltensregel für alle Zeiten und alle Völker. Spricht er sich beispielsweise für die Unauflöslichkeit der Ehe aus, so habe das für alle Zeiten und alle Völker zu gelten. Scheidung sei fortan Sünde. Schließlich sei das der Wille einer Gottheit, die alles besser weiß als wir Menschen, und die überdies grausam straft, wenn ihr einer quer kommt. Tatsächlich habe wir es aber mit der fehlbaren Meinung eines Menschen in seiner Zeit zu tun, der Antike, die keinerlei Verbindlichkeit für die heutigen Gesellschaften haben kann.
Kürzer gesagt: Wenn feststeht, dass Jesus ein Mensch und kein Gott war, dann kann man sich auch nicht auf ihn als unfehlbare Autorität berufen.
Es ist mir unverständlich, wie man als Theologe das Menschsein und Nur-Menschsein des historischen Jesu einräumt, aber gleichzeitig verkündet, darauf käme es nicht an. Rudolf Bultmann, einer der bekanntesten Theologen überhaupt, sagt, die tatsächliche Auferstehung sei "sachlich von keiner Bedeutung" (!) (Bultmann, Theologie des Neuen Testaments, S.47). Es komme allein darauf an, was das Kreuz und die Auferstehung für uns bedeuten. Auf deutsch: Jeder darf sich selbst etwas ausdenken. Darf man derart saloppe Beliebigkeit jenen Zumuten, die seit jeher unter den Dogmen christlicher Weltanschauung zu leiden hatten? Den Millionen Ermordeten, Unterdrückten, Ausgegrenzten?
Vielleicht kann einer oder eine der mitlesenden Theologen oder Theologinnen etwas dazu sagen.
Damit reiht auch Calvin sich in die lange Reihe von Theologen ein, die sich fälschlicherweise und irrtümlich auf Jesus berufen. Das ist bei ihm besonders tragisch, da er beabsichtigte, die christliche Lehre wieder auf den eigentlichen Ursprung zurückzuführen.
Nur: Was ist dieser Ursprung? Was wollte Jesus? Clavin wusste es nicht und konnte es auch gar nicht wissen, denn dazu fehlten ihm die wissenschaftlichen Möglichkeiten. Anstelle wirkliche Kenntnis über den Willen Jesu oder gar Gottes zu haben, gab er dieses Wissen einfach nur vor. Anstelle einer echten Reformation drehte er nur eine weitere Runde im theologischen Irrgarten. Mit weitreichenden Konsequenzen für seine Mitmenschen.
.....
Ich wollte mit meinem Hinweis auf die Gnadenlehre von Calvin nur Deine Ausführungen über Vergebung und Reue ergänzen, weil Calvin sich an dem Punkt eben recht radikal und einschneidend von der katholischen Theologie abwendete, ohne damit ausdrücken zu wollen, er wäre damit näher an dem dran, was ein Jesus damals möglicherweise predigte.
Klugschnacker
06.06.2020, 14:20
Ich wollte mit meinem Hinweis auf die Gnadenlehre von Calvin nur Deine Ausführungen über Vergebung und Reue ergänzen, weil Calvin sich an dem Punkt eben recht radikal und einschneidend von der katholischen Theologie abwendete, ohne damit ausdrücken zu wollen, er wäre damit näher an dem dran, was ein Jesus damals möglicherweise predigte.
Ja, das hatte ich auch so verstanden. Ich wollte nur daran anknüpfen. :Blumen:
Nobodyknows
06.06.2020, 15:50
Ich finde es interessant, der Frage nachzugehen, wer Jesus wirklich war und was er wollte.
Ich verstehe und... ja, warum auch nicht?
Und "Danke" für deine Antwort die ich zu schätzen weiß, da ich (auch) weiß, dass wir beiden zu dem Thema nicht auf dem gleichen Level diskutieren können.
Du zum Thema belesen und am Hinterfragen und Nachforschen interessiert. Und ich... na, ja... mir sind die Wurzeln, der Urschlamm der christlichen Religion doch ziemlich egal. Für mich gilt bei dem Thema „Hinten kackt die Ente“ oder auch nach Helmut Kohl „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
Und mit diesem, meinem Ansatz zu deiner Antwort:
Die Versuchung ist groß, Jesus für die jeweils eigenen persönlichen Standpunkte zu gebrauchen. Aktuell fühlen sich die Menschen humanistischen Idealen nahe, also war Jesus der erste Humanist. Aber war er das wirklich?
Und wenn nun jemand Jesus für die jeweils eigenen persönlichen Standpunkte gebraucht, und diese Standpunkte führen zu einem aufgeklärten und humanistischen Menschenbild, dann ist das o.k.
Und an der Stelle finde ich es persönlich etwas befremdlich wenn Kirchen- und Religionskritiker zum Beispiel wegen der Frage, ob das bei der Maria wirklich eine unbefleckte Empfängnis war, zum Teil mit Schaum vorm Mund volle Breitseiten (auch) gegen nachweislich aufgeklärte Humanisten feuern.
Und wenn nun jemand mit Jesus glaubt beweisen zu müssen, dass es Sünde ist z. B. Verhütungsmittel zu benutzen, vor der Ehe Geschlechtsverkehr zu haben, homosexuell zu sein oder selbst nach einer Vergewaltigung einen Schwangerschaftsabbruch einzuleiten, dann ist das nicht o.k. Und dann darf man sich an überkommenen Positionen durchaus einmal reiben (wenn es einem die Sache wert ist und die "To do"-Liste es zuläßt).
Bin dann mal in dem Pfad wieder im "Read only"-Modus. Habt Spaß!
Gruß
N. :Huhu:
Klugschnacker
06.06.2020, 18:24
na, ja... mir sind die Wurzeln, der Urschlamm der christlichen Religion doch ziemlich egal. Für mich gilt bei dem Thema „Hinten kackt die Ente“ oder auch nach Helmut Kohl „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
Ein bemerkenswertes Posting aus Deinem Munde, Chapeau!
Ich bemühe mich um den Wahrheitsaspekt, also den historischen Jesus, und werde dafür von Dir kritisiert. Du stellst klar, dass die Wahrheit des Glaubensgegenstandes einerlei sei, solange etwas Gutes dabei herauskäme.
Was gut sei und was nicht, lieferst Du gleich mit:
Und wenn nun jemand Jesus für die jeweils eigenen persönlichen Standpunkte gebraucht, und diese Standpunkte führen zu einem aufgeklärten und humanistischen Menschenbild, dann ist das o.k.
Und wenn nun jemand mit Jesus glaubt beweisen zu müssen, dass es Sünde ist z. B. Verhütungsmittel zu benutzen, vor der Ehe Geschlechtsverkehr zu haben, homosexuell zu sein oder selbst nach einer Vergewaltigung einen Schwangerschaftsabbruch einzuleiten, dann ist das nicht o.k. Und dann darf man sich an überkommenen Positionen durchaus einmal reiben...
Kritisiert werden darf das Christentum also dort, wo es Deinen eigenen Standpunkten zuwiderläuft. Gelogen werden darf dann, wenn es Deinen Überzeugungen nützt, also das Gewünschte hinten rauskommt.
So geht das aber meiner Meinung nach nicht. Die Wahrheit muss man um ihrer selbst willen ans Licht holen. Sie zu Zwecken der Propaganda mal zu gebrauchen, mal zu leugnen, halte ich nicht für eine ethische Position.
Außerdem benutzt Du hier eine ungerechtfertigte Schwarzweiß-Darstellung. Wie kannst Du vereinfachend behaupten, die christlichen Legenden hätten zu etwas Gutem geführt? Auch wenn es zweifellos Gutes gab, unterschlägst Du hier einfach die Opfer. Die Geschichte des Christentums führt zu einem sehr gemischten Bild. Keine Religion der letzten zweitausend Jahre hat eine vergleichbar blutige Geschichte. Dazu kommen noch die unblutigen Repressionen wie die gesellschaftliche Vernichtung von Nicht- und Andersgläubigen (vor allem der Juden), homosexuellen Menschen, und die systematische Herabsetzung der Frauen. Das kann man meiner Meinung nach nicht einfach so übergehen, sondern muss es bei den Auswirkungen des Christentums mit im Blick behalten.
Nobodyknows
07.06.2020, 07:09
Na gut. Weil gerade Zeit ist, nochmal kurz raus aus dem "Read only"-Modus:
...Ich bemühe mich um den Wahrheitsaspekt, also den historischen Jesus, und werde dafür von Dir kritisiert.
Ich schrieb dazu: "Ich verstehe und... ja, warum auch nicht?"
Ist das Kritik? :confused: Ich würde es eher als Neutralität bezeichnen. :)
...Kritisiert werden darf das Christentum also dort, wo es Deinen eigenen Standpunkten zuwiderläuft.
Ja. Genau so ist es.
Das Leben kann so einfach sein, wenn man es (sich) nicht zu kompliziert macht. ;)
Wer aus seinem christlichen Glauben heraus, ehrenamtlich zum Beispiel in einem Hospiz bei der Versorgung von Sterbenden mithilft ist ein(e) Gute(r).
Wer aus seinem christlichen Glauben heraus, zum Beispiel "Mahnwachen" vor Pro Familia-Beratungsstellen organisiert oder Sympathie für die Todesstrafe hat, ist für mich bescheuert.
Die Wahrheit muss man um ihrer selbst willen ans Licht holen.
Gibt es denn in Glaubensfragen "Die [eine] Wahrheit" oder ist es nicht doch vermessen zu behaupten, Die Wahrheit zu kennen?
Nun aber... lasse ich in diesem Thread die Finger bis auf Weiteres die Finge vonne Tastatur.
Egal, ob Ihr heute vor dem Training noch in die Kirche geht oder nicht....
...habt Spaß!
N. :Huhu:
Ich denke, ohne die Erfindungen von Paulus über Figur des Jesus im NT wäre das Christentum niemals römische Staatsreligion und darüber hinaus eine Weltreligion geworden und wir würden uns hier damit nicht beschäftigen. Die von Arne zusammengefassten hinzugedichteten Grundelemente der christlichen Lehre im NT dienten meiner Ansicht nach dazu, das Christentum für die Römer und alle Völker als herrschende Religion zu etablieren. Ich habe das in diesem Thread an anderer Stelle mehrfach inhaltlich ausgeführt. Dass die ursprüngliche Rede von Jesus mutmasslich verfälscht wurde, wiederholt sich in der Geschichte immer wieder mit politischen Leitpersonen, heute auch mit verschriftlichten Werken. Man vergleiche z.B. nur die Schriften von Lenin (erst recht Stalin) oder Mao Tse Tung mit denen von Marx / Engels.
Klugschnacker
07.06.2020, 09:43
Kritisiert werden darf das Christentum also dort, wo es Deinen eigenen Standpunkten zuwiderläuft. Gelogen werden darf dann, wenn es Deinen Überzeugungen nützt, also das Gewünschte hinten rauskommt.
Ja. Genau so ist es.
Das Leben kann so einfach sein, wenn man es (sich) nicht zu kompliziert macht. ;) Wer aus seinem christlichen Glauben heraus, ehrenamtlich zum Beispiel in einem Hospiz bei der Versorgung von Sterbenden mithilft ist ein(e) Gute(r).
Wer aus seinem christlichen Glauben heraus, zum Beispiel "Mahnwachen" vor Pro Familia-Beratungsstellen organisiert oder Sympathie für die Todesstrafe hat, ist für mich bescheuert.
Du wechselst hier die Ebene. Ich schrieb auf der rein sachlichen Ebene, wer Jesus war und was er wollte. Da geht es um wahr oder unwahr, nicht um gut oder böse.
Bevor man etwas in die Schubladen "gut oder böse" steckt, muss man meiner Meinung nach schauen, ob es wahr oder unwahr ist. Du sagst, das Leben könne so schön einfach sein, wenn man sich die Ebene der Tatsachen spart und gleich zur Ebene der Bewertung übergeht. Das ist Ideologie und nicht Wissenschaft.
Nobodyknows
07.06.2020, 11:29
Ich habe nicht für mich beansprucht wissenschaftlich zu sein.
Gruß
N. :Huhu:
Trimichi
08.06.2020, 07:03
Ich habe nicht für mich beansprucht wissenschaftlich zu sein.
Gruß
N. :Huhu:
Guten Morgen lieber N.,
als Quereinsteiger in diesem Faden, nicht ich, Du, weise ich Dich sehr gerne auch darauf hin, dass es dem Admin darum geht, die Frage nach der Wahrheit, im Kontext dieser "Kolumne" (Politik, Religion und Gesellschaft) geht.
Wir diskutieren hier schon länger über Religion im weiteren Sinne, und insbesondere, weil durch die Admin gewünscht, über den Begriff der Wahrheit. Quid est veritas? Wie der Lateiner zu sagen pflegt.
Tempus fugit, also lass' Dir bitte Zeit und lese Dich vertiefend hier in den Faden ein. Aus einer anderen Perspektive zu schreiben und dieses a posteriori offen zu legen halte ich für geschickt. Daher schreibe ich, als Trekkie, nun aus der Perspektive von Jean-Luc Picard folgenden Satz:
"Als Wissenschaftler sind wir der Wahrheit verpflichtet. Ganz gleich, ob es sich dabei um die historische, wissenschaftliche oder persönliche Wahrheit handelt."
Da der Begriff der Wahrheit im religiösen (oder auch historischen Kontexten) schwer zu greifen ist, etwas leichter im wissenschaftlichen Sinn, muss die Kompliziertheit oder Komplexität der Thematik nicht zusätzlich durch Perspektivewechsel erhöht werden.
Sage was du meinst und meine was Du sagst. Lass uns nicht im Dunklen leuchten. Für mich hast Du jedenfalls nicht beansprucht wissenschaftlich zu sein. Ich fühlte mich nicht angesprochen, schreibe allerdings dennoch, um dich darauf hinzuweisen, dass du Unwissenschaftlichkeit allen möglichen anderen unterstellt hattest, obschon du selbst, wie dich die Admin bereits angestubst hatte, mit Interpretation religiöser Inhalte nach eigenem Gusto in die Kategorien gut und böse daherkommst.
Als Quereinsteiger und Surrealist solltest Du Dich an Begriffen wie Wahrheit und Realität orientieren. Was ist die Wahrheit?
Schreibe bitte künftig aus der Perspektive des Borkenkäfers. :Lachanfall: Danke.:Blumen:
Guten Start in die Woche & Gruß,
M.:Blumen:
Warum kennen wir die Wahrheit über Jesus nicht?
Was genau verdeckt sie? Warum ist der historische Jesus so wenig greifbar? Wieso wissen wir nichts über seine Kindheit, seine menschlichen Eigenschaften, seinen Charakter? Wieso wissen wir nichts über seine rätselhafte Herkunft, seinen rätselhaften Vater und sein rätselhaftes Dasein als "menschlicher Gott"? Wieso hat das niemand aufgeschrieben?
Ansonsten haben Juden und Christen doch jedes winzige Detail in Schriftrollen festgehalten. Warum nicht dieses?
Der Grund dafür ist, dass religiöse Leute all das verschüttet haben, zugunsten ihrer eigenen spinnerten Ideen, die sie stattdessen als die Wahrheit ausgegeben haben. Es wurde immer wieder umgewälzt, ausgetauscht und angepasst, bis schließlich vom echten Jesus keine Spur mehr zu finden war und sich seine vermutete Lehre ins Gegenteil verkehrt hatte. (Als Beleg verweise ich auf die völlige Wandlung dieses "Jesus" von Paulus bis zu Johannes.)
Nicht etwa Atheisten oder Andersgläubige haben Jesus verschüttet, sondern Christen. Und zwar aus religiösem Wahn. Das erste Opfer der Christen war Jesus selbst.
Was von Jesus heute geblieben ist, ist eine Sammlung offensichtlicher Fälschungen. Die neutestamentarische Forschung hat mittlerweile nachgewiesen, dass 90% der Jesus-Zitate in der Bibel falsch sein müssen. Und bei den restlichen 10% ist es ungewiss. Was immer Jesus sagte oder wollte, ist dahin.
Das wissen heute alle, die Theologie studieren. Ihnen ist die prekäre Entstehungsgeschichte des neuen Testaments bekannt. Nach ihrem Studium, bei ihren Predigten in der Kirche, hört man davon jedoch nichts mehr. Da wird den Leuten jedes Bibelzitat angedreht als die ewige Wahrheit. Das bedeutet, dass die studierten Prediger heute ihre Zuhörer anlügen, genauso wie damals die Autoren der Bibel ihre Leser anlügten.
Warum ist das passiert? Es ist passiert, weil manche Leute keine Achtung haben vor der Wahrheit. Die Wahrheit — was ist das schon. Es wird verächtlich vom Tisch gewischt. Für den einen ist es eben dies, für den anderen das. Liest man auch hier im Thread. Wen kümmert's?
Aber man kann nicht einerseits die Wahrheit geringschätzen, aber andererseits die Wahrheit über Jesus bewahren wollen. Das ist das Dilemma. Wenn religiösen Leuten die historische Wahrheit über ihre Religion zur Bewahrung anvertraut wird, geht sie verloren. Kühle Historiker hätten sie bewahrt.
Für die heutigen Christen ist das natürlich ein Unglück. Nur zu gerne wüsste man heute etwas mehr vom "echten Jesus".
Jesus ist nicht durch die Römer zu Tode gekommen, sondern durch Christen. Jesus hätte in seinen Worten ewig leben können. Religiöser Wahn hat diese Worte vernichtet.
Nobodyknows
10.06.2020, 06:25
...Das erste Opfer der Christen war Jesus selbst...
Hallo Jörn,
"Welcome back" nach längerer Abwesenheit.
Ich hatte mir -kein Quatsch, sondern ernst- schon Gedanken gemacht wo Du steckst.
Bin hier im Lesemodus.
Die Bühne, der Pfad gehört im übertragenen wie im wahren Sinn Dir und Arne.
Haut rein!
Gruß
N. :Huhu:
Thomas W.
10.06.2020, 08:50
Was von Jesus heute geblieben ist, ist eine Sammlung offensichtlicher Fälschungen. Die neutestamentarische Forschung hat mittlerweile nachgewiesen, dass 90% der Jesus-Zitate in der Bibel falsch sein müssen.
Das wissen heute alle, die Theologie studieren.
Hallo Jörn ,
ich habe mal ne Verständnisfrage - was genau studieren „die“ dann eigentlich ?
Lieben Gruss
Hallo Jörn ,
ich habe mal ne Verständnisfrage - was genau studieren „die“ dann eigentlich ?
Lieben Gruss
Z.b. da:
https://www.uni-goettingen.de/de/kleine+einf%C3%BChrung+f%C3%BCr+den+start+in+das+t heologie-studium/56415.html
... da fass ich mir echt an den Kopf.
Geldwäsche egal, aber wehe ein
Achtjähriger will mit Spielgeld zahlen (https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/schweiz-hausdurchsuchung-da-kind-mit-spielgeld-bezahlen-wollte-16811814.html)
Warum kennen wir die Wahrheit über Jesus nicht?
...
Die Firma : "im Nebel der Geschichte" (https://www.songtexte.com/songtext/die-firma/im-nebel-der-geschichte-33c6f009.html), video (https://www.laut.de/Die-Firma/Songs/Im-Nebel-Der-Geschichte-290229)...
phonofreund
12.06.2020, 16:22
... da fass ich mir echt an den Kopf.
Ich mir auch mal wieder: Eine Voraussetzung für das Studium der beiden Fächer sind Sprachkenntnisse: Hebräisch für das Alte Testament und Griechisch für das Neue Testament.
Da will jemand Priester werden und es gibt keine deutsche Übersetzung für Märchenbücher? Sollte doch bei Grimm anfangen......
Eine Voraussetzung für das Studium der beiden Fächer sind Sprachkenntnisse: Hebräisch für das Alte Testament und Griechisch für das Neue Testament.
Das ist ein interessanter Punkt. Ich kann dazu vielleicht zwei erhellende Punkte beitragen.
Erstens: Natürlich können junge Studenten weder Hebräisch noch Griechisch. Es handelt sich bei den theologischen Studien um Schnellkurse mit rudimentären Grundbegriffen der jeweiligen Sprache. Üblicherweise wird Satz für Satz und Wort für Wort übersetzt, dazu gibt es Tools (auch im Internet), die das leisten. Ganz sicher kann man sich nicht mit dem Dorfpfarrer auf Hebräisch unterhalten.
Zweitens: Hier versteckt sich eine wunderbare Scharlatanerie, die zeigt, dass die ganze Unternehmung schon von Anfang an auf einer falschen Basis steht. Nehmen wir als Beispiel das Neue Testament.
Das Neue Testament spielt in Israel, dort sprach man hauptsächlich hebräisch. Was Jesus und seine Jünger angeht (sofern sie überhaupt existiert haben), geht man von einem unbedeutenden Dialekt aus, nämlich Aramäisch. Unbedeutend deshalb, weil so gut wie keine Schriften in diesem Dialekt produziert wurden. Wer aramäisch sprach, war vermutlich ein Hirte, lebte in einem Zelt oder ähnlichem. Wer mit aramäischem Dialekt in Jerusalem auftauchte, galt vermutlich als Tölpel.
Die Weltsprache der damaligen Zeit war jedoch griechisch, d.h. dies galt für die gebildeten Schichten der Bevölkerung. So kommt es, dass nördlich von Israel, in Syrien, tatsächlich griechisch gesprochen und geschrieben wurde, obwohl wir ja heute eine arabischer Sprache erwarten würden. Aber man sprach und schrieb griechisch.
Das Neue Testament wurde weder auf aramäisch geschrieben, noch auf hebräisch. Sondern das erste Evangelium, das Markus-Evangelium, wurde vermutlich von einem römischen Bürger in Syrien geschrieben. Auf griechisch. (Man beachte, dass ein „römischer Bürger“ nicht einen „Italiener“ meint. Das römische Weltreich war ja über Italien hinausgewachsen.)
Wie gelangten nun die aramäischen Worte von Jesus ins Hebräische, und von dort ins Griechische?
40 Jahre nach seinem (angeblichen) Kreuzestod scherte sich niemand darum. Niemand schrieb etwas auf. Angeblich sollen einzelne Zitate bei Gläubigen im Umlauf gewesen sein. Aber das war keine „Biographie“, sondern nur einzelne Zitate, die man sich vorstellen kann wie die heutigen Bauernweisheiten. Es gab vielleicht einzelne Wunderberichte und Anekdoten; diese vermischten sich schnell mit anderen Legenden und es geriet vieles durcheinander. Hier haben wir jedoch die erste Übersetzung, nämlich vom Aramäischen ins Hebräische, allerdings nur mündlich.
Dieses Durcheinander an einzelnen hebräischen Sprüchen und Anekdoten gelangte irgendwann nach Syrien, einfach weil Leute von Jerusalem nach Syrien reisten. Natürlich hatten die Syrer keine Möglichkeit, die Stichhaltigkeit dieser Geschichten zu prüfen. Und es waren keine „Geschichten“ im Sinne der heutigen Bibelgeschichten, sondern nur Fragmente, einzelne Zitate vom Hörensagen.
Markus hat dann diese Bruchstücke zusammengesetzt, und die fehlenden Teile einfach erfunden. Es ist so, als hätte man von einem Saurier-Skelett nur den Oberschenkel und eine Rippe, und den Rest muss man sich zusammenreimen. Dies hat er in griechischer Sprache aufgeschrieben. Frühe Fassungen des Markus-Evangeliums kennen weder eine Jungfrauengeburt, noch eine Kreuzigung, noch eine Auferstehung. Dies wurde später hinzugekleistert.
Nun wollen also ein paar Theologen weismachen, sie würden ganz nah am „echten Jesus“ argumentieren, wenn sie die griechischen Urtexte lesen würden. Das ist komplett hanebüchen, denn diese griechischen Urtexte wurde geschrieben von jemanden, der Jesus und die Jünger nie gesehen hatte, eine Generation später lebte, kein Jude war und alles nur von Leuten erzählt bekommen hatte, die ihrerseits nur 40 Jahre alte Legenden vom Hörensagen kannten. Zudem hat er das meiste einfach erfunden, nämlich den ganzen Kitt zwischen den einzelnen Zitaten.
Hier wird erstens die Bevölkerung und zweitens die jungen Studenten hinter die Fichte geführt, indem behauptet wird, diese Texte hätten irgendeine besondere Authentizität oder wären besonders glaubwürdig.
Natürlich bohren sich viele Theologen ganz besonders intensiv in diese alten Texte, indem sie über verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten aus dem Griechischen debattieren und jedes Wort fünfmal umdrehen. Aber es bleibt dabei, dass es 40 Jahre alte, mündlich weitergegebene Zitate sind, die in ihrer Urform (die hebräischen oder aramäischen Worte von Jesus) schlicht nicht vorhanden sind. Jeder kann mit gesunden Menschenverstand abschätzen, dass diese Texte nicht genau sein können.
Helmut S
13.06.2020, 07:07
Erstens: Natürlich können junge Studenten weder Hebräisch noch Griechisch
Auf humanistische Gymnasien, wird ab der 8. Jahrgangsstufe in einem altsprachlichen Zweig immervauch Griechisch unterrichtet. Ganz selten gibt es mWn auch noch Hebräisch als Fach. Da Griechisch neben Latein die Sprachen des klassischen humanistischen Bildungsideals ist, kann man Griechisch darüber darüber hinaus auch oft als WPF auf anderen gymnasialen Schulformen belegen :Blumen:
Das mag wohl sein. Spielt es zahlenmäßig eine Rolle? Mir ist keine Person bekannt, die zu Beginn eines Studiengangs in deutscher Sprache zusätzlich Hebräisch und Griechisch auf einem akademischen Niveau beherrschte (und zudem oft noch Latein, um die Schriften des Katholizismus lesen zu können). Ich bin weiterhin der Meinung, dass es sich in praktisch allen Fällen um Schnellkurse in den Unis oder Fachhochschulen handelt.
Die Dauer eines solchen Schnellkurses beträgt in der Regel fünf oder sechs Wochen (weil es sich oft um Ferienkurse handelt). Beleg: Kursangebot der EKD (PDF). (https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/Sprachenmerkblatt_2019.pdf) Normalerweise werden diese Kurse, obwohl sie als Voraussetzung gelten, erst während des Studiums begonnen; der Prüfungsnachweis wird sozusagen "nachgereicht".
---
Mein Hauptpunkt war die Albernheit dieser Sprachkurse angesichts der unbestreitbaren Tatsache, dass die Worte in der Bibel überhaupt nicht die "wahren" Worte von Jesus enthalten können. Dieser Umstand wird allen Studenten auch während des Studiums bewusst, da das Zustandekommen der Bibel ein Teil des Lehrstoffes ist (ausgenommen bei evangelikalen Studiengängen, die aber kaum irgendwo anerkannt werden).
Dieser Widerspruch wird auch noch aus einer weiteren Perspektive deutlich. Die Urschriften klären nämlich keinen Sachverhalt, sondern sie verhindern eine Klärung. Das ergibt sich aus der Mehrdeutigkeit vieler griechischer und ganz besonders der hebräischen Begriffe. Die Studenten lernen also nicht, was tatsächlich in der Bibel gemeint ist, sondern im Gegenteil, dass es prinzipiell unmöglich ist, dies eindeutig festzustellen. Das ganze Studium ist ab diesem Punkt eine Übung in Sinnlosigkeit und Selbstbetrug.
In den Gemeinden wird indessen fleißig gepredigt, dass man im Besitz der höchsten Wahrheit und Gewissheit wäre. Wer sich aber mit Theologie etwas auskennt, weiß, dass dies gelogen sein muss, weil erstens die Entstehung der Quellen es nicht zulässt, und weil zweitens die Übersetzungen mehrdeutig sein müssen.
Klugschnacker
14.06.2020, 09:03
In den Gemeinden wird indessen fleißig gepredigt, dass man im Besitz der höchsten Wahrheit und Gewissheit wäre. Wer sich aber mit Theologie etwas auskennt, weiß, dass dies gelogen sein muss, weil erstens die Entstehung der Quellen es nicht zulässt, und weil zweitens die Übersetzungen mehrdeutig sein müssen.
Und drittens, weil es auch nichts nützen würde, wenn Jesus deutsch gesprochen hätte und jedes seiner Worte exakt notiert werden wäre.
Denn Jesus lebte vor 2000 Jahren in einer völlig anderen Welt. Unsere heutige Welt war komplett außerhalb seines Blicks. Seine Botschaft war an die Menschen seiner Zeit gerichtet. Er sprach zu den Juden seiner nächsten Umgebung. Mit Nichtjuden wollte er sich nicht abgeben. Für die Christen und Nichtchristen der heutigen Zeit hatte er keine Botschaft.
Ebensowenig hätten wir selbst eine Botschaft für die Menschen des Jahres 4020 n.Chr. Denn wir wissen nicht, in welchen sozialen Gefügen sie leben; wie Familien, Paarbeziehungen, Gemeinden oder Staaten in dieser weit entfernten Zukunft miteinander umgehen werden. Was sie als wahr erkannt, als falsch verworfen haben, und worauf sie hoffen. Wir können diesen zukünftigen Gesellschaften keine Tipps geben, oder gar unsere heutigen Ansichten als ewige Wahrheiten festlegen.
Für Jesus gilt dies um so mehr, als dass er sich in seiner zentralen Verkündigung geirrt hat. Er predigte, dass das Gottesreich noch zu Lebzeiten seiner Zuhörer auf Erden kommen werde. Er war ein Endzeitprohpet, ein antiker Apokalyptiker, dessen Weissagungen nicht eintrafen. Das beweist: Er bildete sich vielleicht mancherlei ein, aber sein tatsächliches Wissen überstieg an keiner Stelle das seiner antiken Wüstenbewohner.
Ist das schlimm? Für mich keineswegs! Auch Sokrates irrte sich bei seinen Annahmen über die Götter gewaltig. Er war ein Kind seiner Zeit und es wäre Quatsch, ihm das heute vorzuwerfen. Ebenso war Jesus von seiner Epoche geprägt. Uns heutige Menschen hatte er aber weder im Blick, noch richtete er seine Worte an uns. Was immer diese Worte auch enthalten haben mögen.
Für die Christen und Nichtchristen der heutigen Zeit hatte er keine Botschaft.
Von diesem entgrenzten Rationalismus muss ich mich empört distanzieren.
Natürlich weiß niemand, wie die Welt in 2020 Jahren aussehen wird. Aber wenn wir auf die letzten 2020 Jahre zurückblicken, dann ließen sich durchaus Erkenntnisse destillieren, die seitdem ihre Gültigkeit behalten haben. Jesus hätte also durchaus Dinge sagen können, die zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit ewige Gültigkeit haben. Oder die zumindest nicht völlig falsch sind.
Was ist mit der "Goldenen Regel (https://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Regel)"? "Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst." Ich halte es für möglich, dass diese simplen (aber effektiven) Regeln des Zusammenlebens durchaus Bestand haben könnten.
Was ist mit grundlegenden Menschen- und Freiheitsrechten? Sklaverei war vor 3.000 Jahren bereits scheiße und wird auch in 5.000 Jahren noch scheiße sein. Die Autoren der Bibel haben das nicht erkannt, aber sie hätten es durchaus erkennen können. Es lag nicht nur daran, dass sie in einer anderen Zeit lebten. Es gab zu jeder Zeit Menschen, die es erkannt hatten. Allerdings gehörte Jesus nicht dazu.
Was ist mit dem Gebot der Bibel, andere Völker zu überfallen, und alle Menschen und alles Vieh zu töten, abgesehen von Jungfrauen?
"Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der HERR, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen." (5. Mose 20,16 (https://www.bibleserver.com/EU/5.Mose20%2C16))
Ich könnte mir vorstellen, dass die schiere Dummheit, die aus diesen heiligen Worten offenbar wird, auch in zweitausend Jahren noch erkennbar ist.
Ich stimme zu, dass man Jesus vernüftigerweise als einen Prediger annehmen muss, der ganz normal ein Kind seiner Zeit war (wenn er überhaupt existiert hat). Ich stimme auch zu, dass er den Irrtümern seiner Zeit erlag; das ist ja offensichtlich. Aber ich finde, er hätte durchaus Dinge sagen können, die von dauerhafter Geltung sind. Dass er es nicht getan hat, wiegt schwer. Vielleicht waren er (oder seine Autoren) einfach nicht besonders klug?
Ich schiebe gleich noch einen Nachschlag hinterher.
Warum sollte die Welt in zweitausend Jahren eigentlich anders sein als heute? Natürlich nehmen wir das an, und das ist auch vernünftig. Aber wenn wir unterstellen, dass es einen Wandel und eine Fortentwicklung geben wird, dann stellt sich die Frage, wie dieser Wandel und dieser Fortschritt gestaltet werden? Was wird uns leiten?
Sollten wir uns leiten lassen vom jeweils besten Beweis? Von nachprüfbaren Fakten? Von sich ändernden Umständen? Oder sollten wir uns leiten lassen von einem alten Zauberbuch aus längst versunkenen Epochen?
Zu dieser Frage, wie wir die nächsten Jahrhunderte am besten gestalten sollten, habe ich hier ein Zitat von Bertrand Russel (https://de.wikipedia.org/wiki/Bertrand_Russell) gefunden, einem Mathematiker und Philosophen, der zudem den Nobelpreis für Literatur erhielt.
"Wenn man sich auf der Welt umsieht, so muss man feststellen, dass jedes bisschen Fortschritt im humanen Empfinden, jede Verbesserung der Strafgesetze, jede Maßnahme zur Verminderung der Kriege, jeder Schritt zur besseren Behandlung der farbigen Rassen oder jede Milderung der Sklaverei und jeder moralische Fortschritt auf der Erde durchweg von den organisierten Kirchen der Welt bekämpft wurde.
Ich sage mit vollster Überlegung, dass die in ihren Kirchen organisierte christliche Religion der Hauptfeind des moralischen Fortschrittes in der Welt war und ist." (Quelle (https://www.atheisten-info.at/downloads/russell.pdf))
Und dies:
"Wenn man hört, wie sich die Menschen in der Kirche erniedrigen und sich als elende Sünder usw. bezeichnen, so erscheint das verächtlich und eines Menschen mit Selbstachtung nicht würdig. Wir sollten uns erheben und der Welt frei ins Antlitz blicken.
Wir sollten aus der Welt das Bestmögliche machen, und wenn sie nicht so gut ist, wie wir wünschen, so wird sie schließlich immer noch besser sein als das, was die andern in all den Zeitaltern aus ihr gemacht haben.
Eine gute Welt braucht Wissen, Güte und Mut, sie braucht keine schmerzliche Sehnsucht nach der Vergangenheit, keine Fesselung der freien Intelligenz durch Worte, die vor langer Zeit von unwissenden Männern gesprochen wurden.
Sie braucht einen furchtlosen Ausblick auf die Zukunft und eine freie Intelligenz. Sie braucht Zukunftshoffnung, kein ständiges Zurückblicken auf eine tote Vergangenheit, von der wir überzeugt sind, dass sie von der Zukunft, die unsere Intelligenz schaffen kann, bei weitem übertroffen wird." (Gleiche Quelle)
....
Was ist mit grundlegenden Menschen- und Freiheitsrechten? Sklaverei war vor 3.000 Jahren bereits scheiße und wird auch in 5.000 Jahren noch scheiße sein. Die Autoren der Bibel haben das nicht erkannt, aber sie hätten es durchaus erkennen können. Es lag nicht nur daran, dass sie in einer anderen Zeit lebten. Es gab zu jeder Zeit Menschen, die es erkannt hatten. Allerdings gehörte Jesus nicht dazu.
......
Hat es denn einer der griechischen überlieferten Philosophen der Antike erkannt? Oder sahen alle in der Versklavung von Kriegsgefangenen und im Status der Sklaven, der auch an die Nachkommen weitergegeben wurde, etwas quasi Natürliches, Naturgebenes. Nur wer zu arm war, besass als freier Bürger in der griechischen Antike wohl selten Sklaven.
Hat es denn einer der griechischen überlieferten Philosophen der Antike erkannt?
Natürlich. Aber nicht alle.
Woher stammt unsere Einschätzung, dass Sklaverei nicht die bestmögliche aller Ideen ist? Diese Erkenntnis ist nicht plötzlich vom Himmel gefallen und hat alle verblüfft.
Stattdessen dürfen wir annehmen, dass unter anderem die Sklaven selbst schon recht früh zu dieser Erkenntnis gelangt sind. Die Erkenntnis existiert vermutlich, seit es Sklaven gibt. Also auch zur Zeit der griechischen Philosophen. Es ist wenig plausibel, anzunehmen, dass die Sklaven nicht zu dieser Einsicht gekommen sind.
Die Erkenntnisse der Kirchen spiegeln daher nicht tatsächlich den Stand der Erkenntnisse, sondern den Stand der Durchsetzungsmöglichkeiten. Dass Sklaven nur durch Gewalt auf den Acker gezwungen werden konnten, blieb selbst den jüdischsten Juden und den katholischsten Katholiken nicht verborgen. Solange sie aber selbst davon profitierten und dies auch mit Gewalt durchsetzen konnten, blieb es bei der Sklaverei. Dass es falsch war und nur durch die üblichen Tricks als legitim kaschiert werden konnten, wussten sie genau.
Eben deswegen gibt sich die Bibel die allergrößte Mühe, Sklaverei (von Ungläubigen) als legitim darzustellen. Hätten es tatsächlich die meisten Menschen für legitim gehalten, wäre überhaupt kein Hinweis darauf nötig gewesen.
Natürlich. Aber nicht alle.
.......
Kannst Du dann den Namen eines griechischen Philosophen nennen, der die Sklaverei ablehnte?
In der Regel richtete sich die Kritik in der griechischen Antike (mehrere hundert Jahre v. Chr.) nicht gegen das Sklaventum prinzipiell, sondern gegen ungerechte, zu strenge, misshandelnde Behandlung bei der Sklavenhaltung in einzelnen Fällen, während es prinzipiell allgemein als "natürlich gegebene" Existenzweise grosser Gruppe, Klasse von Menschen angesehen wurde, das man fremde Menschen als Waren auf einem Markt kaufen und besitzen konnte. Zweifellos wünschten sich griechische, römische Sklaven die Möglichkeit, sich freizukaufen oder freigelasssen zu werden. Hätten sie in den Stand eines freien Bürgers wechseln können, was auch nach Freikauf nicht möglich war, hätten sie aber vermutlich selbst wieder Sklaven auf dem Markt gekauft, um eben Ansehen in der Gesellschaft zu haben, welches auch von der Menge der beschäftigten Sklaven abhing. Genauso wie heute ein Arbeiter, erhielte er Milliarden geschenkt, dadurch nicht zum Sozialisten würde, sondern nur selbst zum Finanzkapitalisten, d.h. einfach die Rolle wechselt. ;)
Motor für die späteren Sklavenrevolten im römischen Reich um die Zeit von Jesus waren einerseits die von den Römern in Kriegen versklavten ehemaligen freien Bürger aus Griechenland, die ihren früheren Status als Freie wieder erlangen wollten, andererseits die extrem harte und grausame Arbeitsausbeutung und Behandlung durch die Römer (Spartakus z.B. war ein Thraker) auf dem Lande.
Eigentlich brachte erst das Bürgertum auf der ökonomischen Basis der breit entwickelten, alle Grenzen sprengenden Warenwirtschaft (und die doppelt freien Lohnarbeiter) die Ideen von der Freiheit und Gleichheit aller Menschen (Menschenwürde) hervor, ohne aber gleich die Leibeigenschaft oder gar die Sklaverei endgültig abzuschaffen. Auch der Feudalismus basierte als allgemein anerkanntem Gesellschaftsvertrag viele Jahrhunderte noch auf den per Geburt verliehenen Standesrechten, welche bekanntlich noch Luther gegen die Bauernaufstände verteidigte. Eine Gleichheit sollte es erst im Jenseits geben.
Meiner Meinung nach verabsolutierst Du die Ideen, auf denen die bürgerliche Gesellschaft basiert, zu stark auf die früherer historischen Epochen, in denen die Menschen nach wiederum eigenen spezifischen Gesetzen lebten, die ihnen auch so unverrückbar und generell gültig vorkamen wie uns die heutigen.
...
Was von Jesus heute geblieben ist, ist eine Sammlung offensichtlicher Fälschungen. Die neutestamentarische Forschung hat mittlerweile nachgewiesen, dass 90% der Jesus-Zitate in der Bibel falsch sein müssen. Und bei den restlichen 10% ist es ungewiss.
Ich schiebe gleich noch einen Nachschlag hinterher.
...
Zu dieser Frage, wie wir die nächsten Jahrhunderte am besten gestalten sollten, habe ich hier ein Zitat von Bertrand Russel (https://de.wikipedia.org/wiki/Bertrand_Russell) gefunden, einem Mathematiker und Philosophen, der zudem den Nobelpreis für Literatur erhielt.
Vor diesem Hintergrund (die Bibel ist falsch und Nobelpreisträger wollen keine Christen sein) noch eine Zitatesammlung die zeigt, wie intolerant Christen mit Ungläubigen umgehen. Sollte es in diesem Thread noch einen bekennenden Christen geben, so nehme er dies und schweige für immer (Ach, das tun die hier ja schon): https://bibelzitate.hpage.com/kat-05.html
Daraus mein Favorit:
5 Mo 17,2-5 (Gott befiehlt): Wenn jemand in deinem Dorf gegen Gottes Vorschriften verstösst, insbesondere wenn jemand ....anderen Göttern dient und sie anbetet, muss das untersucht werden. Wenn es stimmt, dass solcher Gräuel in Israel verübt worden ist, dann sollst du die Fehlbaren vor das Dorf führen und zu Tode steinigen.
(...)
qbz: Das trifft meinen Punkt nicht. Mein Punkt besteht nicht darin, wann die Sklaverei abgeschafft wurde (Du verweist auf das Bürgertum), oder ob ein zu Reichtum gelangter Sklave nicht ebenfalls Sklavenhalter geworden wäre, oder ob es in Griechenland selbstverständliche Praxis war.
Mein Punkt ist, ob und wann jemand die Erkenntnis hatte, dass es kritikwürdig und nicht die beste aller Ideen war. Ob er diese Erkenntnis dann in die Tat umsetzte, und ob ihm die ganze Gesellschaft darin folgte, ist eine andere Frage.
Ebenso könnte man ja nicht behaupten, dass den Deutschen erst 1945 dämmerte, dass mit dem Nationalsozialismus was nicht stimmte. Mir geht es um die Erkenntnis, und nicht, wann es überwunden wurde.
Nur an diesem Maßstab kann man Jesus messen. Man misst ihn nicht daran, ob ihm alle folgten, sondern man misst ihn an seinen Worten und Ideen. Wenn wir mal so tun, als hätte er die Nächstenliebe erfunden, dann kann es ja nicht darum gehen, wann ihm die ganze Welt darin zustimmte und es in die Tat umsetzte. Sondern es geht darum, ob die Erkenntnis möglich war. In diesem Fall war sie möglich. Sonst stünde es nicht in der Bibel.
Ebenso war die Erkenntnis möglich, dass Sklaverei nicht die beste aller Ideen war. Diese Erkenntnis war den Menschen bereits fünf Minuten, nachdem der erste Sklave seine Freiheit verloren hatte, zugänglich. Man erkennt das schon daran, dass niemand aus reiner Freude zum Sklaven wurde. So vorzüglich kann es also nicht gewesen sein. Es war nicht schwer, dies zu erkennen.
Mein Argument dreht sich um Arnes These, dass Jesus für uns im Jahr 2020 keine Botschaft hatte und haben konnte. Dem stimme ich in weiten Teilen zu. Aber es gibt Dinge, die auch damals schon erkannt werden konnten, und die wohl auch in tausend Jahren noch gelten werden. Ein Beispiels ist Sklaverei. Ein anderes Beispiel ist Hunger oder Gesundheit oder Freiheit oder Selbstbestimmtheit oder Unversehrtheit.
Über all diese Dinge hätte Jesus reden können, wenn er etwas für die Zukunft hätte sagen wollen. Aber dafür waren seine Autoren nicht klug genug.
Klugschnacker
18.06.2020, 08:35
Über all diese Dinge hätte Jesus reden können, wenn er etwas für die Zukunft hätte sagen wollen. Aber dafür waren seine Autoren nicht klug genug.
Wollte Jesus denn eine Ethik für zukünftige Generationen entwerfen?
Ich meine: nein. Er war ein Endzeitprophet jüdischen Glaubens. Er erwartete das Himmelreich auf Erden noch zu seinen Lebzeiten. Sein zeitlicher Horizont war entsprechend kurz und reichte noch nicht einmal zur nächsten Generation. (Daher seine Geringschätzung der Familie und der Appell, keine materielle Vorsorge für die Zukunft anzustreben).
Er wollte die Tora für seine jüdischen Hörer auslegen, damit sie beim nahen Endgericht bestehen könnten. Er wandte sich ausdrücklich nicht an Nichtjuden und nicht an Menschen künftiger Generationen. Seine Verkündigung ging an keiner Stelle nennenswert über das damalige Judentum hinaus. Sein Vaterunser ist ein jüdisches Gebet, seine Bergpredigt eine Auslegung der Tora.
Mir scheint, man missversteht zwei zentrale Punkte seiner Verkündigung, wenn man in ihr eine Ethik für unsere heutige Kultur sucht. Denn erstens hatte er diesen zeitlichen Horizont gar nicht; hätte man ihm damals gesagt, dass wir zweitausend Jahre später immer noch auf der Erde sitzen und auf das Weltende warten, hätte er das nicht geglaubt.
Zweitens hat Jesus sich selbst nicht als Gott gesehen, und deshalb darf man ihn auch nicht an der Weisheit einer allwissenden Instanz messen. Als Jude war sein Glaube streng monotheistisch. Dass Gott einen Sohn habe, und dass er selbst dieser Sohn sei, wäre ihm als schlimme Gotteslästerung erschienen. Jesus sah sich nicht als Gott.
Erst später hat man ihn dazu gemacht und damit die zentralen Punkte seiner Verkündigung ins Gegenteil verkehrt. Gemessen am Anspruch göttlicher Weisheit war er natürlich "dumm" (Zitat), so wie alle anderen Menschen auch, inklusive Einstein, Kant und Sokrates. Es ist aber nicht Jesus, der dumm war (das wissen wir nicht). Sondern die Übersteigerung seiner Person zu einem allwissenden Gott ist falsch.
qbz: Das trifft meinen Punkt nicht. Mein Punkt besteht nicht darin, wann die Sklaverei abgeschafft wurde (Du verweist auf das Bürgertum), oder ob ein zu Reichtum gelangter Sklave nicht ebenfalls Sklavenhalter geworden wäre, oder ob es in Griechenland selbstverständliche Praxis war.
Mein Punkt ist, ob und wann jemand die Erkenntnis hatte, dass es kritikwürdig und nicht die beste aller Ideen war. Ob er diese Erkenntnis dann in die Tat umsetzte, und ob ihm die ganze Gesellschaft darin folgte, ist eine andere Frage.
...
Dann nenne doch bitte konkret einen Philosophen, Politiker etc. der griechischen Antike, der formuliert hat, eine Stadt oder ein Reich sollte keine Sklaven besitzen und die Sklavenhaltung besser verbieten.
Wenn ein freigelassener Sklave eben selbst wieder Sklaven anschafft, sehe ich darin ein Anzeichen, dass auch der Unterdrückte nicht über den historisch begrenzten Horizont hinaus denken kann.
Ebenso war die Erkenntnis möglich, dass Sklaverei nicht die beste aller Ideen war. Diese Erkenntnis war den Menschen bereits fünf Minuten, nachdem der erste Sklave seine Freiheit verloren hatte, zugänglich. Man erkennt das schon daran, dass niemand aus reiner Freude zum Sklaven wurde. So vorzüglich kann es also nicht gewesen sein. Es war nicht schwer, dies zu erkennen.
Die Sklaven brachten ihren Status mit einem verlorenen Krieg oder dem ihrer Eltern bzw. ihrer Geburt in Verbindung. Hätten sie umgekehrt den Krieg gewonnen, hätten sie die Gegner versklavt, statt das Sklaventum selbst infrage zu stellen. Man versklavte damals Angehörige anderer, unterlegener, fremde Völker als Teil der Kriegsbeute.
Eben deswegen gibt sich die Bibel die allergrößte Mühe, Sklaverei (von Ungläubigen) als legitim darzustellen. Hätten es tatsächlich die meisten Menschen für legitim gehalten, wäre überhaupt kein Hinweis darauf nötig gewesen.
Als die Juden in die Sklaverei nach Ägypten geführt wurden, fanden sie es sch....
:)
Helmut S
18.06.2020, 13:54
Dann nenne doch bitte konkret einen Philosophen, Politiker etc. der griechischen Antike, der formuliert hat, eine Stadt oder ein Reich sollte keine Sklaven besitzen und die Sklavenhaltung besser verbieten. .
Von den Antiken weiß ich nix, aber mir ist aus meiner Beschäftigung mit Kant im Gedächtnis, dass Seneca auf Basis von sowas wie „was du nicht willst, was man dir tu‘, dass füg‘ auch keinem anderen zu“ gefordert hat, dass man vernünftig mit seinen Sklaven umgehen soll. Er war hinsichtlich der Sklavenhaltung wohl kritisch. Er dürfte damit nach meinem Verständnis im römischen Reich aber recht alleine gewesen sein. :Blumen:
Dann nenne doch bitte konkret einen Philosophen, Politiker etc. der griechischen Antike, der formuliert hat, eine Stadt oder ein Reich sollte keine Sklaven besitzen und die Sklavenhaltung besser verbieten.
Wenn ein freigelassener Sklave eben selbst wieder Sklaven anschafft, sehe ich darin ein Anzeichen, dass auch der Unterdrückte nicht über den historisch begrenzten Horizont hinaus denken kann.
Das ist nicht mein Punkt. Ich bin nicht sicher, ob es lohnt, über diesen Punkt weiter zu feilschen.
Mir geht es nicht darum, wann ein Politiker dazu aufrief, auf einen Vorteil zu verzichten. Einen Vorteil nimmt man eventuell in Anspruch, obwohl man weiß, dass jemand dabei nicht gut wegkommt. (Man vergleiche es mit unserer Massentierhaltung.) Sondern darum, wann eine Erkenntnis möglich war.
Ich greife mal den Einwurf von MattF auf. Das 2. Buch Mose (Exodus) handelt davon, wie die Israeliten für die Ägypter als Sklaven schuften mussten, sich dagegen auflehnten und sich mit dem größten Aufwand der Literaturgeschichte (inklusive der noch heute berühmten sieben Plagen, inklusive Mord aller Erstgeborenen) daraus befreiten. Es kann also nicht zutreffen, dass selbst die Sklaven nicht in der Lage waren, ihre missliche Lage zu begreifen.
Der Auszug der Israeliten aus Ägypten ist bis heute eines der wichtigsten jüdischen Feste. Jesus war Jude. Er starb angeblich, weil er wegen dieses Fests nach Jerusalem pilgerte und dort gekreuzigt wurde. Es ist also nicht plausibel, dass Jesus und seine Anhänger nicht in irgendeiner Form erkennen konnten, dass Sklaverei nicht die beste aller Ideen war.
Eher leuchtet mir Arnes Hinweis ein, dass Jesus davon ausging, dass der ganze Laden sowieso in kürzester Zeit auseinanderfliegt, sodass man sich eher auf die Reinheit der Seele und nicht auf die Änderung der Gesellschaft konzentrierte.
Von den Antiken weiß ich nix, aber mir ist aus meiner Beschäftigung mit Kant im Gedächtnis, dass Seneca auf Basis von sowas wie „was du nicht willst, was man dir tu‘, dass füg‘ auch keinem anderen zu“ gefordert hat, dass man vernünftig mit seinen Sklaven umgehen soll. Er war hinsichtlich der Sklavenhaltung wohl kritisch. Er dürfte damit nach meinem Verständnis im römischen Reich aber recht alleine gewesen sein. :Blumen:
Danke auf den Hinweis zu Seneca. Ich verbrachte ja viele Stunden mit Lateinlektüre u. darunter war auch ein Seneca. ;)
Wen es interessiert: hier steht Näheres zu Seneca in Textauszügen (https://www.grin.com/document/170044)
Die Forderung auf einen menschlichen Umgang mit Sklaven bedeutete halt noch nicht, dass damit das Sklaventum generell abgelehnt wurde. Ich vermute mal, ohne das jetzt zur recherchieren, wer sich öffentlich gegen die Sklavenhaltung ausgesprochen hätte, wäre sowohl in den griechischen Stadtstaaten wie in Rom zum Tode verurteilt worden.
... einen Philosophen, Politiker etc. der griechischen Antike, der formuliert hat, eine Stadt oder ein Reich sollte keine Sklaven besitzen und die Sklavenhaltung besser verbieten.
Ich weiß ja jetzt nicht wie sich die Sache unter den Philosophen entwickelt hat und natürlich möchte ich um der Stimmung hier im Thread Willen nichts positives über Christen berichten. Aber bei Leuten der Kirche hat sich die Einstellung zur Sklaverei doch verändert.
Aus 2016 und aus gegebenen Anlaß auch gut in den Corona-Thread passend:
Der ARD-Film „Wir Sklavenhalter“ stellt Beispiele moderner Sklaverei in Deutschland vor. Zur Lage der Werkvertragsarbeiter in der Fleischindustrie äußert sich am Montag (5. Dezember) ab 23.30 Uhr im Ersten unter anderem Prälat Peter Kossen aus Vechta.
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/ard-film-wir-sklavenhalter-kossen-ueber-leiharbeit
Das ist nicht mein Punkt. Ich bin nicht sicher, ob es lohnt, über diesen Punkt weiter zu feilschen.
Mir geht es nicht darum, wann ein Politiker dazu aufrief, auf einen Vorteil zu verzichten. Einen Vorteil nimmt man eventuell in Anspruch, obwohl man weiß, dass jemand dabei nicht gut wegkommt. (Man vergleiche es mit unserer Massentierhaltung.) Sondern darum, wann eine Erkenntnis möglich war.
Du interpretierst einfach Deine Moral von heute in die Geschichte hinein und postulierst für eine Erkenntnis vor 3000 Jahren bzw. misst die biblische Person Jesus an einer (heutigen) Erkenntnis, die aber von keinem damaligen Autor publiziert bzw. keiner Quelle in der griechischen Antike belegt ist, in der das Sklaventum generell abgelehnt worden wäre, während ich dafür plädiere, zu verstehen, was die damaligen Autoren über das Sklaventum schrieben.
Ich greife mal den Einwurf von MattF auf. Das 2. Buch Mose (Exodus) handelt davon, wie die Israeliten für die Ägypter als Sklaven schuften mussten, sich dagegen auflehnten und sich mit dem größten Aufwand der Literaturgeschichte (inklusive der noch heute berühmten sieben Plagen, inklusive Mord aller Erstgeborenen) daraus befreiten. Es kann also nicht zutreffen, dass selbst die Sklaven nicht in der Lage waren, ihre missliche Lage zu begreifen.
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Du kennst Dich mit der Bibel besser aus wie ich und weisst, dass der Exodus, wie er in der Bibel steht, ein erfundener Mythos ist. Das AT selbst wie Du ja auch immer betonst, enthält bestätigende Stellen über die Haltung und den Umgang mit Sklaven. Sklaven, die sich befreiten (Exodus), schützte dieses Volk nicht davor, selbst wiederum Sklaven anderer Völker oder Schuldsklaven zu halten und das in einem eigenen Sklavengesetz zu regeln.
Lexikon: Jüdisches Recht: Sklaven (http://www.juedisches-recht.de/lex_erg_sklaverei.php)
Ich weiß ja jetzt nicht wie sich die Sache unter den Philosophen entwickelt hat und natürlich möchte ich um der Stimmung hier im Thread Willen nichts positives über Christen berichten. Aber bei Leuten der Kirche hat sich die Einstellung zur Sklaverei doch verändert.
Aus 2016 und aus gegebenen Anlaß auch gut in den Corona-Thread passend:
Der ARD-Film „Wir Sklavenhalter“ stellt Beispiele moderner Sklaverei in Deutschland vor. Zur Lage der Werkvertragsarbeiter in der Fleischindustrie äußert sich am Montag (5. Dezember) ab 23.30 Uhr im Ersten unter anderem Prälat Peter Kossen aus Vechta.
https://www.kirche-und-leben.de/artikel/ard-film-wir-sklavenhalter-kossen-ueber-leiharbeit
Danke für den Tipp. Die interessanten Sendungen kommen wieder mal sehr spät. ;)
Natürlich änderte sich die Einstellung der Christen zur Sklaverei von der Zeit, wo es in Rom Staatsreligion wurde über das Mittelalter und die Neuzeit bis heute. Motor dieser Veränderungen war aber leider selten die christlichen Institutionen selbst.
Die heutigen sozialen Gegensätze widerspiegeln sich halt auch bei den Vertretern des Christentums, wo sich sowohl Kolonisatoren wie Befreiungstheologen, Fabrikbesitzer wie Arbeiterpriester auf Christus berufen.
und natürlich möchte ich um der Stimmung hier im Thread Willen nichts positives über Christen berichten
Hallo Nobodyknows, ich fände es besser, wenn Du diese Sticheleien unterlassen könntest.
Du interpretierst einfach Deine Moral von heute in die Geschichte hinein und postulierst für eine Erkenntnis vor 3000 Jahren bzw. misst die biblische Person Jesus an einer (heutigen) Erkenntnis, die aber von keinem damaligen Autor publiziert bzw. keiner Quelle in der griechischen Antike belegt ist, in der das Sklaventum generell abgelehnt worden wäre, während ich dafür plädiere, zu verstehen, was die damaligen Autoren über das Sklaventum schrieben.
Ist das nicht übertrieben? Kannst Du wirklich belegen, dass niemand (!) in der Antike jemals auf die Idee kam, Sklaverei könnte ev. nicht die beste aller Ideen sein? Auch die Sklaven nicht? Aus diesem Grund gehe ich auf Deine Forderung nicht ein, einen bestimmten Menschen zu nennen, der es gefordert hätte. Ein solches Zitat würde nichts belegen, weder in die eine noch in die andere Richtung.
Gehen wir weg von der Sklaverei, wenn dieses Beispiel nicht zu einem Konsens führt. Ich bin der Meinung, dass es vor 2.000 Jahren Erkenntnisse gab, die auch heute noch gelten, und die wahrscheinlich auch noch in 2.000 Jahren gelten werden. Ich habe einige genannt; Sklaverei war nur eine davon.
Eine Frage ist, was Jesus wollte. Arne hat sich dazu geäußert. Mein Punkt ist, was er hätte wollen "sollen", wenn sein Anliegen war, eine Ethik für die Zukunft zu formulieren.
Wir Deutschen tun das. Wir sagen nicht: "Wer weiß? Vielleicht ist Rassismus eine gute Sache in der Zukunft? Kann man nicht wissen!" Sondern wir formulieren eine klare Botschaft an die nächsten Generationen, was man aus unserer Geschichte lernen kann. Deswegen werden nochmal alte Leute vor die Kamera geholt, die aus der Nazi-Zeit berichten können, damit es nicht verloren geht. Wir wollen definitiv eine Botschaft für die Zukunft formulieren.
Dasselbe kann man von einem Jesus erwarten, vorausgesetzt, er wollte überhaupt eine Ethik für die Zukunft entwickeln.
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Eine Frage ist, was Jesus wollte. Arne hat sich dazu geäußert. Mein Punkt ist, was er hätte wollen "sollen", wenn sein Anliegen war, eine Ethik für die Zukunft zu formulieren.
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Dasselbe kann man von einem Jesus erwarten, vorausgesetzt, er wollte überhaupt eine Ethik für die Zukunft entwickeln.
Arne verglich die historische Jesus Figur und sein Wirken mit den Erzählungen im NT und der christlichen Lehre und benannte wesentliche Unterschiede.
Hingegen den Anspruch an einen Prediger vor 2000 Jahren zu stellen, er hätte schon quasi Ideen der Aufklärung wie diejenigen von der Gleichheit und Freiheit aller Menschen sowie der Menschenwürde vorwegnehmen müssen, finde ich halt dem historischen Kontext unangemessen. Aber zu dem Thema hatten wir schon desöfteren eine unterschiedliche Meinung festgehalten und müssen das auch nicht weiter vertiefen.
Ich sage nicht, dass jemand vor zweitausend Jahren die Menschenrechtserklärung von 1948 wörtlich hätte niederschreiben sollen. Natürlich kann man zu viel verlangen (von einem Menschen).
Aber kann man nicht auch zu wenig verlangen?
Prediger (auch heute) sind ja in gewisser Weise Utopisten, in dem Sinne, dass sie darüber nachdenken, wie die Welt sein müsste. Sie beschränken sich nicht darauf, einfach den Status Quo auszusprechen. Den Status Quo braucht man nicht zu predigen.
Soll man Jesus daran messen, wie gut er die vorhandenen Umstände beschrieb? Das scheint mir unsinnig zu sein. Sinnvoller scheint es mir, seine Utopien zu untersuchen.
Was ist hiermit:
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet (nach Nahrung oder Gerechtigkeit, je nach Version); denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Immerhin bedeuten diese Verse, dass Leid, Hunger, Ungerechtigkeit, Unbarmherzigkeit und Unfrieden als Dinge erkannt wurden, die man überwinden sollte. Jesus war also nicht völlig in den damaligen Umständen gefangen, sondern hat durchaus Dinge erkannt, die geändert werden müssen.
Diese Dinge sind nicht zufällig gewählt, sondern gehören zum menschlichen Wohlbefinden. Vor zweitausend Jahren ebenso wie heute.
Ich sage nicht, dass jemand vor zweitausend Jahren die Menschenrechtserklärung von 1948 wörtlich hätte niederschreiben sollen. Natürlich kann man zu viel verlangen (von einem Menschen).
Aber kann man nicht auch zu wenig verlangen?
Prediger (auch heute) sind ja in gewisser Weise Utopisten, in dem Sinne, dass sie darüber nachdenken, wie die Welt sein müsste. Sie beschränken sich nicht darauf, einfach den Status Quo auszusprechen. Den Status Quo braucht man nicht zu predigen.
Soll man Jesus daran messen, wie gut er die vorhandenen Umstände beschrieb? Das scheint mir unsinnig zu sein. Sinnvoller scheint es mir, seine Utopien zu untersuchen.
Was ist hiermit:
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet (nach Nahrung oder Gerechtigkeit, je nach Version); denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Immerhin bedeuten diese Verse, dass Leid, Hunger, Ungerechtigkeit, Unbarmherzigkeit und Unfrieden als Dinge erkannt wurden, die man überwinden sollte. Jesus war also nicht völlig in den damaligen Umständen gefangen, sondern hat durchaus Dinge erkannt, die geändert werden müssen.
Diese Dinge sind nicht zufällig gewählt, sondern gehören zum menschlichen Wohlbefinden. Vor zweitausend Jahren ebenso wie heute.
Jetzt mal eine Interpretationsfrage: Beziehen sich alle diese von Dir genannten Versprechungen in der Bibel nicht auf das himmlische Reich, also das Leben nach dem Tode bzw. das Ende der irdischen Welt, nach meinem Verständnis? D.h. das aktuelle irdische System wird damit nicht infrage gestellt. Indem man den Geknechteten himmlischen Lohn verspricht und die Utopie ins Jenseits verlegt, anerkennt und stabilisiert ein solches Weltbild damit das irdische System der Grausamkeiten.
Natürlich erkennen wir die Ungerechtigkeiten der Welt und verlangen, dass der weltweite Hunger wie der frühe Hungertod von Kindern, Slums und Obdachlosigkeit etc. abgeschafft werden sollen. Niemand kann aber sagen, ob das innerhalb der neoliberalen kap. Systeme passieren kann oder ob erst weltweite Änderungen der Systeme der Großmächte notwendig sind und wie diese dann aussehen müssten. Ähnlich verhält es sich mit dem Frieden. Manche sind überzeugt, dass Krieg ein immanenter Bestandteil des Kapitalismus bzw. des Profitstrebens weniger Mächtiger wie der Rüstungsindustrie u.a. sei, manche sogar glauben, er wäre ein biologischer Instinkt / Trieb des Menschen, manche denken, es bräuchte eine Systemänderung für einen globalen Frieden. Insofern kennt doch keiner die Zukunft wirklich, welche tatsächlich weltweiten Frieden schafft, und diese Utopien nach Frieden entwickeln sich aufgrund der vorhandenen, wahrgenommenen Grausamkeiten, die man zwar allgemein beklagt, aber weiter akzeptiert und teilweise als scheinbar naturgegeben wie das schlechte Wetter hinnimmt, indem die Mehrheiten der Bevölkerung die Armeen und Aufrüstung unterstützen, gefangen im eigenen Systemdenken und -verhalten. Gerade das Beispiel Krieg / Frieden zeigt ja, wie manche Theorien den Krieg als etwas Natürliches, biologisch Gegebenes beschreiben und auf Urinstinkte des Menschen zurückführen, somit eine friedliche Welt ohne Kriege ausschliessen.
Selbst Marx und Engels verzichteten bewusst darauf, konkret zu beschreiben, wie z.B. ein alternatives System wie Sozialismus oder Kommunismus funktionieren soll, so detailliert wie sie umgekehrt die Gegenwart, den Kapitalismus beschrieben und die Rolle der ausgebeuteten Arbeiterklasse wie die des Kapitals, und die Textpassagen zur Utopie beschränken sich auf wenige Absätze. Letztlich wächst die Zukunft in der Gegenwart, und nur dort, in der Analyse der realen Gegenwart, kann man sie vielleicht erkennen und beschreiben, indem man die transformatorischen Elemente, Ideen, sozialen Klassen, Konflikte etc. analysiert. Die Zukunft kann aber auch einfach zunächst für längere historische Zeiten den Zerfall der jetzigen System bringen, was angesichts der Hilflosigkeit, die Erderwärmung auf ein erträgliches Mass zu begrenzen, sowie der weltweiten Bewaffnung mit einem Overkill-Potential, an Wahrscheinlichkeit leider zunimmt.
...
Was ist hiermit:
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet (nach Nahrung oder Gerechtigkeit, je nach Version); denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Immerhin bedeuten diese Verse, dass ...Ungerechtigkeit, Unbarmherzigkeit und Unfrieden als Dinge erkannt wurden, die man überwinden sollte...
Diese Dinge sind nicht zufällig gewählt, sondern gehören zum menschlichen Wohlbefinden. Vor zweitausend Jahren ebenso wie heute.
Dieses Ding, dieser Teil der Predigt wurde in obiger Aufzählung vermutlich auch nicht zufällig weggelassen:
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen.
Aber was soll es? Kann man doch davon ausgehen, dass bekennende Christen ihren Frieden mit diesem Thread geschlossen haben. Denn: Selig sind die Barmherzigen und die, die Frieden stiften.
Klugschnacker
19.06.2020, 10:44
Hingegen den Anspruch an einen Prediger vor 2000 Jahren zu stellen, er hätte schon quasi Ideen der Aufklärung wie diejenigen von der Gleichheit und Freiheit aller Menschen sowie der Menschenwürde vorwegnehmen müssen, finde ich halt dem historischen Kontext unangemessen.
Das sehe ich ähnlich. Ein Vergleich zwischen dem Judentum, dem Jesus angehörte und das er predigte, und dem heutigen Humanismus ist für mein Verständnis nur schwer möglich. Das bedeutet allerdings auch, dass man seine Ansichten nicht auf die heutige Zeit übertragen kann. Die häufig gestellte Frage "was würde Jesus heute tun?" ist nicht zu beantworten. Wir wissen es nicht. Ebensowenig wie wir wissen können "was Mozart heute komponieren würde".
Seine Ethik wäre für uns heutige Menschen undurchführbar. Denn wir rechnen nicht mit dem baldigen Weltgericht, sondern fühlen uns aufgefordert, mehr als je Verantwortung zu übernehmen für die kommenden Generationen. Wir sind verantwortlich für die Lebensbedingungen der nächsten Jahrhunderte (!), wenn man sich den aktuellen Klimawandel und die zunehmende Umweltverschmutzung vergegenwärtigt. Von einer Endzeitethik, wie Jesus sie empfahl, sind wir weit entfernt. Unser zeitlicher Horizont reicht viel weiter in die Zukunft als der des Jesus aus Nazareth. Seine Botschaft, man solle keine Vorsorge für die Zukunft betreiben, kann ein verantwortlich denkender Mensch heute nicht umsetzen.
Auch andere, wesentliche Aspekte seiner Ethik erscheinen mir als undurchführbar. Nicht nur für uns Heutige, sondern auch für die Menschen seiner Zeit. Wie sollen wir unsere ungezogenen Söhne steinigen oder den Bruder verdammen, und gleichzeitig unsere Feinde lieben? Das ist ein ethischer Kopfstand, der einem psychisch gesunden Menschen auch damals nicht möglich war.
Oder wie passt das eigentlich sympathische Gottesbild eines liebenden Gottes, das Jesus wohl vertrat, zu seiner Botschaft des Endgerichts, bei dem es nur zwei mögliche göttlich Urteile gibt, nämlich ewige Höllenqual oder ewige Glückseligkeit? Wie kann ein derart strafender Gott ein liebender Gott sein? Das passt nicht zusammen. Barmherzigkeit und Schwarz-Weiß-Denken schließen einander aus.
(Ich beziehe mich bei diesem Gedanken nur auf seine Ethik, also der Frage, wie wir leben sollen. Ich lasse die Frage weg, ob er göttliche Einblicke hatte. )
...Manche sind überzeugt, dass Krieg ein immanenter Bestandteil ... manche sogar glauben, er wäre ein biologischer Instinkt / Trieb des Menschen, ...
Die Entwicklung des Homo sapiens entstand ja, höchstwahrscheinlich, aus Schimpansen- und Bonobo-Vorfahren (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bonobo)parallel.
Damit sind beide Verhaltensweisen in den Genen verankert und in den Jetztmenschen vorzufinden.
Ich stehe da ganz dicht bei Dawkins und seinem "egoistischem Gen" (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Das_egoistische_Gen)
Naturlich nur meine M...:Blumen:
Die Entwicklung des Homo sapiens entstand ja, höchstwahrscheinlich, aus Schimpansen- und Bonobo-Vorfahren (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bonobo)parallel.
Damit sind beide Verhaltensweisen in den Genen verankert und in den Jetztmenschen vorzufinden.
Ich stehe da ganz dicht bei Dawkins und seinem "egoistischem Gen" (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Das_egoistische_Gen)
Naturlich nur meine M...:Blumen:
Da musst Du jetzt schon genauer werden, welche kriegsführenden Verhaltensweisen konkret in den Genen bei Männern und / oder Frauen verankert sein sollen bzw. wie z.B. das Auslösen einer Atombombe bei Piloten oder dem USA-Präsidenten durch ein Gen verursacht sein soll. Bei mir als Pazifist scheint dann ein solches Kriegsgen zu fehlen. ;)
Erst recht beim Agieren staatlicher Kriegsheere und der Herstellung der Waffen bestimmen hauptsächlich gesellschaftliche Faktoren die Normen bzw. Interessen und kein Gen, wie man aus der Forschung weiss.
Helmut S
19.06.2020, 13:00
Mit einem Augenzwinkern und einem Grinsen zum WE möchte ich an der Stelle den Friedrich Nietzsche aus dem "Also sprach Zaratustra" zitieren: "Einst wart ihr Affen und auch jetzt ist der Mensch noch mehr Affe als irgendein Affe." :Cheese: :Blumen:
Da musst Du jetzt schon genauer werden,... und kein Gen, wie man aus der Forschung weiss.
daher empfahl ich Interessierten mit den selben Fragen den Herrn Dawkins "the selfish gene", im Original ist weniger "lost in translation" .
Deine Vorfahren waren dann eher Bonobos, PotUS Trump eher Schimpansen.
Die führen nämlich auch schon Kriege und zerstören andere konkurrierende Genpools durch Töten und Auffressen...
Weiß man (wer?) das wirklich? Ich denke, dass ist wieder eher Glauben!
Schönes WE
TOm
Deine Vorfahren waren dann eher Bonobos, PotUS Trump eher Schimpansen.
Die führen nämlich auch schon Kriege und zerstören andere konkurrierende Genpools durch Töten und Auffressen...
......
Das empfinde ich eher als Metapher oder aus dem Psycho-Spiel entlehnt: Welches Tier passt zu mir. :)
Wäre das so wie von Dir formuliert, müsste man einfach als Regierungschefs aller Länder allein Nachfahren der Bonobos Linie zulassen, die per Genanalyse bestimmbar sein sollen (so die Hypothese), und wir hätten keine Kriege mehr auf der Welt.
Jetzt mal eine Interpretationsfrage: Beziehen sich alle diese von Dir genannten Versprechungen in der Bibel nicht auf das himmlische Reich
Jesus ging davon aus, dass sich das "Reich Gottes" auf der Erde abspielen würde. Die Verlegung in den Himmel geschah erst später durch die zweite und dritte christliche Generation, die sich damit abfinden musste, dass Jesus nicht wieder erschien, wie er es eigentlich versprochen hatte.
Das Judentum erwartete laut der Tora einen mächtigen Kriegsherrn, einen Nachfolger von König David, der die Besatzer rauswerfen und Israel wieder zu Macht und Reichtum verhelfen würde. (Deswegen bestritten sie, dass ein von den Römern gekreuzigter Habenichts dieser vorhergesagte Messias sein könnte.) Auch hier ging es um das Diesseits. Das Jenseits war noch gar nicht erfunden, d.h. nicht im christlichen Sinne.
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Den Rest Deines Postings finde ich übermäßig kompliziert: Marx, Engels, Kapitalismus, Profitstreben, Systeme, Großmächte, Rüstungsindustrie, Gene, globaler Frieden, und so weiter.
Mir geht es einfach darum, ob Jesus in der Lage war, ein paar simple Lebensweisheiten zu erkennen, und ob man das von ihm erwarten soll oder nicht. Wenn man dies verneint, dann weiß ich nicht, warum man sich überhaupt mit irgendwelchen Schriften befassen sollte, die älter sind als 50 Jahre.
Jesus war Jude und Teil einer für Jahrhunderte von fremden Ländern besetzten Region. Seine Vorfahren waren (jedenfalls laut der Tora) Sklaven. Kann man von ihm erwarten, dass er dazu eine Meinung hatte?
Meine These ist, dass es Erkenntnisse gibt, hinter die man nicht mehr zurückfallen kann, sobald sie einmal erlangt wurden. Jesus und seine Autoren fallen hinter diese Erkenntnisse zurück. Das darf und sollte man kritisieren.
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Arne sagt, es sei unsinnig zu fragen, was Mozart in heutigen Zeiten komponiert hätte. Das stimmt natürlich. Das bedeutet aber nicht, dass wir überhaupt nicht schätzen können, aus welchem Wissen (über Musik und Komposition) er schöpfen könnte. Man darf annehmen, dass er auf den Schultern jener Komponisten stünde, die vor ihm lebten. Man darf annehmen, dass er als unser Zeitgenosse auch Kenntnis hätte von den Beatles. Wie gesagt: Man kann nicht hinter die bereits gewonnen Erkenntnisse zurückfallen.
Jesus ist weit hinter jene Erkenntnisse zurückgefallen, die er aufgrund seiner eigenen Geschichte (und die seines Volkes) hätte haben müssen. Das ist erklärungsbedürftig. Warum sind seine Weisheiten so dünn und so weltfremd? Arne sagt, er bezog sich nicht auf diese Welt, sondern auf eine zukünftige Welt. Aber enthielt die zukünftige Welt etwa Sklaverei? Oder überwand sie die Sklaverei? Das war ihm keine Silbe wert. Wenn man bedenkt, wie viele Menschen damals unfrei lebten (darunter alle, die ihm zuhörten), ist das schon bemerkenswert.
Meine Erklärung dafür ist, dass Jesus nicht existierte und er seine Reden nie gehalten hat. Sie wurden erfunden von religiösen Fanatikern, die nur ihren religiösen Fanatismus im Blick hatten und für die die reale Lebenssituation der Menschen keine Rolle spielten. Deswegen soll man sich laut Jesus zwar die Augen ausreißen und die Hände abhauen, wenn dadurch den religiösen Vorschriften genügt wird; aber von der realen Lebenssituation der Menschen ist nichts zu hören.
einige populäre Übersichtsartikel zur Sklaverei in der europäischen Antike mühen sich wenigstens eine einzige Stimme zu finden, die Sklaverei nicht für einfach gegeben hält - ich finde nur einen Verweis auf eine Sophisten, Alkidamas
https://de.wikipedia.org/wiki/Sklaverei_im_antiken_Griechenland#Zeitgen%C3%B6ssi sche_Auffassungen
https://en.wikipedia.org/wiki/Slavery_in_antiquity
Aristoteles hält (man mag das bedrückend und enttäuschend oder überraschend finden, es ist einfach historisch so) Sklaverei einfach für naturgegeben.
m.
Jesus ging davon aus, dass sich das "Reich Gottes" auf der Erde abspielen würde. Die Verlegung in den Himmel geschah erst später durch die zweite und dritte christliche Generation, die sich damit abfinden musste, dass Jesus nicht wieder erschien, wie er es eigentlich versprochen hatte.
Das Judentum erwartete laut der Tora einen mächtigen Kriegsherrn, einen Nachfolger von König David, der die Besatzer rauswerfen und Israel wieder zu Macht und Reichtum verhelfen würde. (Deswegen bestritten sie, dass ein von den Römern gekreuzigter Habenichts dieser vorhergesagte Messias sein könnte.) Auch hier ging es um das Diesseits. Das Jenseits war noch gar nicht erfunden, d.h. nicht im christlichen Sinne.
Okay, das ändert allerdings jetzt nicht viel an meinem Einwand, weil auch das Reich Gottes, was Jesus gepredigt haben soll, die bisherigen irdischen Herrscher und Herrschaften ablöst, und der Herrscher des neuen Reiches, nämlich Gott, kein irdisches Wesen ist.
So eindeutig mit der Wiedergeburt scheint es übrigens im Judentum nicht zu sein. Da ich dafür kein Spezialist bin, veweise ich dazu nur auf den kurzen Text bei Wikipedia.
https://de.wikipedia.org/wiki/Leben_nach_dem_Tod#Judentum
Für mich ist die Diskussion insofern schwierig, weil Du mal erzählst, wovon die reale Person Jesus ausging, dann dass es ihn nicht gab, dann dass die Bibel eben in der zweiten / dritten Generation entstand und etwas anderes aufschrieb als Jesus wirklich sagte. Worauf soll ich mich da beziehen? :) Für mich existieren als eindeutige Quellen halt alle biblischen Texte, um über die fiktive Person Jesus zu reden und aus dieser Quelle hattest Du zitiert. Insofern wählte ich logischerweise bei der Interpretation Deiner ausgewählten Bibelstellen auch wieder das NT.
Für mich ist die Diskussion insofern schwierig, weil Du mal erzählst, wovon die reale Person Jesus ausging, dann dass es ihn nicht gab, dann dass die Bibel eben in der zweiten / dritten Generation entstand und etwas anderes aufschrieb als Jesus wirklich sagte. Worauf soll ich mich da beziehen? :)
Die Antwort steht im Grunde in Deinem Posting:
Für mich existieren als eindeutige Quellen halt alle biblischen Texte
Nur sind halt die biblischen Texte nicht eindeutig. Sondern sie entstanden nach und nach. Und deswegen reflektieren sie einen sich ändernden Glauben. Das liegt nicht an mir, sondern ist Teil der Texte. Aus der Naherwartung wurde eine Fernerwartung, und aus der irdischen Gottesherrschaft wurde ein "Himmelreich" im Jenseits. Es entstanden Widersprüchlichkeiten, die dazu führen, dass wir über die tatsächlichen Worte von Jesus keine definitiven Aussagen machen können. Und so weiter.
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Mir geht es im Grunde nur darum, wie leicht man Jesus vom Haken lassen kann. Kann man einfach sagen, er wäre halt ein Kind seiner Zeit gewesen?
Die Juden verbrachten sehr viel Zeit mit der Frage, woher die Dinge stammen und welche Gesetze von Gott vorgeschrieben wurden. Sie erklären mit ihren Schriften nicht nur die Entstehung aller Dinge, sondern auch deren Ordnung. Welche Geschöpfe sind wem untertan? (1. Mose) Wem gehört das Land? (2. Mose) Welche Opfergaben müssen erbracht werden? (3. Mose)
Es wird den Juden also nicht entgangen sein, dass im Schöpfungsbericht (also der ersten Ordnung) nichts steht von Sklaverei. Im Paradies gab es keine Sklaven. Ebenso steht nach der Vertreibung aus dem Paradies (der zweiten Ordnung, die bis heute andauert) nichts von Sklaven. Wenn man das kommende "Himmelreich" oder das zukünftige "Paradies" an der Seite Gottes als "dritte Ordnung" betrachtet: Auch hier wurde nichts gesagt über Sklaven.
Das alles soll den Juden entgangen sein? Ihr Leben war bis ins kleinste Detail bestimmt von religiösen Regeln, bis hinunter auf die Fasern, aus denen ihre Kleidung gewebt werden durften. Aber sie sollen sich nicht gefragt haben, ob es Gottes Wille war, dass es Sklaven gibt? Und in welchen Schriftrollen es geschrieben steht?
Noch deutlicher wird dieser Konflikt für Christen und damit auch für Jesus: Ist Jesus auch für Sklaven gestorben? Falls ja: Was bedeutet das, wenn sie trotzdem weiterhin Sklaven wären? Und falls sie es im Paradies nicht mehr wären: Böte dies nicht einen Hinweis darauf, dass sie nur zu Unrecht Sklaven sind? Denn wenn sie zu Recht Sklaven wären, warum bedürfen sie dann der Erlösung?
Dies sind nicht nur humanistische Fragen der Neuzeit. Sondern es sind theologische Fragen der damaligen Zeit, und Jesus war definitiv "Theologe". Die Neuzeit stellt diese Fragen aus einem anderen Blickwinkel. Diesen Blickwinkel fordere ich nicht für Jesus. Ich akzeptiere den damaligen, theologischen Blickwinkel als kleinsten Nenner, als eine minimale Stufe der Reflexion über die Welt. Diese war Jesus definitiv zugänglich.
Es heißt, Jesus habe sich hingegeben für die Mühseligen und Beladenen, aber tatsächlich hat er sich nicht weiter geschert um die wirklich Mühseligen und Beladenen. Das soll man ihm nicht vorwerfen können?
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Mir geht es im Grunde nur darum, wie leicht man Jesus vom Haken lassen kann. Kann man einfach sagen, er wäre halt ein Kind seiner Zeit gewesen?
Die Juden verbrachten sehr viel Zeit mit der Frage, woher die Dinge stammen und welche Gesetze von Gott vorgeschrieben wurden. Sie erklären mit ihren Schriften nicht nur die Entstehung aller Dinge, sondern auch deren Ordnung. Welche Geschöpfe sind wem untertan? (1. Mose) Wem gehört das Land? (2. Mose) Welche Opfergaben müssen erbracht werden? (3. Mose)
Es wird den Juden also nicht entgangen sein, dass im Schöpfungsbericht (also der ersten Ordnung) nichts steht von Sklaverei. Im Paradies gab es keine Sklaven. Ebenso steht nach der Vertreibung aus dem Paradies (der zweiten Ordnung, die bis heute andauert) nichts von Sklaven. Wenn man das kommende "Himmelreich" oder das zukünftige "Paradies" an der Seite Gottes als "dritte Ordnung" betrachtet: Auch hier wurde nichts gesagt über Sklaven.
Das alles soll den Juden entgangen sein? Ihr Leben war bis ins kleinste Detail bestimmt von religiösen Regeln, bis hinunter auf die Fasern, aus denen ihre Kleidung gewebt werden durften. Aber sie sollen sich nicht gefragt haben, ob es Gottes Wille war, dass es Sklaven gibt? Und in welchen Schriftrollen es geschrieben steht?
Noch deutlicher wird dieser Konflikt für Christen und damit auch für Jesus: Ist Jesus auch für Sklaven gestorben? Falls ja: Was bedeutet das, wenn sie trotzdem weiterhin Sklaven wären? Und falls sie es im Paradies nicht mehr wären: Böte dies nicht einen Hinweis darauf, dass sie nur zu Unrecht Sklaven sind? Denn wenn sie zu Recht Sklaven wären, warum bedürfen sie dann der Erlösung?
Dies sind nicht nur humanistische Fragen der Neuzeit. Sondern es sind theologische Fragen der damaligen Zeit, und Jesus war definitiv "Theologe". Die Neuzeit stellt diese Fragen aus einem anderen Blickwinkel. Diesen Blickwinkel fordere ich nicht für Jesus. Ich akzeptiere den damaligen, theologischen Blickwinkel als kleinsten Nenner, als eine minimale Stufe der Reflexion über die Welt. Diese war Jesus definitiv zugänglich.
Es heißt, Jesus habe sich hingegeben für die Mühseligen und Beladenen, aber tatsächlich hat er sich nicht weiter geschert um die wirklich Mühseligen und Beladenen. Das soll man ihm nicht vorwerfen können?
Ich verstehe nicht, weshalb Du wieder auf das Sklaventhema zurück kommst, nachdem Du geschrieben hattest: "Gehen wir weg von der Sklaverei, wenn dieses Beispiel nicht zu einem Konsens führt."
Aber um mich jetzt nicht wörtlich zu wiederholen, habe ich ins AT geschaut, und die Bestätigung für meine Ansicht gefunden, dass der Exodus (Mythos), die Flucht des israelischen versklavten Volkes aus Ägypten, nicht dazu führte, dass dieses später als Freie keine Sklaven hatte, weil die Sklavenhaltung Angehöriger fremder Völker einfach als normal, üblich, naturgegeben galt, genauso normal und naturgegeben wie die inferiore Stellung der Frauen z.B.
Ich zitiere:
"Ich bin der HERR, euer Gott, der euch aus Ägypten herausgeführt hat, um euch Kanaan zu geben und euer Gott zu sein. 39 Wenn ein Bruder bei dir verarmt und sich dir verkauft, darfst du ihm keine Sklavenarbeit auferlegen; 40 er soll dir wie ein Lohnarbeiter oder ein Beisasse gelten und bei dir bis zum Jubeljahr arbeiten. 41 Dann soll er von dir frei weggehen, er und seine Kinder, und soll zu seiner Sippe, zum Besitz seiner Väter zurückkehren. 42 Denn sie sind meine Knechte; ich habe sie aus Ägypten herausgeführt; sie sollen nicht verkauft werden, wie ein Sklave verkauft wird. 43 Du sollst nicht mit Gewalt über ihn herrschen. Fürchte deinen Gott! 44 Die Sklaven und Sklavinnen, die euch gehören sollen, kauft von den Völkern, die rings um euch wohnen; von ihnen könnt ihr Sklaven und Sklavinnen erwerben. 45 Auch von den Kindern der Beisassen, die bei euch leben, aus ihren Sippen, die mit euch leben, von den Kindern, die sie in eurem Land gezeugt haben, könnt ihr Sklaven erwerben. Sie sollen euer Besitz sein 46 und ihr dürft sie euren Kindern nach euch vererben, damit diese sie als Besitz für immer haben; ihr sollt sie als Sklaven haben. Aber was eure Brüder, die Israeliten, angeht, so soll keiner über den andern mit Gewalt herrschen. 47 Wenn ein Fremder oder ein Beisasse bei dir zu Vermögen kommt, aber dein Bruder neben ihm verarmt und sich ihm oder einem Nachkommen aus der Familie eines Fremden verkauft, 48 dann soll es, wenn er sich verkauft hat, für ihn ein Loskaufrecht geben:"
https://www.bibleserver.com/EU/3.Mose25
Das bestätigt genau das, was ich wiederholt in ein paar Sätzen über das antike Sklaventum geschrieben habe.
Und das ist nicht die erste Stelle in der Bibel, die sich mit Sklaverei beschäftigt, sondern es gibt noch die berühmte Stelle in 2. Mose, Kapitel 21.
Es bestreitet niemand, dass es Sklaverei gab und dass es als normal galt. Das war der Status Quo.
Gleichzeitig war bekannt (und beide Bibelstellen belegen es), dass es eine miserable Lage für den Sklaven war (und ganz besonders für weibliche Sklavinnen, vor allem, wenn sie hübsch waren). Denn sonst gäbe es die in Deinem Zitat eingeführten Einschränkungen nicht.
Dies erhärtet den Vorwurf, den man Jesus machen könnte. Er wusste, dass Sklaverei so mies war, dass es man es dem eigenen Bruder und dem eigenen Volksgenossen ersparen wollte. Genau dies steht in Deinem Zitat. Jesus kannte diese Texte (sofern er existiert hat).
Das Neue Testament hat aber den Anspruch, den alten Status Quo zu verändern. Ein paar kurze Beispiele:
Frauen und Ehebruch: Auch die gesellschaftlichen Umstände der Frauen entsprachen irgendeinem Status Quo. Eine Steinigung nach dem Ehebruch war Status Quo. Sogar von Jahwe persönlich angeordnet. Und doch ist bis heute die (frei erfundene) Geschichte berühmt, als Jesus die Ehebrecherin quasi "freisprach" und sogar die Leute belehrte mit "Wer von Euch frei ist von Sünde, der werfe den ersten Stein! Du aber gehe hin und sündige nicht mehr" (aus dem Gedächtnis zitiert). Hier lehnte sich Jesus also auf gegen den Status Quo. Warum nicht für Sklaven? Hätte er nicht wenigsten den weiblichen Sklaven den Sex mit ihrem Besitzer ersparen können?
Beamte im Dienst der Römer: Er rehabilitierte Zöllner; auch deren Verachtung (als Schergen der Römer) war Status Quo. Warum hatte er kein Wort für Sklaven?
Jesus lockerte das heilige Sabbat-Gebot, ebenfalls ein Status Quo. "Der Sabbath ist für den Menschen da, und nicht der Mensch für den Sabbath." Die Empörung der Schriftgelehrten steht gleich im nächsten Vers.
Er sprach sich gegen den Status Quo der Reinheitsgesetze aus — dem zentralen Element des Judentums. "Denn siehe, nicht was in den Menschen hinein geht, macht ihn unrein, sondern das, was aus ihm herauskommt." (Alles aus dem Gedächtnis zitiert.)
Eine der wichtigsten Passagen des Neuen Testaments, die Bergpredigt, hat eine noch heute berühmte Form, die den Status Quo zuerst nennt, und ihn dann verwirft. Mehrmals wiederholt Jesus: "Ihr habt gehört, dass geschrieben steht... ich aber sage Euch..."
Ganz offensichtlich hat Jesus keine Angst, den Status Quo zu ändern. Warum tat er es nicht für Sklaven?
Angeblich sagte Jesus: "Was Ihr dem Geringsten getan habt, siehe, das habt Ihr mir getan" (Aus dem Gedächtnis.) Hier wirft also Jesus seine ganze göttliche Herrlichkeit in die Waagschale, um eine Verbesserung für "die Geringsten" herauszuholen. Sehr nobel! Aber wer zum Kuckuck sollen "die Geringsten" gewesen sein, wenn nicht die Sklaven? Diese waren aber nicht gemeint. Diesen Knick in der Logik seiner Autoren kann man schwerlich übersehen.
Ein interessanter Diskussionsverlauf. Das Helmut S ein bestimmtes Nietzsche-Zitat in den Sinn kam scheint nachvollziehbar.
...Meine Erklärung dafür ist, dass Jesus nicht existierte und er seine Reden nie gehalten hat. Sie wurden erfunden von religiösen Fanatikern, die nur ihren religiösen Fanatismus im Blick hatten...
...Für mich ist die Diskussion insofern schwierig, weil Du mal erzählst, wovon die reale Person Jesus ausging, dann dass es ihn nicht gab, dann dass die Bibel eben in der zweiten / dritten Generation entstand und etwas anderes aufschrieb als Jesus wirklich sagte. Worauf soll ich mich da beziehen? :) Für mich existieren als eindeutige Quellen halt alle biblischen Texte, um über die fiktive Person Jesus zu reden und aus dieser Quelle hattest Du zitiert. Insofern wählte ich logischerweise bei der Interpretation Deiner ausgewählten Bibelstellen auch wieder das NT.
...Dies sind nicht nur humanistische Fragen der Neuzeit. Sondern es sind theologische Fragen der damaligen Zeit, und Jesus war definitiv "Theologe"...
...
Meine Erklärung dafür ist, dass Jesus nicht existierte und er seine Reden nie gehalten hat.
Ich verstehe nicht, weshalb Du wieder auf das Sklaventhema zurück kommst, nachdem Du geschrieben hattest: "Gehen wir weg von der Sklaverei, wenn dieses Beispiel nicht zu einem Konsens führt."
Und das ist nicht die erste Stelle in der Bibel, die sich mit Sklaverei beschäftigt...
Ich bin auf den weiteren Verlauf des Dialog gespannt.
JanPeWe = NobodyKnows
Ist das so?
Und würde das etwas am oben dargestellten Diskussionsverlauf ändern?
Hör' auf mit Deinen ständigen Sticheleien und Provokationen.
Warum beantwortest Du meine zwei obigen Fragen nicht?
Und eine Zusammenfassung eines Dialog mit Hilfe von Zitaten ist für Dich eine Provokation?
Und das ist nicht die erste Stelle in der Bibel, die sich mit Sklaverei beschäftigt, sondern es gibt noch die berühmte Stelle in 2. Mose, Kapitel 21.
Es bestreitet niemand, dass es Sklaverei gab und dass es als normal galt. Das war der Status Quo.
Gleichzeitig war bekannt (und beide Bibelstellen belegen es), dass es eine miserable Lage für den Sklaven war (und ganz besonders für weibliche Sklavinnen, vor allem, wenn sie hübsch waren). Denn sonst gäbe es die in Deinem Zitat eingeführten Einschränkungen nicht.
Für die (Sonder)Behandlung der Sklavinnen habe ich übrigens noch im AT diese kulturell interessante Stelle gefunden:
"Wohnt ein Mann einer Frau bei, die einem andern Mann als Sklavin zur Nebenfrau bestimmt ist und die weder losgekauft noch freigelassen ist, dann sollen die Ansprüche untersucht werden; sterben sollen sie nicht, da sie nicht freigelassen war."
"Freie" Ehefrauen sollten in dem Fall also mit dem Tode bestraft werden, hingegen Sklavinnen, die mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr hatten, nicht.
Dies erhärtet den Vorwurf, den man Jesus machen könnte. Er wusste, dass Sklaverei so mies war, dass es man es dem eigenen Bruder und dem eigenen Volksgenossen ersparen wollte. Genau dies steht in Deinem Zitat. Jesus kannte diese Texte (sofern er existiert hat).
Das Neue Testament hat aber den Anspruch, den alten Status Quo zu verändern. Ein paar kurze Beispiele:
......
Ganz offensichtlich hat Jesus keine Angst, den Status Quo zu ändern. Warum tat er es nicht für Sklaven?
........
Angeblich sagte Jesus: "Was Ihr dem Geringsten getan habt, siehe, das habt Ihr mir getan" (Aus dem Gedächtnis.) Hier wirft also Jesus seine ganze göttliche Herrlichkeit in die Waagschale, um eine Verbesserung für "die Geringsten" herauszuholen. Sehr nobel! Aber wer zum Kuckuck sollen "die Geringsten" gewesen sein, wenn nicht die Sklaven? Diese waren aber nicht gemeint. Diesen Knick in der Logik seiner Autoren kann man schwerlich übersehen.
Die von Dir aufgezählten und als Änderung bezeichneten "Status Quo" Verhaltensnormen (heute würde man von Modernisierung bzw. Reformen sprechen) beinhalten Anliegen, die als softe, weiche Forderungen gelten, weil sie keine systemverändernde Bedeutung haben. Das Strafmass für Ehebruch z.B. zählt man zu den "soften" (weichen) Feldern der Politik. Mit solchen Themen kann man Stimmen sammeln, ohne die harten wirtschaftlichen Gesetzmässigkeiten ins Wanken zu bringen. Die inferiore Stellung der Frauen in der Gesellschaft wurde durch die empfohlene Änderung des Strafmasses für Ehebruch ja nicht abgeschafft.
Die Sklavenhaltung gehörte hingegen zu den überall verbreiteten wirtschaftlichen Basics der Antike, welche den Völkern - wie uns heute die Warenwirtschaft, Geld und Kapital - quasi als "naturgegeben" erschienen. Damit vermochten die Völker eine sog. Hochkultur auszubilden, um z.B. die Schreiber des AT und NT zu ernähren oder viel wichtiger, um Staats- und Verwaltungsapparate zu bilden, um Bauwerke, Paläste und Tempel zu errichten und um das eigene Volk vor Fremden zu beschützen bzw. Fremde zu unterjochen etc..
Neben den Sklaven anderer Völker kannte man auch noch die sog. Schuldsklaven (hier oft verschuldete (insolvente) Angehörige des eigenen Volkes), welchen das AT, wie ich beim "Durchblättern" gesehen habe keinen direkten Sklavenstatus aufdrückt und zu denen es jeweils je nach Region / Volk eigene Regelungen gab.
Wie ich schon zu Beginn der Diskussion anmerkte: Sklaven konnten sich zwar auch aktiv aus ihrer Rolle befreien oder freikaufen, wodurch sie einen anderen Status bekamen, aber damit im Kopf natürlich die auf der Sklavenhaltung basierenden Gesellschaftsordnungen, Hochkulturen nicht loswerden bzw. ablegen, so wie wir uns auch nicht vorstellen können, wie unsere Gesellschaften als hochproduktive funktionieren, wenn es kein Geld, Kapital, keine Warenform der Produkte mehr gäbe, mit breit ausgebildeten, produktiven Menschen nach dem Prinzip: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
Es fehlten zu der Zeit der Bibelentstehung einfach bestimmte gesellschaftliche Bedingungen wie sie dann in der Renaissancezeit mit dem Aufkommen des Bürgertums gegeben waren, um die Ideen der Aufklärung danals schon hervorzubringen.
Wenn ich Dich richtig verstehe, bist Du der Meinung, dass es für die Israeliten, die (dem Mythos nach) erstens der Sklaverei entflohen und anschließend dennoch für Jahrhunderte von anderen Völkern unterjocht wurden, unmöglich in der Lage waren, auch nur den geringsten Zweifel an der Sklaverei zu hegen. Und weiter, dass man es selbst Jesus nicht zum Vorwurf machen konnte.
Da es hier um Einschätzungen und Spekulationen geht, muss ich mich damit zufrieden geben.
Meine theologischen Einwände dazu bleiben vermutlich unbeantwortet.
Deinen Ausführungen zum Strafmaß bei Ehebruch kann ich im Moment nicht folgen.
tandem65
20.06.2020, 11:10
Hi Jörn,
JanPeWe = NobodyKnows
weißt Du oder glaubst Du?
Klugschnacker
20.06.2020, 12:12
Hi Jörn,
weißt Du oder glaubst Du?
Bitte vertieft das hier nicht weiter. Es ist Sache der Moderation.
:Blumen:
tandem65
20.06.2020, 14:15
Hi Arne,
Bitte vertieft das hier nicht weiter. Es ist Sache der Moderation.
:Blumen:
ich halte es für Problematisch wenn ein Administrator wie Jörn so etwas, was Datenschutzrechtlich relevant sein könnte, postet.:Blumen:
Klugschnacker
20.06.2020, 21:07
Hi Arne,
ich halte es für Problematisch wenn ein Administrator wie Jörn so etwas, was Datenschutzrechtlich relevant sein könnte, postet.:Blumen:
Keine Sorge, Jörn bezog sich nur auf Daten, die für jeden hier öffentlich sichtbar sind. Nämlich die Postings der beiden Accounts in den Threads. Andere User haben zuvor bereits ebenfalls ihren Eindruck gepostet, es handle sich um einen Doppelaccount.
Ich antworte Dir hier, weil Du öffentlich eine Sorge äußerst, die nicht zutrifft. Ich möchte diesen Vorgang jedoch hier nicht weiter diskutieren. Es ist Sache des Moderators. Es wurden auch bereits Mails ausgetauscht, um die Angelegenheit möglicherweise noch aufzuklären.
:Blumen:
Pressemitteilung
Staatsanwaltschaft Bremen, 02.07.2020
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen Pastor wegen Volksverhetzung
»Die Staatsanwaltschaft Bremen hat gegen einen Pastor der St.Martini Gemeinde in Bremen Anklage wegen Volksverhetzung erhoben.
Dem Pastor wird mit der Anklage zur Last gelegt, am 19.10.2019 in der St. Martini Gemeinde in Bremen ein sogenanntes Eheseminar abgehalten und hierbei Äußerungen getätigt zu haben, die er als Audiodatei auf der Internetplattform Youtube online stellte, so dass diese für jedermann verfügbar waren.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sind einzelne Ausschnitte dieser Äußerungen als volksverhetzend i.S.d. § 130 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Strafgesetzbuch zu bewerten, da mit ihnen in einer Art die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Menschen als Teil der Bevölkerung aufgestachelt wird, die in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität und/oder sexuelle Orientierung, von der angeblich allein richtigen zweigeschlechtlichen und heterosexuellen Norm abweichen.
Zum anderen liegt in den getätigten Äußerungen zugleich ein Angriff auf die Menschenwürde dieser Gruppierungen. So bezeichnet der Angeschuldigte Homosexuelle generalisierend als "Verbrecher" und die Homosexualität als Degenerationsform der Gesellschaft. Menschen, die in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität von der angeblichen Norm abweichen, werden als "Genderdreck" und als "Angriff auf die göttliche Schöpfungsordnung" bezeichnet.«
Quelle: (PDF (https://www.staatsanwaltschaft.bremen.de/sixcms/media.php/13/Nr.%202%202020.pdf))
Mein Kommentar dazu: Beschimpfungen wie z.B. „Bedrohung für die Zivilisation“ (Papst Benedikt) oder „Niederlage für die Menschheit“ (Kardinal Marx) oder „Erfindung des Satans“ (Papst Franziskus) oder „Gefahr für die Jugend“ (Kardinal Ratzinger) waren nach dem Beschluss der „Ehe für alle“ überall zu lesen. Es gehört auch heute noch zum alltäglichen Standard-Vokabular der meisten Bischöfe, inklusive der letzten drei Päpste.
Hier wurde offenbar Hass und Hetze verbreitet, mit der (bisher berechtigten) Erwartung, dass es nicht sanktioniert würde. Das scheint sich langsam zu ändern.
phonofreund
03.07.2020, 06:53
Pressemitteilung
Staatsanwaltschaft Bremen, 02.07.2020
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen Pastor wegen Volksverhetzung
»Die Staatsanwaltschaft Bremen hat gegen einen Pastor der St.Martini Gemeinde in Bremen Anklage wegen Volksverhetzung erhoben.
Dem Pastor wird mit der Anklage zur Last gelegt, am 19.10.2019 in der St. Martini Gemeinde in Bremen ein sogenanntes Eheseminar abgehalten und hierbei Äußerungen getätigt zu haben, die er als Audiodatei auf der Internetplattform Youtube online stellte, so dass diese für jedermann verfügbar waren.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sind einzelne Ausschnitte dieser Äußerungen als volksverhetzend i.S.d. § 130 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Strafgesetzbuch zu bewerten, da mit ihnen in einer Art die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Menschen als Teil der Bevölkerung aufgestachelt wird, die in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität und/oder sexuelle Orientierung, von der angeblich allein richtigen zweigeschlechtlichen und heterosexuellen Norm abweichen.
Zum anderen liegt in den getätigten Äußerungen zugleich ein Angriff auf die Menschenwürde dieser Gruppierungen. So bezeichnet der Angeschuldigte Homosexuelle generalisierend als "Verbrecher" und die Homosexualität als Degenerationsform der Gesellschaft. Menschen, die in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität von der angeblichen Norm abweichen, werden als "Genderdreck" und als "Angriff auf die göttliche Schöpfungsordnung" bezeichnet.«
Quelle: (PDF (https://www.staatsanwaltschaft.bremen.de/sixcms/media.php/13/Nr.%202%202020.pdf))
Mein Kommentar dazu: Beschimpfungen wie z.B. „Bedrohung für die Zivilisation“ (Papst Benedikt) oder „Niederlage für die Menschheit“ (Kardinal Marx) oder „Erfindung des Satans“ (Papst Franziskus) oder „Gefahr für die Jugend“ (Kardinal Ratzinger) waren nach dem Beschluss der „Ehe für alle“ überall zu lesen. Es gehört auch heute noch zum alltäglichen Standard-Vokabular der meisten Bischöfe, inklusive der letzten drei Päpste.
Hier wurde offenbar Hass und Hetze verbreitet, mit der (bisher berechtigten) Erwartung, dass es nicht sanktioniert würde. Das scheint sich langsam zu ändern.
Da sollte die Kirche seelsorgerisch tätig werden und dem armen Mann eine Jobgarantie geben, wenn er aus dem Knast kommt. Ironie wieder aus........
Aber genau das würde wohl passieren. Ein guter und besonders skrupelloser Anwalt wird das schon irgendwie zerlegen
Stellt sich dann nicht auch die Frage, ob die Bibel, die zum Mord an Homosexuellen aufruft, nicht ebenfalls als volksverhetzend einzustufen wäre?
phonofreund
03.07.2020, 11:28
Stellt sich dann nicht auch die Frage, ob die Bibel, die zum Mord an Homosexuellen aufruft, nicht ebenfalls als volksverhetzend einzustufen wäre?
Das Buch der 1000 Lügen....... Wenn's reicht
Da wir hier öfters mal darüber diskutiert haben, wie es zu bewerten ist, dass in den Bibelschriften Sklaven als legitim angesehen wurden, möchte ich für diejenigen, welche sich für Geschichte interessieren, eine Sendung erwähnen, die gestern bei Arte gezeigt wurde: Menschenhandel - eine kurze Geschichte der Sklaverei. Bis 4.9.2020 in der Arte Mediathek verfügbar. (https://www.arte.tv/de/videos/068406-001-A/menschenhandel-eine-kurze-geschichte-der-sklaverei/). Die Sendung behandelt allerdings nicht die Antike, sondern beginnt mit dem Zusammenbruch des römischen Reiches, 476 bis in in die Neuzeit, und konzentriert sich auf den (atlantischen) Menschenhandel mit AfrikanerInnen. (obwohl das Wort Sklaven in der Antike ursprünglich von Slawen stammen soll). Die empfehlenswerte und informative Chronik teilt sich in vier unterschiedliche Phasen, je ca. 50min. Der letzte Teil stellt übrigens den Zusammenhang zwischen Sklavenhandel und Rassismus her. Unsere heutige kapitalistische Wirtschaftsform entstand auch durch den Reichtum, den die 50 Millionen afrikanischer Sklaven im Laufe der Jahrhunderte erarbeiteten. Die Konzentration der Sendung auf den Menschenhandel zeigt eine ganz andere Perspektive als die Betrachtung, die wir meistens zu hören und lesen bekommen als eine Erzählung der "Zivilisierung" Afrikas.
"Die Geschichte der Sklaverei begann nicht erst auf den Baumwollfeldern. Sie reicht bis auf die frühesten Hochkulturen der Menschheit zurück. Schon im 7. Jahrhundert nach Christi Geburt wurde Afrika zum Epizentrum des Menschenhandels. Wie wurde Afrika zum Drehkreuz des Menschenhandels? Eine Chronik der 700-jährigen Geschichte des Sklavenhandels."
Klugschnacker
08.07.2020, 21:32
Ein interessanter Aspekt der Doku:
Versklavt wurden nicht die Mitglieder der eigenen Gesellschaft und Kultur, sondern stets Mitglieder anderer Kulturen. Als trennendes Merkmal diente in den frühen Phasen der Sklaverei, die islamisch geprägt war, die religiöse Glaubenszugehörigkeit. Anders- und Nichtglaubende durften versklavt werden. Teils zur Arbeit, teils zu vorwiegend sexuellen Dienstleistungen. Bagdad und später Kairo wurden durch Sklavenarbeit zu den Metropolen ihrer jeweiligen Epochen, die den Mittelmeerraum beherrschten.
Ein Problem bestand darin, dass die Sklaven zum islamischen Glauben konvertieren konnten. Sie waren dann jedoch freizulassen, da es sich nun um Glaubensbrüder handelte. Wie jeder einsieht, war das eine dumme Zwickmühle.
Im Christentum war man in einer späteren Epoche dann schlauer und erklärte die Leibeigenschaft zu einem Ausdruck göttlicher Ordnung. Eine Freilassung war auch für christliche Sklaven ausgeschlossen.
So war halt der Zeitgeist. Erwähnenswert finde ich diese längst vergangenen ethischen Grundsätze deshalb, weil die Kirchen für sich in Anspruch nehmen, sich eben nicht dem Zeitgeist anzupassen, sondern unabhängig vom Zeitgeist eine wahrhaftigere Ethik zu vertreten. Eine Orientierung am Zeitgeist werfen sie hingegen ihren Gegnern vor, etwa in Genderfragen und bei der Sexualmoral. Es ist für mich interessant zu erfahren, wie sich die Kirchen zu ihrer Sklavenhalter-Geschichte positionieren, ohne auf den Zeitgeist zu verweisen.
:Blumen:
Ein interessanter Aspekt der Doku:
Versklavt wurden nicht die Mitglieder der eigenen Gesellschaft und Kultur, sondern stets Mitglieder anderer Kulturen. Als trennendes Merkmal diente in den frühen Phasen der Sklaverei, die islamisch geprägt war, die religiöse Glaubenszugehörigkeit. Anders- und Nichtglaubende durften versklavt werden. Teils zur Arbeit, teils zu vorwiegend sexuellen Dienstleistungen. Bagdad und später Kairo wurden durch Sklavenarbeit zu den Metropolen ihrer jeweiligen Epochen, die den Mittelmeerraum beherrschten.
......
Im Alten Testament ist das meiner Erinnerung auch so ähnlich beschrieben, dass den Israeliten durch Jahwe nicht gestattet war, Angehörige des eigenen Volkes zu (ver)kaufen.
mmh, nun - AT ist ja recht heterogen
Hier etwas dazu: Exodus 21, 2-6
" Wenn du einen hebräischen Sklaven kaufst, soll er sechs Jahre Sklave bleiben, im siebten Jahr soll er ohne Entgelt als freier Mann entlassen werden.
3 Ist er allein gekommen, soll er allein gehen. War er verheiratet, soll seine Frau mitgehen.
4 Hat ihm sein Herr eine Frau gegeben und hat sie ihm Söhne oder Töchter geboren, dann gehören Frau und Kinder ihrem Herrn und er muss allein gehen.
5 Erklärt aber der Sklave: Ich liebe meinen Herrn, meine Frau und meine Kinder und will nicht als freier Mann fortgehen,
6 dann soll ihn sein Herr vor Gott bringen, er soll ihn an die Tür oder an den Torpfosten bringen und ihm das Ohr mit einem Pfriem durchbohren; dann bleibt er für immer sein Sklave."
(https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/einheitsuebersetzung/bibeltext/bibel/text/lesen/stelle/2/210001/219999/?no_cache=1&cHash=003160d75db47de89a885f4b3327245b)
m.
Das Alte Testament hat hier unterschiedliche Vorschriften. In der Phase der Land-Eroberung (Exodus) wird festgelegt, dass man Sklaven von anderen Völkern nehmen soll. Aber an anderen Stellen wird festgelegt, dass z.B. Sklaven aus der direkten Nachbarschaft stets das Recht haben sollen, von ihren Angehörigen wieder freigekauft werden zu können. (Etwa, wenn jemand seine Schulden nicht begleichen konnte und dadurch zum Sklaven wurde.)
Nach meiner Ansicht sollte man einen Unterschied berücksichtigen, den man eventuell übersieht. Nämlich den Unterschied zwischen Recht und Gesetz auf auf der einen Seite, und dem menschlichen Mitgefühl auf der anderen Seite. Die Bibel beschreibt im Alten Testament eine Rechtsordnung, anhand von Geboten. Doch im Neuen Testament liegt der Fokus ganz woanders, weil das Judentum und das frühe Christentum zu dieser Zeit gar nicht mehr die Macht hatten, Recht zu setzen. Sondern es ging darum, was die Menschen "eigentlich" tun müssten, auch wenn das herrschende Gesetz oder die Gepflogenheiten etwas anderes vorschrieben (oder es überhaupt nicht behandelten).
Hier hätte man durchaus sehen können, ob Sklaven glücklich waren oder nicht. Die rechtliche Frage ist, ob man Sklaven haben darf; die ethische (christliche) Frage wäre, ob man es sollte.
Selbst wenn man auf dem Standpunkt steht, dass diese Frage für die damaligen Menschen nicht in Reichweite war, hätten Jesus und sein Christentum durchaus Verbesserungen erreichen können. Beispielsweise durch Regeln, wie Sklaven zu behandeln seien. Diese Frage war beweisbar in Reichweite der damaligen Menschen, denn das Alte Testament hat zahlreiche solcher Regeln. Aber Jesus sah keinen Anlass, diese Regeln zu verbessern.
Noch ein letzter Punkt: Es ist spekulativ, was die Menschen damals hätten sehen müssen. Aber es ist eine Tatsache, dass die Bibel und das Christentum hier keine Verbesserung erwirkt haben. Nicht nur hat das Christentum die Schwächsten im Stich gelassen, die mitten unter ihnen lebten, sondern es ist auch keineswegs ein Sonderfall. Es ist recht schwierig, eine benachteiligte Gruppe zu finden, auf die das Christentum ihre Lehre von der Barmherzigkeit tatsächlich angewendet hätte. Hingegen ist es recht einfach, Gruppen zu nennen, die ihre Befreiung gegen den Widerstand der Kirchen erkämpft haben (oder es noch tun).
Carolin Kebekus hat sich mal wieder in einem Rap u. Musikvideo der katholischen Kirche angenommen: "Im Namen der Mutter: Ave-Maria-alle-Ladys-in-Gottes-Gemeinden, ca. 4 Min. (https://www.youtube.com/watch?v=wXV7oiM566I) :cool:
Und sie beschäftigt sich satirisch mit der Diskriminierung der Frauen in der kath. Kirche, ca. 13 Min. (https://www.youtube.com/watch?v=z66trb5wYKI)
phonofreund
10.07.2020, 05:35
In diesem Jahr gibt es einem Zeitungsbericht zufolge erneut alarmierend wenige katholische Priesterweihen in Deutschland. In allen 27 Bistümern würden 2020 insgesamt nur 57 Männer zum Priester geweiht, meldet die „Augsburger Allgemeine“ unter Berufung auf eine eigene Erhebung. Dem Blatt zufolge ist dies die zweitniedrigste Zahl in der Geschichte der Bundesrepublik, nachdem es den bislang tiefsten Stand 2019 mit 55 katholischen Neupriesterweihen gegeben habe.
In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl damit um 64 Prozent zurückgegangen, schreibt die Zeitung. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zeigte sich alarmiert. „Im vergangenen Jahr kam auf elf ausscheidende Priester eine Neuweihe – wenn man das weiter rechnet, sieht man, in welche Katastrophe das münden wird“, sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg der „Augsburger Allgemeinen“. „Wir bräuchten 200 oder 300 Priesterneuweihen jedes Jahr, doch davon sind wir ganz weit entfernt.“
Zentralkomitee der deutschen Katholiken: Frauen als Priester
Sternberg forderte, das Priesteramt auch für Frauen und verheiratete Männer zu öffnen. „Wir brauchen auf Dauer auch das Frauenpriestertum, und der Beruf selbst muss wieder attraktiver werden“, sagte er dem Blatt.
Es treten auch immer mehr Menschen in Deutschland aus der katholischen Kirche aus. Vergangenes Jahr waren es bei den Katholiken 272.771 Austritte – 26 Prozent mehr als 2018 und die bisher höchste Zahl überhaupt. Es gibt in Deutschland noch 22,6 Millionen Katholiken.
Wenn noch mehr aus der Kirche austreten ( bis auf die ewig gestrigen), erledigt sich das Thema von selbst.
Helmut S
10.07.2020, 11:57
Woran mag das liegen?
Wenn man den Umfragen glauben darf, dann tritt der Großteil der Menschen in D wegen der Kirchensteuer aus der Kirche aus. Ähnlich viele dann noch deswegen, weil sie mit der Kirche als Institution ein "Problem" haben (Frauenbild, Kindesmissbrauch,...) Der kleine Rest dann weil sie nicht mehr an Gott glauben oder einen anderen Glauben angenommen haben.
Eine der vielen Umfargen zu dem Thema gibt es zB auf kirchenaustritte.de (https://www.kirchenaustritt.de/umfrageergebnis)
Ich bin in erster Linie wegen dem "Weltbild" der Kirche ausgetreten - vor allem den Mißbrauchsfällen und dem Frauenbild - und in zweiter Linie wegen der Kirchensteuer. :Blumen:
Schwarzfahrer
10.07.2020, 12:08
Ich bin in erster Linie wegen dem "Weltbild" der Kirche ausgetreten - vor allem den Mißbrauchsfällen und dem Frauenbild - und in zweiter Linie wegen der Kirchensteuer. :Blumen:
Ich bin mit 18 ausgetreten, als mir bewußt wurde, daß ich als vollkommen unreligiöser Mensch unehrlich wäre, wenn ich dabei bliebe - und das obwohl ich am Wirken der Religion nicht nur schlechtes, sondern auch gutes zu finden vermag.
Das mag nicht die Mehrheit motivieren, aber ich bin sicher, solche gibt es auch immer öfter.
Ich meinte die Gründe für den Priestermangel. Warum möchten immer weniger Leute Priester werden? Die Argumente und Umstände haben sich ja seit langer Zeit nicht geändert. Oder doch?
Schwarzfahrer
10.07.2020, 20:07
Ich meinte die Gründe für den Priestermangel. Warum möchten immer weniger Leute Priester werden? Die Argumente und Umstände haben sich ja seit langer Zeit nicht geändert. Oder doch?
Meine Gedanken dazu: Priester ist ein Beruf, der mehr als andere auch immer eine Berufung war (gut, nicht im Mittelalter, wo Priester werden die einzige Möglichkeit war, überhaupt Bildung zu erlangen, und ggf. gesellschaftlichen Aufstieg zu erreichen). Wenn aber immer weniger tief gläubige Menschen heranwachsen, sinkt automatisch die Zahl derer, die sich berufen fühlen.
Außerdem war Priester lange Zeit ein Beruf mit hohem Ansehen, ein Fixpunkt der Gemeinde. Dieses Ansehen hat (u.a. auch durch die Kirchenskandale) stark gelitten.
Die gestiegene Mobilität der Menschen lässt viele Gemeinden sich weniger eng zusammengehörig fühlen, entsprechend fehlt wohl der Bedarf nach so einem Fixpunkt, dem "Seelsorger". Mangels Nähe und Zusammengehörigkeitsgefühl geht man eher zum Psychologen oder zur Eheberatung oder kauft Lebensberatungs-Bücher oder geht in die Selbsthilfegruppe - früher hat der Pfarrer das alles mitgemacht. D.h. nicht nur Ansehen sondern auch Bedarf geht stetig zurück; da gehört immer mehr Idealismus dazu, einen solchen "aussterbenden" Beruf zu ergreifen.
Die Kirche, die Religion ist eben nicht mehr der Kitt der Gesellschaft, sondern ein Verein unter vielen, der sich aber noch früher erworbenen (und damals ggf. noch gerechtfertigten) Privilegien erfreut, aber ohne diesen jetzt noch gerecht werden zu können.
Das Bundesarbeitsgericht hat das pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen in Berlin zurückgewiesen. Eine muslimische Bewerberin, die nicht eingestellt worden war, sei wegen ihrer Religion diskriminiert worden (https://www.spiegel.de/panorama/bildung/berlin-unterliegt-im-streit-um-kopftuchverbot-fuer-lehrerinnen-a-d1fec5e1-bbae-4556-a719-bb34e2830522)
Klugschnacker
27.08.2020, 22:30
Meine Meinung: Wenn Kreuze legitim sind, dann müssen auch Kopftücher und Kippas erlaubt sein. Schließlich hat der Staat sich neutral gegenüber den Religionen zu verhalten und darf nicht der einen erlauben, was er der anderen verbietet.
Doch insgesamt geht das Urteil und die vorausgehende Debatte am Kern des Problems vorbei. Wen interessiert die private religiöse Orientierung des Mathe- oder Deutschlehrers, selbst wenn er sie in Form von Symbolen um den Hals oder auf dem Kopf trägt? Entscheidend ist, dass er im Unterricht weltanschaulich neutral ist und die Wahrheit sagt.
Beides ist jedoch im Religionsunterricht nicht der Fall. Ganz im Gegenteil: Er dient ausdrücklich der Erziehung in einem konfessionell klar abgegrenzten Glauben. Es geht nicht um die Wahrheit. Deshalb werden die Kinder nach Konfessionen getrennt unterrichtet.
Das Problem an den staatlichen Schulen ist nicht das Kreuz, die Kippa oder das Kopftuch des Lehrers, sondern der Religionsunterricht selbst. Er sollte dort stattfinden, wo er hingehört: Nicht in den staatlichen Schulen, sondern in den Kirchen. Jedem steht es frei, seine halbwüchsigen Kinder nachmittags in die Kirche oder Moschee zur religiösen Unterweisung zu schicken.
Es ist Zeitverschwendung, die Gerichte wegen der religiösen Neutralität von Lehrern zu bemühen, solange die Schulen und ihre Lehrpläne selbst nicht neutral sind.
In Brandenburg bieten die staatlichen Schulen allein Hiumanistische Lebenskunde (https://de.wikipedia.org/wiki/Humanistische_Lebenskunde) an. Der Religionsunterrichtet findet in der Verantwortung der Religionsgemeinschaften statt.
Religionsunterricht_in_Deutschland#Brandenburg (https://de.wikipedia.org/wiki/Religionsunterricht_in_Deutschland#Brandenburg)
Trimichi
05.09.2020, 07:48
Meine Meinung: Wenn Kreuze legitim sind, dann müssen auch Kopftücher und Kippas erlaubt sein. Schließlich hat der Staat sich neutral gegenüber den Religionen zu verhalten und darf nicht der einen erlauben, was er der anderen verbietet.
Heute früh stand in der Tageszeitung, dass Referendarinnen am Gericht zünftig Kopftuch tragen dürfen und die Anklageschrift verlesen können so. Ein Berliner Senator bezeichnete das als "Frontalangriff auf die staatliche Neutralität".
Grundsätzlich stimme ich dir zu. Nur ist der Islam eben nicht Staatsreligion. Ich kenne auch niemanden, der kippa-tragend Anklageschriften verliest.
Ich frage mich, warum immer wieder diese Kopftuchdebatte losgetreten wird. Das tut niemanden gut. Diese Frauen können auch im Gerichtssaal auf ein Kopftuch verzichten. Wozu diese ständigen Provokationen? Ich empfinde das zumindest eher als Provokation als Religionsfreiheit. Kein Jude verwechselt einen Gerichtssaal mit einem Gotteshaus.
Wie gesagt, der Berliner Innensenator spricht von einem "Frontalangriff". Wir wollen auch nicht vergessen, dass die Israelis von den Islamisten mit Raketen beschossen werden. Frontalangriff? Sieht so aus. Nur mal so für qbz also Hallo-Wach-Pille ein Video aus dem israelischen Alltag https://www.youtube.com/watch?v=3z0VwrGY8Z8 (Iron Dome in Action) Der Islam ist die einzige Religion unter den Weltreligionen, die einen heiligen Krieg probagiert. Um den Islam vom Christentum und dem Judentum abzugrenzen, wenn schon diese drei Weltreligionen in einen Topf geworfen werden.
Probe: ein türkischer Referendar mit Migrationshintergrund verliest an einem türkischen Gericht mit Jesus-Kreuz die Anklageschrift. Ginge das? Wohl kaum. Und nochmalig Probe: beschießen Christen mit Raketen andersgläubige Zivilisten?
Nichts gegen unsere Mitbürger mit Mitgrationshintergrund. Ganz im Gegenteil. Aber irgendwann muss dieser türkische Präsi in ein Sanatorium. Journalisten einsperren und Schwerverbrecher auf freien Fuß setzen? Der hatse doch nimmer alle. Ebenso die Aufrufe an die hier lebenden Deutschen mit Migrationshintergrund.
Was hat das mit dem Kopftuch zu tun? Nichts. Bzw. nicht viel. Nur sprach der Berliner Innensenator von einem Frontalangriff auf die staatliche Neutralität. Ich kenne auch niemanden der im Gerichtssaal eine Anklage verliest etwa mit den Worten: "Im Namen des heiligen römischen Reiches deutscher Nation"... oder "Im Namen des Kreuzes..." oder symbolisch ausformuliert sich ein großes, weithin sichtbares Jesus-Kreuz im Gerichtssaal umhängt, um so eine Anklageschrift zu verlesen.
Meine Meinung: die Frau/diese Frauen kann/können sowohl im Religionsunterrichts oder auch zu Gericht auf das Tragen eines Kopftuchs verzichten und damit Toleranz vorleben, zeigen, dass sie sich wirklich integriert haben und selbst aktiv zur Deeskalation beitragen. Freiwillig.
In der letzen Woche verurteilte das Landgericht Hanau eine Sektenanführerin zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe wegen Mordes an einem vierjährigen Jungen, dem Kind eines Sektenmitgliedes, einer promovierten Biologin. Diese wurde vor ein paar Tagen auch verhaftet und es erwartet sie wegen der grausamen Behandlung ihres Kindes wohl auch einen Prozess. Der Mord geschah vor 30 Jahren. Das 4jährige Kind wurde in einen engen Sack eingeschlossen (wiederholt), ins Badezimmer gelegt und erstickte am eigenen Erbrochenen. Es passierten ausser dem Mord systematische Misshandlungen von Kindern in der Sekte. Diese Taten kamen wegen Ablauf der Verjährungsfrist nicht zur Anklage.
Was ich erschreckend finde, ist das kollektive Versagen aller Institutionen in Hanau vor 30 Jahren, ich meine damit: Jugendamt, Polizei, Staatsanwaltschaft, aber auch diejenigen, welche die systematische Folter, denen die Kinder dort in der Sekte ausgesetzt waren, mitbekamen. Auf der anderen Seite zeigt mir der jetzige Prozess, 30 Jahre nach der Tat, dass man heute den Kinderschutz gesetzlich und institutionell wichtiger nimmt als vor 30 Jahren.
Etwas ausführlichere Berichte über den Prozess findet man in der FR, von denen ich mal drei zititere. Vor allem der letzte Link, in dem über die Aussage des Sohnes der Sektenanführerin berichtet wird, ist aufschlussreich.
mordprozess-in-hanau-erschuetternde-erkenntnisse (https://www.fr.de/rhein-main/main-kinzig-kreis/hanau-ort66348/mordprozess-in-hanau-erschuetternde-erkenntnisse-90051757.html)
lebenslange-haft-fuer-mord-an-dem-kleinen-jan (https://www.fr.de/frankfurt/lebenslange-haft-fuer-mord-an-dem-kleinen-jan-90052810.html)
hanau-leiblicher-sohn-sagt-aus-mordprozess-gegen-sektenfuehrerin (https://www.fr.de/rhein-main/main-kinzig-kreis/hanau-ort66348/hanau-leiblicher-sohn-sagt-mordprozess-gegen-sektenfuehrerin-13787940.html)
Frage an die Gebildeten :
Das Motiv des "unschuldigen Kindes als Erlöser", ist dies ein originär christliches oder existiert es schon länger ?
Mit freundlichen Grüßen ... :Huhu:
Klugschnacker
26.09.2020, 14:01
Was meinst du mit „unschuldigem Kind“? Es ist ein Merkmal des Christentums, dass selbst Kinder, sogar Neugeborene, nicht unschuldig sind. Ganz im Gegenteil: Sie sind nach christlicher Vorstellung in einem Ausmaß schuldig, dass sie in der Hölle landen, wenn sie nicht vor ihrem Tod durch die Taufe, die ein kleiner Exorzismus ist, dem Teufel abgeschworen haben. Jeder Taufspruch enthält daher die Formel „ich entsage dem Teufel“ ...
Cogi Tatum
26.09.2020, 14:56
...Jeder Taufspruch enthält daher die Formel „ich entsage dem Teufel“ ...
Was verstehst Du diesbezüglich unter einem Taufspruch?
Ich finde das Wort "Teufel" auf die Schnelle nicht.
https://www.evangelisch.de/taufsprueche
https://www.katholisch.de/artikel/13607-die-zehn-schoensten-sprueche-zur-taufe?gclid=EAIaIQobChMIlZysmO6G7AIVh-h3Ch3ubwe1EAAYASAAEgJ4w_D_BwE
Hast Du Beispiele?
Katholisch üblich:
https://de.wikipedia.org/wiki/Abrenuntiatio_diaboli
In der kath. Osternacht wird dieses Versprechen gerne wiederholt.
Die Erbsündenlehre ist m.W. katholisch wie evangelisch.
m.
Cogi Tatum
26.09.2020, 15:12
Katholisch üblich:
https://de.wikipedia.org/wiki/Abrenuntiatio_diaboli
Die Erbsündenlehre ist m.W. katholisch wie evangelisch.
m.
O.k. Danke und Vergelt's Gott. ;)
Scheint irgendwie nicht zu funktionieren mit dem Spruch.
Denn die Welt ist voll mit teuflischem...
https://www.miogusto.de/produktbilder/vollbild/7/731005.jpg
Vermutlich weil die Täuflinge zu klein sind (Ich kann mich weder an meine Taufe noch an die Sprüche dort erinnern).
Was meinst du mit „unschuldigem Kind“?
Christus im Stall von Bethlehem.
Der Erlöser, ohne Klamotten, ohne (weltliche) Macht.
Eine Antwort auf meine Frage würde mich freuen ... :)
Klugschnacker
26.09.2020, 18:36
Das Motiv des "unschuldigen Kindes als Erlöser", ist dies ein originär christliches oder existiert es schon länger ?
Das Motiv ist älter als das Christentum des neuen Testaments. Im Zusammenhang mit dem Glaube an Jesus aus Nazareth als dem Messias ist vor allem der Mithras-Kult relevant. Wir hatten ihn hier gelegentlich thematisiert. Hier die wichtigsten Besonderheiten des Mithras Kultes:
• Mithras wurde am 25. Dezember geboren...
• ... als Kind einer Jungfrau
• Nach seiner Geburt wurde er von Hirten angebetet, die ihm Opfergaben darbrachten
• Später fuhr Mithras wieder zum Himmel auf, wo er Teil einer Dreifaltigkeit wurde
• Man glaubte, dass er einst wiederkehren würde, um die Toten zu erwecken und zu richten
• Mithras war Mittler zwischen Himmel und Erde, Gott und Menschen
• Mithras war eine Sonnengottheit, darum haben wir heute einen "Sonntag"
• Der Mithras-Kult kannte sieben Sakramente, z.B. eine Taufe, eine Firmung, ein gemeinsames Kultmahl, das aus Brot und Wein bestand
• Die Seelen sind unsterblich
Der Mithras-Kult kam ursprünglich aus dem indischen und persischen Raum. Über Griechenland erreichte er ca. 100 v. Chr. schließlich die Stadt des Paulus.
Das Christentum geht maßgeblich auf Paulus zurück (und nicht auf Jesus; Paulus hat Jesus nicht gekannt, sondern nur von seiner angeblichen Auferstehung gehört). Viele Motive des Mithras-Kultes wurden von Paulus in das junge Urchristentum eingearbeitet, im Widerstand der Urchristen, die Jesus teilweise noch persönlich gekannt hatten. Doch Paulus konnte sich mit seinen Darstellungen der Jesus-Geschichte durchsetzen. Auch gegen Petrus, der entschieden anderer Meinung war.
Jedoch konnte sich auch die Paulus-Version nicht auf Dauer halten. Es setzte sich im Konzil von Nicäa eine dritte Version durch, die im Widerspruch sowohl der urchristlichen Gemeinde, als auch der Lehre des Paulus stand.
Diese dritte Version bestand darauf, dass Jesus aus Nazareth dem Gott gleichgestellt sei; beide wären also gleich göttlich. Im Unterschied dazu waren sowohl Paulus als auch die Urchristen davon überzeugt, dass Jesus ein Mensch sei. Zwar ein von Gott herausgehobener Mensch, aber eben ein Mensch, und somit Gott untergeordnet (Subordinationslehre). Entsprechend sagt Jesus in der Bibel bei Johannes: "Der Vater ist größer als ich." In den ersten beiden Jahrhunderten nach Christus war das der theologische Mainstream. Erst im vierten Jahrhundert wurde Jesus zu einer vollgültigen Gottheit erklärt. – Für Jesus und seine Jünger, die allesamt Juden waren, ausschließlich zu Juden sprachen und nichts als Juden sein wollten, wäre das eine schlimme Gotteslästerung gewesen, denn der jüdische Glaube ist streng monotheistisch.
Das wäre im groben Abriss die Geschichte, wie aus Jesus aus Nazareth der Erlöser geworden ist, der bereits als Kind göttlich ist. Es ist eine allmählich gewachsene Geschichte:
In den ersten Jahrhunderten war man der Überzeugung, dass Jesus kein Gott war. Später entwickelte sich sein Gott-Sein in Stufen: Erst hieß es, göttlich wurde er erst nach seinem Tod durch die Auferstehung. Später war man davon überzeugt, er sei bereits bei seiner Taufe (durch Johannes den Täufer) göttlich geworden. Noch später hielt man ihn bereits als Kind für göttlich. Am neuesten ist die Version, er sei bereits im Alten Testament als Messias vorausgesagt worden und demnach als Gottheit bereits präexistent, was theologisch etwas anderes bedeutet als "nicht existent".
:Blumen:
Klugschnacker
26.09.2020, 18:48
Christus im Stall von Bethlehem.
Der Erlöser, ohne Klamotten, ohne (weltliche) Macht.
Eine Antwort auf meine Frage würde mich freuen ... :)
Ich habe mich bemüht, Deine Frage zu beantworten. Jetzt bist Du dran: :Lachen2:
Wovon genau hat Jesus uns erlöst?
Christus im Stall von Bethlehem.
Der Erlöser, ohne Klamotten, ohne (weltliche) Macht.
Eine Antwort auf meine Frage würde mich freuen ... :)
Du hast nach dem Motiv des Kindes als Erlöser gefragt?
Ich versuche mal einen Aspekt ansprechen.
Heute vermittelt uns das Menschenbild, jeder hat es selbst in der Hand, was aus ihm wird, d.h. die Zukunft des Kindes erscheint als offene, als eine Vielfalt von möglichen sozialen Rollen als Erwachsener. In früheren Gesellschaften bestimmte der Stand der Eltern (egal ob Götter, Menschen, Sklaven), die spätere soziale Rolle des Menschen (König, Bauer, Sklave, freier Bürger, Halbgott usf.), welche ihm in die Wiege gelegt bzw. mitgegeben wurde. Götter bzw. ausserirdische Wesen zeugten Kinder, irdische, menschliche Wesen, wobei die Aufgaben der Halbgötter halt je nach Religion unterschiedlich definiert sind, im Falle des Christentums durch die Erlösungstheologie.
Ich habe mich bemüht, Deine Frage zu beantworten.
Besten Dank erstmal ... https://www.cosgan.de/images/smilie/froehlich/k025.gif
Jetzt bist Du dran: :Lachen2:Nix da ... ich mach' jetzt erstmal Essen ... Besuch ist in einer Stunde hier und ich hänge dermaßen in den Seilen, daß ich mir gerade schon zwei abgelaufene Gels reingedrückt habe ... :Lachen2:
Zusammenfassung, durchaus wohl noch mit ältere Kontroversen behaftet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mithraismus_und_Christentum
(Es war mir grob klar, aber nicht in diesen Details, vll. geht es anderen auch so)
Es braucht übrigens eine gedanklichen Salto vorwärts, dass Jesus nicht unter der Erbsünde steht, aber dennoch getauft wird, sich taufen lässt usw.
m.
Hallo allerseits, ich habe mich länger nicht geäußert, danke aber allen fürs Schreiben. Ich habe (unregelmäßig) stumm mitgelesen.
Heute stieß ich auf diese Nachricht https://www.achgut.com/artikel/der_ausgestossene_der_woche_richard_dawkins
Vermutlich werden hier viele die Quelle "Achse des Guten" mit Argwohn betrachten; unabhängig davon verweist der Artikel auf einen Vorfall in GB, der die aus dem Glauben abgeleiteten Empfindlichkeiten berührt. Es ist ein Beispiel für Cancel Culture, hier aus Rücksichtnahme auf Islamgläubige.
Ich finde es lesenswert, beste Grüße an alle
Klugschnacker
02.10.2020, 15:00
Für mich eine der wichtigsten Persönlichkeiten unserer Zeit. Es wäre ein Gewinn für die Studentinnen und Studenten dieses universitären Debattierclubs gewesen, sich mit seinen Ansichten auseinanderzusetzen.
Das sehe ich auch so. Und wenn die Debatte an mangelndem Komfort scheitert, taugt sie leider auch nicht viel.
Der verlinkte Artikel bringteine grauenhafte Maschinenübersetzung, gemeint ist m.E. kein Klappstühle sondern dass sich Zuhörer gestört oder im starken Sinne unbehaglich (komisches Deutsch) also irritiert, verstört oder was immer fühlen, könnten.
Das ganze ist in dem Diskurs über safe spaces, Diskursfreiheit und starkem woke verortet.
Da muss man immer gucken, aber wenn akademischer Diskurs das nicht aushält, kann es schwer werden.
m.
LidlRacer
21.10.2020, 20:30
Gerade auf 3Sat:
Bibeltreue Supermacht - Evangelikale in den USA
Und online:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/bibeltreue-supermacht-evangelikale-in-den-usa-100.html
Gerade auf 3Sat:
Bibeltreue Supermacht - Evangelikale in den USA
Und online:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/bibeltreue-supermacht-evangelikale-in-den-usa-100.html
Habs gerade angeschaut, danke für den Link. Puh, wirklich krass...
Ich habe mich in den letzten Monaten recht viel mit diesen Themen beschäftigt und einige Bücher dazu gelesen (Richard Dawkins, Christopher Hitchens, Schmidt-Salomon, Die Bibel (na gut, nicht ganz. Aber ist auch wirklich zäh...))
Wenn man versucht, da unvoreingenommen dran zu gehen, bleibt am Ende vom schönen Christentum und dem lieben Gott in der Tat nichts mehr übrig. x-(:hoho:
phonofreund
22.10.2020, 10:15
Habs gerade angeschaut, danke für den Link. Puh, wirklich krass...
Ich auch und mir fällt nur der Titel des Threads ein. Die haben nicht mehr alle Tassen im Schrank und es würde mich bei so vielen Spinnern nicht wundern, wenn der Idiot Trump noch mal gewählt würde.
Aber noch etwas anderes: Der Papst bekennt sich zu homosexuellen Lebensgemeinschaften. Das wär mal ein Anfang.
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